Titel: | Die Hebezeuge auf der Düsseldorfer Ausstellung. |
Autor: | Georg v. Hanffstengel |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 585 |
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Die Hebezeuge auf der Düsseldorfer Ausstellung.
Von Georg v. Hanffstengel, Ingenieur in Stuttgart.
(Fortsetzung von S. 553 d. Bd.)
Die Hebezeuge auf der Düsseldorfer Ausstellung.
Fahrbarer Dampfdrehkran für 3500 kg Tragkraft und 18 m Ausladung von der Duisburger Maschinenfabrik J. Jaeger in Duisburg.
Der Kran, dessen Ausführung von der Leistungsfähigkeit der auf dem Gebiete des
Dampfkranbaues besonders bekannten Firma Zeugnis ablegt, steht im Freien zwischen
Maschinenhalle und Kesselhaus und fällt vor allem durch die ungewöhnlich grosse
Ausladung auf. Er ist mit Selbstgreifer ausgerüstet. Da der Jaeger'sche Greifer wohl hinreichend bekannt und überall zu finden ist,
soll er hier nicht näher besprochen werdenVgl. Ernst, Hebezeuge, 3. Aufl. Bd. 1, S.
604.. Es sei nur erwähnt, dass die Schliessvorrichtung als
Flaschenzug mit vierfacher Uebersetzung ausgeführt ist, dessen Unterflasche, eine
durch ein Gusseisengewicht beschwerte ⊏-Eisentraverse,
die Schaufeln mit zwei Lenkerstangen zusammenzieht bezw. spreizt. Infolge der
Kniehebelwirkung ist bei nahezu geöffnetem Greifer die Spreizkraft sehr stark, so
dass die Traverse nur geringer künstlicher Belastung bedarf. Der
Textabbildung Bd. 317, S. 586
Fig. 108. Dampfdrehkran für 3500 kg Tragkraft von Jaeger.
Greifer hat einen Fassungsraum von 2 cbm oder etwa 1600 kg Kohlen bei 1400 kg
Eigengewicht.
Textabbildung Bd. 317, S. 587
Fig. 109.
Den Kran selbst zeigen die Fig. 108 bis 111. Wie aus dem Grundriss des Unterwagens (Fig. 111) hervorgeht, wird der Laufring, dessen
Durchmesser 3320 mm beträgt, Von einer aus 300 mm hohen ⌶- und ⊏-Eisen mit breiten Gurtplatten
gebildeten Plattform getragen. Querträger, die in der Mitte durch ein Knotenblech
versteift sind, nehmen die Rosette für die Kransäule auf und tragen zugleich den
Stahlgusszahnkranz, der auf einen ⊏-Eisenring geschraubt
ist und daher nur in grösseren Abständen unterstützt zu werden braucht. Der
Schienenkranz ist konisch abgedreht.
Die Plattform des drehbaren Teils besteht aus zwei ⊏-Eisen
N. P. 30 als Längsträgern, die durch Querträger, ähnlich wie bei dem
vorbeschriebenen Kran, unterstützt sind und mit Blechkonsolen den Riffelblechbelag
der Seitenstege tragen.
Textabbildung Bd. 317, S. 587
Fig. 110. Grundriss zum Dampfdrehkran für 3500 kg Tragkraft von Jaeger.
Die aus geschmiedetem Stahl hergestellten, mit Rotguss ausgebuchsten Laufrollen
drehen sich lose auf den Achsen und werden durch den als Säule ausgebildeten
Königszapfen zum Teil entlastet. Auf das kugelig abgedrehte obere Ende der Säule
stützt sich mittels einer Spurplatte aus harter Phosphorbronze eine Stahlhaube, an
der durch zwei Stück 2 ½''-Schrauben eine schmiedeeiserne Traverse nachstellbar
aufgehängt ist. Die Endzapfen der Traverse sind in Stahlgussrosetten der
Windenschilde gelagert und des Einbaues wegen lose in die Querbalken eingesetzt. Sie
dienen zugleich als Festpunkte für die beiden Bremsbänder. Die Säule ist lang genug
gehalten, um Schwankungen des Krans einigermassen vorzubeugen.
Die ungewöhnlich grosse Ausladung machte es nötig, den Kessel und das darunter
angebrachte Gegengewicht sehr weit nach hinten zu rücken, wodurch sehr reichlicher
Platz für die Bedienung des Kessels und des Triebwerks gewonnen, aber der
Drehbereich des Krans über das normale Mass vergrössert wird.
Der Kohlenkasten steht neben dem Kessel, der Wasserbehälter dagegen ist auf das Dach
des Schutzhauses gesetzt und konnte infolgedessen ziemlich gross gemacht werden. Da
das Wassernehmen bei stark beschäftigten Dampfkranen zuweilen mit Schwierigkeiten
verbunden ist, so ist diese Anordnung jedenfalls vorteilhaft.
Die Windenschilde sind als dreieckiges Gestell aus Blech und Winkeleisen hergestellt
und zwischen die Längsträger genietet. An der Kesselseite werden sie durch eine
volle Blechwand zusammengehalten, welche die Dampfmaschinenrahmen und die Lager für
die Kurbelwelle und Wendegetriebe trägt. Die vertikale Lage der Getriebewelle, die
ihren Antrieb durch ein Kegelrad von der Kurbelwelle empfängt, lässt sehr schmalen
Bau
der Winde und damit geringe Breite des Schutzhauses zu. Die Zahnräder und
Bremsscheiben mussten dabei allerdings nach aussen verlegt und fliegend auf die
Trommelachsen gesetzt werden, die mit einteiligen ausgebüchsten Augenlagern in den
Schilden gelagert sind. Beide Trommeln sind fest auf die Achsen aufgekeilt.
Textabbildung Bd. 317, S. 588
Fig. 111. Grundriss zum Dampfdrehkran für 3500 kg Tragkraft von Jaeger.
Das auf der Kurbelwelle verschiebbare Ritzel für den Antrieb der Hubtrommel wird
durch eine schräg geführte Welle mit Gabelhebel eingerückt, die mit der horizontalen
Welle des Steuerhebels durch ein Kegelräderpaar verbunden ist. Das Gestänge der
Last- und der Entleerungsbremse lässt sich in der Zeichnung leicht verfolgen. Beide
sind Bandbremsen mit Holzfutter und doppelter Umschlingung. Besonders bemerkenswert,
weil einfach und zuverlässig, ist die Vorrichtung zum Antrieb der
Entleerungstrommel. Rad B kann sich auf dem mit Gewinde
versehenen Stück der Trommelwelle hin und her bewegen, und nimmt die Trommel nur
dann mit, wenn es sich gegen dieselbe schraubt und so eine Art Klemmkuppelung
bildet. Dies ist der Fall, wenn der Greifer aufgezogen wird. Der Antrieb durch das
Rad A dreht dann das andere rechts herum und presst es,
da das Gewinde der Welle linksgängig ist, gegen die Trommel, so dass beide Ketten
gleichmässig aufgezogen werden. Um den Greifer zu entleeren hält der Führer die
Hilfstrommel fest und lässt die Hubbremse nach. Die Haupttrommel kann sich dann
ungehindert zurückdrehen, weil das Zahnrad B infolge
Umkehr der Drehrichtung entgegengesetzt, also von der Trommel ab geschraubt wird,
bis es gegen den Wellenbund stösst und nun weitere Drehung der Hubtrommel hindert.
Inzwischen ist der Greifer vollständig geöffnet und die Hubkette schlaff geworden.
Der Greifer hängt in der Hilfskette und wird so mit der Bremse auf die Kohlen
niedergelassen. Jetzt rückt der Führer das Antriebsritzel ein, zieht die Hubkette an
und schliesst den Greifer. Dabei dreht sich die Hilfstrommel nicht mit, da das Rad
B ganz links stand und erst bei dieser Bewegung
wieder nach rechts geschraubt wird. Durch die Gegenmutter auf der anderen Seite kann
man die Trommel verschieben und den Spielraum so einstellen, dass die Anzahl
Umdrehungen, welche die Hubtrommel unabhängig von der Entleerungstrommel machen
kann, gerade der Anzuglänge der Schliesskette entspricht und daher gleich nach
vollendetem Greiferschluss die Hilfskette mitgenommen wird. Soll die
Entleerungstrommel ausser Thätigkeit gesetzt werden, so ist die Mutter soweit
zurückzuschrauben, dass die Räder A und B ganz ausser Eingriff kommen.
Der Antrieb für die Drehbewegung wird von dem unteren Wendegetriebe abgeleitet, das
mit einem Stirn- und einem Kegelräderpaar auf die vertikale Welle des Schwenkritzels
arbeitet. Das obere Wendegetriebe treibt mit Kegelrädern eine durch die Mittelsäule
gefülrte senkrechte Welle an, die mit Hilfe von zwei weiteren Vorgelegen ihre
Bewegung auf eine Laufachse des Kranwagens überträgt. Die Anordnung der Steuerhebel
stimmt nahezu mit der des vorigen Krans überein, während die Gestänge einfacher
geführt sind. Durch den in Fig. 108 eingezeichneten,
seitlich vom Führerstand liegenden Hebel werden die Kondenswasserhähne an den
Dampfcylindern geöffnet und geschlossen.
Der aus ⊏- und ∟-Eisen
genietete Auslegerschnabel ist gelenkig mit der Plattform verbunden. Die Zugstangen
des Auslegers sind aus Rundeisen hergestellt und greifen an einer ⊏-Eisentraverse an, die in dem Windengerüst drehbar
gelagert ist. Sie sind mit Gewinde und Muttern versehen und gestatten auf diese
Weise, Ausladung und Rollenhöhe des Krans den örtlichen Bedürfnissen entsprechend
einzustellen.
Die Gewichte der einzelnen Teile des Krans betragen:
Unterwagen
8500
kg
Plattform mit Winde und Schutzhaus
12500
„
Ausleger
3700
„
Kessel
4000
„
Gegengewicht
8800
„
––––––––––––
Zusammen
37500
kg
In der schematischen Darstellung Fig. 112 sind diese
Gewichte mit ihren Abständen von der Kranmitte eingeschrieben. Bei der
Stabilitätsrechnung ist der Fall zu Grunde zu legen, dass der Ausleger quer zum
Geleise steht, da die Stützweite der Laufräder mit 3 m dann ihren geringsten Wert
erreicht. Bei unbelastetem Kran findet sich der Abstand x des Schwerpunkts von der vorderen Schiene aus der Gleichung:
8500 . 1,5 + 12500 . 2,1 – 3700 . 6,5 + 4000 . 4,8
+ 8800 . 4,7 = 37500 . x.
x = 2,013 m.
Textabbildung Bd. 317, S. 588
Fig. 112. Stabilitätsskizze zum Dampfkran von Jaeger.
Hängt am Ausleger die grösste Last von 3500 kg, so ergibt sich aus einer
entsprechenden Rechnung der Schwerpunktsabstand: y =
0,433 m.
Kippen würde der Kran, wenn das Moment der Last gleich dem Moment des Eigengewichts
wäre, beide bezogen auf die vordere Schiene. Bezeichnet man die Kipplast mit Q1, so folgt:
Q1 (18 – 1,5) = 37500 .
2,013
Q1
= 4580 kg.
(Fortsetzung folgt.)