Titel: | Parsons' Dampfturbine und ihre weitere Einführung in den Betrieb. |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 237 |
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Parsons' Dampfturbine und ihre weitere Einführung in den Betrieb.Nach Engineering 1901; vgl. auch D. p. J. 1900 315 13,
84; 1901 316 425.
Parsons' Dampfturbine und ihre weitere Einführung in den Betrieb.
Die von Parsons anfangs der 80er Jahre des
verflossenen Jahrhunderts zuerst ausgebildete Dampfturbine hat mannigfache
Wandlungen durchgemacht, wurde aber bis zum Jahre 1890 stets ohne Anwendung der
Dampfniederschlagung belassen und auch nur für eine geringe Leistung gebaut. Der
Grad von Wirtschaftlichkeit, auf welchen bereits mit aller Bestimmtheit gerechnet
wurde,
war unter thatsächlichen Arbeitsverhältnissen damals bei weitem nicht
erreichbar.
Erst im Jahre 1892 wurde ein entscheidender Schritt vorwärts gethan mit dem Bau einer
Versuchsturbine von 200 PS. Dieselbe wurde mit einer 100
Kilo-Watt-Wechselstromdynamo gekuppelt und arbeitete mit massig überhitztem Dampf
von 7,03 kg/qcm,
ihr Dampfverbrauch stellte sich bei einer Untersuchung, die Prof. J. A. Ewing anstellte, auf 12,25 kg für 1
Kilo-Watt-Stunde.
Textabbildung Bd. 317, S. 238
Anordnung des Dampfeintritts zwischen zwei Turbinen.
Mit dieser Probeleistung trat die Turbine endgültig als Nebenbuhler den besten
Verbandkolbenmaschinen mit Dampfniederschlagung zur Seite und empfahl sich als eines
der wirtschaftlichsten Mittel, um den Dampf in elektrische Kraft umzusetzen.
Die nächste Folge war eine Verwendung der Dampfturbine für Lichtzwecke in den
Elektrizitätswerken zu Newcastle, Scarborough, Cambridge und anderen Städten.
Etwa 2 Jahre später ging man von den Turbinen mit doppelter Durchströmung – links und
rechts zu beiden Seiten der Dampfeinströmung – zur einfachen Durchströmung über und
ersetzte den zweiten Turbinensatz durch umlaufende Dampfausgleichkolben, wobei der
Dampf nur in einer Richtung und zwar parallel zur Welle durchströmt. Diese Aenderung
erhöhte ganz wesentlich die Wirtschaftlichkeit und verminderte die schwieriger zu
bearbeitenden Teile.
Fig. 1 und
2 zeigt
die bis 1894 gebräuchliche Anordnung des Dampfeintritts zwischen zwei sich gegenüber
stehenden, auf derselben Welle angeordneten Turbinen zwecks Herabminderung der
UmlaufzahlVgl. auch Zeitschrift des Vereines deutscher
Ingenieure, 1889 S. 606, Stribeck, Parsons'
Dampfturbine..
Fig. 3 stellt eine von der Westinghouse-Gesellschaft
in den Vereinigten Staaten gebaute neuere Anordnung der Parsons-Turbine dar.
Die Gestaltung und Ausführung der Schaufeln wurde vervollkommnet und verstärkt, und
manche kleineren Verbesserungen durchgeführt, so dass selbst bei kleineren
Ausführungen eine gute Nutzwirkung erzielt wurde; so stellte sich z.B. für eine
Anlage von 24 Kilo-Watt ohne Ueberhitzung der Dampfverbrauch auf 13,06 kg für 1
Kilo-Watt-Stunde oder ungefähr 7,7 kg für 1 PSi und
Stunde, entsprechend einer Nutzwirkung von 59 v. H.
Jetzt stehen bereits eine ganze Reihe von Versuchsergebnissen, deren
Gründlichkeit unanzweifelbar ist, zur Verfügung.
An erster Stelle seien hier die Versuche im Elektrizitätswerk zu Cambridge erwähnt,
di! Prof. J. A. Ewing im Auftrage der Erbauer C. A. Parsons und Co. im Januar 1901 an einer 500
Kilo-Watt-Dampfturbine für Wechselstrombetrieb vornahm.
Die Anlage war seit 20. Januar 1900 im Betrieb und zwar hatte sie laut Buchung des
Werkes am Ende Januar bereits 97 Dienststunden hinter sich, und blieb im täglichen
Dienste bis zum Ende des Oktober, wobei die Monate April bis September als Zeit der
geringeren Beanspruchung zu berücksichtigen sind.
Anfangs November kam eine zweite gleich grosse Anlage hinzu und seitdem wechselten
die beiden Anlagen jeden Tag in der Lieferung des nötigen Stromes ab.
Die Turbinen sind nach dem Verbundsystem gebaut mit parallel gerichtetem Dampfstrom
in Hoch- und Niederdruckcylinder, dieselben laufen mit 2700 Umdrehungen in der
Minute und haben elektrische Regulierung für gleichmässige Spannung. Die
Turbinenwelle ist unmittelbar mit der Armatur einer vierpoligen Wechselstromdynamo
für 250 Ampère bei 2000 Volt gekuppelt; die Erregerarmatur sitzt auf der
verlängerten Welle.
Der Dampf wurde mit 10 kg/qcm Spannung von zwei Lancashire-Kesseln entnommen
und in einer rund 43 m langen Rohrleitung mit grösstenteils 150 mm lichter Weite den
Turbinen zugeführt.
Der Dampf wurde weder überhitzt, noch fand eine genügende Wasserabscheidung statt;
wohl war in die Leitung eine Tasche mit herabhängender Zunge eingefügt, welche von
Zeit zu Zeit entleert wurde, ohne dadurch eine Trocknung des Dampfes zu ermöglichen,
schon aus dem Grunde, weil die Geschwindigkeit des Dampfes im Rohr zu gross war, um
den Wasserteilen ein genügendes Absetzen in der Tasche zu erlauben.
Das Vorhandensein der Dampfnässe trat sofort zu Tage, als mit dem Indikator die
Druckverminderung in jedem der Zuströmringe festgestellt wurde.
Diese Dampfnässe beeinflusste natürlich ganz wesentlich den Erfolg der Versuche.
Die Turbine ist mit Oberflächenkondenwation versehen und treibt ihre eigene Luftpumpe
und Kreiselpumpe, welch letztere das Wasser 3,66 in zu heben hat. Der Antrieb
geschieht mittels Schnecke und Schneckenrad.
Textabbildung Bd. 317, S. 238
Fig. 3. Neuere Anordnung der Parsons-Turbine.
A Dampfeintritt; B Oelkühlung; C Drosselventil; D Regulierventil; E und F Tropföler; G Ausgleichung des Längendrucks; H Umgangventil;
J Einlass, K Auslass für Wasser zur Oelkühlung; L Turbinengehäuse; M Regulator; N Oelpumpe; O Dynamo; P Dampfaustritt.
Der Dampfverbrauch versteht sich also einschliesslich dieser
Hilfsmaschinenarbeit.
Das Wasser der Luftpumpe wurde abwechselnd in zwei Behälter abgelassen, von denen –
nach genauer Feststellung – Nr. 1 168,51 kg, Nr. 2 167,60 kg bis zum Ueberlauf
fasste. Die Zeit für das Volllaufen wurde stets bis auf die Sekunde genau
niedergeschrieben.
Zur Messung der Turbinenleistung wurde ein Watt-Messer
von Kelvin verwandt, dessen Genauigkeit nach
Schluss der Versuche in den Werkstätten der Ersteller Kelvin
und White in Glasgow, wohin er versiegelt und durch besonderen Boten
gesandt wurde, nachgeprüft wurde. Mit der Konstanten, die sich bei dieser
Nachprüfung ergab, wurden die Versuchsergebnisse berechnet.
Die Ablesungen an diesem Watt-Messer geschahen während der Versuche in Zwischenräumen
von 2½ Minuten, ebenso wurden zahlreiche Ablesungen von Kelvin's elektrostatischem Volt-Messer und Ampère-Messer genommen, deren
Ergebnisse eine gute Uebereinstimmung mit dem Watt-Messer zeigten. Für die
Berechnung blieb jedoch der letztere massgebend.
Für die Versuchszwecke wurde die Entladung der Maschine im Camfluss zwischen zwei
eisernen Platten vorgenommen, indem durch Veränderung der eingetauchten Flächen die
Belastung der Maschine sich zwischen 586 Kilo-Watt (mit einer Ueberlastung von 16,7
v. H.) und Leerlauf änderte.
Am Versuchstage, den 9. Januar 1901, wurden die Belastungen geändert, ohne die
Maschine abzustellen.
Die Versuche begannen um 740 morgens mit 586
Kilo-Watt, um 810 wurde die Belastung auf 520
Kilo-Watt verringert.
Diese zweite Belastung wurde als im erreichten Beharrungszustand angenommen und mit
der Ablesung begonnen und zwar mit folgenden, in Zusammenstellung I ersichtlichen
Ergebnissen:
Zusammenstellung I.
Textabbildung Bd. 317, S. 239
Versuchs-; Tag; Nr.; Wirklich geleistete Kilo-Watt; Stündlicher Dampfverbrauch; Gesamt nach Luftpumpeausguss; für 1 Kilo-Watt;
Dampfdruck am Eintrittsventil; Luftleere; im Luftpumpenraum; im Turbinencylinder; Wärme des Wassers °C.; Luftpumpenausguss;
der Umlaufpumpe; am Eintritt; am Austritt; Barometerstand; Klemmenspannung in Volt; Umdrehungen in der Minute; Leerlauf
Die abgetragenen Punkte für den Dampfverbrauch von der vollen Belastung bis zum
Leerlauf liegen in einer Geraden, woraus sich sofort ergibt, welch guter
elektrischer Erreger die Dampfturbine für den täglichen Betrieb ist.
Nach den Versuchsergebnissen stellt sich der Dampfverbrauch für die geleisteten Kilo
-Watt wie in Zusammenstellung II:
Zusammenstellung II.
Wirklich geleistete Kilo-Watt
600
500
400
300
200
100
75
50
Leerlauf
Stündlicher Dampfverbrauch
insgesamt kgfür 1 Kilo-Watt kg
662211,02
567011,34
471711,79
376512,56
278513,93
182318,23
161121,64
128825,76
839–
Dem Wunsch der Erbauer, G. A. Parsons und Co., die
Anlage auch auf Dampfverbrauch bei abgehängter Luft- und Kreiselpumpe festzustellen,
konnte nicht entsprochen werden, jedoch standen einige vergleichende Versuche zur
Verfügung. Die Versuche waren:
a) Drei Belastungen der Cambridge-Maschine Nr. 723, angestelltem 27. Oktober 1899 im
Werk vor der Ablieferung durch Beamte der Bestellerin.
b) Je zwei Versuche mit Turbinen derselben Grösse, jedoch neuerer und verbesserter
Ausführung, geliefert 1. für das Elektrizitätswerk
Cheltenham, Maschinen Nr. 772, geprüft durch H.
Kilgour; 2. für das Elektrizitätswerk
Scarborough, Maschinen Nr. 770, geprüft durch F. G.
Holden (s. Zusammenstellung III).
Auf der internationalen Zusammenkunft der Ingenieure in Glasgow, anlässlich der
dortigen Ausstellung im vorigen Jahre, gibt dann Parsons selbst in einem Vortrage noch weitere Angaben über den
Dampfverbrauch, die in Zusammenstellung IV (S. 240) folgt. Die vollständige
Luftleere ist in folgendem stets mit 76,2 cm Quecksilbersäule angenommen.
Zusammenstellung III.
Versuche mit Dampfturbinen, ausschliesslich der Arbeit für
Luft- und Kreiselpumpe.
Masch.-Nr.
Geliefert für
WirklichGeleisteteKilo-Watt
Klemmen-spannung inVolt
Umdrehungenin der Minute
Dampf-verbrauch für1 Kilo-Watt-Stunde
Dampfdruck
Luft-leerein cm
im Kessel
am Tur-binenein-trittsventil
kg
kg/qcm
kg/qcm
723
Cambridge,Elektrizitäts-werk,geprüft 27. Ok-tober 1899
526,4261,1124,0
201521152015
275027502700
10,9312,4715,29
9,77210,194 9,843
–––
62,2367,6370,18
772
Cheltenham,Elektrizitäts-werk
553,2275,8
21202000
30003030
9,8411,88
––
9,1409,069
67,8169,09
770
Scarborough,Elektrizitäts-werk
529,0258,0
19902000
24002500
10,3011,97
––
8,8588,999
68,0667,69
Parsons zieht aus den bisher aufgestellten Versuchen den
Schluss, dass bei einer Ueberhitzung um 27,5° C. eine Ersparnis im Dampfverbrauch
von 8 v. H. erreicht wird, bei einer weiteren Ueberhitzung um 55° C. wird diese
Ersparnis auf 12 v. H. gesteigert.
Auch die Luftleere am Ende des Turbinengehäuses beeinflusst den Dampfverbrauch
dergestalt, dass derselbe für jede 2,5 cm über 63,5 cm um 4 v. H. abnimmt.
Auf Grund der Versuchsergebnisse und der obigen Schlussfolgerungen wird nun für eine
500 Kilo-Watt-Turbine, die mit einer Eintrittsspannung von 9,843 kg/qcm und 2500
minutlichen Umdrehungen arbeitet, bei nicht überhitztem
Dampf, folgender Dampfverbrauch aufgestellt:
Zusammenstellung V.
I. Bei gleichbleibender Luftleere zwischen Vollbelastung und
Leerlauf.
Luftleere
Dampfverbrauch für 1 Kilo-Watt-Stunde
Vollbelastung
½-Belastung
¼-Belastung
Leerlauf
cm
kg
kg
kg
kg
73,68
–
–
–
680
71,1
10,190
11,615
14,680
771
68,55
10,483
12,205
15,650
862
66,05
10,886
12,790
16,352
953
63,50
11,390
13,465
17,689
1043
61,00
11,880
14,140
18,686
1134
58,40
12,472
14,905
20,560
1225
55,90
18,102
15,740
21,000
1315
Zusammenstellung IV.
Textabbildung Bd. 317, S. 240
Vorbemerkungen; Stündlicher Dampfverbrauch; Ordnungs-Nr.; Wirklich geleistete Kilo-Watt; Umdrehungen in der Minute; Gesamt;
für 1 Kilo-Watt; Luftleere im Turbinengehäuse; Dampfdruck am Eintrittsventil; Ueberhitzung; 1 Stück 24 Kilo-Watt-Turbinendynamo
für Spillers und Bakers, Newcastle on Tyne; 1 Stück 50 Kilo-Watt-Turbinendynamo für Wechselstrom für das Blackpool-Elektrizitätswerk;
2 Stück 100 Kilo-Watt-Turbinendynamo für den Betrieb der Strassenbahn für das Blackpool-Elektrizitätswerk; 2 Stück 100 Kilo-Watt-Turbinendynamo
für Gleichstrom für West-Bromwich, elektrische Beleuchtungsanlage; 2 Stück 100 Kilo-Watt-Turbinendynamo für Gleichstrom für
Winwick-Asyl. Luft- und Kreiselpumpe für Dampfniederschlag werden gleichzeitig mitbetrieben; 2 Stück 200 Kilo-Watt-Turbinendynamo
zum Betrieb der Strassenbahn für das Blackpool-Elektrizitätswerke; Verschiedene 500 Kilo-Watt-Turbinendynamo für Wechselstrom
Scarborough Elektrizitätswerk; Cheltenham; Elektrizitätswerk; Blackpool; Elektrizitätswerk
Zusammenstellung VI.
II. Bei steigender Luftleere zwischen Vollbelastung und
Leerlauf.
Luftleere
Dampfverbrauch für 1 Kilo-Watt-Stunde
Voll-belastung
½-Belastung
¼-Belastung
Leerlauf
cm
kg
kg
kg
kg
71,1 auf 74,95
10,190
11,34
13,83
635
68,55 „ 73,68
10,483
11,84
14,50
680
66,05 „ 72,39
10,886
12,34
15,25
726
63,50 „ 71,10
11,390
12,93
15,97
771
61,00 „ 69,83
11,880
13,10
16,78
817
58,40 „ 68,55
12,472
14,19
17,65
862
55,90 „ 67,30
13,105
14,95
18,69
907
Ebenso brachte Parsons in seinem Vortrage die Ergebnisse
der Versuche mit den zwei Dampfturbinen von je 1000 Kilo-Watt Leistung in dem Elektrizitätswerk Elberfeld zur allgemeinen
Kenntnis.
Dieselben wurden von W. H. Lindley, Stadtbaurat in
Frankfurt a. M., sowie den Professoren M. Schröter in
München und Prof. Dr. H. F. Weber in Zürich im Januar
1900 sehr eingehend angestellt und sorgfältig durchgeführtVgl. auch Zeitschrift des Vereines deutscher
Ingenieure, 1900 S. 829 und 882 ff..
Die Turbinen waren für Wechselstromdynamo von 1250 Kilo-Watt Leistung bei 4000 Volt
Spannung und 50 Perioden gebaut. Die wirkliche Leistung beträgt 1400 Kilo-Watt. Die
Dynamos sind vierpolig, machen 1500 Umdrehungen in der Minute und sind mit den
Turbinen unmittelbar gekuppelt. Die Dampfausnutzung geht in zwei Turbinen vor sich,
der Hochdruckturbine, in welcher sich der Dampf bis etwas unter die Atmosphäre
ausdehnt, und der Niederdruckturbine, in welcher sich die Ausdehnung bis auf die
Luftleere im Kondensator fortsetzt.
Für die Versuche wurde die zuerst angelieferte Turbine samt Dynamo in dem
Versuchsraum des Elektrizitätswerkes auf ein Holzgerüst, welches das spätere und
bleibende Grundmauerwerk (etwa 4 m hoch) zu ersetzen hatte, aufgestellt;
Rohrleitung, Kondensator und Luftpumpe u.s.w. wurden ihrer späteren Lage genau
entsprechend angeordnet, um den thatsächlichen Betriebsverhältnissen möglichst nahe
zu kommen.
An Kesseln waren für die Versuche auf dem Werke verfügbar:
1
Stück
Babcock- und
Wilcox-Kessel
von
etwa
227
qm
Heizfläche
2
„
Marine-
„
„
je „
556
„
„
1
„
Lokomobil-
„
„
„
67
„
„
Diesen Kesseln wurde der Dampf unter dem Betriebsdruck von 10 kg/qcm entnommen
und in die Hauptdampfleitung ein Babcock- und Wilcox-Ueberhitzer mit eigener
Feuerung eingeschaltet.
Die Kessel waren, den Babcock- und Wilcox-Kessel ausgenommen, seit langer Zeit in
Betrieb und nicht vollkommen dicht, doch hatte sich bei dem Vorversuch bereits
gezeigt, dass die Ausgussmenge der Luftpumpe dem genauen Dampfverbrauch gleich käme,
und so wurden zwei eiserne Behälter, deren Inhalt geaicht war, abwechselnd gefüllt,
indem man durch einen Dreiwegehahn das Wasser
vom gefüllten Behälter auf ein gegebenes Zeichen hin sofort zum entleerten
überführen konnte.
Auf diese Weise war es dann möglich den Dampf für die Versuche von den verschiedenen
im Werk vorhandenen Kesseln und Hauptrohrsträngen zu entnehmen.
Da jedoch für die halbe Belastung der vollständig zuverlässige Babcock- und
Wilcox-Kessel allein genügte, so wurde zum Vergleich zwischen der Fördermenge der
Luftpumpe und dem Verbrauch an Speisewasser bei der halben Belastung beide
Wassermengen während eines bestimmten Zeitraumes sehr genau gemessen. Zu dem Ende
wurde die Hauptleitung durch Blindflanschen von allen anderen Verbindungen
abgeschlossen und führte dann ausschliesslich vom Kessel über den Ueberhitzer zur
Turbinenanlage.
Auch hier ergab sich, entsprechend einer Undichtheit in der Hauptleitung, die bereits
beim Vorversuch entdeckt war, ein geringer Ueberschuss an Speisewasser gegenüber dem
Luftpumpenniederschlag, welch letzterer Umstand jedoch für die Genauigkeit, die sich
durch die sehr bequeme Messung der Ausgussmenge ergab, beredtes Zeugnis ablegte.
Während der Versuche mit geringerer Belastung füllten sich die Behälter naturgemäss
langsamer und konnten daher in Zwischenräumen Wärmemessungen des Niederschlags und
des Kühlwassers vorgenommen werden.
Das einem Kühlwasserteich entnommene Wasser zum Niederschlagen des Dampfes wurde
mittels einer umlaufenden Pumpe mit Elektromotorantrieb durch das Rohrsystem des
Oberflächenkondensators getrieben, während später dafür bei gleicher Anordnung eine
Kreiselpumpe mit Elektromotorantrieb aufgestellt ist.
Das Elektrizitätswerk hatte zwecks Ladens der Maschine vier eiserne Behälter mit
Wasser aufgestellt, die mit Wasserkühlung ausgerüstet waren, in diese Gefässe
tauchten vier Elektroden, welche den vier Belastungsstufen – voll – drei Viertel –
ein Halb – ein Viertel – entsprachen.
Für die elektrischen Beobachtungen standen ein geaichter Watt-Messer, mit dem nötigen
induktionsfreien Widerstand von 40000 Ohm, sowie ein statischer Volt-Messer und ein
Ampère-Messer vom elektrotechnischen Institut zu Zürich zur Verfügung.
Die Ergebnisse sind aus Zusammenstellung VII ersichtlich.
Da die bei den Versuchen angestellten Messungen weder unter derselben Dampfspannung,
vor allem aber auch nicht bei einer sich durchweg gleichbleibenden Ueberhitzung
vorgenommen werden konnten, so ist ein unmittelbarer Vergleich der Ergebnisse nach
obiger Zusammenstellung nicht zulässig. Der Dampfverbrauch für eine mittlere
Ueberhitzung, in diesem Fall nach den stattgehabten Messungen 14,3° C., und für
einen Dampfdruck von 11 kg/qcm absolut, entsprechend einer fühlbaren Wärme von
197,3° C., wurde daher auf Grund der obigen Versuchsergebnisse in der Spalte 11 der
folgenden Zusammenstellung VIII berechnet, während Spalte 12 den Verbrauch von
gesättigtem Dampf bei dem Druck von 11 kg/qcm absolut angibt, um einen Vergleich mit
Kolbenmaschinen von entsprechender Grösse zu ermöglichen.
Nach den Versuchsergebnissen stellt sich der
Dampfverbrauch für die 1250 Kilo-Watt-Turbine bei abgerundeten Belastungen wie
folgt:
Zusammenstellung IX.
Belastung
Stündlicher Dampfverbrauch
im Gesamt
für 1 Kilo-Watt
Kilo-Watt
kg
kg
1250
10786
8,63
1000
9189
9,19
750
7496
9,99
500
5707
11,41
250
3821
15,28
An der zweiten Turbinenanlage in Elberfeld wurden dann noch Versuche ohne
Dampfüberhitzung und mit wechselndem Vakuum angestellt. Die Versuchsergebnisse sind
unter X auf S. 242 zusammengestellt.
Zusammenstellung VII.
Versuchsergebnisse mit der 1000 Kilo-Watt-Turbinendynamo für
Wechselstrom im Elektrizitätswerk zu Elberfeld.
Textabbildung Bd. 317, S. 241
Belastung; Temperatur; Dampfdruck absolut; Wärme; Kühlwasser; am Ende der Hochdruckturbine; Niederdruckturbine; Einlass; Auslass;
Stündlicher Dampfverbrauch; Erregung; Niederschlag des Dampfes; Gesamtmenge des Dampfniederschlags; Dauer der Abfüllung; Mittlere
Leistung der Dynamo; Nutzbare Arbeit; für 1 Kilo-Watt; Umdrehungen in d. Minute; Mittlere Klemmenspannung; Vorversuch, Ueberlastung;
Betriebsbelastung; Dreiviertelbelastung; Halbe Belastung; Viertelbelastung; Leerlauf mit Erregung; Leerlauf ohne Erregung
Zusammenstellung VIII.
Textabbildung Bd. 317, S. 242
Belastung; Gesamtwärmeeinheiten (W.-E.) in 1 kg Dampf bei beobachtetem Dampfdruck; gesättigter; überhitzter; Zustand; Dampfverbrauch
für 1 K.-W.-Std.; Mittlerer beobachteter Dampfdruck absolut; Entsprechende Temperatur des gesättigten Dampfes; Mittlere beobachtete
Temperatur des überhitzten Dampfes am Eintrittsventil; Spalte 4-3 Ueberhitzung; Beobachteter Dampfverbrauch für 1 Kilo-Watt-Stunde;
(Spalten 6 u. 8) gemessener Verbrauch an W-E. für 1 Kilo-Watt-Stunde; Spalte 9 : 7 entsprechend dem gesättigten Zustand; entsprechend
dem Dampfdruck von kg/qcm absolut bei Ueberhitzung und entsprechend dem Dampfdruck von kg/qcm in gesättigtem Zustand; Belastung;
Gesamtwärmeeinheiten (W.-E.) in 1 kg Dampf bei beobachtetem Dampfdruck; gesättigter; überhitzter; Zustand; Dampfverbrauch
für 1 K.-W.-Std.; Stündlich für Leerlaufarbeit
Zusammenstellung X.
Belastung
Druck amAbsperrventil
Ueber-hitzung
LuftleereQuecksilber-säule
Dampf-verbrauch für1 K.-W.-Std.
Kilo-Watt
kg/qcm
°C.
cm
kg
1010
11,07
0
68,5
10,47
1041
10,75
0
61,2
11,45
1022
8,79
0
68,85
9,29
Im allgemeinen ergibt sich auch hier ein Gewinn von 12 v. H. an Dampf bei etwa 55° C.
Ueberhitzung und weitere 4 v. H. für jede 2,5 cm Erhöhung der Luftleere.
Mit Anlagen, in welchen der Dampf nicht niedergeschlagen wird, sind ebenfalls
zahlreiche Versuche gemacht, doch gewinnt die Turbine selbstverständlich an Wert und
Bedeutung, wenn sie sich entsprechenden Kolbenmaschinen mit Dampfniederschlagung
vergleichen kann.
Ohne diese Niederschlagung wurde bei einer Turbine von 100 Kilo-Watt Leistung ein
Dampfverbrauch von 17,69 kg für 1 Kilo-Watt-Stunde, für eine andere von 250
Kilo-Watt ein Verbrauch von 17,24 kg erzielt, beide Mal mit gesättigtem Dampf von
9,14 kg/qcm
Spannung. Für eine Dampfturbine von 1500 Kilo-Watt, die mit einer Eintrittsspannung
von 14,06 kg/qcm
und einer Ueberhitzung von 82,5° C. arbeiten sollte, wurde ein Dampfverbrauch von
12,93 kg für 1 Kilo-Watt-Stunde gewährleistet, was man derzeit nicht nur leicht
einzuhalten, sondern noch zu unterbieten hoffte.
Der in Glasgow anwesende Prof. Schröter, mit Bezug auf
das Elektrizitätswerk Elberfeld jedenfalls vor allem
berufen sein Urteil abzugeben, stellt folgendes fest.
Der Turbine ging der Ruf voraus, dass sie bei ihrer Leistung nicht beharre; bei einem
Versuch, welcher die Elberfelder Anlage nach sechsmonatlichem Betriebe unterzogen
wurde, ist dann aber, vielleicht infolge einer etwas höheren Ueberhitzung, die
anfänglich erreichte Wirtschaftlichkeit sogar übertroffen worden, und muss auch das
ausgezeichnete spätere Verhalten der Turbine bedingungslos anerkannt werden.
In Elberfeld ist man ausserdem in der Lage, die Dampfturbine mit einer unter genau
gleichen Bedingungen arbeitenden Kolbenmaschine nach dem dreifachen Verbundsystem
von Gebr. Sulzer zu vergleichen, und es besteht kein
Zweifel über die höhere Wirtschaftlichkeit der Turbinenanlage.
Die Kolbenmaschine ist für einen bestimmten günstigsten
Füllungsgrad gebaut und ihre Wirtschaftlichkeit sinkt, sobald derselbe infolge
wechselnder Belastung nach oben oder unten geändert werden muss, während bei der
Turbine mit steigender Belastung die Wirtschaftlichkeit ebenfalls steigt.
Als Gründe können gelten, die bei der Kolbenmaschine mit steigender Beanspruchung
wachsenden Enddrücke, während in der Turbine, die für eine gesteigerte Leistung
notwendige Eintrittsspannung stets ganz gesetzmässig bis zur Niederschlagung des
Dampfes abnimmt; der Niederschlagsraum selbst aber, und das ist ein Punkt von
ausserordentlicher Wichtigkeit, steht thatsächlich stets unter dem Einfluss
vollständiger Luftleere.
Eine Rolle spielt weiter auch die Anordnung der Steuerung der Kolbenmaschinen, bei
der Turbine wurde die Steuerung durch Drosselung des Dampfes am Eintritt
bewerkstelligt.
Die Verwendung von überhitztem Dampf kann nicht dringend genug empfohlen werden, da
dadurch die Wirtschaftlichkeit beträchtlich wachse.
Bei der Kolbenmaschine ist diese Steigerung wahrscheinlich verursacht durch einen
geringeren Niederschlag an den Cylinderwandungen, in der Turbine finde dieser
Vorgang zwar nicht statt, aber die Wirtschaftlichkeit wachse trotzdem.
Zum Schluss entspricht Prof. Schröter noch der
Aufforderung des Vorsitzenden und bestätigt dessen Ansicht, dass nämlich in
Elberfeld vom ersten Augenblick an Turbinen und Kolbenmaschinen miteinander zur
vollständigsten Zufriedenheit synchron arbeiteten.
Wenn die grössere Wirtschaftlichkeit der Dampfüberhitzung, also des Dampfes von
verbesserter Gasform, bei der Turbine gegenüber der Kolbenmaschine augenscheinlicher
hervortritt, so dürfte dies vielleicht doch auf ein geringeres Niederschlagvermögen
auch in der Turbine hinweisen, dafür sprechen wenigstens auch die Wahrnehmungen,
welche Prof. Ewing bei seinen Versuchen in Cambridge
mit nassem Dampf gemacht hat.
Es scheint, dass der Durchgang des nassen Dampfes mit seinen Wasserteilchen, beim
Durcheilen der Turbine zur Luftleere hin, Reibungsarbeit verursacht, die bei dem
gasförmigeren überhitzten Dampf vermieden wird.
Diese Ansicht vertritt auch Prof. R. H. Thurston, denn
für die etwaige Grösse der Flüssigkeitsreibung stellt er, in der amerikanischen
Gesellschaft von Maschineningenieuren einen Vortrag, über das Gesamtgebiet der
Dampfturbine haltendTransact. A. S. M. E., 1901 Vol.
XXII., folgende Annäherungsrechnung auf:
Eine Turbinenscheibe habe 10 Zoll engl. (25 cm) Durchmesser und mache, wie bei dieser
Grösse üblich, 20000 Umläufe minutlich = 16,09 km minutlich oder 960 km gleich 520
Knoten stündlich.
Für den Vergleich sei die benutzte Oberfläche eines Schiffes herangezogen, für welche
die erforderliche Maschinenleistung durch die Formel \mbox{PS}_{\mbox{i}}=\frac{O\,\cdot\,V^3}{20000} gegeben ist, worin
O die benetzte Oberfläche in Quadratfuss
V die stündliche Geschwindigkeit in Knoten gibt.
Für die Einheit des Quadratfuss es wird hier
\mbox{PS}_{\mbox{i}}=\frac{520^3}{20000}=\frac{52^3}{20}=7030\mbox{ PS}_{\mbox{i}}.
Ein Wasserfaden am Umfange der Turbine mit 31,413 Zoll engl. Umfang und 0,001 Zoll
engl. (0,025 mm) Breite gibt 0,03 Quadratzoll =\frac{3}{14400} Quadratfuss Fläche
und für die Ueberwindung des Reibungswiderstandes sind
\mbox{PS}_{\mbox{i}}=\frac{7030\,\cdot\,3}{14400}=1 ½ PSi
erforderlich.
Während sich ferner in der Turbine beim Durchgang des Dampfes entsprechend seiner
Eintrittswärme in den einzelnen Zonen ein Beharrungszustand hinsichtlich der Wärme
der Wandungen einstellt, ist in der Kolbenmaschine in den Wandungen ein steter
Wechsel, entsprechend der Wärme der Eintrittsspannung, der Endspannung und des
Gegendruckes, letzterer dazu noch zwecks stossfreien Ganges bei Dynamobetrieb bis
auf die Eintrittsspannung gesteigert, und den Wirkungsgrad der Maschine einzig und
allein schon infolge dieser Steigerung ganz erheblich vermindernd.
Wie sehr übrigens die Erkenntnis der Vorzüglichkeit der Dampfturbine für den Antrieb
von Dynamomaschinen auch bei uns am Festland an Boden gewinnt, zeigt sich darin,
dass allein Brown, Boveri und Co., Stammwerkstätten in
Baden in der Schweiz, Mitte vorigen Jahres folgende Turbinenanlagen in Auftrag
hatten:
1.
Frankfurt a. M., Elek- trizitätswerk
26003200
Kilo-Watt„
Einphasenanlage.Dreiphasenanlage.
2.
Wild und Abegg in Turin
250
„
Dreiphasenanlage.
3.
Berlin
100
„
Gleichstromanlage.
4. 5. 6. 7.
TschopelnMailand „Aschenbornschacht
36030002000400
„„„„
Dreiphasenanlage.
8.
Urfahr
300
Kilo-Watt
Einphasenanlage.
9.
Französische Marine
280
„
Gleichstromanlage.
10.11.
WerdohlTroyes
350900
Kilo Watt„
Dreiphasenanlage.
12.
Neuchâtel
300
„
Gleichstromanlage.
Welche Lieferfristen dabei möglich sind, ergibt sich, wenn man erfährt, dass Parsons und Co. die Lieferung der 3000
Kilo-Watt-Dampfturbine für Mailand in 10 Wochen zusagten. Welche Maschinenwerkstätte
könnte für eine 3000 Kilo-Watt-Kolbenmaschine in dieser Zeitspanne auch nur den
Rohguss bereit haben?
Textabbildung Bd. 317, S. 243
Fig. 4. 75 Kilo-Watt Turbinendynamo jetziger Anordnung.
Fig. 4 zeigt eine 75 Kilo-Watt Turbinendynamo jetziger
Anordnung.
Textabbildung Bd. 317, S. 243
Fig. 5. Turbinendynamo von 4000 bis 5000 PS, jetzige Anordnung von Brown, Boveri und Co.
Fig. 5 eine solche von 4000 bis 5000 PS, ausgeführt
von der A.-G. Brown, Boveri und Co. in Baden
(Schweiz).
(Schluss folgt.)