Titel: | Ueber die Berechnung der Schornsteine. |
Autor: | R. Leupold |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 637 |
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Ueber die Berechnung der Schornsteine.
Von R. Leupold, Lehrer a. d. Ingenieurschule zu Zwickau.
Ueber die Berechnung der Schornsteine.
Der Schornstein einer Feuerungsanlage hat einen doppelten Zweck: einerseits soll
er Luft in den Verbrennungsraum schaffen, und andererseits soll er die
Verbrennungsprodukte, nachdem sie soviel als möglich von ihrer Wärme an die
Kesselwandungen abgegeben haben, einschliesslich der während der Verbrennung
überschüssig zugeführten Luftmenge in die freie Atmosphäre abführen.
Dieser doppelte Zweck wird dadurch erreicht, dass man den Schornstein als Röhre von
gewisser Höhe ausbildet. Da die Temperatur der Gassäule in dieser Röhre eine höhere,
ihre Pressung dagegen eine geringere ist als die der äusseren Luft in gleicher
Hohe mit dem Rost, und an der Schornsteinmündung die Heizgase spezifisch leichter
sind als die äussere Luft, so werden die ersteren in die letztere entweichen.
Damit aber ein Schornstein seinen Zweck erfüllt, müssen lichte Weite und Höhe richtig
bemessen werden. Weil ferner der Schornstein als freistehendes Bauwerk ausgeführt
wird, sollen seine Wandungen so stark sein, dass er von den stärksten, an seinem
Ausführungsorte vorkommenden Stürmen nicht umgeworfen wird. Wir können somit bei
einem Schornstein – es sollen hier nur solche aus Ziegelmauerwerk betrachtet werden
– zwei Berechnungen unterscheiden, von
welchen die eine die Bedingungen eines guten Zuges und die andere die
Stabilitäts- und Festigkeitsverhältnisse zu ermitteln hat.
Hinsichtlich des ersten Teiles kann von einer mathematisch genauen Theorie aus dem
Grunde nicht die Rede sein, weil sich viele dabei in Betracht kommende Grössen eben
nicht mathematisch genau, sondern nur schätzungsweise ermitteln lassen, z.B. die
Abnahme der Temperatur der Heizgase infolge von Wärmeabgabe an die Heizflächen des
Kessels oder die Wände des Kesselmauerwerks und des Schornsteins etc., oder die
geringe Wärmezunahme, hervorgerufen durch die Reibungswiderstände in den Kanälen und
überall da, wo infolge mehr oder minder plötzlichen Richtungswechsels der Kanäle
durch Stösse und Wirbel eine gewisse lebendige Kraft der Heizgase in Wärme umgesetzt
wird.
Wollen wir also eine Theorie des Schornsteinzuges aufstellen, dann werden wir
natürlich auf die Hilfe der mechanischen Wärmetheorie nicht verzichten können, nur
muss dann die Theorie durch Erfahruncskoeffizienten korrigiert werden. Von diesem
Standpunkt aus hat H. v. Reiche, weiland Professor des
Maschinenbaues an der technischen Hochschule in Aachen, in seinem bekannten Werke
„Anlage und Betrieb der Dampfkessel“ Formeln entwickelt, die jedes
bessere technische Taschenbuch mitteilt. Er findet
d = 0,1 B0,4. . . . .
. . . (1)
worin bedeutet:
d den lichten Durchmesser an der Mündung in m und
B die Brennmaterialmenge in kg, die unter der
Kesselanlage per Stunde verfeuert wird.
Für die Schornsteinhöhe über dem Rost giebt H. v. Reiche
an:
H_0=0,00277\,\left(\frac{B}{R}\right)^2+6\,d . . . . . (2)
Hierin ist \frac{B}{R} das Verhältnis der Brennmaterialmenge zur Rostfläche, welches
bei einem Kessel ganz genau das gleiche ist, wie bei n
Kesseln, vorausgesetzt natürlich, dass die zu einer Anlage vereinigten n Kessel von ein und derselben Konstruktion sind.
In beiden Formeln (1) und (2) ist Rücksicht genommen auf eine Betriebsvergrösserung
der Anlage um 30 %.
L. Vogt, Ober-Ingenieur des Barmer
Dampfkesselrevisions-Vereins entwickelt in der Zeitschrift des internationalen
Verbandes der Dampfkesselüberwachungs-Vereine vom Jahre 1896 auf Seite 90 seine
Formeln in der folgenden Weise:
Ist f der Mündungsquerschnitt in qm und c die Geschwindigkeit der Heizgase in m, dann ist das
die Mündung pro Sekunde durchströmende Gasvolumen = fc.
Ist V das auf 0° C
reduzierte Volumen der Heizgase, die aus 1 kg Brennmaterial per Stunde entstehen, so
ist dasselbe natürlich bei B kg B mal so gross und beträgt pro Sekunde \frac{B\,\cdot\,V}{3600}. Bei t° C nimmt dieses Volumen
dann einen Raum ein von
\frac{B\,\cdot\,V}{3600}\,\left(1+\frac{t}{273}\right).
Somit ergiebt sich die Gleichung
f\,c=\frac{B\,\cdot\,V}{3600}\,\left(1+\frac{t}{273}\right)
woraus folgt:
f=\frac{B\,\cdot\,V}{3600\,c}\,\left(1+\frac{t}{273}\right).
. . . . . . . (3)
Für die Nutzhöhe des Schornsteins über dem Rost giebt Vogt die empirischen Formeln an:
\left{{\underset{\mbox{wenn }d\,\leq\,2,5\mbox{ m}}{H_0=25\mbox{ bis }30\,d}}\atop{\underset{\mbox{wenn }d\,>\,2,5\mbox{ m}}{H_0=20\,d}}}\right\}\
.\ .\ .\ .\ .\ (4)
Strupler. Ober-Ingenieur des Züricher
Dampfkesselrevisions-Vereins, empfiehlt in der Zeitschrift des Vereins Deutscher
Ingenieure vom Jahre 1894 S. 970 bei den gewöhnlichen Kesseln und Rostsystemen,
insbesondere bei Steinkohlen, die folgenden Verhältnisse des lichten
Schornsteinquerschnittes f zur totalen Rostfläche R:
Bei„„„„„„
4 u. 6 u. 7 u.8, 9 u.
1 Kessel 2 Kesseln 3 Kesseln 5 „ 7 „ 8 „10 „
\frac{f}{R}=\frac{1}{4}
\ \ "\ \ =\frac{1}{5}
\ \ "\ \ =\frac{1}{6}
\ \ "\ \ =\frac{1}{7}
\ \ "\ \ =\frac{1}{8}
\ \ "\ \ =\frac{1}{9}
\ \ "\ \ =\frac{1}{10}
. . . (5)
Für die Nutzfläche des Schornsteins giebt Strupler
an:
H0 = 6 ∛F . . . . . . . . . . . (6)
worin F die Gesamtheizfläche
bedeutet.
Textabbildung Bd. 317, S. 637
Fig. 1.
Ehe zur Festigkeitsberechnung der Schornsteine geschritten wird, möge versucht werden
klar zu machen, wie die Grösse des Winddruckes auf einen Schornstein von rundem
Querschnitt zu berechnen ist. Es sei zu diesem Zwecke in Fig. 1
XX eine durch die Schornsteinachse gelegte
Vertikalebene, senkrecht zur Windrichtung YY. Von dem
ganzen Schornstein sei ein Ringstück von der Höhe 1 beachtet. Ist α der Winkel, welchen das Ringelement mn mit der Windrichtung einschliesst, so ist der Winkel
mCB ebenfalls = α. Ist
dα das Differential von α, dann ist das Ringelement mn = rdα, und in
dem unendlich kleinen Dreieck mn o ist n o als Projektion von m n
auf die Horizontale = mn sin α = r sin α dα. Das Ringelement mn wird somit unter dem Winkel a von einem
Luftstrom getroffen, welcher den Querschnitt r sin α dα
hat. Wenn nun ein Luftstrom auf eine senkrecht zu seiner Richtung aufgestellte
Fläche von der Höhe 1 wie 1 und der Breite 1 einen Druck von k Kilogrammen ausübt, dann muss derselbe Luftstrom auf eine Fläche von der
Höhe 1 und der Breite r sin α
dα unter der gleichen Bedingung die Pressung kr sin
α dα ausüben. Da aber dieser Luftstrom das Ringelement unter dem Winkel α trifft, so zerlegt sich seine Kraft in zwei
Componenten, wovon die eine senkrecht auf dem Element mn steht und die andere damit parallele, wenn von der Luftreibung am
Mauerwerk abgesehen wird, wirkungslos abgleitet. Die senkrechte Componente hat die
Grösse kr sin2
a dα. Links von der Verticalebene YY ist ein zu mn
symmetrisch liegendes Ringelement m'n' vorhanden, für
welches sich gleichfalls eine radial wirkende Componente kr
sin2
a dα ergiebt. Diese beiden Radial-Componenten
verschieben wir bis zum Mittelpunkt C und zerlegen sie
dort nach den beiden auf einander senkrechten Richtungen XX und YY. Die in XX fallenden Componenten, von denen jede = kr
sin2
α cos α dα ist, heben sich als entgegengesetzt auf. Die
in YY liegenden summieren sich als gleichgerichtet;
jede ist = kr sin3
α dα. Ist CD eine dieser
beiden, so stellt CE = 2 CD ihre Summe dar. Die Resultante sämtlicher auf den Halbkreis über XX wirksamen Winddrücke wird daher gefunden, wenn wir
bilden:
W=kr\,\int_0^\pi\,sin^3\,a\,d\,a=kr\,\int_0^\pi\,(sin\,a-cos^2\,a\,sin\,a)\d\,a
=kr\,\left[\frac{1}{3}\,cos^3\,a-cos\,a\right]_0\pi=\frac{4}{3}\,kr=\frac{2}{3}\,k\,d . . (7)
worin also d den Ringdurchmesser
bedeutet.
Gegen die Zulässigkeit dies%r rein statischen Betrachtungsweise könnten nun aber
Zweifel erhoben werden; denn wir haben es hier doch nicht mit ruhenden Kräften,
sondern mit bewegten Massen, also Energieen zu thun. Die am Schornstein abgleitenden
Luftteilchen werden z.B. die auf sie treffenden an der Entfaltung der vollen
Druckwirkung hindern. Wegen der vollkommenen Elastizität des auf einander prallenden
Materiales (Luft) wird dieser ausser Acht gelassene negative Betrag sich
wahrscheinlich nicht viel unterscheiden von dem ebenfalls ausser Acht gelassenen
positiven der Reibung. Schliesslich müsste auch die saugende Wirkung der
abgleitenden Luftteilchen und die dadurch hervorgerufene Wirbelbildung
berücksichtigt werden. Alle diese Einflüsse sind aber so gering, dass der oben für
Zylinderflächen abgeleitete Koeffizient \frac{2}{3}=0,667 sich in der That auch aus
sorgfältig ausgeführten Beobachtungen ergeben hat, die von Prof. Pinzger angestellt wurden. (Siehe den Vertrag von
Bastine in der Zeitschr. d. V. d. J. 1897 S. 291). Wenn man nun ferner bedenkt, dass
unsere Schornsteine keine geraden Kreiszylinder, sondern Kegelstumpfe sind und dass
die über einen solchen Kegelstumpf ausgedehnte Integration des Winddruckes wegen der
wenn auch geringen Neigung der Mantelfläche noch einen etwas kleineren Wert also
\frac{2}{3} ergeben wird, so dürfte wohl der Koeffizient 0,667 volle Sicherheit
gewährleisten.
Für k hat man natürlich den grössten, am Bauplatz
voraussichtlich vorkommenden Winddruck einzusetzen. Nach einem Gutachten der Kgl.
Preuss. Akademie des Bauwesens soll es für deutsche Windverhältnisse genügen, k = 125 kg pro qm senkrecht gedrückter Fläche
anzunehmen. Mit Rücksicht aber darauf, dass auch im flachen Lande bei heftigen
Orkanen noch höhere Pressungen festgestellt worden sind, und die Materialspannungen
im Mauerwerk durch die pendelartigen Schwingungen, – wie man sie z.B. bei der hohen
Esse der Halsbrückener Hütte bei Freiburg während eines schweren Sturmes am 24.
Januar 1890 beobachtete –, vergrössert werden, geht man mit B bis zu 150 und 200 kg.
Textabbildung Bd. 317, S. 638
Fig. 2.
Es bedeute nun in bezug auf Fig. 2:
aa irgend einen Horizontalquerschnitt durch den
Schornstein,
W den gesamten Winddruck oberhalb dieses
Querschnittes.
w den Abstand des Schwerpunktes der Projektionsfläche
dieses Schornsteinteiles von der Ebene αα,
e den Abstand der äussersten Kanten dieses
Querschnittes von der Mitte.
F den Inhalt, und
J das Trägheitsmoment dieses Querschnittes, so betragen
die durch die biegende Kraft des Winddruckes an den Kanten a1 und a2 hervorgerufenen Zug- und Druckspannungen, wenn wir
dieselben mit sb
Fig. 2. bezeichnen
s_b=\frac{W_w}{\frac{J}{e}} . . . . . . . . . . (8)
Die durch das Eigengewicht G in beiden Kanten sowie im
ganzen Querschnitt hervorgerufenen Druckspannungen
s_G=\frac{G}{F} . . . . . . . . . . (9)
Als resultierende Spannung ergiebt sich in der Kante a1
s_1=\frac{G}{F}-\frac{W_w}{\frac{J}{e}} . . . . . . (10)
die sich als Druckspannung äussern wird, wenn
\frac{G}{F}\,<\,\frac{W_w}{\frac{J}{e}}
und in der Kante a2
s_2=\frac{G}{F}+\frac{W_w}{\frac{J}{e}} . . . . . . . . (11)
die natürlich stets Druckspannung ist.
Soll der Schornstein auch auf der vom Winde angeblasenen Seite nur Druckspannungen
erleiden, so muss für alle Querschnitte die Ungleichung erfüllt werden
\frac{G}{F}\,<\,\frac{W_w}{\frac{J}{e}} . . . . . . . . . . (12)
In Fig. 2 schneidet die Resultante R aus W und G die Querschnittsebenen αα im Abstande r von der Mitte. Dieser
Abstand r wird die Stützweite genannt, weil er den
Punkt bestimmt, auf welchen sich die Resultante aus W
und G gewissermassen stützt. Aus der Aehnlichkeit der
Dreiecke ergiebt sich nun
\frac{W}{G}=\frac{r}{w}
also Ww = Gr . . . . . . . . .
(13)
Mit Berücksichtigung dieses geht die Ungleichung (12) über in folgende
\frac{G}{F}\,<\,\frac{G\,r}{\frac{J}{e}} . . . . . . . . . . (12a)
und hieraus ergiebt sich
r\,>\,\frac{J}{e\,F} . . . . . . . . . . (14)
Der Quotient \frac{J}{e\,F} wird die Kernweite genannt und allgemein mit p bezeichnet. Er bestimmt den Kern des Querschnittes,
d. i. diejenige Figur, aus welcher der Angriffspunkt einer Druckkraft nicht
heraustreten darf, wenn alle Teile des Querschnittes nur Druckspannungen erleiden
sollen.
Die Bedingung dafür besteht also in der Ungleichung
r < p, Stützweite
kleiner als Kernweite . (14a)
Manche sich mit Schornsteinbau befassende Praktiker sehen die Kernweite oft als
gleichbedeutend mit der lichten Weite eines Schornsteins an. Das ist natürlich
grundfalsch; denn die Kern weite ist bei einem Kreisring ein Radius und die lichte
Weite ein Durchmesser. Diese Thatsache wird hier selbstverständlich nur aus dem
Grunde erwähnt, damit man bei Revisionsarbeiten vorkommenden Falles sein Augenmerk
darauf richte.
Aus Gleichung (13) folgt
r=\frac{W\,w}{G} . . . . . . . . . . (15)
worin sich der Schwerpunktsabstand w der Projektionsfläche, die ein Trapez ist, bekanntlich nach der
Gleichung bestimmt
w=\frac{a+2\,b}{a+b}\,\cdot\,\frac{h}{3}
wenn a die grosse, b die kleine und h die
Höhe des Trapezes bedeutet.
Für die Kernweite hat man, wie schon oben erwähnt, die Gleichung
p=\frac{J}{e\,F} . . . . . . . . . 16)
woraus folgt \frac{J}{e}=p\,F . . . . . . . . . (17)
Führen wir nun jetzt in die Gleichungen (10) und (11) Gr
an Stelle von Ww und pF an
Stelle von \frac{J}{e}, so ergiebt sich als kleinste Druckspannung, der dem Winde
zugekehrten Seite kurzweg als Luvseite bezeichnet
s_1=\frac{G}{F}\,\left(1-\frac{r}{p}\right) . . . . . . . (10a)
und als grösste Druckspannung der dem Winde abgekehrten Seite, kurzweg als
Leeseite bezeichnet
s_2=\frac{G}{F}\,\left(1+\frac{r}{p}\right) . . . . . . (11a)
Da der achteckige und der runde Schornstein wegen des geringeren Materialaufwandes,
geringeren Winddruckes und geringerer Reibung der Heizgase mehr als der viereckige
zur Ausführung kommen, so sei die folgende Tabelle der in den obigen Gleichungen
Anwendung findenden Werte mitgeteilt:
Querschnittsform
Achteck
Kreisring
Schwerpunktsachse parallel
einer Seite
einer Diagonale
Trägheitsmoment J
0,0547 (D4 – d4)
0,0547 (D4 – d4)
\frac{\pi}{64}\,(D^4-d^4)
Kantenabstand e
0,5 D
0,446 D
0,5 D
Querschnittsinhalt F
0,8284 (D2 – d2)
\frac{\pi}{4}\,(D^2-d^2)
Kernweite p
0,132\,\frac{D^2+d^2}{D}
0,122\,\frac{D^2+d^2}{D}
0,125\,\frac{D^2+d^2}{D}
Es soll nun an einem praktischen Beispiel die Anwendung des bis jetzt Vorgetragenen
gezeigt werden:
4 Wasserröhrenkessel, von denen jeder eine stündliche Dampfmenge von 1800 kg
entwickelt, sind zu einer Anlage vereinigt. Die Kessel sollen pro qm Heizfläche 20
kg Dampf entwickeln, also etwas mehr als massig angestrengt werden. Das
Brennmaterial sei Steinkohle von der folgenden Zusammensetzung:
c = 0,7774; h = 0,0483;
o = 0,0604; s =
0,0151; w = 0,04 und a =
0,0588.
Hierin bedeutet c den Gehalt von
1 kg Brennmaterial an Kohlenstoff, h an Wasserstoff,
w an hygroskopischem Wasser, 8 an Schwefel und n an
Stickstoff und a mineralische Beimengungen.
I. Berechnung von lichter Weite und Höhe.
Bezeichnen wir die von einem Kessel erzeugte Dampfmenge mit D, seine Heizfläche mit F, dann muss also
sein
\frac{D}{F}=20,\ F=\frac{D}{20}=\frac{1800}{20}=90\mbox{ qm}
Für Steinkohle können wir dann entsprechend dieser Dampfentwicklung das Verhältnis
\frac{B}{F} (Brennmaterialmenge durch Heizfläche) = 2,2 annehmen.
Für einen Kessel erhalten wir damit eine Brennmaterialmenge von B = 90 . 2,2 = 198 ~ 200 kg, für alle 4 Kessel eine
solche von 800 kg.
Nach H. v. Reiche ergiebt sich für den lichten
Durchmesser an der Schornsteinmündung
d = 0,1 . 8000,4 =
1,44959 m ~ 1,45 m
Für einen Kessel ist \frac{B}{R} (Brennmaterialmenge durch
gesamte Rostfläche) so gross wie für alle vier.
Bei 20 kg stündlicher Dampfentwicklung pro qm Heizfläche können wir \frac{B}{R}=90
setzen. Für die Nutzhöhe des Schornsteines ergiebt sich dann nach Formel (2)
H0
= 0,00277 (90)2 + 6 .
1,45 = 31,13 m
Rechnet man die Höhe des Rostes über dem Kesselhausflur zu 0,75 m, so ist die Höhe
des Schornsteines über Erdgleiche
H = H0+ 0,75 m = 31,88 m ~ 32 m
Bei Anwendung der Vogt'schen Formel ist zunächst V, das Volumen der Verbrennungsprodukte mit Hilfe der
Gleichung zu bestimmen:
V = 1,854 c + 1,243 (gh + w) + 0,7 s + 0,796
n
+ (m – 0,21) L . . . . . . . . . (18)
Hierin ist m ein Erfahrungskoeffizient und L bedeutet die zur Verbrennung nötige theoretische
Luftmenge in Kubikmetern. Die vollständige Ableitung dieser Formel, die übrigens
jedes gute Handbuch mitteilt, würde uns hier zu weit führen. Es möge nur erwähnt
werden, dass sie erhalten wird, wenn man die Gewichte der aus 1 kg Brennmaterial
entstehenden Heizgase mit ihrem spezifischen Volumen multipliziert.
Für die Steinkohle von der oben mitgeteilten Zusammensetzung ergiebt sich pro
Kilogramm eine theoretische Luftmenge von 8,04 cbm; mit m
= 1,8 erhalten wir dann nach Formel (7) 14,8 cbm Verbrennungsprodukte.
Nehmen wir die Temperatur der Heizgase an der Schornsteinmündung zu 200° C. an und
setzen ihre Geschwindigkeit = 3 m, dann ist
f=\frac{800\,\cdot\,14,8}{3600\,\cdot\,3}\,\left(1-\frac{200}{273}\right)\underset{=}{\infty}1,9\mbox{ qm}
Für einen runden Schornstein ist damit der innere lichte Durchmesser an der
Mündung
d = 1,5569 m ~ 1,56 m
Da d kleiner als 2,5 m ist, so können wir nach Formel
(4) für H0 25 bis 30
d, im Mittel also 27,5 d annehmen, also
H0
= 27,5 . 1,56 = 42,9 m und H
= 42,9 + 0,75 = 43,65 m
Nach Strupler finden wir mit \frac{f}{R}=\frac{1}{7}
d=\sqrt{\frac{R\,\cdot\,4}{\pi\,\cdot\,7}}
Die Gesamtrostfläche berechnet sich aus dem Verhältnis \frac{B}{R}=90, also R=\frac{B}{90}=\frac{200}{90}=2,222 qm
bei einem Kessel; bei allen vier = 2,222 . 4 = 8,888 qm. Demnach ist
d=\sqrt{\frac{8,888\,\cdot\,4}{\pi\,\cdot\,7}}=1,28\mbox{ m }\infty\ 1,30\mbox{ m}
und da die Heizfläche eines Kessels = 90 qm ist, ergiebt
sich:
H0 = 6∛360 = 42,827 und
H = 42,827 + 0,75 = 43,6 m
Zusammenstellung der Ergebnisse:
H. v. Reiche
Vogt
Strupler
d = 1,45 m
1,56 m
1,30 m
H = 32,00 m
43,65 m
43,60 m
Nach H. v. Reiche erhalten wir die kleinste Höhe und
nach Strupler den kleinsten Durchmesser. Wäre der
Schornstein für nur einen Kessel, also eine Brennmaterialmenge von 200 kg zu
berechnen gewesen, dann hätte sich ergeben, nach
H. v. Reiche
Vogt
Strupler
d = 0,84 m
0,78 m
0,84 m
H = 28,23 m
24,15 m
(mit H0 = 30 d)
28,75 m
Bei geringen Brennmaterialmengen geben die Formeln von H. v.
Reiche und Strupler fast genau
übereinstimmende Werte, die von Vogt giebt anscheinend
zu kleine Abmessungen.
Mit zunehmender Brennmaterialmenge nimmt die Schornsteinhöhe nach H. v. Reiche im Verhältnis zu den beiden andern Formeln
bedeutend geringer zu. Dies hat seinen Grund im Bau dieser Formel, welche
lautet:
H_0=0
00277\,\left(\frac{B}{R}\right)^2+6\,d
Da nun \frac{B}{R} bei einem Kessel genau so gross ist wie bei n Kesseln, so ist das erste Glied von der für n Kessel aufgewendeten Brennmaterialmenge vollständig unabhängig. Das
zweite Glied wächst nun allerdings mit der Brennmaterialmenge, aber dennoch wird
dadurch nicht so schnell eine Zunahme von H0 herbeigeführt, wie dies bei den andern Formeln der
Fall ist.
Wenn nun auch im allgemeinen der Einfluss der Schornsteinhöhe auf die Zugwirkung
überschätzt wird, so ist doch so viel klar, dass unter sonst gleichen Verhältnissen
ein höherer Schornstein besser ziehen wird als ein niedrigerer, von der geringeren
Rauch- und Russbelästigung der Nachbarschaft durch den ersteren ganz abgesehen.
Daher dürfte
Textabbildung Bd. 317, S. 640
es sich empfehlen, um bewährten Ausführungen der Praxis nahe kommende
Ergebnisse zu erzielen, aus diesen Formeln wie folgt auszuwählen:
Bei mässigen Brennmaterialmengen zur Berechnung der lichten Schornsteinmündungsweite
die H. v. Reiche'sche Formel, bei grösseren die von Vogt und zur Berechnung der Schornsteinhöhe stets die
von Strupler.
Bei Anwendung der Vogt'schen Formel macht sich der
Umstand unangenehm bemerkbar, dass die Temperatur der aus der Schornsteinmündung
abziehenden Heizgase nicht genau abgeschätzt werden kann. Gewöhnlich nimmt man die
Temperatur der den Fuchs verlassenden Gase um 100° C. grösser an, als die dem
Dampfdruck des Kessels entsprechende Temperatur und zieht davon für den laufenden
Meter Schornsteinhöhe, je nach der Weite des Schornsteins, 2 bis 3° ab. Es liegt
aber auf der Hand, dass diese rein empirische Regel sehr mangelhaft ist, und wäre es
daher sehr zu wünschen, Wenn einmal eine Reihe von Temperaturmessungen an den
Schornsteinmündungen grösserer Fabrikanlagen auf irgend eine zuverlässige Weise
wirklich ausgeführt würde.
II. Berechnung von Eigengewicht und Winddruck.
Wir wollen nun für unseren Schornstein eine lichte Mündungsweite von 1,60 m und eine
Höhe von 43 m annehmen. Den Sockel machen wir 8 m hoch und bauen darauf 7 Stockwerke
von je 5 m Höhe auf. Die Wandstärke des obersten Stockwerkes sei 18 cm; die jedes
folgenden nehme immer am 5 cm zu. Der Anlauf des Schornsteins soll für den laufenden
Meter 2 cm betragen; der äussere Durchmesser somit um 4 cm zunehmen. Als Baumaterial
sollen radiale gelochte Formsteine bester Beschaffenheit verwendet werden. Alle
übrigen Einzelheiten sind aus der Zeichnung (s. S. 640) ersichtlich.
Die Rauminhalte der einzelnen Stockwerke, welche abgestumpfte Hohlkegel darstellen,
können nach der bekannten Formel
V=\frac{\pi\,h}{3}\,\left[({R^2}_a+R_a\,r_a+{r^2}_a)-({R^2}_i+R_i\,r_i+{r^2}_i)\right]
berechnet werden (s. Fig.
3).
Der Koeffizient \frac{\pi\,h}{3} hat mit h = 5 den Wert 5,236.
Für den ersten Schuss ergiebt sich demnach:
V1
= 5,236 [(1,082 +
1,08 . 0,98 + 0,982) – (0,92 + 0,9 . 0,8 + 0,82)] = 5,3156 cbm
Da ein cbm Mauerwerk 1600 kg gerechnet wird, so ist
G1 = 5,3156 . 1600 ≌
8510 kg.
Textabbildung Bd. 317, S. 641
Fig. 3.
Es ist hier aber bedeutend einfacher, die Guldin'sche
Regel anzuwenden und die einzelnen Hohlkegelstumpfe als Drehkörper zu berechnen. Der
Vertikalschnitt f durch die Wand eines Schusses ist =
h . s, worin h die Schusshöhe und s die
Wandstärke ist. Bedeutet ρ den Schwerpunktsabstand von
der Rotationsachse, dann ist bekanntlich
V = f 2ρ = hs 2ρ π
Da \varrho=\frac{R_i+r_i}{2}+\frac{s}{2}=\frac{R_a+r_a}{2}-\frac{s}{2} und ri =
ra – s: ra = ri + s, so erhält man die für das Zahlenrechnen sehr bequeme
Gleichung: 2ρ = Ri + ra = Ra + ri
(Schluss folgt.)