Titel: | Das System der drahtlosen Telegraphie von Marconi vom Anbeginn bis zu seiner gegenwärtigen Entwickelung. |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 453 |
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Das System der drahtlosen Telegraphie von Marconi vom Anbeginn bis zu seiner gegenwärtigen Entwickelung.
Das System der drahtlosen Telegraphie von Marconi vom Anbeginn bis zu seiner gegenwärtigen Entwickelung.
Die Grundlage für die drahtlose Telegraphie mittels elektrischer Wellen wurde
eigentlich von Clerk Maxwell gelegt, welcher auf
deduktivem Wege in seiner berühmten Schrift „Die elektromagnetische Theorie des Lichtes“ den Nachweis zu liefern
suchte, dass das Licht elektromagnetischen Ursprunges sein müsse. Die erste
Mitteilung, welche Maxwell hierüber vor die
Oeffentlichkeit brachte, datiert aus dem Jahre 1867, wogegen die volle Entwickelung
dieser Theorie erst im Jahre 1873 in dessen grossem Werke „Elektrizität und Magnetismus“ gebracht wurde. Der Ausgangspunkt
dieser Untersuchungen war die bekannte Thatsache, dass sich Elektrizität und Licht
im Aether mit der ganz gleichen Geschwindigkeit fortpflanzen. Auf Grund seiner
eigenen, sowohl auch der von anderen Gelehrten durchgeführten Experimente gelangte
er zu dem auch mathematisch wohlbegründeten Schlusse, dass die Fortpflanzung der
Elektrizität mit jener des Lichtes vollkommen identisch sein müsse.
So wohl diese Theorie nun auch begründet war, so fehlte es dennoch an der positiven
Beglaubigung durch das Experiment. Dem genialen Physiker und Forscher Heinrich Hertz war es nun gelungen, diesen Nachweis in
der überzeugendsten Weise zu erbringen. Nach Maxwell's
Theorie muss sich jede Störung des elektrischen Gleichgewichtes als Welle durch den
Raum mit einer Geschwindigkeit gleich der des Lichtes fortpflanzen. Wird nun diese
Fortpflanzung elektrischer Wellen in dem kleinen Raume eines Laboratoriums
hervorgerufen, so müssen die diese Wellenbewegung hervorrufenden Störungen sehr
rasche sein und sich in sehr schnellen und regelmässigen Intervallen folgen, um der
Beobachtung überhaupt zugänglich zu werden. Mit anderen Worten, es müssen
periodische Störungen oder Oszillationen von ausserordentlicher Frequenz
hervorgerufen werden, so dass die korrespondierende Wellenlänge in Anbetracht der
hohen Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Elektrizität von 300000 km in der Sekunde
nur wenige Centimeter beträgt.
Hertz ging hierbei von der oszillatorischen Natur der
Leydener Flaschen aus, welche bereits im Jahre 1847 von Helmholtz auf dem Wege der theoretischen Deduktion nachgewiesen wurde. Im
Jahre 1853 gab Lord Kelvin die mathematische Begründung
für diese oszillatorische Natur der Entladung von Leydener Flaschen unter gewissen
Vorbedingungen und im Jahre 1859 gelang es Feddersen
durch Untersuchung des Entladungsfunkens solcher Flaschen mittels rotierender
Spiegel den experimentellen Nachweis hierfür zu liefern.
Wie Kelvin nachgewiesen hat, ist die Entladung einer
Leydener Flasche oder eines Kondensators von der Kapazität K dann oszillatorischer Natur, wenn der Widerstand des
Entladungsstromkreises W kleiner ist als 2 √L/K, wobei L die
Selbstinduktion des Stromkreises bedeutet. In diesem Falle ist die
Schwingungsperiode oder Amplitude durch die Gleichung T
= 2π √K/L
bestimmt.
Angeregt zu diesen Versuchen wurde Hertz durch die
Ausschreibung eines Preises, der dem gewährt werden sollte, welcher den
experimentellen Nachweis einer Beziehung zwischen elektrodynamischen Kräften und
dielektrischer Polarisation in Isolatoren zu liefern in der Lage war. Nachdem jedoch
die bisher bekannten Oszillationen, wie solche mittels Wechselstrommaschinen oder
Induktorien erzeugt werden konnten, viel zu langsam waren, um damit zu einem Ziele
zu gelangen, gab er die weiteren Forschungen zwar auf, war aber immer auf der Suche
nach Erscheinungen, welche ihm Anhaltspunkte für seine weiteren Forschungen auf
diesem Gebiete geben konnten. Gelegentlich Vorführung eines Experimentes mit kurzen,
flach gewundenen Spulen aus isoliertem Drahte, sogen. Riess'schen oder Knochenhauer'schen Spulen,
beobachtete er, dass die Entladungen einer Leydener Flasche oder eines Induktoriums
in diesen Spulen, wenn dieselbe eine schmale Funkenstrecke enthielt,
Induktionsströme erregten, welche sich durch Ueberspringen von Funken in der
Funkenstrecke kundgaben. Hierdurch ward die hochwichtige Entdeckung der wirksamen
Funkenstrecke gegeben, welche Hertz zu seinen weiteren
bewundernswerten Entdeckungen führten.
Aber bereits vor Hertz kam Prof. Hughes auf Grund zufälliger Beobachtungen dazu, alle die Grundlagen für
die drahtlose Telegraphie festzulegen. Er gelangte hierbei auch zum Schlusse, dass
der Entstehung elektrischer Wellen die von ihm beobachtete Uebertragung von Zeichen
durch den Raum ohne Zuhilfenahme eines künstlichen Leiters der Entstehung
elektrischer Wellen, wie solche durch die an einem gewöhnlichen Klingelwerk
auftretenden Unterbrechungsfunken hervorgerufen wurden, zuzuschreiben sei.
Wenn nun auch diese durch mehrere Jahre fortgesetzten Versuche, welche seitens Hughes nur aus dem Grunde aufgegeben wurden, weil
hervorragende englische Fachmänner, denen er Mitteilung hiervon machte, sich dahin
aussprachen, dass die Ergebnisse der Versuche in einfacher Weise durch
Induktionswirkungen erklären lassen, keine praktische Bedeutung erlangten, dürfte es
doch von Interesse sein, einige Detail über die von Hughes benutzten Einrichtungen zu bringen, weil sich daraus ersehen lässt,
dass er alle die notwendigen Behelfe für die drahtlose Telegraphie, nämlich die
Funkenstrecke zur Erzeugung elektrischer Wellen, sowie den empfindlichen
Empfangsapparat, den Kohärer, bereits geschaffen hat. Der einzige Teil der
Einrichtung, welcher späterhin von Marconi, aber dies
auch nicht als erstem, hinzugefügt wurde, ist die Auffang- und Sendestange, oder,
wie solche der Kürze halber in der Folge bezeichnet werden soll, die Antenne.
Zu bemerken ist noch, dass der Versuche von Hughes erst
lange nachdem Marconi mit seiner Erfindung das
Erstaunen und die Bewunderung der Mitwelt erregt hatte, und zwar nicht durch ihn
selbst, sondern durch seine Freunde, in der Oeffentlichkeit gedacht wurde. Hughes selbst erkannte die hervorragenden Verdienste
Marconi's um die Entwickelung der drahtlosen
Wellentelegraphie in neidloser Weise an.
Anregung zu den im Jahre 1877 begonnenen Versuchen gab Hughes eine zufällige Beobachtung. Bei seinen Arbeiten mit der von ihm
erfundenen Induktionswage, bei welchen er eine Batterie mit der primären und ein
Telephon mit der sekundären Spule des Induktoriums verband, wurde er einigemal durch
ein Geräusch im Telephon gestört, welches es zur Unmöglichkeit machte, einen
Ausgleich zu erzielen. Bei Untersuchung der Einrichtung zeigte sich als Ursache
dieser Störung eine lose Verbindung in dem Drahte der Sekundärspule. Er setzte nun
ein Mikrophon zwischen diese Verbindung ein und konstatierte hierbei, dass diese
konstante Störung fortbestehen blieb. Da diese Störung augenscheinlich nicht durch
Induktionswirkungen in der Sekundärspule, die sich ja unterdrücken liessen,
hervorgerufen wurde, kam er auf die Vermutung, dass die Ursache derselben vielleicht
in dem an dem Unterbrecher entstehenden Tunken zu suchen sei.
Er verfolgte nun diese ihm neue Erscheinung, indem er hierfür von ihm selbst
gefertigte Instrumente, für deren Herstellung die primitivsten Hilfsmittel verwertet
wurden, verwendete. Ein detailliertes Eingehen auf alle diese Versuche würde den für
diese Arbeit zur Verfügung stehenden Raum bei weitem überschreiten, weshalb hier nur
einiger derselben gedacht werden soll. Bei seinen ersten Versuchen verband er eine
Batterie B mit einem selbstthätigen Unterbrecher J der Primärspule seiner Induktionswage. Der
Unterbrecher selbst stand durch einen mehrere Meter langen Draht W mit dem Telephon T in
Verbindung, welches wieder mit dem Mikrophon M in einen
Stromkreis geschaltet war (Fig. 1). Hierbei konnte
jedes Auftreten eines Funkens am Unterbrecher mittels des Telephons deutlich
abgehört werden. Als merkwürdige Erscheinung zeigte sich, dass das Geräusch im
Telephon viel deutlicher zu vernehmen war, wenn nur eine sehr kleine Spannung, etwa
0,02 Volt, zur Anwendung gelangte. Desgleichen war der Ton bei Verwendung von
Metallkontakten am Unterbrecher viel lauter, als wenn an Stelle derselben
Kohlekontakte verwendet wurden. Die Einschaltung einer Eisenspule in den primären
Kreis, welche den Funken verstärkte, blieb ohne Einfluss auf die Wirkung des
Telephons. Ebensowenig übte ein starker durch eine Grove-Batterie erregter
Elektromagnet einen bemerkenswerten Einfluss auf das Telephon und Mikrophon aus.
Hingegen gab ein schwacher Funke, wie solcher einem Stück geriebenen Siegellacks
entzogen wurde, eine viel bessere Wirkung als die Entladung einer Leydener
Flasche.
Textabbildung Bd. 317, S. 454
Fig. 1.
Bei diesen Beobachtungen ergab sich, dass ein schmaler dünner und stark zischender
Funke, wie sich Hughes ausdrückte, für die gedachten
Zwecke besser geeignet war, als ein breiter dicker langsamer oder fetter Funke. Es
ist sohin ein kurzer plötzlicher Wechsel des Potentiales und nicht ein langsamer
gradualer desselben erforderlich, um eine Wirkung im gedachten Sinne zu erzielen und
ergibt sich hieraus, dass eine Vergrösserung des Funkens den Wirkungsgrad nicht
besonders beeinflusst. Auch konstatierte er, dass sinoidal verlaufende Ströme, wie
sich solche für die Sprachübertragung als notwendig erweisen, sich für den
Mikrophonkohärer nicht recht geeignet zeigten und daher mit solchen eine drahtlose
Telegraphie nur schwer durchzuführen ist.
Besondere Sorgfalt verwendete Hughes darauf, die
empfindlichste Form der auf Wellen ansprechenden Empfangsapparate zu finden, und
konstruierte er zu diesem Zwecke eine grosse Anzahl der verschiedensten
Mikrophontypen unter Verwendung der heterogensten Materialien. Hierbei zeigte sich
nun auch die später von Calzecchi und nach demselben
von Branly konstatierte Thatsache, dass lose
Metallkontakte nach Einwirkung der elektrischen Wellen, denn dieselben nahm Hughes schon damals an, aneinander haften blieben, als
wenn dieselben aneinander geschweisst worden wären.
Unter den vielen Mikrophonformen, welche hierfür verwendet wurden, ist auch
bereits eine mit Metallspänen gefüllt gewesene Röhre zu erwähnen, und hierdurch der
Nachweis erbracht, dass Hughes schon lange vor Branly das Instrument geschaffen hat, welches unter dem
Namen Kohärer oder nach Slaby auch Fritter, dermalen
allgemein bekannt ist.
Unter den vielen diesbezüglich verwendeten Mikrophontypen seien hier nur zwei
hervorgehoben. Eine derselben bestand (Fig. 2) aus
einem Kohlenstift C, welcher mit der Messingfeder S fest verbunden war und sich mit einem gewissen Drucke
an die Nadelt anlegte. Dieser Druck konnte durch die Scheibe D, je nachdem dieselbe auf- oder abwärts geschoben wurde, innerhalb
gewisser Grenzen reguliert werden. Die Nadel N und die
Messingfeder S, welche mit dem Metallstück M verbunden war, stand mit den Leitungen in Verbindung
und ging daher der Strom in diesem Mikrophon von 1 über
MSCN zu 2. Die gesamte
Einrichtung wurde auf einem Rähmchen aufmontiert.
Textabbildung Bd. 317, S. 454
Fig. 2.
Das in Fig. 3 dargestellte Mikrophon zeichnet sich
durch seine ausserordentliche Empfindlichkeit aus, hat aber den Nachteil, leicht in
Unordnung zu geraten. Dasselbe ist aus dem Stahlhaken S
und einem am Ende in einer Schlinge um S gelegten
feinen Kupferdrahte C zusammengesetzt, welche beide an
dem Deckel D befestigt sind und in das Glasgefäss B eingesetzt werden. Die Schlinge des Kupferdrahtes
wurde vorerst oxydiert und sodann in einer Flamme leicht karbonisiert.
Textabbildung Bd. 317, S. 454
Fig. 3.
Textabbildung Bd. 317, S. 454
Fig. 4.
In Fortsetzung seiner Untersuchung%n mit diesen zarten Empfängern ging Hughes zunächst daran, die Verbindung zwischen W und C (Fig. 1) zu lösen. Anfänglich gelangte die in Fig. 4 dargestellte, einer primitiven Handskizze von
Hughes nachgebildete Anordnung zur Anwendung, in
welcher B die Batterie, C
die Erregerspule des Unterbrechers, J den Unterbrecher,
M das Mikrophon, T das
Telephon, W die Leitung und EE' die Erdverbindungen darstellen sollen. Anfänglich wurde die Verbindung
zwischen der Batterie und der Leitung nur auf eine Entfernung von 2 m unterbrochen
und diese Entfernung, nachdem sich die Uebertragung als gut erwies, successive
vergrössert, wobei der Empfänger, wie dies aus Fig. 5
zu ersehen ist, stets mit der Erde verbunden wurde. Auf diese Weise gelangte Hughes bis auf eine Entfernung von 500 m, bis zu
welcher sich die Verständigung noch als ganz gut möglich erwies.
Textabbildung Bd. 317, S. 454
Fig. 5.
Es ergab sich bei diesen Versuchen auch, dass an gewissen Punkten der Strecke gar
nichts gehört wurde, während bei entfernteren Punkten die Verständigung noch ganz
gut von statten ging. Dies lässt sich nach Hughes nur
durch Knotenpunkte, wie solche bei der Interferenz der elektrischen Wellen
entstehen, erklären.
Dadurch, dass Hughes die Versuche, enttäuscht durch
die Beurteilung der Ergebnisse seitens der Fachkollegen, nicht weiter verfolgte,
wurde die Entwickelung der drahtlosen Telegraphie um Jahre zurückgedrängt, da bei
der anerkannten Beobachtungsgabe und des gründlichen methodischen Vorgehens, welche
Hughes auszeichneten, mit Bestimmtheit zu erwarten
war, dass derselbe zu einem greifbaren Resultate gelangt wäre.
Nach Hughes war es Prof. William
Crookes, welcher sich, wenn auch auf dem Gebiete der Wellentelegraphie
nicht praktisch bethätigend, dennoch in einem bemerkenswerten Artikel über die
Möglichkeit, elektrische Wellen zur drahtlosen Telegraphie zu verwerten, in
eingehender Weise verbreitete und hierbei auch alle jenen Anhaltspunkte gab, auf
Grund welcher diese Art der Telegraphie aufzubauen sein wird. Er gab auch
gleichzeitig der Ueberzeugung Ausdruck, dass sich diese Art der Telegraphie in nicht
zu ferner Zeit im praktischen Leben einbürgern und verbreiten werde.
Die Thatsache, dass mit den bisherigen Apparaten Wellen beliebiger Länge erzeugt
werden können, gab ihm zu der weiteren Erläuterung Anlass, dass die langen
elektrischen Wellen durch zwischenliegende Hindernisse nur im geringen Masse
absorbiert werden und sohin viel weittragender sein müssen als die Lichtwellen. Nach
dessen Ansicht wären nur noch einfachere und zuverlässigere Apparate zur Erzeugung
elektrischer Wellen zu schaffen und müssten dieselben so eingerichtet werden, dass
mit denselben durch entsprechende Regulierung Wellen beliebiger Länge geschaffen
werden können, um hierdurch, da sich eine Abstimmung des Empfängers erreichen lassen
müsse, unter Anwendung verschiedener Wellenlängen das Depeschengeheimnis wahren zu
können. Allerdings findet er es hierbei notwendig, den Empfänger so empfindlich als
möglich auszugestalten und denselben auch auf verschiedene Wellenlängen einstellbar
zu machen.
Desgleichen traten in den Jahren 1895 und 1896 Popoff,
Minchin, Rutherford u.a., also noch vor Marconi, mit Einrichtungen hervor, welche bezweckten, die von Hertz angegebenen Methoden zum Studium der
atmosphärischen Elektrizität zu verwerten. Die Einrichtungen bestanden im Wesen
darin, dass entsprechend konstruierte Empfänger mit einer vertikal in die Höhe
strebenden Auffangstange oder Antenne verbunden wurden, welche dazu bestimmt ist,
die von der Atmosphäre ausgehenden elektrischen Wellen dem Empfangsapparate
zuzuführen und denselben hierdurch zur Registrierung derselben zu zwingen.
Textabbildung Bd. 317, S. 455
Fig. 6.
Insbesondere ist zu erwähnen, dass die von Popoff
geschaffene Anordnung der Marconi'schen so ähnlich war,
dass dieselbe nahezu für identisch angesehen werden kann. Auch Popoff sprach hierbei die Ansicht aus, dass sich seine
Anordnung zur drahtlosen Telegraphie eignen müsse, dass aber vorher ein hinreichend
kräftiger Generator für die Erzeugung elektrischer Wellen geschaffen werden müsse,
um die Signale auf grössere Entfernungen vermitteln zu können. Nur in diesem einen
Punkt ergibt sich eine wesentliche Verschiedenheit zwischen Marconi und Popoff, indem erster er in
richtigerer Erkenntnis der Sachlage das Hauptaugenmerk darauf richtete, den
Empfänger so empfindlich als möglich zu gestalten.
Die Einrichtung von Popoff ist in Fig. 6 dargestellt. Die von der Auffangstange A aufgefangenen elektrischen Wellen werden dem Kohärer
K zugeführt, welcher hierdurch leitend wird und den
Stromkreis der Batterie B schliesst. Der Anker des
Relais R gelangt hierdurch zur Anziehung und schliesst
den Stromkreis für den Erschütterer E. Letzterer
schlägt nicht nur an die Glocke G an, hierdurch ein
hörbares Zeichen gebend, sondern auch gleichzeitig an den Kohärer K, erschüttert denselben und bringt denselben so
in den nichtleitenden Zustand zurück.
Die ursprüngliche Anordnung von Hertz zur Erzeugung
elektrischer Wellen, von demselben mit dem Namen Oszillator belegt, bestand (Fig. 7) aus dem Induktorium J, von dessen beiden Enden der Sekundärspule je ein Draht zu den beiden
Entladungskugeln bb' führte. Ausserdem sind diese
beiden Entladungskugeln mit zwei Metallplatten AA'
verbunden, die in einer Entfernung von 1 m voneinander abstehen. Die Funkenkugeln
waren 10,6 mm voneinander entfernt. Die Anordnung der beiden Metallplatten, welche
als Kapazitätsflächen bezeichnet, werden, hatte den Zweck, die Kapazität des
Entladungsstromkreises zu erhöhen, indem dieselben, wenn auch in einer Ebene
angeordnet, doch als nichts anderes denn ein Kondensator zu betrachten sind, für
welchen Luft das Dielektrikum bildet. Durch die bei dieser Anordnung erreichte
höhere Kapazität des Entladungsstromkreises liess sich auch die Spannung zwischen
den beiden Funkenkugeln bedeutend erhöhen und erreichen, dass der Entladungsfunke
rasch überspringt, somit die Bedingungen erfüllt, welche von einem wirksamen Funken
verlangt werden, nämlich dass die Entladung oszillatorischer Natur sei. Die von Hertz in der Sekundärspule angewendete Spannung betrug
bereits 20000 Volt.
Textabbildung Bd. 317, S. 455
Fig. 7.
Wie nun Hertz nachgewiesen hat, strahlt ein derartiger
Oszillator in das Dielektrikum elektrische Wellen aus, deren Existenz mittels des
von Hertz konstruierten Empfangsapparates, Resonator
genannt, nachgewiesen werden konnte.
Textabbildung Bd. 317, S. 455
Fig. 8.
Dieser Resonator (Fig. 8) bestand aus einem nahezu in
sich geschlossenen kreisförmigen Metallstabe, der in eine Funkenstrecke mit sehr
geringem Abstande (etwa 1 mm) der Funkenkugeln endigte. Wurde nun ein solcher
Resonator von elektrischen Wellen getroffen, so begannen unter gewissen
Voraussetzungen in der Funkenstrecke Funken überzuspringen, deren allerdings geringe
Intensität mit der Lage und der Entfernung zum bezw. vom Oszillator eine sehr
verschiedene war.
Mitddiesem einfachen, aber wenig empfindlichen Instrumente gelang es Hertz, alle die Gesetze, welchen die elektrischen
Wellen in ihrer Fortpflanzung im Raume folgen, nachzuweisen.
Textabbildung Bd. 317, S. 455
Fig. 9.
Das Bestreben, diesen Resonator empfindlicher zu gestalten und die Länge der
Funkenstrecke genau einregulieren zu können, führte zur Konstruktion der in Fig. 9 dargestellten Vorrichtung, bei welcher in das
eine Ende des Stabes eine Mikrometerschraube eingesetzt war, die nach Bedarf
verstellt werden konnte. Ebenso wurden noch andere solche Resonatoren geschaffen, um
deren Empfindlichkeit zu erhöhen, bei welchen in einigen Fällen auch die
Entladungskugeln in eine Hülse eingeschlossen wurden, innerhalb welcher die Luft
verdünnt wurde, um das Ueberspringen der Funken zu erleichtern.
Diese Art der Wellenempfänger wirkte jedoch nur auf ganz kurze Entfernungen bis zu
höchstens 50 m und war daher noch viel zu unempfindlich, um für eine drahtlose
Wellentelegraphie verwertet werden zu können. Das elektrische Auge, wie Slaby den Empfänger ganz trefflich bezeichnet, welches
auf weite Entfernungen hin noch zu schauen vermochte, musste daher erst gefunden
werden und blieb es Branly vorbehalten, durch die
Entdeckung der Eigenschaft lose aneinander gelagerter Metallfeilspäne, welche an und
für sich Nichtleiter sind, unter der Einwirkung elektrischer Wellen leitend zu
werden, den Weg. zu weisen, auf welchem dieses elektrische Auge zu suchen war.
Wenn nun auch Branly in Bezug auf die Entdeckung dieser
Eigenheit der Metallspäne in Varley und Calzecchi-Onesti
Vorgänger hatte, so gebührt ihm hierbei doch das grosse Verdienst, das
Verhalten der verschiedenen Metalle eingehend studiert und hierbei auch die weitere
bisher nicht bekannte Entdeckung gemacht zu haben, dass die unter dem Einflüsse
elektrischer Wellen leitend gewordenen Feilspäne bei der geringsten Erschütterung
wieder nichtleitend werden.
Textabbildung Bd. 317, S. 456
Fig. 10.
Die erste Form dieses Versuchsinstrumentes ist in Fig.
10 dargestellt. In die vertikal gestellte Ebonitröhre E, welche durch zwei Metallpistons AB abgeschlossen waren, wurden Feilspäne aus Aluminium
so eingefüllt, dass dieselben mit beiden Metallpistons in Berührung gelangten. Zwei
von A und B abgehende
Leitungsdrähte führten zu der Batterie und dem Galvanometer. Seitlich an dieser
Röhre sind ferner zwei Klemmen angebracht, deren Fortsetzung gleichfalls das
Metallfeillicht berührte. Diese beiden Zusatzklemmen wurden zu dem Zwecke
angeordnet, um den Nachweis zu erbringen, dass das Metallpulver unter Einwirkung der
elektrischen Wellen nach allen Richtungen hin leitend wird. Diese Einrichtung zur
Wahrnehmbarmachung elektrischer Wellen wurde von Branly
mit dem Namen Radio-Konduktor (Wellenleiter) bezeichnet.
Textabbildung Bd. 317, S. 456
Fig. 11.
Prof. Olivier Lodge nahm die Untersuchungen von Branly neuerdings auf und schuf die aus Fig. 11 ersichtliche Einrichtung. In derselben
bezeichnet G eine mit Metallfassung an beiden Enden
versehene Glasröhre, in welche die beiden Elektroden EE
so hineinreichten, dass sie mit den Metallfassungen in leitender Verbindung standen.
Der zwischen den beiden Elektroden gelegene Hohlraum der Röhre wurde mit
Metallfeilspänen angefüllt. Die Ableitung erfolgte durch zwei Klemmen an den Trägern
der Röhre, auf welchen die Metallfassung derselben lagerte. Die beiden Elektroden
oder Pistons EE waren so eingerichtet, Fig. 11, dass der Druck auf das Metallpulver nach
Bedarf vergrössert oder verringert werden konnte. Da Lodge, wme dies durch spätere Untersuchungen auch teilweise bestätigt
wurde, annahm, dass die Wirkung dieses Instrumentes auf einem durch die Einwirkung
der elektrischen Wellen bedingten Zusammenhaften oder einer Kohärenz der einzelnen
Metallspäne beruhe, hat er dasselbe mit dem Namen „Kohärer“ bezeichnet,
welcher von Slaby mit „Fritter“ verdeutscht
wurde.
Um die Feilspäne nach Einwirkung der elektrischen Wellen wieder in den ursprünglichen
nichtleitenden Zustand zurückzubringen, hat Lodge auch
bereits einen mechanischen Klopfer zur Erschütterung der Röhre angewendet, welcher
entweder von einem Uhrwerk oder einem selbstunterbrechenden elektromagnetischen
Mechanismus angetrieben wurde und selbstthätig wirkte.
Die Bezeichnung Kohärer oder Fritter ist nicht glücklich gewählt, weil dieselbe die
Wirkung der elektromagnetischen Wellen nur auf eine Reihe bestimmter Materialien zum
Ausdrucke bringt. Wie nun Tommasina nachgewiesen hat,
gibt es gewisse Körper, namentlich aber Kohle, welche zwar unter dem Einflüsse
elektrischer Wellen leitend werden, ihre Leitungsfähigkeit aber nach Aufhören der
Einwirkung derselben sofort wieder verlieren, sich also selbst dekohärieren oder
entfritten. Bei diesen Körpern kann sonach von einem Zusammenschweissen der
einzelnen lose aneinander gefügten Teilchen, wie solche bei Verwendung von
Metallspänen der Eisen- und Goldgruppe thatsächlich beobachtet wurde, nicht die Rede
sein.
Prof. E. Chunder Bose hat nun eine Reihe der
verschiedenartigsten Metalle in eingehender Weise in Bezug auf ihr Verhalten
gegenüber der Einwirkung elektrischer Wellen untersucht und dabei das merkwürdige
Verhalten gewisser Körper, wie Kalium, Natrium und Calcium, konstatiert, welche
statt an Leitungsfähigkeit zu gewinnen, dieselbe grossenteils verlieren und daher
als gegenkohärierende Körper zu bezeichnen sind.
Desgleichen haben Neugschwender und Aschkinass fast gleichzeitig die Beobachtung gemacht,
dass durch Feuchtigkeit vermittelte Kontakte zweier leitender Körper unter dem
Einflüsse elektrischer Wellen ihre Leitungsfähigkeit verlieren. Durchschneidet man
den Silberbelag einer Glasscheibe mit einem haarscharfen Schnitte, so wird hierdurch
die leitende Verbindung zwischen den getrennten Belaghälften aufgehoben, jedoch
wieder hergestellt, wenn man die Trennungsstelle befeuchtet, wobei es genügt, in der
unmittelbaren Nähe derselben einen feuchten Schwamm oder ein Schälchen mit Wasser
aufzustellen. Werden nun die beiden Belaghälften durch Drähte mit einer Batterie und
einem Galvanometer verbunden, so wird die Galvanometernadel einen Ausschlag geben,
welcher jedoch sofort wieder verschwindet, wenn der Schnitt von elektrischen Wellen
getroffen wird. Die Leitungsfähigkeit stellt sich jedoch sofort nach Aufhören der
Einwirkung dieser Wellen wieder selbstthätig her. Man hat hier sonach die
entgegengesetzte Wirkung wie bei den Metallspänen, weshalb diese Gattung von
Empfängern, welche bereits von Schäfer für die
drahtlose WellentelegraphieDie hier häufiger zur Anwendung gelangende Bezeichnung drahtlose
Wellentelegraphie, welche vielfach befremdend erscheinen dürfte, findet wohl
darin ihre Begründung, dass in neuerer Zeit auch die Entsendung elektrischer
Wellen längs Drähten zum Zwecke der Erzielung einer Mehrfachtelegraphie
angestrebt wird. verwertet wurden, den Namen Antikohärer
erhielten.
Trotzdem sohin die Bezeichnung Kohärer oder Fritter für die Wellenempfänger oder
Entdecker nicht ganz zutreffend ist, soll dieselbe dennoch, weil bereits allgemein
eingebürgert, beibehalten werden.
(Fortsetzung folgt.)