Titel: | Die Betriebsmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung. |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 605 |
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Die Betriebsmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung.
(Fortsetzung von S. 456 d. Bd.)
Die Betriebsmaschinen auf der Düsseldorfer Ausstellung.
Die Maschinenfabrik Hohenzollern, Akt.-Ges. für
Lokomotivbau in Düsseldorf-Grafenberg, ist auf der Ausstellung durch eine
Tandem-Verbundventilmaschine vertreten. Der Hochdruckcylinder hat 725 mm, im
Niederdruckcylinder 1100 mm Bohrung, während der gemeinsame Hub 1150 mm beträgt. Bei
der auf der Ausstellung durchgeführten Dampfspannung von 12 kg/qcm absolut und
entsprechender Füllung im Hochdruckcylinder leistet die Maschine bei 94 minutlichen
Umdrehungen, entsprechend einer Kolbengeschwindigkeit von 3,603 m/Sek – wenn mit
Dampfniederschlagung gearbeitet wird –, im üblichen Betrieb 800 PS, welche Leistung
bis auf 1000 PS gesteigert werden kann.
Der sehr stark gehaltene Maschinenrahmen mit dem gabelförmigen Lagerbalken und der
Rundführung ruht der ganzen Länge nach auf dem Grundgemäuer auf, mit welchem er
durch eine entsprechende Anzahl starker Schraubbolzen verankert ist.
An den Rahmen ist der Niederdruckcylinder verschraubt, dem hinter dem Zwischenstück
mit der üblichen leiten oberen Oeffnung zum Herausnehmen des Niederdruckkolbens der
Hochdruckcylinder folgt. Die Lagerung der Cylinder, sowie des Zwischenstücks ist in
zuverlässiger Weise und unter Berücksichtigung der Ausdehnung in der Längsrichtung
erfolgt.
Beide Cylinder haben Dampfmäntel, welche über die eigentlichen Cylinderbüchsen
übergeschrumpft sind, und Werden mit ihrem Arbeitsdampf beheizt.
Die Kolbenstange ist in dem Zwischenstück durch ein nachstellbares Lager
unterstützt.
Die gekröpfte Kurbelwelle ist nach rechts hin verlängert und ruht in den reichlich
bemessenen Kurbellagern, sowie einem weiteren Aussenlager, deren Ausführung ganz
augenscheinlich allen Anforderungen entspricht, welche an Maschinen erster Güte
gestellt werden können.
Kolbenstange, Kurbelstange und Kurbelwelle sind aus bestem Stahl
hergestellt.
Alle Laufflächen sind reichlich bemessen.
Die Maschine ist am Hochdruckcylinder mit Ventilsteuerung, Bauart Kaufhold, ausgerüstet, welche wir bereits an der von
der Union in Essen in der Betriebsabteilung
ausgestellten Tandem-Verbundventilmaschine – S. 328 d. Bd. –, sowie an der liegenden
Verbundmaschine von Kirberg und Hüls – S. 461 d. Bd. –
und zwar bei letzterer in der älteren Bauart antrafen. Auch Hohenzollern macht von der älteren Bauart Gebrauch und verweisen wir daher
auf die früheren Ausführungen. Beeinflusst wird die Steuerung durch einen Hartung'schen Federregler, der seine Aufstellung neben
dem Niederdruckcylinder in dessen Mitte gefunden hat.
In der Ausstellung ist auf die Kurbelwelle dieser Maschine in erster Linie
unmittelbar das Magnetrad einer Drehstromdynamo von 500 Kilo-Watt bei 5000 Volt
Spannung verkeilt, dessen Schwungmasse ein weiteres Maschinenschwungrad überflüssig
macht. Sodann ist aber noch ein weiteres Wellenende durch Flanschenkuppelung und ein
viertes Lager hinzugefügt, auf welchem eine Gleichstromdynamo von 400 Kilo-Watt und
600 Volt Spannung angeordnet ist.
Derartig angeordnete Doppel-Dynamomaschinen bieten besonders für Elektrizitätswerke,
welche mit zweierlei Stromarten arbeiten müssen, betriebstechnische Vorteile.
Beide Dynamo sind von der Elektrizitäts-Aktiengesellschaft
vorm. W. Lahmeyer und Co. in Frankfurt a. M. für Rechnung der Rheinischen Bahngesellschaft in Düsseldorf gebaut.
Robert Spies Fr. Sohn G. m. b. H. in
Barmen-Leimbacherhütte stellen in der Betriebsabteilung eine stehende
Verbundmaschine mit Kolbenschiebersteuerung aus, deren Hauptabmessungen folgende
sind:
Hochdruckcylinder 600 mm, Niederdruckcylinder 920 mm Bohrun', gemeinschaftlicher
Hub 560 mm. Die Maschine leistet – mit Dampfniederschlagung arbeitend und zwar auf
der Ausstellung unter Anschluss an die Sammelniederschlagung – bei einer
Eintrittsspannung von 13 kg/qcm absolut und 140 minutlichen Umdrehungen,
entsprechend einer Kolbengeschwindigkeit von
\frac{0,56\,\times\,140}{30}=2,613 m/Sek.
– mit der gewöhnlichen Betriebsfüllung von 18 v. H. 570 PSe, welche Kraft mit einer Füllung von 25 v. H. bis
auf die Höchstleistung von 710 PSe zu steigern
ist.
Textabbildung Bd. 317, S. 606
Fig. 59. Stehende Verbundmaschine von Rob. Spies Fr. Sohn.
Bei einer Leerlaufarbeit von 90 PS ergeben sich 480 PSe für die gewöhnliche Betriebsleistung bezw. 620 PSe für die Höchstleistung und stellt sich der
maschinelle Wirkungsgrad auf η = 0,847 bezw. 0,870.
Der Dampfverbrauch beträgt beim gewöhnlichen Betrieb 7,3 kg für 1 PSi und Stunde.
Die Maschine (Fig. 59 und 60) baut sich auf einem zweiteiligen Grundrahmen auf, bei welchem jeder
Teil mit zwei Lagerkörpern zusammengegossen ist. Die Verbindung ist mittels starker
Flanschen und Schrauben – davon ein Teil als Führungsschrauben – hergestellt. Diese
Teilung geschah einerseits wegen des leichteren Formens bezw. des geringeren
Gefahrlaufens beim Giessen, sodann sprach auch das leichtere Verbringen von Ort zu
Ort mit.
Der Gesamtrahmen ist fest und sicher mit seinen Mulden, von welchen die beiden
Endmulden als Kurbelgruben dienen, ins Grundgemäuer eingelassen und durch acht
Schraubbolzen von je 60 mm Durchmesser und entsprechender Länge mit demselben
in zuverlässigster Weise verankert.
Auf dem Rahmen befindet sich ausser den Arbeitsflächen für die Ständer noch eine
weitere Aufsatzflansch für den Reglerfuss und zwar je hälftig auf jedem Rahmenstück;
um diese Aufsatzflansch ist dann ein warm aufgezogener Schrumpfring herumgelegt.
Zwei starke gusseiserne Ständer mit breiten kräftigen Fussflanschen erheben sich auf
dem Rahmen – je einer auf einer Rahmenhälfte – und tragen auf ihren kronenartigen
Kopfflanschen die Dampfcylinder. Die Vorderseiten der Ständer sind unmittelbar als
Gleitbahnen für die Kreuzköpfe ausgebildet.
An den vorderen Kranzteilen der Kopfflanschen sind – die Ständer durch starke
gusseiserne Stützsäulen auf den Grundrahmen abgestützt; diese Stützsäulen, welche
oben und unten mit Ansätzen geführt sind, müssen mit den Ständern zusammen eingebaut
werden. Die Kopfflanschen selbst sind untereinander, sowohl vornen wie hinten, an
den Ständern durch Verblendstücke verbunden, welche sich im Querschnitt an die
ersteren anschliessen und dem ganzen oberen Tragrahmen ein recht ruhiges und
kräftiges Aussehen verleihen.
Die Cylinder haben Dampfmäntel, welche mit den Schiebergehäusen in einem Stück
gegossen und über die eigentlichen Cylinderbüchsen übergezogen, sowie mittels
Kupferringen abgedichtet sind.
Die Mantelheizung erfolgt durch den jedesmaligen Arbeitsdampf und ist abstellbar.
Der Abstand von Mitte bis Mitte Cylinder beträgt 2480 mm.
Die Schieber finden sich zwischen den Cylindern angeordnet und sind die
Schiebergehäuse mit vorspringenden Kästen versehen und dampfdicht miteinander
verflanscht, so dass zwischen den eigentlichen Gehäusen der Aufnehmerraum entsteht.
Im übrigen ist durch diese Anordnung die starre Verbindung gegen seitliche
Schwankungen erreicht, während für die Cylinder auf eine Nachgiebigkeit gegenüber
der Wärmeausdehnung verzichtet ist.
Umhüllung gegen Strahlungsverluste, sowie Ummantelung mit Stahlglanzblech sind auch
hier in der allgemein üblichen und sorgfältigen Weise ausgeführt.
Die Dampfkolben sind als Hohlkörper in Stahlguss hergestellt und möglichst passend,
entsprechend der stehenden Anordnung, in die Cylinder eingepasst.
Der Hochdruckkolben ist mit drei, der Niederdruckkolben mit zwei selbstspannenden –
sogen. schwedischen – gusseisernen Liderungsringen versehen; diese Liderungsringe
selbst gleiten beim Arbeiten der Maschinen oben und unten, etwa 1 mm über die
Cylinderbüchsen hinaus, um so jede Ansatzbildung zu vermeiden.
Die Kolben haben in ihren Totlagen oben einen Spielraum von 7 mm, unten einen solchen
von 10 mm gegen die Deckel.
Die Kolbenstangen haben 100 mm Durchmesser und sind mit den Kolben in der
üblichen Weise durch Kegelansatz und Mutter verbunden. Die Stangen sind durch die
oberen Deckel mit einem Durchmesser von 70 mm hindurchgeführt; mit den Kreuzköpfen
sind sie durch starke Stahlkeile verbunden.
Die unteren Stopfbüchsen – also diejenigen der eigentlichen Kolbenstangen – haben als
Zahnräder ausgebildete Muttern, welche alle in einen innen liegenden losen Zahnkranz
fassen, so dass beim Drehen einer Mutter alle übrigen zwecks gleichmässigen
Anziehens mitdrehen.
Die Kreuzköpfe sind aus Stahl hergestellt und haben Stahlzapfen von 150 mm
Durchmesser bei 220 mm Länge. Die Kurbelstangen umfassen die Kreuzköpfe mit sehr
starken Gabeln. Das Verhältnis der Kurbelstangenlänge zum Kurbelhalbmesser ist 5 :
1. Die Durchmesser der Kurbelstangen betragen 130 bezw. 180 mm.
Die Kurbelwelle ist mit den Kurbeln samt ihren Wangen aus einem Stück hergestellt.
Per Wellendurchmesser beträgt 111 den Lagern 240 mm, im freitragenden Ende zwischen
den beiden inneren Lagern 280 mm. Die Kurbeln sind uni 98° versetzt, die
Kurbelzapfen haben 240 mm Durchmesser bei 240 mm Lauflänge.
Kolbenstangen, Kurbelstangen und Kurbelwelle sind aus bestem Siemens-Martin-Stahl
hergestellt.
Die Kurbellager haben im äusseren Lager an der Hochdruckseite 500 mm Lauflänge und
das dem Maschinenraum zugewendete Lagerende ist mit Oelabstreifring und Spritzring
ausgebildet. Die zwei inneren Lager haben je 440 mm Lauflänge. Das äussere Lager auf
der Niederdruckseite hat 550 mm Lauflänge und ist als Ringschmierlager mit drei
Ringen ausgebildet; das dem Maschinenraum zugewendete äussere Lagerende hat auch
hier den Oelabstreifring sowie den Spritzring. Die Lagerschalen sind zweiteilig und
sämtlich mit Weissmetall ausgegossen.
In gleicher Weise sind die Lagerschalen der Kurbelzapfen mit Weissmetall ausgegossen,
jährend diejenigen der Kreuzkopfzapfen aus Phosphorbronze hergestellt und durch
einen Keil nachstellbar sind.
Hoch- und Niederdruckcylinder sind durch Kolbenschieber gesteuert und zwar sind die
Gewichte derselben, einmal mit Rücksicht auf die hohe Umdrehungszahl, sodann auch,
um das Steuergestänge nicht unnötig zu belasten, durch oben angebrachte Gegenkolben
nach Möglichkeit ausgeglichen, so dass das Steuergestänge nur den eigentlichen
Reibungswiderstand der Schieber in den Gehäusen zu überwinden hat.
Der Hochdruckcylinder hat einen äusseren Grundschieber und einen inneren
Ausdehnungsschieber mit Dampfkanälen Bauart Rider und
innerer Dampfeinströmung.
Jeder Schieber hat sein besonderes Exzenter nebst
Gestänge und wird der Ausdehnungsschieber von dem Federregler derart durch
Verdrehung bethätigt, dass er in entsprechender Weise die Dampfeinströmung durch den
Grundschieber früher oder später absperrt.
Der Niederdruckcylinder hat einfachen Kolbenschieber, doch ist bei demselben von
der inneren Einstömung Abstand genommen.
Die Stopfbüchsen der Schieberstangen haben hier also in beiden Fällen nur gegen den
Dampfdruck im Aufnehmer dicht zu halten.
Alle Schieber laufen in besonders eingesetzten Büchsen.
Der Regler, der – wie schon oben erwähnt – genau in Mitte des Grundrahmens seine
Aufstellung fand, wird von der Kurbelwelle aus durch zwei Kegelräderpaare und einer
von der Welle aus schräg nach oben gelagerten Zwischenwelle angetrieben.
Textabbildung Bd. 317, S. 607
Fig. 60. Stehende Verbundmaschine von Rob. Spies Fr. Sohn.
Bei der Zuführung des Frischdampfs ist mit grosser Sorgfalt vorgegangen; oben am
Schieberkasten ist ein Absperrventil – ein sogen. Daelen-Ventil – angeordnet, bei welchem in dem gewöhnlich lose auf der
Spindel sitzenden Hauptventilkegel ein kleines Hilfsventil angeordnet ist, dessen
Oeffnen bezw. Schliessen mittels Handrades und Spindel das selbstthätige Oeffnen
bezw. Schliessen des Hauptventils veranlasst.
Es sei hier noch erwähnt, dass die Ventilspindel durch eine genügend weit
herabhängende Schutzhülse – ähnlich einem umgekehrten Säulenfuss – geführt ist.
Ferner ist unmittelbar vor dem Wasserabscheider, der hier eine recht empfehlenswerte
Abmessung hat und der unmittelbar hinter dem Ständer des Hochdruckcylinders auf dem
Fussboden des Maschinenhauses aufgestellt ist, unter Flur ein zweites Absperrventil
in die Rohrleitung eingeschaltet, welches ausser zum Abschliessen bei Stillstand der
Maschine vornehmlich zur Drosselung und richtiger Einstellung der Dampfspannung
benutzt wird.
Bei der Abdampfleitung ist ebenfalls gleich unter
Flur in der Rohrgrube an der Maschine ein Abdampfschieber eingeschaltet, dessen
sofortige Absperrung bei Stillstand das Uebertreten von Wasser aus der
Sammelniederschlagung in die Luftleere des Niederdruckcylinders verhindern soll.
Für die Schmierung der beweglichen Teile sind an den beiden Cylinderumkleidungen je
ein Oelverteilungskasten mit sichtbarer Tropfschmierung angebracht. Die Schmierung
der Cylinder erfolgt durch besondere Oelvasen von den oberen Cylinderdeckeln her,
alle übrigen Teile haben sichtbare Tropfölung mit augenblicklicher Abstellung.
Der Entwässerung der Cylinder, des Aufnehmers, der Dampfdurchgänge u.s.w. ist in
ausgiebigster Weise Rechnung getragen.
Für die leichte Bedienung und Zugänglichkeit aller notwendigen Teile führt einmal
etwas oberhalb der kronenartigen Kopfflansch eine durch Geländer geschützte
Laufbühne rings um die ganze Maschine herum, die von rückwärts durch eine Leiter
zugänglich gemacht ist, sodann ist vorne zwischen den Stützsäulen eine niedere
Laufbühne – in einer Höhe von etwa 1000 mm über Fussboden des Maschinenhauses –
ebenfalls durch eine kurze Leiter besteigbar, angeordnet, auf deren hinterem
Geländer sich auch die drei Druckzeiger angebracht finden.
Auf der Ausstellung ist die Maschine durch Flanschenkuppelung unmittelbar an eine
Drehstromdynamo Type DG 350 – einer sogen. Schwungraddynamo – der Elektrotechnischen Fabrik Rheydt, Max Schorch und Cie.
Aktiengesellschaft Rheydt angeschlossen, deren Magnetrad der Maschine als
Schwungmasse dient.
Die Leistung dieser Dynamo beträgt bei einer Spannung von 5000 Volt zwischen zwei
Phasen und 100 Polwechseln minutlich bei 140 minutlichen Umdrehungen 350 Kilo-Watt.
Der Durchmesser des Polrades beträgt 3,5 m und die Umfangsgeschwindigkeit 25,6 m/Sek. oder 92,16
km stündlich. Das Gewicht der Dynamo ist 28000 kg, wovon ein grosser Teil auf das
Polrad entfällt.
Das Werk von Rob. Spies Fr. Sohn wurde erst im Jahre
1891 gegründet und verwendet heute in seinem Betrieb 100 PS an Dampfkraft. Im
Jahre 1900 wurden 130 Arbeiter beschäftigt. Die Erzeugnisse des Werkes umfassen
Dampfmaschinen, Wellenleitungsanlagen, Trockenanlagen, Dämpfmaschinen,
Gassengmaschinen, Wasserkraftpressen, Kreiselpumpen und Gebläse, Gegenstromvorwärmer
u.s.w.; in der Giesserei werden Maschinengussteile nach Modell und Schablone bis zu
einem Einzelgewicht von 30000 kg hergestellt, ausserdem Zahnräder und
Riemenscheiben, Bauguss, hochfeuerbeständige Hartgussroststäbe, Stempelplatten und
Siebplatten der Kollergänge für Ziegeleien, sowie Einrichtungen für das chemische
Grossgewerbe. Alle diese Erzeugnisse finden ihr Absatzgebiet in Deutschland,
Russland, Italien und Spanien.
Textabbildung Bd. 317, S. 608
Fig. 61. Stehende Verbundmaschine von Gebr. Meer.
Gebr. Meer in M.-Gladbach stellen in der Betriebsanlage
eine stehende Verbundmaschine mit Ventilsteuerung nach Patent Lentz ausAuf der Ausstellung in Paris, wo diese Steuerung an einer liegenden
Verbundmaschine von 1000 PS der Ersten Brünner
Maschinenfabrik Aktiengesellschaft in Brunn ausgeführt war, fand
dieselbe den Beifall vieler Ingenieure. Siehe hierzu auch D. p. J. 1901 316
37..
Die Maschine (Fig. 61) hat im Hochdruckcylinder 450
mm, im Niederdruckcylinder 725 mm Bohrung, der gemeinsame Hub beträgt 450 mm. Bei
einer Eintrittsspannung von 12 kg/qcm absolut und entsprechender Füllung im
Hochdruckcylinder leistet die Maschine mit 200 minutlichen Umdrehungen oder einer
Kolbengeschwindigkeit von
\frac{0,45\,\times\,200}{30}=3,0 m/Sek.
– wenn mit Dampfniederschlagung gearbeitet wird – im
regelmässigen Betrieb 350 PSe, als Höchstleistung
400 PSe. Die Maschine ist im vorliegenden Fall
ebenfalls an die Sammelniederschlagung angeschlossen.
Die beiden stark gebauten gusseisernen Ständer sind mit der einteiligen Grundplatte
und ihren drei Kurbellagern in einem Stück hergestellt und bilden zusammen ein sehr
standfestes Ganze, das mit dem Grundgemäuer in zuverlässigster
Weise verbunden ist. Zwischen den beiden äusseren Kurbellagern und dem dritten
mittleren sind in der Grundplatte zwei gesonderte Kurbelgruben ausgebildet.
Die Köpfe beider Ständer sind zu einer gemeinsamen Flansch, zusammengegossen, welche
für die Durchführung der Kolbenstangen mit zwei Aussparungen von je 460 mm
Durchmesser versehen ist. Aus dieser gemeinsamen Mansch heraus erheben sich die
eigentlichen Tragflanschen der beiden Cylinder; erstere fängt die seitlichen
Schwankungen ab, sie ist am Umfang mit einer scharfkantigen Winkelwulst versehen und
gegen die Grundplatte durch zwei entsprechend starke Stahlsäulen mit abgeflachten
Seiten abgestützt.
Leichte Uebersichtlichkeit und Zugänglichkeit der Triebwerksteile, sowie ein durchaus
fester Stand sind durch diese Anordnung erreicht.
Die Dampfcylinder sind jeder mit ihren oberen und unteren Ventilkästen in einem Stück
gegossen, und jeder für sich auf seiner Tragflansch aufgesetzt; sie können also den
Wärmeausdehnungen in entsprechender Weise folgen. Die oberen und unteren
Ventilkästen sind mit einem angegossenen Einkleidungsmantel versehen, in welchem nur
seitlich eine grosse Aussparung vorhanden ist, durch welche die Steuerungsteile
zugänglich sind.
Die Cylinder sind im vorliegenden Fall ohne Dampfmäntel und ohne Einbüchsungen
ausgeführt; die Verwendung des bis auf 300° C. überhitzten Dampfes im
Hochdruckcylinder ist in gebührender Weise berücksichtigt.
Gegen Strahlungsverluste musste bei dieser Maschine, wo beide Cylinder fast
vollständig frei stehen – auch die Ventilkästen beginnen erst am Cylindermantel
hüben und drüben am Ende des Kolbenweges –, durch möglichst sorgfältige Umhüllung
vorgegangen werden.
Für ein sauberes äusseres Gepräge sorgt auch hier die Ummantelung mit
Stahlglanzblech, sowie zweckentsprechende Deckel- und Bodenflanschen, die im
Zusammenhang mit der vorerwähnten Einkleidung der Ventilkästen dem ganzen oberen
Teil ein abgeschlossenes empfehlendes Aussehen verleihen.
Die Kolben sind als Hohlkörper mit etwas eingebuchtetem Boden gebaut und mit
gusseisernen Liderungsringen versehen. Die Kolbenstangen haben 80 mm Durchmesser und
sind mit den Kreuzköpfen durch Stahlkeile verbunden.
Die Kreuzköpfe sind aus Stahl hergestellt und die Zapfen haben 100 mm Durchmesser bei
170 mm Länge. Jeder Kreuzkopf wird von der gegabelten Kurbelstange umfasst, deren
Gabel eine gefällige nur selten beobachtete gestreckte Gestalt hat, die Arme der
Gabel bilden miteinander einen Winkel von etwa 46°.
Das Verhältnis der Kurbelstangenlänge zum Kurbelhalbmesser ist 5 : 1; die Abmessungen
der Kurbelstangen selbst sind reichlich gehalten.
Die Kurbelwelle hat in den beiden vorderen Lagern 200 mm, an dem Ende des
Niederdruckcylinders, wo die Kuppelung mit der Dynamo stattfindet, 220 mm
Durchmesser.
Auf den vier Kurbelwangen sitzen, warm aufgeschrumpft, gusseiserne kreisrund
gehaltene Kurbelflanschen, um einer Ausgleichung der Gewichte in den hin und her
gehenden Massen Rechnung zu tragen. Die Kurbeln sind um 120° versetzt. Die
Kurbelzapfen haben 200 mm Durchmesser bei 200 mm Lauflänge.
Die Kuppelungsflansch am freitragenden Wellenende ist angeschmiedet, das Wellenende
selbst hat 240 mm Durchmesser.
Kolben- und Kurbelstangen, sowie die Kurbelwelle sind aus bestem Siemens-Martin-Stahl
erstellt.
Die Kurbellager haben eine Lauflänge von 450 mm, die Lagerschalen sind mit
Weissmetall ausgegossen, das gleiche ist bei den Lagerschalen der Kurbelzapfen der
Fall, während die Lagerschalen der Kreuzkopfzapfen aus Phosphorbronze hergestellt
sind und mittels einer starken Kopfschraube mit Gegenmutter nachgestellt werden.
Die Steuerungsventile sind doppelsitzig und werden durch Exzenter von der Kurbelwelle
aus bethätigt.
Beide Einlass- sowie beide Auslassventile der zwei Cylinder liegen jedesmal
unmittelbar übereinander und werden durch nur ein Exzenter bethätigt, so dass für
die vier Ventile eines Cylinders zwei Exzenter vorhanden sind und für beide
Cylinder vier.
Für die Einlassventile der Hochdruckseite ist das Pendel des Achsenreglers als
Exzenterscheibe ausgebildet, auf welcher der Exzenterbügel unmittelbar angeordnet
ist, so dass also der Regler ohne jedes weitere Zwischenglied durch diesen letzteren
samt seiner Stange die betreffenden Steuerungsteile beeinflusst.
Die drei weiteren Exzenterscheiben – sowohl das Exzenter für die Auslassventile der
Hochdruckseite, sowie die beiden auf dem entgegengesetzten Maschinenende gelegenen
Exzenter für die Einlass- und Auslassventile der Niederdruckseite – sind auf der
Kurbelwelle von Hand verstellbar.
Bei den Auslassventilen hat die dem Steuerknaggen zunächst liegende Sitzfläche
grösseren Querschnitt als die andere Sitzfläche und werden diese Ventile daher durch
Dampfüberdruck in Schluss gehalten. Aus diesem Grunde ist nur eine schwache
Spiralfeder für die zwangläufige Führung dieses Steuerungsmittels erforderlich. Die
Herstellungsweise dieses Ventils ist unter D. R. P. Nr. 106248 ujd Nr. 116120
geschützt.
Der bereits oben erwähnte Achsenregler (D. R. P. Nr. 112610) für die Beeinflussung
der Einlassventile der Hochdruckseite ist einpendelig und mit einem Trägheitsring
versehen, und kommt bei demselben nur eine einzige kreisförmige Biegungsfeder zur
Anwendung.
Um nun zu zeigen, in welch einfacher Weise bei diesem Regler die Aenderung der
Umdrehungszahl während des Ganges der Maschine durchzuführen ist, wurde derselbe mit
einem Handrade ausgerüstet, durch welches mittels Zahnstange und Kegelräder die
Biegungsfeder derartig gespannt wird, dass die Umdrehungszahl des regelmässigen
Betriebes jederzeit um + oder – 5 v. H. verändert werden kann.
Die Ventilspindeln sind ohne jede Packung und ohne nachziehbare Stopfbüchse gegen den
Dampfdruck nach einem Verfahren, welches durch D. R. P. Nr. 108649 geschützt ist,
abgedichtet.
Nach diesem Verfahren sind die Spindeln mit einer Anzahl Querrillen versehen und
leicht schliessend in einer gusseisernen Büchse geführt.
Das vom Cylinder her durchdringende Gemisch von Oel und Wasser sammelt sich in diesen
Querrillen, um als selbstthätige Dichtung und Schmierung zu wirken. Für die
Ableitung dieses sich ansammelnden Gemisches ist gegen Ende der Büchse eine
besondere Eindrehung in derselben vorgesehen, von welcher aus ein kleines Röhrchen
das überflüssig gewordene Gemisch fortführt.
Durch diese Abdichtung ist ein leichter Gang der Spindeln bei einer denkbar
geringsten Reibung möglich und ein Hängenbleiben der Ventile vollständig
ausgeschlossen, die minutliche Umdrehungszahl kann daher anstandslos bis auf 300
gesteigert werden, was einer Kolbengeschwindigkeit von 4,5 m/Sek.
entspricht.
Die Kolbenstangen sind ebenfalls nach einem zum Patent angemeldeten Verfahren
abgedichtet. Die Dichtungsringe bestehen nur aus Gusseisen, sind beweglich und
brauchen nicht nachgezogen zu werden, es genügt also ein leichter äusserer
Verschlussdeckel.
Auch hier ist die Drosselung und Niederschlagung des Dampfes durch dia Ausführung der
Packungsringe erreicht und die Mischung von Wasser und Oel – wiederum vom Cylinder
her durchtretend – dichtet ab.
Die Abführung des überflüssig gewordenen Gemisches geschieht hier durch ein Röhrchen,
welches von einer gegen Ende der Büchse vorgenommenen Eindrehung im äusseren
Packungsraum ausgeht.
Die Schmierung sämtlicher bewegter Teile ist mit möglichster Sorgfalt durchgebildet
und sind alle Teile leicht zugänglich und können bei dauerndem Betrieb jederzeit
bedient werden.
Eine achtstufige Schmierpumpe Bauart Lentz – ebenfalls
D. R. P. – bewirkt in ausgiebigster Weise die sorgfältige Schmierung der Hoch- und
Niederdruckcylinder (je zwei Schmierstellen), der Gleitbahnen der Kreuzköpfe (je
eine Schmierstelle) sowie der Kreuzkopfzapfen für beide Rahmen (je eine
Schmierstelle).
Die Schmierung der Kurbelzapfen geschieht vom Oeltopf auf dem mittleren
Kurbellagerdeckel aus durch Oelfangringe und die Verwendung der Fliehkraft. In
ähnlicher Weise werden auch die drei fest aufgekeilten Exzenter sowie der
Achsenregler samt dem losen Exzenter geschmiert.
Um ein Herumspritzen des Oeles zu verhüten und Spritzbleche möglichst zu vermeiden,
welche nur die beweglichen Teile bedecken und dadurch die Beaufsichtiguüg der
Maschine erschweren, sind die weitgehendsten Vorsichtsmassregeln getroffen, so sind
z.B. an den Schalen der Kurbellager, sowie an den Kurbelwangen Spritzringe
vorgesehen; auch sind die Kurbelwangen ganz von halben oberen Schutzringen
überdeckt. Für die Abführung des verbrauchten Oeles sind die Kurbelgruben jede für
sich mit einer Rohrleitung versehen, an welche die Ableitung aus dem Schutzkasten
des Achsenreglers u.s.w. angeschlossen sind.
Zwecks Bedienung der Steuerungsteile sind dieselben an den Aussparungen der
Einkleidung durch Leitern zugänglich gemacht, welche an beiden Enden der Maschine
von rückwärts begehbar angeordnet sind.
Auf der Ausstellung ist die Maschine mittels Kuppelflansch unmittelbar mit einer
Gleichstromdynamo Type G 250,200 der Elektrotechnischen
Fabrik Rheydt, Max Schorch und Cie. Aktiengesellschaft, gekuppelt.
Die Leistung dieser Dynamo beträgt im ordnungsmässigen Betrieb 250 Kilo-Watt bei 550
Volt Spannung und 200 minutlichen Umdrehungen. Die Anzahl der Pole ist 12 und das
Gewicht der Dynamo allein 15000 kg.
An der ganzen Maschine mit ihrer – infolge der Anordnung der Ventilkästen – hohen
Ummantelung, an welcher beim ersten Hinblick nur die unter dem Namenschild
angeordneten drei Druckzeiger auffallen, sieht man eigentlich nur die gleitende
Bewegung der Kreuzköpfe, sowie die umlaufende der Kurbelstangenköpfe, zu
welchen dann noch die geringe Bewegung der vier Exzenter und ihrer Stangen
hinzukommt.
Die Steuerungsteile durch ihre Einfachheit und ihre geringe Bewegung, die
Kurbelwangen mit ihren kreisrunden Kurbelflanschen und feststehenden Schutzringe,
der Achsenregler mit seiner feststehenden Verkleidung verleihen der Maschine trotz
der hohen Umdrehungszahl einen ruhigen Eindruck.
Die Stopfbüchsendeckel liegen ziemlich im Inneren der unteren Kopfflansch. Dazu kommt
der sonstige Aufbau mit der gefällig geformten Grundplatte sowie den zierlichen aber
festen Stahlstützen, um dieser Maschinenanlage – wie schon vorher angeführt – ein
empfehlendes Ansehen zu verleihen, namentlich wenn andere gleich starke Maschinen
damit in Vergleich gezogen werden.
Der äusserst geräuschlose Gang ist ja etwas, worin die auf der Ausstellung
vertretenen deutschen Maschinenbauwerke ziemlich gleichmässig und erfolgreich
miteinander wetteifern.
Da das Schwunggewicht in der Dynamo für den in Betracht kommenden
Gleichförmigkeitsgrad der Dampfmaschine nicht ausreicht, so ist auf der
angekuppelten Dynamowelle ein zweiteiliges Schwungrad von 2500 mm Durchmesser, 250
mm Breite und 270 mm Bohrung aufgekeilt, welches aber bei anderen Ausführungen
seinen Platz auf dem freitragenden Ende der Kurbelwelle selbst findet.
Wir erwähnen noch, dass das Werk von Gebr. Meer !uf der
Ausstellung noch eine liegende Einzylindermaschine mit Ventilsteuerung gleicher
Bauart ausgestellt hat, die mit einem Tandemluftkompressor unmittelbar angekuppelt
ist. Auf diese Maschine werden wir an anderer Stelle zurückkommen.
(Schluss folgt.)