Titel: | Ständerfräsemaschine für Lokomotivzylinder. |
Autor: | Pr. |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, S. 760 |
Download: | XML |
Ständerfräsemaschine für Lokomotivzylinder.
Ständerfräsemaschine für Lokomotivzylinder.
Von der Elsässischen Maschinenbau-Gesellschaft in
Mülhausen und Grafenstaden ist eine 21,8 t schwere Fräsemaschine gebaut worden,
welche in der Hauptsache zur Bearbeitung der Aussenflächen und Stopfbüchsen an
Lokomotivzylindern dient, also eine Sondermaschine für Lokomotivfabriken und
Eisenbahnwerkstätten von bemerkenswerter Anordnung und Ausführung vorstellt. Dem
Werkstück entsprechend, bestreicht das Werkzeug ein Arbeitsfeld von 1800 mm
wagerechter Länge, 500 mm Breite bei 1350 mm Höhe.
Um aber dem Werkstück beliebige Winkellagen in wagerechter und senkrechter Ebene zu
geben, ist dessen Tragwerk zu einer Längsverschiebung mit Drehverstellung um
senkrechter Achse, sowie zu einer Drehverstellung um die wagerechte Aufspannspindel
eingerichtet. Hierdurch ist es leicht möglich, dem Lokomotivzylinder rasch und
sicher jene Lagen zu erteilen, welche zur Bearbeitung seiner Aussenflächen notwendig
sind. Diese Flächen sind, soweit es nicht vorgezogen wird, sie vorher auf einer
Hobelmaschine zu behandeln, der Schieberspiegel, die Aussenborde des
Schieberkastens, die hintere Schieberkastenfläche, die vorderen Stopfbüchsen und die
beiden Rohrflanschen.
Je nach dem in der Lokomotivenbauwerkstätte eingehaltenen Montierungsverfahren folgen
dieser Bearbeitung ersten Grades, jene des zweiten, das ist, die Bearbeitung der
Anpassflächen des Zylinders am Rahmengestelle. Es ist wohl thunlich, dass der
Zylinder unmittelbar nach erfolgter Ausbohrung seine Anpassung an das Rahmengestell
erhält, so dass die Bearbeitung der Anpassflächen bei einmaliger Aufspannung in
einer Folge mit der Hauptarbeit durchführbar wird, was gewiss von Vorteil ist. Mag
nun die äussere Bearbeitung des Lokomotivzylinders mit oder ohne Zuhilfenahme von
Hobelmaschinen erfolgen, so bleibt doch immer die hier näher zu beschreibende
Fräsemaschine ein vorzügliches Hilfswerk einer Lokomotivenbauwerkstätte.
Diese in Fig.
1–5
nach Revue industrielle, 1902, No. 42, S. 413 dargestellte Maschine besteht aus
einer Längswange a und einer seitlich daran
angeschraubten Bettplatte b, auf welcher mittels
Zahnstangen trieb werk die Grundplatte c verlegt werden
kann. Ebenfalls durch Hand kann der Drehtisch d mittels
Schneckentriebwerk Winkelstellungen erhalten. Auf diesem bilden zwei Lagerböckchen
e mit wagerechter Spindel f und seitlichen Klemmscheiben das eigentliche Aufspannwerk. Um dieses
jedoch vollkommener auszugestalten, wird die Drehverstellung des aufgespannten
Zylinders durch eine Schneckenradscheibe g, welche sich
am vorderen Lagerbock entsprechend führt, aufs genaueste ermöglicht. Längs dieser
Aufspannteile verschiebt sich im Schaltgang auf der 3400 mm langen Wange a der Fräseständer h an
dessen senkrechter Führungsbahn, der mittels Gegengewichtes entlastete
Fräserschlitten i gleitet winkelrecht hierzu. Ferner
ist im Schlitten i ein Kolbenrohr j mit achtseitigen Führungsflächen entweder beim Fräsen
fest eingestellt oder während des Ausbohrens selbstthätig geschaltet, wobei an die
eigentliche Fräsespindel k irgend eine passende
Ausbohrstange gekuppelt wird. Der Hauptbetrieb der Fräsewelle k erfolgt entweder mittels des allbekannten üblichen
Stufenscheiben- und Rädervorgeleges (Fig. 5) oder mittels
Elektromotors l (Fig. 3) von 5,5 PS
Leistung bei 1000 minutlichen Umdrehungen des Ankerrades, welcher am rechten
Flügelende des Ständerschlittens angeordnet ist.
Textabbildung Bd. 317, S. 760
Ständerfräsemaschine der Elsässischen Maschinenbau-Gesellschaft Grafenstaden.
Mittels fünfläufiger Schnurrollen m, eines
Schneckentriebwerkes n und Winkelräder wird eine
stehende Keilnutwelle
o bethätigt, von der mittels Schraubenräder eine
wagerechte Keilnutwelle p angetrieben wird, die wieder
mittels Stirnräder, die im Kopfe des Kolbenrohres j
untergebracht sind, den Betrieb auf die Fräserwelle k
überträgt, wobei derselben zehn, von 2,5 bis 150 minutliche, entsprechend abgestufte
Umdrehungen erteilt werden.
Mit einem 200 mm grossen Scheibenfräser und bei der kleinsten minutlichen Umlaufszahl
von 2,5, kann bei grösster, reiner Arbeitsleistung von
0,7 . 5,5 75 = 290 mkg/Sek.
bei einer mittleren Schnittgeschwindigkeit von
(π . 0,2 . 2,5) : 60 = 0,025 m/Sek.
ein tangentialer Schnittdruck von
290 : 0,025 . ∾ 11600 kg
erwartet werden, welcher aber wegen der bedeutend höheren,
sonst üblichen Fräsergeschwindigkeit selten erreicht wird.
Textabbildung Bd. 317, S. 761
Ständerfräsemaschine der Elsässischen Maschinenbau-Gesellschaft Grafenstaden.
Wie jede vollkommene Werkzeugmaschine, so ist auch dieses Fräsewerk mit
selbstthätigen und Handschaltwerken ausgerüstet, die noch dazu mit entsprechenden
Abstellwerken versehen sind.
Von diesen letzteren ist die wichtigste die Abstellung des Hauptbetriebes der
Fräserspindel k, welche durch eine Zahnkupplung r des Schraubenendes auf der wagerechten Keilnutwelle
p erfolgt. Doch ist diese Abstellung nur während
der Ausbohnarbeit wirksam und brauchbar. Während der Planfräsearbeit würde diese
Abstellung nicht genügen, da der Schaltbetrieb in wagerechter und senkrechter
Richtung trotz Abstellung der Fräsespindel ununterbrochen fortläuft und dadurch zu
Beschädigungen des Fräsers und des Werkstückes Veranlassung geben würde.
Von der Schneckentriebwerkswelle n wird durch ein
zweites Winkelrad eine liegende Keilnutwelle s, und von
dieser mittels fünfläufigen Stufenscheiben, und eines stark übersetzenden Stirnrades
t die Schraubenspindel u getrieben. Wird dieser schnelle Schaltgang mittels Zahnkupplung v ausgerückt, dafür aber die Welle w in Betrieb gesetzt, so wird dadurch mittels einer
Winkelwelle ein Schneckentriebwerk x bethätigt, durch
welches der ganze Fräseständer h in langsamer Gangart
auf der Wange a gesteuert wird. Nun kann ohne weiteres
die Einrichtung getroffen werden, dass die vorerwähnte Winkelwelle x durch Handrad y
getrieben und dadurch eine feine Einstellung besorgt werden kann. Zudem ist es
ebenso leicht, die Räderwerke der schnellen Gangweise für die Rücklaufbewegung des
Fräseständers h einzurichten. –
Der Schaltgang des Fräseschlittens i in lotrechter
Richtung wird durch die beiden in den Ständernuten versenkt liegenden Hängespindeln
bewerkstelligt, an deren oberen Zapfen Schneckenräder sitzen, die entweder durch ein
Kettenrad mittels Handbetrieb oder durch Kraft von der stehenden Keilnutwelle o ihren Antrieb erhalten. Zwischen der liegenden
doppelten Schneckenwelle und dieser stehenden Antriebwelle o sind Wechselräder z eingeschaltet, so dass
jeder gewünschte Schaltbetrieb in lotrechter Richtung bequem ermöglicht werden kann.
Doch ist auch hier eine selbstthätig wirkende Ausrückvorrichtung z1 vorgesehen.
Zu erwähnen ist noch, dass der Ausbohrbetrieb eine besondere Schaltung besitzt, die
von der wagerechten Keilnutwelle p mittels
Ausschubräder 1 auf eine Schneckenwelle 2 abgeleitet wird. Von hier wird mittels
eines Wechselsatzes von fünf Stufenrädern 3 eine zweite Schneckenwelle 4 und damit
ein Zahnstangengetrieb 5 bethätigt, welches in die im Kolbenrohr j eingesetzte Zahnstange eingreift.
Behufs Ausrückung der Ausbohrschaltung lagert die zweite Schneckenwelle 4 in einer
Schwinge, während das Handrad 6 bei eingerücktem Winkelende zum Einstellbetrieb
herangezogen werden kann.
Erwähnt sei noch zum Schluss das Spannrollenwerk 7 für den Antrieb, das
Leitrollenwerk 8 für das Entlastungsgewacht, welches in einem angegossenen Rohrstück
des Fräseständers eintaucht, und endlich ein stellbares Führungslager 9 (Fig. 4) für
die Ausbohrwelle, welches an beliebiger Stelle des Drehtisches d seine Aufstellung erhalten kann.
Pr.