Titel: | Die Betriebsmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung. |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 457 |
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Die Betriebsmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung.
(Fortsetzung von S. 426 d. Bd.)
Die Betriebsmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung.
Die Dingler'sche Maschinenfabrik Aktiengesellschaft
in Zweibrücken ist in der Betriebsanlage mit einer grösseren stehenden
Verbundmaschine und vier kleineren liegenden eincylindrigen Gabelmaschinen
vertreten, welche insofern von besonderer Bedeutung sind, als dieselben sämtlich mit
hochüberhitztem Dampf von 11 kg/qcm absoluter Spannung und 350° C, entsprechend
einer Ueberhitzung 170° C. betrieben werden.
Für die Erreichung dieser Temperaturerhöhung ist der Dampf nochmals durch einen
besonderen Ueberhitzer mit eigener Feuerung geführt, der im Kesselhaus sehr nahe an
der verbrauchenden Maschinenanlage Aufstellung fand.
In Fig. 50
und 51 ist
die Ausführung A G 4 dargestellt, welche 250 mm Cylinderbohrung und 400 mm Hub
besitzt; die Leistung beträgt bei 11 kg/qcm Eintrittsspannung absolut und 200 minutlichen
Umdrehungen oder einer Kolbengeschwindigkeit von
\frac{0,4\,\times\,200}{30}=2,67\mbox{ m/Sek.}
mit entsprechender Füllung – und wenn mit Dampfniederschlagung
gearbeitet wird – 47 bis 72 PS.
Die drei anderen Maschinen leisten je nach dem Füllungsgrade zwischen 37/57 bezw.
60/90 bezw. 76/118 PS.
Die kräftigen Maschinenrahmen dieser Maschinen besitzen vollständig geschlossene
Kurbelkästen, die nur bei
Bedarfsfall durch einen Deckel zugänglich gemacht sind und lagern der ganzen
Länge nach auf dem Grundgemäuer auf, mit dem sie sehr fest verankert werden.
Die Cylinder sind ohne Dampfmäntel, die Kolben als starke gusseiserne Hohlkörper mit
breiten Auflagerungsflächen und gusseisernen selbstspannenden Liderungsringen
ausgeführt.
Die vorderen Cylinderdeckel werden durch Kupferdraht abgedichtet und zwischen
Rahmenflanschen und Cylindern eingepresst.
Textabbildung Bd. 317, S. 457
Liegende Eincylindermaschine für hochüberhitzten Dampf von der Dingler'schen Maschinenfabrik Aktiengesellschaft.
Die Kolbenstangen werden mit dem Kolben durch Kegelansatz und Mutter mit dem
gussstählernen Kreuzkopf durch Kegelansatz und Keil verbunden.
Die Kreuzköpfe umfassen auch hier das entsprechende Ende der Kurbelstange, die eine
Länge gleich dem 5fachen Kurbelhalbmesser haben, die gekröpfpen Kurbelwellen sind
kräftig bemessen und tragen an dem einen Ende das reichlich schwer hergestellte
Riemenschwungrad, an dem anderen Ende die Steuerungsteile.
An die Kurbelarme sind ausserdem noch gusseiserne Gregengewichte angeschraubt.
Kurbelstangen und Kurbelwellen sind aus bestem Siemens-Martin-Stahl, die
Kolbenstangen aus bestem Tiegelgussstahl angefertigt.
Die sehr reichlich bemessenen Lagerschalen der Kurbelwelle sind aus Gusseisen
hergestellt und mit Weissmetall ausgegossen, sie sind vierteilig und seitlich durch
Schrauben nachstellbar; die Lagerschalen der Kreuzkopfzapfen sind aus Phosphorbronze
und durch Keil nachstellbar, diejenigen der Kurbelzapfen aus Stahlguss und mit
Weissmetall ausgegossen.
Die Steuerung erfolgt wie bei der nachbeschriebenen stehenden Verbundmaschine dieses
Werkes auch hier durch Kolbenschieber, und wird gleichfalls durch Regler Bauart Dörfel-Pröll beeinflusst, nur dass Grund- und
Ausdehnungsexzenter hier nicht miteinander verbunden
werden.
Für die Schmierung werden hier wiederum von der Stange des Grundschiebers bethätigte
Schmierpressen, sowie Tropföler in der vorher beschriebenen Weise verwandt, und das
verbrauchte Schmieröl in den Kurbelgruben zusammengeführt, um von dort zu erneuter
Verwendung abgezapft zu werden.
Für die Entwässerung der Cylinder ist jedes Ende der letzteren durch Hahnen und
Rohrleitung mit der Abdampfleitung verbunden; in diese Leitungen sind auch die
Sicherheitsventile der Cylinder eingeschaltet.
Diese Maschinen arbeiten mit jedem im Betriebe vorkommenden Druck, sowohl bei
gesättigtem als hochüberhitztem Dampf beliebigen Wärmegehaltes ausserordentlich
ruhig.
Durch ihre gedrängte Bauart und dadurch, dass jede Maschine nach ihrer sehr
sorgfältig durchgeführten Abnahmeprüfung im Werk, vollständig zusammengebaut zum
Versand gelangt, also jeder eigentliche nochmalige Zusammenbau an der Arbeitsstelle
fortfällt, eignen sich dieselben ganz besonders für die Ausfuhr und sind denn auch
thatsächlich bereits in 220 Ausführungen nach allen Teilen des Erdballs abgesetzt
worden.
Die auf der Ausstellung befindlichen Maschinen treiben mittels Riemen je eine
Gleichstromdynamo Modell GB der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. W. Lahmeyer und Co. in Frankfurt a.
M. nach folgender Zusammenstellung
Eincylindermaschine derDingler'schen Maschinenfabrik
Gleichstromdynamo derElektrizitäts-Aktiengesellschaftvorm W. Lahmeyer und Co.in Frankfurt a. M.
Modell-marke
Cylinder-bohrung
Hub
MinutlicheUmdrehung
Kolben-geschwin-digkeit
Leistung
Modell-marke
Spannung
MinutlicheUmdrehung
Leistung
mm
mm
m/Sek.
PSe
Volt
K.-W.
AG 3½
225
350
225
2,62
37/57
GB I
110
800
20
AG 4
250
400
200
2,67
47/72
GB II
110
700
30
AG 4½
275
450
190
2,85
60/90
GB III
220
600
42
AG 5
300
500
180
3,00
76/118
GB IV
220
550
55
und haben die Aufgabe, Strom für die Erregung verschiedener
grosser Dynamo, sowie auch für das Gleichstromnetz zu liefern.
Die stehende Verbundmaschine (Fig. 52 bis 54) hat im Hochdruckcylinder 600 mm und im
Niederdruckcylinder 950 mm Bohrung; der gemeinsame Hub beträgt 700 mm. Bei einer
Eintrittsspannung von 11 kg/qcm absolut und 120 minutlichen Umdrehungen,
entsprechend einer Kolbengeschwindigkeit von
\frac{0,7\,\times\,120}{30}=2,8\mbox{ m/Sek.}
leistet die Maschine mit entsprechender Füllung im
Hochdruckcylinder – und wenn mit Dampfniederschlagung gearbeitet wird – 600 PS.
Im Ausstellungsbetrieb ist auch diese Anlage an die Sammelniederschlagung
angeschlossen.
Bei der fest ins Grundgemäuer verankerten gusseisernen einteiligen Grundplatte, mit
welcher alle vier Lagerkörper der Kurbelwelle in einem Stück gegossen sind, ist die
Muldenform der ganzen Länge nach durchgeführt und sind die 1 Doppelstege der
Lagerkörper an der Mulde jedesmal mit Aussparungen versehen. Auf der Grundplatte
bauen sich zwei starke gusseiserne Ständer mit breiten Fussflanschen und
kronenförmigen Kopfflanschen auf – wie wir letztere in ähnlicher Ausführung sowohl
bei der grossen Maschine der Gutehoffnungshütte sowie
bei Ehrhardt und Sehmer gefunden haben –, welche
zum Tragen je eines Cylinders mitsamt seines Schieberkastens bestimmt sind.
Textabbildung Bd. 317, S. 458
Stehende Verbundmaschine für hochüberhitzten Dampf von der Dingler'schen Maschinenfabrik Aktiengesellschaft.
Die Vorderseite der Ständer sind unmittelbar als Gleitflächen der
Kreuzkopfglitscher bearbeitet; an den kronenförmigen Flanschen sind die Ständer nach
vorne durch je eine starke gusseiserne hohle Säule auf die Grundplatte abgestützt,
welche des besseren Aussehens halber auf ⅓ ihrer Höhe von unten mit je einem starken
Wulst versehen sind.
Textabbildung Bd. 317, S. 459
Fig. 54. Stehende Verbundmaschine für hochüberhitzten Dampf von der Dingler'schen Maschinenfabrik Aktiengesellschaft.
Die Cylinder sind nur durch zwei Uebertrittsrohre des Dampfes miteinander verbunden,
welche jedesmal an beiden Enden mit losen Ueberwurfflanschen von reichlichem
Durchmesser versehen sind, während die Rohrstutzen von 160 mm lichter Weite und 140
mm Höhe derartig gebordet sind, dass sie vermöge der grossen Eckkrümmung der
Wärmeausdehnung leicht folgen können.
Beide Cylinder besitzen Dampfmäntel, welche über die eigentlichen Cylinderbüchsen
übergeschrumpft sind. Die Dampfheizung ist durch Ventile abstellbar, die Deckel
bleiben unbeheizt. Der Aufnehmer ist als besonderer Behälter in die Ummantelung des
Hochdruckcylinders eingebaut und kann mit Frischdampf gespeist werden.
Sorgfältige Umhüllung mit Wärmeschutzmasse sowie eine gemeinsame Umkleidung mit
polierten Stahlblechen finden wir auch hier.
Die Dampfkolben sind glockenförmig und in Stahlguss hergestellt, breit gehalten und
mit je drei gusseisernen selbstspannenden Liderungsringen versehen.
Die Kolbenstangen – mit 100 mm Durchmesser – sind mit den Kolben durch Kegelansatz
und Mutter und mit den gussstählernen Kreuzköpfen durch je zwei starke stählerne
Gegenkeile verbunden.
Die Schraubenmuttern der Stopfbüchsen sind als Schneckenräder ausgebildet und werden
gleichzeitig durch Schnecke und Handrad bethätigt.
Die Kreuzköpfe selbst gleiten in gusseisernen Schuhen am Ständer und umfassen den
Kopf der Kurbelstange, der Kreuzkopfzapfen hat 140 mm Durchmesser bei einer
Länge von 200 mm. Die Länge der Kurbelstangen ist gleich dem 4,57fachen
Kurbelhalbmesser und ihr Durchmesser beträgt 100 bezw. 140 mm. Die doppeltgekröpfte
Kurbelwelle hat in den Lagern 300 mm, im Kurbelzapfen 260 mm Durchmesser, die
Kurbeln sind um 90° versetzt; die Kurbelarme sind zur Ausgleichung der Gewichte der
hin und her gehenden Massen mit angeschraubten Gegengewichten versehen.
Die Kolbenstangen sind aus bestem Tiegelgussstahl, Kurbelstangen und Kurbelwelle aus
bestem Siemens-Martin-Stahl gefertigt.
Die Kurbellager sind reichlich bemessen, das äussere Lager am Ende des
Niederdruckcylinders – an welchem Ende die Dynamo anschliesst –, hat 400 mm
Lauflänge, die übrigen drei Lager eine solche von 350 mm. Die gusseisernen Schalen
sind mit Weissmetall ausgegossen.
Die Kreuzkopfzapfen haben Schalen aus Phosphorbronze, welche durch Keile nachstellbar
sind, während die Schalen der Kurbelzapfen aus Stahlguss hergestellt und mit
Weissmetall ausgegossen sind.
Die Steuerung erfolgt am Hochdruckcylinder durch Kolbenschieber mit
Gewichtsentlastung und innerer Einströmung nach der Zweikammerbauart, welche in
eingesetzten Büchsen laufen, und wird durcl einen Dörfel-Pröll'schen Achsenregler beeinflusst, der – ähnlich wie die
Kulissen – Voreilwinkel und Hub des Ausdehnungsexzenters verstellt und der im
vorliegenden Fall mit einer Einrichtung zum Verändern der Umdrehungszahl (D. R. P.
Nr. 89364) während des Ganges der Maschine versehen ist.
Das Grundexzenter ist überdies – dem elektrischen Betrieb Rechnung tragend – mit dem
Exzenter der Ausdehnung nach D. R. P. Nr. 91539 in eigentümlicher Weise dergestalt
verbunden, dass zwecks rascher Anpassung der Maschinenleistung bei Ent- und
Belastungen nicht allein die Füllung, sondern auch die Verdichtung durch den Regler
beeinflusst wird. Die Maschine arbeitet also bei kleinen Füllungen mit grosser
Verdichtung und bei grossen Füllungen mit kleiner Verdichtung.
Im übrigen arbeiten diese Regler zwangläufig, stellen bei dem Bruch irgend eines
Bewegungsteils sofort auf Nullfüllung ein, verhindern das Durchgehen der Maschine im
Leerlauf und genügen daher den höchsten Anforderungen des elektrischen Betriebes an
eine tadellose Beeinflussung der Dampfmaschine.
Am Niederdruckcylinder erfolgt die Steuerung bei sich gleichbleibender Füllung durch
einen Flachschieber mit dreifacher Einströmung.
Die Schmierung ist an dieser Maschine für den Dampf in den Cylindern durch
Schmierpressen, welche durch das Exzenter des Niederdruckcylinders bewegt werden,
sonst aber überall durch Tropföler mit augenblicklicher Abstellung durchgeführt,
dabei haben die Gestängeteile ihren Hauptverteilungskasten in der üblichen Weise an
der hinteren Wand der Cylinderumkleidung, während die Kurbellager sowie
Exzenterringe von einem gemeinsamen Tropfölgefäss, welches in Geländerhöhe zwischen
den Stützsäulen angeordnet ist, durch Verteilungsröhrchen geschmiert werden.
Das verbrauchte Schmieröl wird in der Kurbelgrube der Grundplatte gesammelt, von dort
in die Grundplatte der Reglerverstellung übergeleitet und zu neuer Verwendung
abgezapft.
Durch geeignete Spritzbleche ist dem Verschleudern von Oel, besonders gegen die
Dynamo hin, wirksam entgegengetreten.
Auch der Entwässerung der Dampfräume ist die erforderliche Beachtung in reichem Masse
zu teil geworden. Alle Hahnengestänge sind am Stand des Maschinenführers, welcher
sich hinter der Maschine am Ständer des Hochdruckcylinders befindet, mit einem Handhebel bedienbar gemacht. Hier finden sich
auch die Druckanzeiger angeordnet. Des weiteren ist zur leichten Bedienung aller an
und auf den Cylindern befindlichen Teile eine Laufbühne angeordnet, welche etwa in
Höhe der kronenförmigen Tragflanschen ebenfalls hinter der Maschine über die ganze
Länge der Cylinder durchgeführt ist. Vorne ist zwischen den Stützsäulen eine
Leiter angebracht, mittels welcher man jederzeit zwecks genauer Ueberwachung leicht
an die Kolbenstangen und deren Stopfbüchsen gelangen kann.
Textabbildung Bd. 317, S. 460
Liegende Verbundmaschine von Kirberg und Hüls.
Ein besonderes Schwungrad ist in diesem Falle nicht erforderlich gewesen, denn auf
der Ausstellung ist die Maschine mit einer Gleichstrom-Schwungraddynamo – Modell SC 450/120 – der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft vorm. W. Lahmeyer und Co. in Frankfurt a.
M. unmittelbar durch Flanschenkuppelung verbunden, welche bei 600 Volt Spannung eine
Leistung von 450 Kilo-Watt abgibt.
Die vier Gabelbalkenmaschinen entsprechen den vier grössten Ausführungen dieser
Gattung, deren Herstellung in sieben verschiedenen Grössen die Dingler'sche Maschinenfabrik seit einigen Jahren mit
bestem Erfolg betreibt.
Textabbildung Bd. 317, S. 461
Fig. 57. Liegende Verbundmaschine von Kirberg und Hüls.
Die Dingler'sche Maschinenfabrik Aktiengesellschaft in
Zweibrücken baut besonders Dampfmaschinen für den Betrieb mit hochüberhitztem Dampf
– welche sie auf der Ausstellung in so bemerkenswerter Weise
allen Kreisen vorführt, die an deren Erkenntnis beteiligt sind – diese
Maschinengattung wird in jeder Grösse ausgeführt, sodann werden aber auch alle
anderen Dampfmaschinen gebaut und namentlich auch Maschinen für Berg- und
Hüttenwerke, ferner Dampfkessel, Dampfüberhitzer, sowie Hochofenarbeiten.
Gegründet im Jahre 1827, wurde das Werk seither mit verschiedenen Anerkennungen
ausgezeichnet.
Zur Zeit arbeitet es in seinem Betriebe mit vier Dampfmaschinen von zusammen 400 PS
und beschäftigte im Jahre 1900 700 Arbeiter, während der Absatz, der sich namentlich
auf Süd- und Westdeutschland, Luxemburg, Frankreich und Russland verteilt, in
demselben Jahre auf etwa 3000000 M. zu beziffern ist.
Kirberg und Hüls, Maschinenfabrik und Eisengiesserei in
Hilden bei Düsseldorf sind mit einer liegenden Verbundmaschine (Fig. 57 und 58)
vertreten.
Der Hochdruckcylinder hat 400 mm, der Niederdruckcylinder 650 mm Bohrung und der
gemeinsame Hub beträgt 800 mm – wir finden hier also dieselben Hauptabmessungen wie
bei der vorher beschriebenen Maschine von Soest – bei 9
kg/qcm
absoluter Eintrittsspannung und 110 minutlichen Umdrehungen, entsprechend einer
Kolbengeschwindigkeit von
\frac{110\,\times\,0,8}{30}=2,933\mbox{ m/Sek.,}
leistet die Maschine im ordnungsmässigen Betrieb mit
entsprechender Füllung im Hochdruckcylinder – und zwar wenn mit Dampfniederschlagung
gearbeitet wird – 200 PSe, welche Leistung bei 11
kg/qcm
absoluter Eintrittsspannung und entsprechend grösserer Füllung bis auf 300 PS
gesteigert werden kann.
Auch diese Maschine ist für Arbeiten mit überhitztem Dampf gebaut und an die
Sammelniederschlagung angeschlossen.
Die kräftig durchgebildeten Maschinenrahmen mitsamt den bajonettförmigen Lagerbalken
ruhen der ganzen Länge nach auf dem festen Grundgemäuer und sind mit demselben
gut verankert. Sowohl der Hochdruck- wie auch der Niederdruckcylinder sind noch
durch je einen seitlichen Fuss unverstützt, welche auf starken kurzen Sohlplatten
derart gelagert sind, dass sie der Wärmeausdehnung in der Längsrichtung Rechnung
tragen. Die Sohlplatten selbst sind winkelförmig gehalten und – mit versenkten
Büchsen für die Muttern der Ankerschrauben versehen – in das Grundgemäuer
eingelassen.
Sowohl der Hoch- wie der Niederdruckcylinder haben Dampfmäntel, welche über die
Cylinderbüchsen übergeschrumpft sind; letztere sind aus besonders dichtem und hartem
Guss hergestellt.
Ebenso ist der Aufnehmer, welcher in der gebräuchlichen Weise gleichgerichtet mit der
Kurbelwelle zwischen den Cylindern angeordnet ist, mit Mantelheizung versehen.
Textabbildung Bd. 317, S. 461
Fig. 58. Liegende Verbundmaschine von Kirberg und Hüls.
Die Beheizung geschieht mit dem jedesmaligen Arbeitsdampf, kann aber für den
Hochdruckcylinder mit besonderem Frischdampf geschehen und andererseits an beiden
Cylindern abgestellt werden.
Die Deckel werden nicht beheizt. Die Deckel des Niederdruckcylinders sind zur
Vergrösserung des schädlichen
Raumes bei Arbeit mit Auspuff mit von aussen durch Vierkant und Steckschlüssel
zu bethätigenden Kugelventilen versehen, durch welche die Hohlräume mit dem
Cylinderinneren in Verbindung gesetzt bezw. von dem letzteren abgeschlossen werden
können.
Alle Teile sind sorgfältig mit Wärmeschutzmasse umhüllt und die Cylinder ausserdem
noch mit polierten Stahlblechmänteln umkleidet.
Die Kolben sind gusseiserne Hohlkörper und mit selbstspannenden gusseisernen
Dichtungsringen ausgerüstet, ebenso sind sie behufs guter Auflagerungsfläche
genügend breit gehalten.
Die Kolbenstangen sind in der üblichen Weise durch Kegelansatz und Mutter mit ihren
Kolben verbunden und durch den hinteren Deckel hindurchgeführt; diese Führungsenden
der Stangen sind mit einem Schutzrohr versehen, welches gegen die Stopfbüchsendeckel
verschraubt und durch eine ganz leichte Stütze gegen den Fussboden abgestützt
ist.
Der Kreuzkopf ist aus Gussstahl erstellt und mit der Kolbenstange durch einen
kräftigen Keil verbunden, während er andererseits die Kurbelstange umfasst. In der
Rundführung läuft er mit breit und lang gehaltenen gusseisernen Schuhen.
Kolbenstangen, die in -Form ausgefrästen Kurbelstangen, Kurbelwelle und in
diesem Falle auch die Kurbeln selbst sind aus bestem geschmiedeten
Siemens-Martin-Stahl hergestellt und sehr kräftig bemessen.
Die Kurbeln sind zwecks teilweisen Ausgleichs der beweglichen Massen mit
Gegengewichten versehen.
Die vierteiligen Lagerschalen der beiden Kurbellager sind mit Weissmetall ausgegossen
und durch Schrauben seitlich nachstellbar. Alle Laufflächen sind reichlich
bemessen.
Das Lager für den Kreuzkopfzapfen ist zweiteilig und aus Bronze hergestellt, das
zweiteilige Lager für den Kurbelzapfen ist ausserdem mit Weissmetall ausgegossen.
Die Lager sind in der üblichen Weise mittels Keil und Schraube nachstellbar.
Die Maschine ist am Hochdruckcylinder mit Ventilsteuerung versehen, und zwar für den
Einlass nach Kaufhold's Patent (D. R. P. Nr. 65499) –
einer auslösenden Steuerung, welche wir in ähnlicher – aber verbesserter – Anordnung
bereits bei der von der Maschinenbau-Aktiengesellschaft
Union ausgestellten Betriebsmaschine (S. 328 d. Bd.) ausgeführt fanden. Die
Ventile sind doppelsitzige Ringventile und nahezu entlastet.
Die Steuerwelle ist von der Kurbelwelle aus durch Kegelräder angetrieben, die im
Oelbade laufen, und bethätigt durch Exzenter und Gestänge den Ventilhub. Es wirkt
hier wiederum der in der oberen Gabel der Exzenterstange gelagerte thätige Mitnehmer
auf den doppelarmigen, durch die Ventilspindel geführten Mitnehmer. Eine
Lenkerstange hat ihren unteren Drehpunkt mit dem Drehpunkt des Mitnehmers in der
Ventilspindel, ihren oberen mit der Schwingungsachse des thätigen Mitnehmers in
geeigneter Weise (vgl. Fig. 58) gemeinsam, während
die Beeinflussung durch den Gewichtsregler mittels Zwischenwelle, Gestänge und
Winkelhebel an einen einarmigen Hebel, der um diese selbe Schwingungsachse dreht,
gelegt ist.
Die Steuerung arbeitet mit nur drei Gelenken, die Bolzen sind gehärtet und die Augen
ausserdem mit glasharten Stahlbüchsen versehen. Die in der Steuerung auftretenden
Kräfte wirken stets in einem Sinne und die Rückwirkung auf den Regler ist
vollständig ausgeglichen, wodurch die Thätigkeit der Steuerung ausserordentlich
rasch und genau einsetzt. Die ausserordentliche Einfachheit der Bauart, sowie die
geringen Massen der Steuerteile ermöglichen es, die Maschine mit sehr hoher
Umdrehungszahl laufen zu lassen.
Der Regler fand seine Aufstellung an der Rundführung nahe der Verbindungsflansch mit
dem Cylinder.
Als Vorteile dieser Steuerung hebt das herstellende Werk hervor:
1. Die sofortige Nachstellbarkeit in jeder Richtung.
2. Die geringe, den Gang der Maschine nicht beeinflussende Abnutzung, die leichte
Zugänglichkeit und Uebersichtlichkeit im Betriebe. – Vorteile, die einen hohen Grad
von Zuverlässigkeit unter Ausschluss fast jeglicher Störungen gewährleisten.
Die doppelarmigen Mitnehmer in den Ventilspindeln der Auslassventile am
Hochdruckcylinder sind durch besondere Exzenter nebst Gestänge mittels Winkelhebel
und Rollendaumen in einfacher und unveränderlicher Weise bethätigt.
Die Steuerwellenlager sind mit Bronzeschalen ausgerüstet.
Die Niederdruckseite ist bei dieser Maschine mit Steuerung durch Corliss-Schieber
versehen, welche von der Kurbelwelle aus durch ein Exzenter nebst Stange, sowie
durch eine am Maschinenrahmen etwa in Mitte der Rundführung aufgehängte Schwinge
bewegt wird.
Nach einer patentierten Anordnung sind nur je ein Corliss-Schieber an jedem
Cylinderende für Ein- und Auslass vorgesehen, und zwar wirken die Schieber
wechselseitig der eine für den Einlass, der andere für den Auslass. Wegen der
grossen Durchmesser, den diese Schieber erhalten mussten, war es notwendig, die
Sicherheitsventile am Cylinder von unterhalb der Cylinder weg zu verlegen und
erhielten dieselben ihren Platz oben auf den Cylindern.
Hinter dem inneren Schwungradschutzblech haben auf einer starken Geländersäule die
Druckzeiger an einer geschmackvollen Bronzetafel Aufstellung gefunden.
Für die Schmierung des Dampfes in den Ventilkästen sind am Ende der Steuerwelle auf
der Hochdruckseite und von dieser mittels verstellbarer Kurbelscheibe bethätigt zwei
Schmierpumpen aufgestellt, bei allen übrigen zu schmierenden Teilen ist Tropfölung
mit augenblicklicher Abstellung durchgeführt.
Für die Auffangung des Oels an der Kurbel und ihren Lagern sind gusseiserne Mulden
vorgesehen, welche unter den Rahmen untergeschoben und einbetoniert sind; auf diese
Mulden sind dann ziemlich weit herumreichende Kurbelschutzbleche in der aus Fig. 57 ersichtlichen Weise aufgeschraubt.
Die Entwässerung der sämtlichen in Frage kommenden Maschinenteile ist in der
erforderlichen Weise durchgebildet.
Die Maschine ist mit einem zweiteiligen Riemenschwungrad von 4000 mm Durchmesser und
500 mm Breite ausgerüstet und treibt mittels Riemen eine Gleichstromdynamo der Elektrotechnischen Fabrik Rheydt Max Schorch und Co.
Aktiengesellschaft in Rheydt – Bauart G 100, die bei 450 minutlichen
Umdrehungen und 220 Volt Spannung im gewöhnlichen Betriebe 100 Kilo-Watt
leistet.
Die Dynamo ist sechspolig und wiegt 5400 kg.
Diese Maschine hat während der Aufstellungszeit vom 1. Januar bis 1. April d. J. den
Kraftstrom zum Betrieb für 16 Laufkräne geliefert, die sehr häufig in grosser Anzahl
gleichzeitig thätig waren. Während dieser ganzen Zeit wurde bei vergrössertem
schädlichen Raum mit Auspuff ohne jeglichen Anstand gearbeitet.
Ausser dem neuzeitigen Dampfmaschinenbau betreibt das Werk namentlich den Bau von
Fabrikeinrichtungen für Erzeugung von Bleiweiss, Mennige, Nitrit und Erdfarben,
sodann aber auch den Bau von Pumpen und Wellenleitungen.
Gegründet im Jahre 1840, verwendet die Maschinenfabrik heute für ihren Betrieb eine
50 PSe Ventildampfmaschine und beschäftigt 110
Beamte und Arbeiter; im Jahre 1900 betrug der Wert der Jahreserzeugung 350000 M.,
die sich auf ganz Europa und Amerika als Absatzgebiet verteilten.
Zu der auf S. 370 ff. d. Bd. beschriebenen stehenden Verbundmaschine von K. und Th. Möller in Brackwede ist nachzutragen, dass
der Hochdruckcylinder zwar für Beheizung mit Frischdampf – der also die Spannung des
Arbeitsdampfes besitzt – gebaut ist, jedoch wird dieselbe beim Arbeiten mit
hochüberhitztem Dampf abgestellt, da nach der im Werke gesammelten Erfahrung die
Wirtschaftlichkeit der Maschine durch Heizung des Hochdruckcylinders nicht erhöht
wird.
Für die Wahl der abnehmbaren Deckel beim Bau der Kolben, welche schmal gehalten
werden, um möglichst die Körper in Hohlguss herstellen zu können –, führt das Werk
als Vorteile an: Die Liderungsringe können in der radialen Abmessung entsprechend
stark gehalten werden und jederzeit leicht und gut aufgeschliffen werden.
Diese Bauart, gut durchgebildet, ist ebenso betriebssicher wie diejenige mit
überzogenen Ringen und hat sich seit Jahren mit bestem Erfolge bewährt.
(Fortsetzung folgt.)