Titel: | Die Betriebsmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung. |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 410 |
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Die Betriebsmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung.
(Fortsetzung von S. 363 d. Bd.)
Die Betriebsmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung.
Die Gutehoffnungshütte, Aktienverein für Bergbau und
Hüttenbetrieb in Oberhausen ist das einzige Werk, welches in der
Betriebsanlage eine dreifache Verbundmaschine und zwar stehender Bauart – eines der
glänzendsten Schaustücke der Ausstellung – ausstellt. Diese Maschine (Fig. 33 und 34) ist
zugleich die mächtigste in dieser Abteilung und ist für eine Eintrittsspannung von
13 kg/qcm absolut
gebaut. Der Hochdruckcylinder hat 830 mm, der Mitteldruckcylinder 1400 mm und der
Niederdruckcylinder 2050 mm Bohrung, der gemeinsame Hub beträgt 1206 mm, bei 94
minutlichen Umdrehungen erreicht die Kolbengeschwindigkeit die ziemlich bedeutende
Grösse von
\frac{1,2\,\times\,94}{30}=3,76\mbox{ m/Sek.}
Textabbildung Bd. 317, S. 410
Fig. 33. Dreifache Verbundmaschine von der Gutehoffnungshütte.
Ausgeführt auf Bestellung des Elektrizitätswerkes Essen
wird diese Maschine an ihrem späteren Aufstellungsort mit einer absoluten
Eintrittsspannung von 10,5 kg/qcm und mit um 70° C. überhitztem Dampf arbeiten und
soll dann mit
0,34
Füllung
des
Hochdruckcylinders
3000
PSi
0,41
„
„
„
3500
„
leisten. Der Dampfverbrauch ist im ersten Fall mit 5,7 kg, im
zweiten Fall mit 6,1 kg für 1 PS und Stunde gewährleistet.
Auf der Ausstellung ist sowohl die Eintrittsspannung als auch die Ueberhitzung
grösser.
Entsprechend dieser Eintrittsspannung muss die Maschine mit einer Drosselung
arbeiten, die das Mass des Zulässigen weit übersteigt.
Die Maschine baut sich auf einer dreigeteilten Grundplatte auf, bei welcher jeder
Teil mit zwei Lagerkörpern für die Kurbelwelle in einem Stück gegossen ist und je
ein Gewicht von 16000 kg hat. Die Gestalt der Grundplatte zeigt die Kurbelgrube mit
seitlich angegossenen Kastenträgern zwischen den Lagerkörpern. Die ganze Grundplatte
ist fest und zuverlässig in das Grundgemäuer eingelassen und durch 24 starke
Schraubenbolzen – je acht in jedem Teil – mit demselben verankert.
Drei starke gusseiserne Ständer – je einer auf jedem Grundplattenteil – mit breiten
gegabelten Füssen sind
mit der Grundplatte sehr zuverlässig verschraubt und tragen auf ihren
kronenartigen Kopfflanschen die drei Dampfcylinder, während gegen die Vorderseiten
der eigentlichen Ständer die Gleitbahnen für die Kreuzköpfe befestigt sind.
Das Gewicht eines gusseisernen Ständers beträgt 13000 kg.
An dem vorderen Kranzteil der kronenartigen Flanschen sind die Ständer dann nach
unten auf die Grundplatte durch zwei kräftige Stahlsäulen abgestützt und sowohl in
halber Höhe als auch zwischen den Kopfflanschen durch Zwischenstücke von
entsprechender Gestalt starr zu einem standfesten Ganzen verbunden; hierdurch soll
allen Schwankungen und seitlichen Erschütterungen Rechnung getragen werden.
Textabbildung Bd. 317, S. 411
Fig. 34. Dreifache Verbundmaschine von der Gutehoffnungshütte.
Die Cylinder sind in ihren Rohrzwischenstücken für den Dampfübertritt in einer der
Ausdehnung durch die Wärme nachgebenden Weise verbunden. Indem diese Zwischenstücke
zweiteilig und mit beträchtlich grösseren Mittelflanschen ausgeführt sind, wirken
sie eben als federnde Ausdehnungsscheiben.
Sämtliche drei Cylinder besitzen Dampfmäntel, welche über die eigentlichen
Cylinderbüchsen übergeschrumpft sind, und sowohl mit Kesseldampf als auch mit ihrem
Arbeitsdampf beheizt werden können. Ebenso ist bei sämtlichen drei Cylindern die
Heizung der Deckel und Böden vorgesehen. Die Aufnehmer für Mittel- und
Niederdruckcylinder sind in die Mantelkörper eingebaut.
Der Körper des Niederdruckcylinders – mit den Schiebergehäusen in einem Stück
gegossen – hat ohne seine Cylinderbüchse und ohne Schieber u.s.w. das Gewicht von
22000 kg.
Eine sorgfältige Umhüllung mit Wärmeschutzmasse verringert die Strahlungsverluste so
weit wie möglich, während eine weitere Umkleidung mit Stahlglanzblechen dem sauberen
äusseren Gepräge des Gesamteindrucks dienstbar gemacht ist, und zwar ist die
Umkleidung für jeden einzelnen Cylinder besonders durchgeführt.
Die Dampfkolben sind in den drei Cylindern verschieden ausgebildet. Der
Hochdruckcylinder hat einen massiven Kolbenkörper, der Kolben des
Mitteldruckcylinders ist als ein sehr schwer gehaltener Hohlkörper ausgebildet –
beide Kolben sind aus Gusseisen –, während der Niederdruckkolben die bei Stahlguss
übliche offene Glockengestalt zeigt und möglichst leicht gehalten ist. Der Zweck
dieser Ausführung ist, die Erlangung eines annähernden Gewichtsausgleichs des
letzteren Kolbens durch die beiden ersten.
Hoch- und Mitteldruckkolben haben selbstspannende Liderungsringe, bei dem
Niederdruckkolben sind Buckley-Ringe in verbesserter Ausführung zur Verwendung
gelangt.
Die Kolbenstangen haben alle 170 mm Durchmesser und sind mit den Kolben in der
üblichen Weise durch Kegelansatz und Mutter verbunden. Im Mittel- und
Niederdruckcylinder sind Führungsstangen durch die Cylinderdeckel hindurchgeführt;
mit den Kreuzköpfen sind die Stangen durch starke Stahlkeile verbunden.
Zu erwähnen ist hier noch, dass die Schraubenmuttern der Stopfbüchsen für den
gleichmässigen Anzug als Zahnräder ausgebildet sind, die durch ein gemeinsames,
innen liegendes Zahnrad bethätigt werden. Am Mittel- und Niederdruckcylinder sind
aber Hauptzahnräder erst bewegt durch weitere Zahnräder, welche – aussen liegend –
in je eines der Mutterrädchen eingreifen und selbst wieder jedesmal durch
Gelenkkuppelungen, Wellenleitungen und Handrad von einem Punkt ausserhalb der
Kronenflansche bewegt werden.
Die stählernen Kreuzköpfe haben eine Höhe von 350 mm bis auf ihre Gleitflächen, der
Kurbelzapfen hat 400 mm Länge bei 220 mm Durchmesser. Am Kreuzkopfende umfassen die
Kurbelstangen den Kreuzkopf mit starken Gabeln; auch hier finden wir den Marinekopf
ausgebildet. Das Verhältnis der Kurbelstangenlänge zum Kurbelhalbmesser ist 5 : 1,
die Durchmesser der Kurbelstangen betragen 170 bezw. 210 mm.
Die Kurbelwelle hat 420 mm Durchmesser und ist dreiteilig in die Grundplatte
eingelegt und durch starke Kuppelungsflanschen verbunden. Die Kurbeln sind um 120°
versetzt. Jede Kurbelflansch ist für sich auf die Welle aufgeschrumpft, ebenso auf
die Kurbelzapfen, welche gleichfalls 420 mm Durchmesser haben, thatsächlich besteht
also die ganze Welle aus sechs einzelnen, zu einem Ganzen zusammengefügten Enden.
Für diese Ausführung mag wohl die billigere Herstellung gegenüber dreier aus einem
Ganzen geschmiedeten bezw. gepressten Kurbelenden massgebend gewesen sein. Die
angeschmiedeten Kuppelungsflanschen sind durch verjüngte Schraubenbolzen
verbunden.
Zwecks leichter Herausnahme jeder einzelnen Kurbel mitsamt ihren Wellenenden sind die
vorderen Stützsäulen entsprechend schnell zu entfernen.
Die Kurbellager sind reichlich bemessen und hat das äussere Lager an dem Ende des
Niederdruckcylinders 798 mm Lauflänge, während alle übrigen fünf Lager eine solche
von 478 mm besitzen, die Bohrung ist bei allen 420 mm. Die Schalen sind vierteilig,
zum Nachstellen ausgebildet und mit Weissmetall ausgegossen, ebenso die Lager der
Kurbelzapfen. Die Lagerschalen der Kreuzkopfzapfen sind aus Phosphorbronze und durch
einen Keil nachstellbar.
Hoch- und Mitteldruckcylinder haben auslösende und kraftschlüssige Ventilsteuerung
Bauart Gutermuth, welche in Fig. 35 bis 37
dargestellt ist und sich durch einfache Ausführung auszeichnet.
Ausserhalb des äusseren Kurbellagers am Ende des Hochdruckcylinders wird durch ein
auf der Kurbelwelle
angeordnetes Schneckenrad eine senkrechte Welle, auf der unten die Schnecke
sitzt, bethätigt, welche ihrerseits wiederum die oben in Höhe der Cylinderdeckel
laufende wagerechte Steuer welle mittels eines Schneckenräderpaares bewegt.
Die Schneckenräder sind sorgfältig gefräst und arbeitet Phosphorbronze mit Stahlguss
in einem Oelbade.
Textabbildung Bd. 317, S. 412
Gutermuth-Steuerung zur Maschine von der Gutehoffnungshütte.
Die Höhe der Mitte Steuerwelle über Mitte Kurbelwelle beträgt 6745 mm. Der
Querabstand der Mitte Steuerwelle von Mitte Cylinder 1550 mm. Von der Steuerwelle
aus werden die Ventile durch Exzenter und Gestänge bethätigt und zwar die
Einlassventile durch eine sehr kurze Stange, welche etwa in ihrer halben Länge an
einem schwingenden kurzen Lenker aufgehängt ist. Das dem Ventil zu gelegene Ende
beschreibt stets die gleiche Bahn und hebt den einarmigen – durch die Ventilspindel
hindurchgeführten – Mitnehmer. Das Ende der Exzenterstange ist gabelförmig
ausgebildet und hat schräge Auflageflächen, zwischen welchen der breite thätige
Mitnehmerkloben in dieselbe eingehängt ist. Der Mitnehmer in der Ventilspindel
gleitet in einer walzenförmigen Nuss.
Am Hochdruckcylinder beeinflusst ein auf der senkrechten Zwischenwelle
angeordneter Hartung'scher Federregler durch sein
Gestänge und einen Winkelhebel, der an der Ventilglocke aufgehängt ist und an dessen
betreffendes Ende der Mitnehmer in einem Gleitkolben schwingt, den letzteren derart,
dass er ihn wagerecht vor oder zurück bewegt, und damit die längere oder kürzere
Einwirkung der Bewegungsbahn des Exzenterendes auf die Schwingebahn der Mitnehmer,
d.h. die Füllung bestimmt.
Am Mitteldruckcylinder geschieht die Vor- bezw. Rückwärtsbewegung des Gleitkolbens
von Hand und zeigt ein Zeiger auf einen Merkbogen den Füllungsgrad an.
Beim Anhub, wenn die erforderliche Kraft am grössten ist, treffen die breiten Flächen
des thätigen Mitnehmers mit voller Kraft auf diejenigen der Ventilmitnehmer, später
schwingen dann die Auflageflächen des thätigen Mitnehmers bald wieder zurück. Bei
kleinen Füllungen – also bei weit zurückgeholten Ventilmitnehmern trifft die hebende
Fläche mit fast senkrechtem Stoss von unten auf die letztere.
Mehrjährige Erfahrung hat bereits bewiesen, dass ein merkbarer Verschleiss der
Auflagefläche beim Arbeiten nicht eintritt.
Als Vorteil dieser Steuerung wird die geringe Rückwirkung auf den Regler
hervorgehoben, da der senkrechte Druck durch die Bahnreibung des vom Regler bewegten
Gleitkolbens ausgeglichen wird, während der Zug in wagerechter Richtung, entstehend
durch die Reibung zwischen Mitnehmer und Ventilspindel einerseits und zwischen den
Auflageflächen andererseits ebenfalls nahezu im Gleichgewicht steht.
Wie aus Fig.
36 ersichtlich ist, arbeitet die Steuerung ausser mit Kraftschluss durch
die Feder auch mit Luftbuffer, ferner sind die Ventile mit Ueberdeckung ausgeführt,
um für das Ende der Schlussbewegung der Federkraft entraten zu können.
Auf diese Grundbedingungen hat nun die Gutehoffnungshütte eine Vorrichtung zur Beeinflussung des Kraftschlusses
der Einlassventile durch die Feder aufgebaut und sich dieselbe patentieren
lassen.
Durch die zur Veränderung der Federspannung vorhandene Stellschraube in dem
Federgehäuse wird eine zweite Schraube hindurchgeführt, welche es gestattet, den Hub
der Schlussfeder in irgend einem gewünschten Ebstand von der Angrifffläche der
Ventilspindel zu beendigen.
Durch diese Vorrichtung wird ein nach Erfordernis zu bemessender Zwischenraum
zwischen der gespannten Feder und dem geschlossenen Ventil ermöglicht.
Ferner tritt dadurch die Federpressung erst nach erfolgtem Abheben des Ventils – also
nach Ueberwindung des auf dem geschlossenen Ventil lastenden Dampfdrucks – und bei
bereits erfolgter Beschleunigung der betreffenden Massen ein.
Die Folge dieser Anordnung ist aber auch eine Verbesserung
in der Wirkung des Luftbuffers bezw. in dem geräuschlosen und sanften Aufsetzen
des Ventils auf seinen Sitz.
Die Steuerung der Auslassventile erfolgt bei beiden Cylindern in gleicher und
einfacher Weise durch Exzenter und zugehörigem Gestänge, welches mit Daumenhebel auf
einen doppelarmigen Mitnehmerhebel mit Rollendaumen wirkt.
Die Anordnung der Ein- und Auslassventile – am Hochdruckcylinder mit 310 mm, am
Mitteldruckcylinder mit 400 mm Durchmesser – möglichst nah zusammen in derselben
senkrechten Achse unter- bezw. übereinander, ist aus Fig. 35 und 36
ersichtlich und bietet den Vorteil einer grösstmöglichsten Verminderung der
schädlichen Räume. Die Ventildurchmesser sind reichlich bemessen, um den Ventilhub
möglichst gering halten zu können, es hat sich aber gezeigt, dass dieselben bei
zukünftiger Ausführung sehr wohl etwas geringer sein dürften. Der geschnittene Teil
in Fig. 35
zeigt sodann noch Stehbolzen zwischen Ein- und Auslassventil der Deckelseite, die
eine Erläuterung verlangen dürften.
Dieselben dienen dazu, die Ventileinsätze des Auslassventils niederzudrücken, zu
welchem Ende sie in die Einsätze der Einlassventile eingeführt sind und von oben
durch Druckschrauben mit Vierkantkopf aufgepresst werden. Die Einsätze der
Einlassventile sind von oben niedergeschraubt. Wie die Einsätze und Ventile der
Deckelseite für Ein- und Auslass, so sind selbstverständlich auch an der Kurbelseite
dieselben Teile für den Einlass von oben her – der Deckelseite – einzubringen; die
Einsätze werden in letzterem Falle von der geräumigen Dampfkammer aus
niedergeschraubt.
Die Steuerung des Niederdruckcylinders erfolgt durch vier Corliss-Schieber von 2000
mm Länge und 380 mm Durchmesser, welche mittels Exzenter nebst Gestänge und
Schwingscheibe unmittelbar von der Kurbelwelle aus bethätigt werden. Entsprechend
der Beanspruchung erfassen die Spindeln die Einlassschieber auf der ganzen Länge mit
Vierkant und sind die zur Spindelbefestigung dienenden Längsrippen durch Querstreben
und Abstandrohre mit Schrauben genügend verstärkt.
An den Auslassschiebern ist nur ein kurzes starkes Vierkant steckschlüsselartig in
den Schieberkopf eingeführt.
Die Spindeln sind ausser durch Schleifringen auch noch durch Stopfbüchsen
abgedichtet.
Die Anordnung der Corliss-Steuerung beeinträchtigt in keiner Weise die Steuerung der
beiden anderen Cylinder, wie sich auch aus der Fig.
33 ergibt.
Die Maschine bekundet in ihrer technischen Durcharbeitung in jeder Weise die
Meisterhand, aber auch in der Ausrüstung mit den weiteren Einzelnheiten tritt
überall die äusserste Sorgfalt zu Tage.
Vor allem ist die Schmierung mit Rücksicht auf die grosse Kolbengeschwindigkeit
durchgebildet. Durch eine besondere Pumpe wird das Oel aus einem Sammelbehälter in
der Unterkellerung in einen Behälter gedrückt, der über dem höchsten Punkt der
Maschine liegt.
Die Pumpe ist an das Exzenter der Corliss-Steuerung angehängt.
Von dem vorerwähnten höchsten Punkt aus verteilt sich das Oel zuerst in mehrere
Verteilerschaukasten – mit innerer elektrischer Beleuchtung – und von dort über die
Tropföler zur selbstthätigen Schmierung aller beweglichen Teile und wird nach seinem
Verbrauch in den Kurbelgruben der Grundplatte gesammelt, tritt hier durch das unter
der letzteren hingeführte Sammelrohr in die Reinigungsfilter, von wo es zu neuem
Gebrauch dem Sammelbehälter wieder zugepumpt wird.
Spritzbleche sind überall in geeigneter Weise vorgesehen und wurden auf der
Ausstellung in recht wirkungsvoller Weise durch umrahmte Spiegelglastafeln
ersetzt.
Ferner ist die gehörigedEntwässerung der Maschine in ihren einzelnen Teilen mit
peinlichster Sorgfalt durchgeführt.
Für die leicht zugängliche Bedienung der Maschine sind oberhalb der
Kuppelungsflanschen der Kurbelwelle zwischen den Ständern zwei Uebergänge
durchgelegt, sodann befinden sich zwei vollständig um die Maschine
herumführende Laufbahnen in 3506 mm bezw. 6191 mm Höhe über Fussboden. Ferner
ist die Deckelfläche der Cylinder, welche 7600 mm über Fussboden liegt, für die
Bedienung zugänglich gemacht und durch Geländer geschützt.
Auf der Laufbühne in 3506 mm Höhe über Fussboden, welche auch an den Stützsäulen in
entsprechender Weise befestigt ist, befindet sich der Stand des Maschinenführers,
nach welchem sämtliche Handhaben – für Absperr- und Wechselventil, Hahnenzüge der
Entwässerung u.s.w. – zusammenführen.
Das Gewicht der Maschine, wie sie ausgestellt ist – ohne Schwungrad –, beträgt 245000
kg.
Auf der Ausstellung ist die Maschine mit einer Drehstromdynamo der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. Lahmeyer und Co.
in Frankfurt a. M. gekuppelt, deren Magnetrad 7500 mm Durchmesser besitzt und 80000
kg Gewicht hat. Das hier aufgespeicherte Schwungmoment machte ein weiteres
Schwungrad daher überflüssig.
Für das Drehen der Maschine lieferte dieselbe Gesellschaft ein elektrisch betriebenes
Schaltwerk.
Die Gutehoffnungshütte hält in ihrer Hand die
mannigfaltigsten Betriebe, wir nennen hier den Kohlen-, Eisen-, Kalkstein- und
Minetteabbau, den Hochofenbetrieb, Stahl- und Eisenwalzwerk, Brückenbau. Es sei hier
nochmals die herrliche Rheinbrücke an der Ausstellung erwähnt. Stahlformgiesserei,
Eisengiesserei, Kesselschmiede, Hammerschmiede und Maschinenbau. In letzterem
erzeugt es ausser Dampfmaschinen für den Betrieb auch solche für den Bergbau – wir
veröffentlichten die Beschreibung der ausgestellten Fördermaschinen auf S. 332 d.
Bd. –, auch Wasserhaltungen u.s.w.
Bereits im Jahre 1808 gegründet, blickt die Hütte auf eine bald hundertjährige
Thätigkeit, und seine Geschichte schreiben, hiesse die Geschichte des deutschen
Bergbaus und Maschinenbaus und seiner verwandten Zweige mit all dem Ringen und
Kämpfen, die ihm vorbehalten waren, sowie von seinem siegreichen Ueberwinden
erzählen.
Die heute beschäftigte Arbeiterzahl beträgt 14000 und mit dieser Zahl möchte es
gleich hinter den Krupp-Werken aufzuführen sein.
Von Haniel und Lueg in Düsseldorf ist in der
Betriebsanlage eine Verbundventilmaschine (Fig. 38 bis 40) ausgestellt, deren Hauptabmessungen folgende sind:
Hochdruckcylinder 670 mm, Niederdruckcylinder 1075 mm Bohrung, gemeinsamer Hub 1200
mm.
Bei einer Eintrittsspannung von 11 kg/qcm absolut und 94 minutlichen Umdrehungen oder
\frac{12\,\times\,94}{30}=3,76\mbox{ m/Sek.}
Kolbengeschwindigkeit leistet die Maschine – mit
Dampfniederschlagung arbeitend – im regelmässigen Betrieb und mit entsprechender
Füllung im Hochdruckcylinder 900 PSi.
Die Maschinenrahmen haben Bajonettbalken, sie liegen der ganzen Länge nach auf dem
festen Grundgemäuer auf und sind zuverlässig mit letzterem verankert.
Der Hoch- sowie Niederdruckcylinder haben Dampfmäntel, mit welchen sie aus einem
Stück gegossen sind und werden mit ihrem Arbeitsdampf geheizt, ausserdem sind bei
dieser Maschine auch die Cylinderdeckel geheizt.
Der Aufnehmer hat ebenfalls Mantelheizung und zwar wird dieselbe durch Kesseldampf
bewirkt.
Die Kolben sind aus Gusseisen und mit selbstspannenden gusseisernen Ringen
ausgerüstet, Kurbelwelle, Kurbel- und Kolbenstangen sind aus bestem
Siemens-Martin-Stahl hergestellt.
Die Kolbenstangen sind bei beiden Cylindern durch die hinteren Deckel geführt und
gleiten mit aufgesteckten Schuhen in starken Gleitschlitten, welche auf etwa ⅔ ihrer
Länge – vom Deckel her gemessen – durch je einen kräftigen Fuss abgestützt sind.
Der aus Stahlguss gefertigte Kreuzkopf ist auf die Kolbenstange aufgeschraubt und
alsdann noch mit zwei Schrauben festgestellt.
In allen Teilen bringt sich an dieser Maschine die reiche Erfahrung dieses so
leistungsfähigen Werkes in augenfälliger Weise zur Geltung.
Beide Cylinder haben Ventilsteuerung. Die Einlasssteuerung am Hochdruckcylinder
ist eine auslösende, mit Federkraftschluss und Flüssigkeitsfederbuffer Bauart Wiegleb (D. R. P. Nr. 110362 und Nr. 124381, Fig. 41 und 42). Die
Wirkungsweise ist folgende:
Beim Niedergang der Stange S (Fig. 41) wird durch den Kniehebel ik der
thätige Mitnehmer m nach aussen gedrückt und somit in
dem bei der Durcharbeitung beabsichtigten Augenblick der Mitnehmer n ausgelöst, worauf der Ventilschluss durch eine Feder
erfolgt. Durch den Winkelhebel h wird vom Regler aus
der Punkt c verschoben und die Lage des thätigen
Mitnehmers m verändert bezw. mehr nach aussen oder nach
innen verlegt und dadurch ein früheres oder späteres Auslösen des Hebels n bewirkt.
Textabbildung Bd. 317, S. 414
Verbundmaschine von Haniel und Lueg.
Punkt a schwingt im Kreisbogen um p und Hebel n wird
aus diesem Grunde bei Auf- und Niedergang dieselbe Bahn beschreiben. Zwecks
Rücklaufs über Hebel n und Rückgewinnung seiner
Aufsatz- und Drucklage auf demselben muss deshalb der Mitnehmer m nach aussen beweglich sein und zwar derart, dass er
nach dem Rücklauf über n nach der anderen Richtung
unter dem Zwang der Feder o durch den Anschlag x unter dem Einfluss des Winkelhebels ik seine Aufgabe, das Ventil zu öffnen, wieder
aufnimmt. In dem Federgehäuse (Fig. 42) ist die mit
einer Mutter q1
versehene Spindel q von einer Hülse t umgeben, die sich auf der oberen Seite gegen q1 legt und an welcher
unten vermittelst Kugelgelenkes der das Oeffnen des Ventils bewirkende Hebel n (Fig. 41) angreift. Am
unteren Ende der Hülse t ist eine äussere Längsnut s eingearbeitet, in welche eine Nase der mit einem
Sechskant versehenen Büchse u eingreift. Am Kopfe ist
auf der Hülse t der Innenmantel des Buffercylinders v aufgeschraubt, welcher eine Nase hat und mit
derselben in eine in die Hülse t1 eingearbeitete Nut greift, so dass er über die
festgesetzte Hülse gleitet.
Dieser Innenmantel des Buffercylinders trägt einmal auf einem angegossenen Flansch
die Feder für den Ventilschluss, sodann ist der Bufferkolben r auf denselben gleitbar geschoben, und zwar derart, dass er mittels der
gespannten kräftigen Feder z stets fest gegen den
Anschlag w gedrückt wird; in den Innenmantel sind,
soweit die Büchse des Kolbens ihn umschliesst, eine Anzahl kleiner Umlaqfkanäle v1, am Aussenmantel die
etwas grösseren Umlaufkanäle w1 in der aus Fig. 42
ersichtlichen Weise eingearbeitet.
Bei der Abwärtsbewegung des Kolbens r tritt nun die
unter dem letzteren befindliche Flüssigkeit durch die Kanäle w1 und zum Teil auch durch die Kanäle v1 frei und ungehindert
nach oben, bis der Kolben r mit seiner Unterkante die
Kanäle w1 überdeckt und
schliesst; jetzt tritt, da die Kanäle v1 nur sehr geringen freien Querschnitt
haben, unter r eine Pressung des Oels ein und die
Feder l wird zusammengedrückt, während in derselben
Zeit der Teil der Flüssigkeit, der durch die fernere Abwärtsbewegung von v bewirkt wird, so lange durch die Kanäle v1 nach oben tritt, bis
auch diese von dem Kolben r abgesperrt sind, was mit
dem Aufsetzen der Ventile zusammenfallen dürfte.
Textabbildung Bd. 317, S. 415
Fig. 40. Verbundmaschine von Haniel und Lueg.
Wird die Büchse u vermittelst ihres Sechskants gedreht,
so wird durch die in letzterer befindliche Nase die Hülse t mitgedreht und dadurch der Innenmantel v,
welcher selbst an der Drehbewegung behindert ist, auf- bezw. abwärts bewegt.
Textabbildung Bd. 317, S. 415
Fig. 41. Ventilsteuerung Bauart Wiegleb.
Durch diese letztere Bewegung wird nun die Feder l
weniger oder mehr gespannt und damit der Beginn des Absperrens der Kanäle w1 und v1 später oder früher
eingeleitet – die Bufferwirkung also genau geregelt.
Nach Auslösung des Hebels n (Fig. 41) tritt nun das Ventil unter dem Einfluss der Schlussfeder seine
Abwärtsbewegung an und zwar wird der verschiebbare Kolben r
– durch die Feder z niedergedrückt – anfangs
beim Niedergang der Ventilspindel nicht stehen bleiben, sondern mitbewegt. Erst
kurz vor Beendigung der Spindelbewegung, wenn durch Absperrung der Umlaufkanäle w
1 ein grösserer Druck unter dem Kolben entsteht, erleidet derselbe eine Verschiebung und spannt
dadurch die Feder z. Die Folge ist, dass die Bewegung
für das fallende Ventil kurz vor seinem Aufsetzen schnell, aber doch so allmählich und so buffernd verzögert wird, dass ein sanftes Aufsetzen erreicht wird und ein
Abreissen der Spindel durch zu plötzliches und zu starres Abbremsen nicht vorkommen
kann.
Textabbildung Bd. 317, S. 415
Fig. 42. Ventilsteuerung Bauart Wiegleb.
Für diese Steuerung beanspruchen Haniel und Lueg
ausserdem noch den Vorzug, dass die Klinkhebel m nicht
mit zu geringer, aber auch nicht mit zu grosser Fläche auf den Hebel n aufsetzen. Der erste Umstand hat den Nachteil des
schnellen Verschleisses der Schneiden zur Folge. Im letzteren Fall wird
hauptsächlich bei grösseren Füllungen und hohen Umdrehungszahlen ein richtiges
Aufsetzen der Schneiden verhindert bezw. ein zu frühes Abspringen der letzteren
hervorgerufen.
Die Auslassventile beider Cylinder – sowohl Hoch- wie Niederdruckseite – werden durch
unrunde schwingende Scheiben gesteuert.
Im übrigen ist der Zusammen- und Aufbau der Maschine der gebräuchliche.
Abweichend von den auf der Ausstellung als Vorschrift geltenden Anordnungen arbeitet
die Maschine für gewöhnlich mit eigener Dampfniederschlagung, deren Luftpumpe unter
Flur liegt und von der Niederdruckkurbel aus bethätigt wird. Durch entsprechend
angeordnete Schieber kann aber sowohl an die Sammelniederschlagung angeschlossen,
als auch unmittelbar ins Freie ausgepufft werden.
Das für die Dampfmaschine erforderliche Schwunggewicht ist in dem Magnetrade der
Drehstromdynamo von 2000 Volt Spannung und 750 Kilo-Watt Leistung bei
induktionsfreier Belastung untergebracht, welche unmittelbar auf die Kurbelwelle
aufgekeilt ist.
Dieselbe ist von der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft
vorm. W. Lahmeyer und Co. in Frankfurt a. M. geliefert
und in der diesem Werke eigentümlichen Bauart ausgeführt.
Die Erregung derselben erfolgt durch einen Drehstrom-Gleichstromumformer, welcher
seinen Strom von der Hauptdynamo erhält. Die Vorerregung besorgt eine
Akkumulatorenbatterie, welche während des regelmässigen Betriebes vom Umformer
wieder mit geladen wird.
Der erzeugte Hauptstrom wird durch zwei Kabel von je 3 × 95 qmm Querschnitt auf einen
Motor übertragen, welcher unter Tage eine elektrisch betriebene Wasserhaltung
bethätigt und mit welcher zusammen die vorbesprochene Maschinenanlage, für die Zeche
Rheinpreussen bei Homburg a. Rh. bestimmt, ein Ganzes bildet. Diese Wasserhaltung
werden wir bei einer späteren Gelegenheit an geeigneter Stelle besprechen.
(Fortsetzung folgt.)