Titel: | Ueber Gaserzeugung und Gasfeuerungen in der Industrie. |
Autor: | Rudolf Mewes |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 562 |
Download: | XML |
Ueber Gaserzeugung und Gasfeuerungen in der Industrie.
Von Rudolf Mewes, Ingenieur und Physiker.
(Schluss von S. 544 d. Bd.)
Ueber Gaserzeugung und Gasfeuerungen in der Industrie.
Die Beantwortung der vorliegenden Frage führt im letzten Grunde auf die
Beantwortung der Frage, wie die Entstehung der Verbindungswärme überhaupt mechanisch
zu erklären ist, also auf das schwierigste Problem, das seit Berthollet's klassischen Untersuchungen die Chemiker und Physiker in
gleichem Masse beschäftigt hat. In der That, den ersten umfassenden und wahrhaft
genialen Versuch, die Mannigfaltigkeit der chemischen Erscheinungen auf bestimmte
unveränderliche Grundeigenschaften der Materie in derselben Art zurückzuführen, wie
die Astronomie die Himmelserscheinungen auf ein einheitliches Prinzip, auf das der
allgemeinen Gravitation, zurückgeführt hat, diesen in seiner Art immer noch einzig
dastehenden Versuch hat Claude Louis Berthollet bereits
im Anfange des vorigen Jahrhunderts gemacht, indem er sein klassisches Werk Versuch einer chemischen Statik (Essai de Statique chimique, Paris, an IX, 1803) der
wissenschaftlichen Welt übergab. In diesem Werk unternahm er es nämlich, da rein
chemische Gesichtspunkte und Gesetze wegen des noch zu geringen
Beobachtungsmaterials ihm die Aufstellung und Ausbauung einer chemischen Statik
nicht möglich machten, aus der Physik und Mechanik andere, a priori einleuchtende
Prinzipien in die Chemie einzuführen, um so ein sicheres Fundament für die chemische
Statik zu gewinnen.
Der Leitstern seiner Spekulation war die feste, gleichsam divinatorisch gewonnene
Ueberzeugung, dass die wechselseitige Anziehung der Materie, welche unter dem Namen
der Verwandtschaft oder Affinität seit den Jugendjahren der chemischen Wissenschaft
als die Ursache der chemischen Erscheinungen angesehen wird, eine Aeusserung
derselben Grundeigenschaft der Materie sei, aus welcher auch die allgemeine
Gravitation hervorgehe. Wie ein roter Faden zieht sich der Gedanke, dass Affinität
und Gravitation derselben Ursache entspringen, dass die chemischen Vorgänge von der
Wärme und der Affinität hauptsächlich bestimmt werden, durch das ganze Werk
hindurch, indem er in den verschiedenen Formen und Gestaltungen immer von neuem
wiederkehrt und den kühnen Forscher vor Irr- und Trugschlüssen bewahrt. Indem Berthollet von einem solch allgemeinen Grundgedanken
ausging, forderte er schon damals mit Recht und mit Nachdruck, in der
Mannigfaltigkeit der einzelnen Erscheinungen diejenigen Grössen zu entdecken und zu
messen, welche unter allen Umständen unverändert bleiben, und die Gesetze zu finden,
welche die Abhängigkeit der Erscheinungen von diesen Konstanten und von den
variablen äusseren Bedingungen ausdrücken.
Die eine Seite der Berthollet'schen Gedankenwendungen,
welche den Einfluss der wirksamen Massen auf die chemischen Vorgänge zum Gegenstande
hat, und bereits in dem chemischen Wirkungsgesetz der Massen von C. F. Wenzel im Jahre 1777 klar ausgesprochen und 1850
durch Wilhelmy an der Inversion des Rohrzuckers
experimentell als richtig bestätigt worden war, ist durch die Untersuchungen der
schwedischen Chemiker Guldberg und Waage weiter ausgebaut worden, ohne dass jedoch, wie
von Berthollet mit Recht gefordert worden war, auf die
bei den chemischen Vorgängen eintretenden Wärme- und Volumenänderungen Rücksicht
genommen wurde.
Obwohl bereits damals in Physikerkreisen die von Robert
Mayer begründete neue Wärmelehre Aufmerksamkeit und Anklang fand, so war
doch damals die Physik, wenn man von einzelnen bedeutenden Geistern absieht, noch
nicht auf eine so hohe Entwickelungsstufe gelangt, als dies heute infolge des Mayer'schen Aequivalentgesetzes der Fall ist,
namentlich hinderte der Mangel der so wichtig gewordenen mechanischen Wärmetheorie
und der daraus zu ziehenden Folgerungen die modernen Chemiker nicht wenig daran, die
chemischen Vorgänge vollständig zu mechanisieren, wie dies Berthollet allerdings gern ausnahmslos gethan hätte.
Der Lösung dieser Aufgabe, welche Berthollet
bereits der Chemie gestellt hat, kann man jedoch nur dadurch einen Schritt näher
kommen, dass man im Anschluss an die hier kurz erwähnten älteren Arbeiten in noch
höherem Masse, als dies von ihm geschehen ist, die Wärmewirkungen der chemischen
Kräfte in Betracht zieht und gleichzeitig die räumlichen Verhältnisse, welche die
Moleküle oder Atome unter dem Einfluss der Affinität und der Wärme einnehmen, in
gleich konsequenter Weise zur Klärung physikalisch und chemisch wichtiger Fragen
heranzieht und zur Unterordnung derselben unter ein gemeinsames Grundgesetz
verwertet.
Die Kräfte, wodurch die chemischen Erscheinungen entstehen, rühren nach dieser
Anschauung sämtlich von der gegenseitigen Anziehung zwischen den Molekülen der
Körper her, welcher man den Namen Verwandtschaft gegeben hat, um sie von der
allgemeinen (astronomischen) Anziehung zu unterscheiden. Da indessen höchst
wahrscheinlich die Verwandtschaft ihrem Ursprünge nach von der allgemeinen Anziehung
nicht verschieden ist, so muss sie sich ebenfalls nach denjenigen Gesetzen richten,
welche die Mechanik für die von der Wirkung der Masse abhängigen Erscheinungen
festgesetzt hat. Namentlich muss dieselbe als Kraft bei ihrer Wirksamkeit sich nach
dem Mayer-Dühring'schen allgemeinen Gesetze über die
Beziehung einer Kraft zu ihrer räumlichen Wirkungsgelegenheit bethätigen. Wie die
chemischen Verbindungen ohne Ausnahme, freilich die einen mehr, die anderen weniger,
mit Temperaturänderungen verbunden sind, ebenso beobachtet man stets bei ihrer
Bildung geringere oder grössere Volumenänderungen, d.h. die Entfernung der Moleküle
der Verbindungen voneinander ist in der Regel von derjenigen, welche die Moleküle
der die Verbindung ergebenden Elemente im isolierten Zustande besitzen, erheblich
verschieden. Ich will beispielsweise nur an die erhebliche Kontraktion und damit
gleichzeitige Wärmeentbindung beim Vermischen von HSO4 mit H2O erinnern.
Die Temperaturänderungen, welche das Resultat chemischer Verbindungen sind, stehen
nun zu den gleichzeitig eingetretenen Volumenänderungen in notwendigem Zusammenhang,
mit anderen Worten, die chemische Wärme ist nicht die Ursache, sondern die Folge
jener Volumenänderungen, weil sie nur nach Massgabe derselben bemerkbar und
erkennbar wird. Indessen mit gleichem, ja noch grösserem Rechte kann man auch diesen
natürlichen Sachverhalt so auffassen, dass man die Volumenänderungen als die
räumliche Wirkung der frei werdenden Wärme, die Wärme also als die Ursache derselben
ansieht.
Die Grösse der chemischen Wärme, beispielsweise der Verbrennungswärme einer
Sauerstoffverbindung, hängt nicht allein von der ihren Bestandteilen eigentümlichen
Verwandtschaft und von deren Menge ab, sondern zugleich von dem Zustande, worin sich
diese Teile befinden, indem entweder ihre Verwandtschaftskraft durch eingegangene
Verbindung mehr oder weniger unthätig wird, oder indem die Verdichtung oder
Verdünnung des Körpers ihre wechselseitige Entfernung ändert.
Um die chemische Wirksamkeit zu zergliedern, sagt Berthollet bei der Würdigung dieses Sachverhaltes, muss man nicht nur
diese Umstände, welche er Konstitution, den individuellen Zustand der Substanzen
nennt, sondern zugleich alle damit in Beziehung stehenden Modifikationen in Anschlag
bringen. Dieselben können nur als der Gleichgewichtszustand angesehen werden, den
die Moleküle unter dem gemeinsamen Einfluss der chemischen Verwandtschaft und
anderer Kräfte physikalischer Natur angenommen haben; sie müssen also nach dem
allgemeinen Kraftbethätigungsgesetze zum Zwischenvolumen in bekannter gesetzmässiger
Beziehung stehen. Erläutern wir dies an dem Beispiele des Knallgases bezw. der
Wasserbildung.
Nach den vorstehenden Deduktionen kann aus 1 kg gasförmigen Wasserstoffs und 8
kg gasförmigen Sauerstoffs nur dadurch Wasser entstehen, dass sich die Wasserstoff-
und Sauerstoffatome miteinander vereinigen, dass sie aus getrennten Gasmolekeln zu
Wassermolekeln werden. Zu diesem Behufe muss man die Expansivkraft, welche die
einzelnen Grundteilchen der Gase voneinander nach Möglichkeit zu entfernen strebt,
durch eine entgegengesetzte Kraft überwunden werden, d.h. die Gase müssen in einen
solchen Zustand versetzt werden, dass die chemische Verwandtschaftskraft wirksam
werden kann, also der chemische Prozess eingeleitet werden, wie man zu sagen pflegt.
Präziser dürfte man sagen müssen, dass die Gase in einen solchen Zustand zu setzen
sind, dass die von den einzelnen Molekeln oder Atomen ausgesandten Wellen durch
ihren Rückdruck die Vereinigung des Wasserstoffs und Sauerstoffs bewirken können. Es
ist demnach die Vereinigungskraft, d.h. die Affinität der Atome zu einander eine
Funktion ihres Emissionsvermögens für die strahlenden Aetherschwingungen.
Die vorhandene Spannkraft, welche gleichfalls von dem Emissionsvermögen für die
Aetherwellen abhängig ist, kann aber nicht verschwinden, denn Kräfte sind
unzerstörliche Objekte; folglich kann sie durch die Bindekraft der Atome nur in eine
andere Form übergeführt werden. Die Erfahrung lehrt, dass bei sämtlichen chemischen
Prozessen Wärme frei wird oder auch bei vereinzelten Fällen verbraucht wird; demnach
sieht man sich, anstatt die Wärme aus nichts entstanden sein zu lassen, zu der
Schlussfolgerung genötigt, dass die ursprüngliche Expansivkraft sich in die
chemische Wärme umgesetzt hat, und zwar der Grösse nach der wirksam gewordenen
Affinität genau entsprechend.
Dass die durch den chemischen Prozess entwickelte Wärme umgekehrt auch im stände sein
muss, die entstandene Verbindung wieder in die ursprünglichen Bestandteile zu
zerlegen, ist im Anschluss an die Entdeckung des mechanischen Wärmeäquivalents in
der Chemie eine so allgemein anerkannte und bekannte Wahrheit geworden, dass ich
eine nähere Auseinandersetzung dieses Sachverhalts nicht zu geben brauche.
Je grösser die Entfernung eines frei fallenden Körpers von der Erde gewesen ist, um
so grösser ist die erlangte Endgeschwindigkeit desselben bezw. die durch Reibung und
Stoss entwickelte Wärme; ebenso ist auch, je höher die Dissociationsstufe zweier
miteinander vermischten Elemente ist, um so grösser die durch chemische Vereinigung
der beiden Grundstoffe entstehende chemische Wärme; dieselbe nähert sich bei
vollständiger Dissociation der Uratome ebenso einer ganz bestimmten Grenze wie die
Wärme, die der Fall eines Körpers aus unendlicher Ferne von dem anziehenden Körper
durch Reibung und Stoss zu entwickeln vermag. Indessen diese beiden Grenzfälle für
zwei spezifisch verschiedene Aeusserungen der zwischen den Substanzen anziehend
wirkenden Aetherwellen haben nur theoretischen Wert, da dieselben keiner
experimentellen Beobachtung zugänglich sind; wichtiger sind die normalen Fälle, in
denen sowohl die von der Grundkraft bewirkten Raumunterschiede als auch die
denselben entsprechenden Wärmemengen, gleichgültig, ob sie durch mechanischen Druck
oder Fall oder durch chemische Verbindung erzeugt sind, genau gemessen werden
können. In diesem Falle nimmt man als natürliche Masseinheit des Raumes, den die
Bestandteile einer Verbindung vor der beginnenden chemischen Vereinigung einnehmen,
den Raum, welchen dieselben im Gaszustande bei 0° und unter dem Druck einer
Atmosphäre ausfüllen. Dass dann die durch den chemischen Vorgang erzeugte Wärme der
erfolgten Veränderung des Zwischenvolumens genau proportional sein muss, kann als
das Resultat des Bisherigen betrachtet werden.
„Kraft misst sich an Kraft“; die erzeugte Wärme ist also das Mass der durch
die Affinität überwundenen Spannkraft. Ist die Ansicht richtig, dass allein die
Grösse der bewirkten Aenderung des Zwischenvolumens, d.h. die dieser Aenderung
entsprechende Spannungsgrösse, auch für die entwickelte chemische Wärmemenge
massgebend ist, so muss man – ceteris paribus – auch dieselbe Wärmemenge erhalten,
wenn man die Grundstoffe gesondert, d.h. jeden für sich, auf den Dichtigkeitsgrad
bringt, den jeder von ihnen in der Verbindung besitzt.
Bei dem oben gewählten Beispiele, das sehr charakteristisch ist, würde man die
gesonderten gasförmigen Elemente Wasserstoff und Sauerstoff entweder durch
Kompression oder durch Absorption mittels Platin- bezw. Palladiummohrs auf die dem
Wasser entsprechende Dichtigkeit bringen können. Die Summe der beiden durch
Absorption erzeugten Wärmemengen oder diejenige der durch Kompression entbundenen
Wärmemengen muss dann gleich der durch die chemische Verbindung der beiden Elemente
gewonnenen Wärme sein.
Die Verbrennungswärme 1 kg Wasserstoff mit 8 kg Sauerstoff beträgt nach den
genauesten Beobachtungen von Favre und Silbermann 34462 W.-E.; eine dieser Wärmemenge
gleichwertige Kraft muss die 9 kg der getrennten Stoffe H und O zu verflüssigen
vermögen. Thatsächlich beweist die Beobachtung, dass bei der Absorption von 1 kg
Wasserstoff durch Platin 9,5 W.-E., bei der Absorption von 8 kg Sauerstoff durch
Palladium 25 W.-E., demnach durch 1 kg Wasserstoff und 8 kg Sauerstoff bei ihrer
Absorption 34500 W.-E., entsprechend der Verbrennungswärme 1 kg H in 8 kg 0 frei
werden. Wenn auch aus den vorstehenden Ausführungen deutlich hervorgeht, dass die
Wärmeentbindung von dem Aggregatzustande und insbesondere von den Volumengrössen der
sich vereinigenden Stoffe abhängig und somit die oben erwähnte Ansicht von Quaglio über den Verbrennungsvorgang bei der Bildung
von CO bezw. CO2 nicht unbegründet ist, so genügen
jedoch diese Darlegungen noch nicht, eine allgemeine Theorie der Verbrennung
aufzustellen, sondern sie können nur die Brücke zum Verständnis einer solchen von
Dr. Meusel in seiner bekannten Schrift Der Monismus der chemischen Elemente entwickelten
Verbrennungstheorie oder besser mechanisch vertieften Thermochemie bilden. Um nicht
zu weit von dem eigentlichen Thema abzukommen, werde ich nur den Hauptgedankengang
Meusel's hier kurz wiedergeben, betreffs der
beweisenden Versuchsdaten aber auf die Tabellen der Meusel'schen Abhandlung verweisen.
Meusel hat a. a. O. sowohl das Atomgewicht als auch das
Atomvolumen der chemischen Elemente auf wenige Grundelemente zurückgeführt, nämlich
die Atomgewichte auf Vielfache der Gewichte 3,99 und 3,02 oder Summen solcher
Vielfachen, die Atomvolumina dagegen auf verschiedene Verdichtungsstufen von 3,99
und 3,02. Es sind dies die beiden den Gewichtsgrössen 3,99 und 3,02 entsprechenden
Atomvolumina des Lithiums (Li), das 3,99 entsprechende Atomvolumen des Kohlenstoffes
(C) und das 3,02 entsprechende Atomvolumen des Berylliums (Be). Da das Atomgewicht
des Lithiums 7,01 = 3,99 + 3,02 aus zwei Gewichtsteilen besteht, so muss auch, wie
Meusel mit Recht sagt, das Atomvolumen desselben
aus zwei Raumteilen bestehen, die sich bei der durch physikalische Gründe bedingten
Annahme gleichartiger Raumverteilung wie 3,99 zu 3,02 verhalten. Hieraus folgt, dass
das Atomvolumen des Li (11,88) aus den beiden Werten 6,75 und 5,12 zusammengesetzt
ist, und dass das spezifische Gewicht des ersteren 3,99/6,75 = 0,5902, das des
zweiten 3,02/5,12 = 0,5898 ist. In ganz gleicher Weise erhält man für das
Atomvolumen des diamantartigen Kohlenstoffs (C) 3,66/63 = 1,2, des amorphen dagegen
5,58/3 = 1,86, für das spezifische Gewicht demgemäss entsprechend 3,99/1,2 = 3,324
bezw. 3,99/1,86 = 2,12, während beim Beryllium (Be) das Atomvolumen 4,9/3 = 1,633
und das spezifische Gewicht 3,02/1,633 = 1,853 beträgt. Das fünfte von Meusel angeführte Grundmotiv zur Berechnung der
Atomvolumina, nämlich das Atomvolumen des Wasserstoffs, bei dem ihn 1893 allerdings
die Beobachtung noch im Stich liess und das er spekulativ gleich 1/3,324 = 0,3
setzte, ist nicht richtig und wird glücklicherweise von ihm bei der Ableitung der
übrigen Atomvolumina aus den genannten Raumteilen 6,75, 5,12, 1,2, 1,633 nicht
benutzt.
Aus diesen Elementen und aus der Verbrennungswärme des Kohlenstoffs leitet nun Meusel in mechanisch durchaus verständlicher Weise die
chemische Verbindungswärme zahlreicher Verbindungen ab. Der mechanische Kern seiner
Vorstellung, welcher nicht scharf genug hervorgehoben zu sein scheint, ist einfach,
dass bei der Verbrennung bezw. Vereinigung der Elemente von gleichem
Aggregatzustande aus die Verbrennungswärmen gleicher Gewichtsmengen sich umgekehrt
wie die Atomvolumina verhalten müssen, da ja
der Kraftverbrauch für die grössere Gewichtsmenge ein entsprechend grösserer,
mithin die Wärmeentwickelung eine kleinere sein wird.
Nur bei der Ableitung der Verbrennungswärme des Kohlenstoffs aus derjenigen des
Wasserstoffs versagt diese Betrachtungsweise und zwar mit Recht; denn hier ist das
eine Element, nämlich Wasserstoff, bereits vor der Verbrennung stets als Gas
vorhanden, während dagegen Kohlenstoff stets durch den Verbrennungsvorgang selbst
erst in Gas übergeführt werden muss. Hierzu ist aber Arbeit, also ein Verbrauch von
Wärme erforderlich; folglich muss in diesem Falle, da ja entsprechend dem grösseren
Atomvolumen weniger Arbeit beim Wasserstoff verbraucht wird, auch die
Wärmeentbindung eine entsprechend höhere sein und demgemäss sich die
Verbindungswärmen direkt wie die Atomvolumina verhalten. Dies wird auch durch die
Beobachtungen als richtig bestätigt; denn, wenn man entsprechend den Beobachtungen
das Atomvolumen des Wasserstoffs gleich 7,35 setzt, und dasjenige des Kohlenstoffs
in amorpher Form wählt – denn nur in dieser ist er brennbar –, nämlich 5,58, so
erhält man für das Atomvolumen des Kohlenstoffs vom Gewicht 3,99 den Wert 5,58/3 =
1,86 und es muss sich verhalten 34126 : x = 7,35 :
1,86, so dass die Verbrennungswärme von 1 g C=\frac{34126\,\cdot\,1,86}{7,35}=\mbox{ rund }\frac{34126}{4}=8531,5\mbox{ W.-E.}
wird.
Die Verbrennungswärmen der übrigen Grundelemente ergeben sich dann leicht nach dem
dem Mariotte'schen Gesetz entsprechenden Grundsatz,
dass sich die entbundenen Wärmemengen dem Atomvolumen umgekehrt proportional
verhalten. Dies ist aber schliesslich nichts anderes als das oben angeführte Gesetz
der räumlichen Kraftbethätigung je nach dem verfügbaren Wirkungsraum mit Hilfe des
Wertes 8531,5. Die Berechnung der Verbrennungswärme des Berylliumatoms gestaltet
sich nämlich nunmehr mit Benutzung dieses Wertes einfach folgendermassen. Es verhält
sich, indem man jetzt, da von Meusel ebenfalls das
dem krystallisierten Beryllium entsprechende Atomvolumen gewählt ist, auch für C das
dem Diamant entsprechende Atomvolumen 1,2 nimmt,
8531,5 : x 1,6 : 1,2,
also x = 6232 Kalorien. Ebenso
erhält man für 1 g des ersten Bestandteils des Lithiums
8531,5 : x = 6,75 : 1,2,
also x = 1514 Kalorien, und
ferner für 1 g des zweiten Bestandteils
8531,5 : x = 5,12 : 1,2,
also x = 1999,5 Kalorien
u.s.w.
Ausserdem wird noch die Bindung berücksichtigt, welche die einzelnen Atome unter sich
infolge gegenseitiger Beeinflussung (Kohäsion) zusammenhält, also deren freie
Bewegung hindert, und bei der Berechnung der Verbindungswärmen für 1 g des Elements
hierfür noch eine Arbeitsmenge in Abzug gebracht, welche der Wärmeentwickelung
abgeht und genau im Verhältnis zur Atomgewichtsgrösse steht, wie ja dem Ingenieur
aus der Mechanik als selbstverständlich einleuchtet. Von der sonst theoretisch
berechneten Menge wäre also in Abzug zu bringen für
1 g S
:
34126/31,98
= 1066
1 g P
:
34126/30,96
= 1102
1 g Ag
:
34126/107,66
= 317.
Betreffs der Vergleichung der mit Hilfe dieser Elemente
berechneten Verbrennungswärmen zahlreicher Verbindungen mit den Beobachtungswerten
muss ich auf die Schrift von Meusel, S. 34 u. ff,
verweisen.
Dagegen soll nunmehr in einem späteren Abschnitt auf Grund der hier vorgetragenen,
einer näheren Würdigung durch die praktischen Chemiker würdigen Ausführungen eine
Kritik des Wassergaserzeugungsverfahrens versucht werden, insbesondere aber die
Frage entschieden werden, ob die von Quaglio angeregten
Bedenken wirklich praktische Bedeutung besitzen.