Titel: | Parsons Dampfturbine. |
Autor: | Em. Arp. |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 13 |
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Parsons Dampfturbine.Vergl. auch D. p.
J. 1901, 316, 425 sowie Seite 237 und 251 Bd. 317.
Parsons Dampfturbine.
Das Turbinen-Dampfboot „Queen
Alexandra“Vergl. auch Seite 579
Bd. 317., von dem wir unseren Lesern auf Seite 13 eine Abbildung
bringen,hat in seinen Leistungen alle Erwartungen, welche man auf Grund der
Erfahrungen an dem Schwesterschiff „King Edward“
billiger Weise stellen konnte, in jeder Hinsicht erfüllt.
Das Schiff hat eine Länge von 82,35 m, eine Breite über Spanten von 9,76 m und eine
Tiefe im Raum bis Hauptdeck von 3,5 m. Mittschiffs ist es ausserdem, wie aus der Abbildung zu
ersehen, mit einem Schutzdeck versehen. Die Maschinen entsprechen der bereits für
„King Edward“ auf Seite 251 Bd. 317
gegebenen Beschreibung. Auf der Abnahmefahrt wurde eine Geschwindigkeit von 21,63
Knoten bezw. 40 km erreicht, wobei die mittlere Hochdruckturbine 750, die beiden
Seitenturbinen je 1100 Umdrehungen minutlich machten.
Der Schiffskörper wurde bei William Denny Brothers,
Dumbarton, gebaut, während die Maschinenanlage von der Parsons Schiffs-Dampfturbinen-Gesellschaft m. b. H. in Walls-end-on-Tyne
geliefert wurde. Beide Lieferanten gehören zusammen mit dem Verwaltungsdirektor –
Kapitän John Williamsen – zu den Mitgliedern der
Sehüfahrts-Gesellschaft, welche das neue Boot in Auftrag gab.
Während der jüngst verflossenen Ausflugszeit fand das Boot zugleich mit dem
Schwesterschiff „King Edward“ für den Verkehr
auf der Clyde Verwendung und zwar mit derartigem Erfolge, dass sich eine eigene
Gesellschaft bildete, die den Verkehr mit Turbinen-Dampfbooten auf den Seen der
westlichen Hochländer Schottlands ausbauen will, für welchen Dienst sich diese Boote
vermöge ihrer grossen Schnelligkeit und ihres geringen Tiefganges ganz besonders
eignen dürften.
Folgende Boote sind bis jetzt mit Parsons Dampfturbinen
ausgerüstet worden: Das Versuchsboot die „Turbinia“, die beiden untergegangenen Torpedojäger „Cobra“ und „Viper“, der Torpedojäger „Velox“, die beiden oben genannten Clydeboote „King Edward“, „Queen Alexandra“ sowie
eine Jacht „Tarantula“.
Noch in diesem Herbst wird die grosse Jacht „Lorena“ fertig, während der Torpedojäger „Eden“ sowie der Kreuzer III. Klasse „Amethyst“ im Jahre 1903 fertig werden. Dazu kommen dann noch
zwei kürzlich bei W. Denny & Bros. bestellte
Kanalboote von je 8000 PS Maschinenleistung.
Die gesamte Maschinenkraft der aufgeführten Schiffe beläuft sich auf 82900 PSi.
Sämtliche bis jetzt fertig gestellten Schiffe zeichneten sich durch ausserordentlich
günstige Betriebsergebnisse – in Hinsicht sowohl auf den Kohlen verbrauch als auch
der erzielten Gewichtsersparnisse – aus.
Bemerkenswert sind die bei Denny Bros, auf Grund der
Erfahrungen mit dem Dampf boot „King Edward“
angestellten Vergleiche, welche in den jüngsten Verhandlungen der British Association gelegentlich eines Vortrags von Parsons zur Sprache kamen.
Bei Ausrüstung des „King Edward“ z.B. mit
dreifach Verbund-Zwillingsmaschinen neuester und verbesserter Bauart, und so
kräftig, dass derselbe Kessel, welcher für die Dampfturbinen verwendet wurde, gerade
noch genügt hätte, würde bestenfalls eine Geschwindigkeit von 19,7 Knoten oder 36,5
km erreicht worden sein, während die erreichte Geschwindigkeit mit den
Turbinenmaschinen 20,5 Knoten oder 37,99 km betrug. Dieser Zuwachs in der
Schiffsgeschwindigkeit war nur möglich durch eine um 20 v. H. grössere Leistung der
Maschinenanlage. Dabei darf noch die Erwägung nicht unberücksichtigt bleiben, dass
eine gleich grosse Anlage mit Kolbenmaschinen dem Schiffe noch keine Geschwindigkeit
von 38 km erteilt hätte, weil Maschinen und Kessel zu schwer geworden wären und die
Verdrängung wesentlich vergrössert hätten.
Zu einem ähnlichen Ergebnis führt die Vergleichhung des Kohlenverbrauchs. Das
Dampfboot „Duchesse of Hamilton“ – mit
Verbundmaschinen ausgerüstet – verbrauchte auf einer Fahrstrecke von 16 ½ Knoten
oder 30,57 km 16 t Kohlen, während „King Edward“
auf eine Strecke von 18 ½ Knoten oder 34,28 km 18 t Kohlen verbrauchte. Wäre es
möglich gewesen, in das erstere Boot bei gleichbleibender Verdrängung eine dreifache
Verbundmaschine für 18 ½ Knoten oder 34,28 km Fahrgeschwindigkeit einzubauen, so
wäre der Kohlen verbrauch für diese Fahrstrecke auf 22 t gestiegen, gegenüber 18 t
auf dem „King Edward“ entsprechend einer
Ersparnis von etwa 20 v. H. zu Gunsten des letzteren Schiffes. Thatsächlich würde
freilich der Kohlenverbrauch für die dreifache Verbundmaschine bei der angenommenen
Fahrgeschwindigkeit von 34,28 km noch beträchtlich wachsen, weil eben die Maschinen-
und Kessel gewichte eine Mehrverdrängung bedingen, für welche wiederum
Maschinenkraft und Kohlenverbranch nötig wird.
Parsons ist überzeugt, dass die Vorteile der
Turbinenmaschinen für Schiffe grösserer Abmessungen wie Ozeandampfer,
Schlachtschiffe und Kreuzer – die jetzt bereits erzielten noch weit übertreffen
muss, weil die Maschinen sich bei wachsender Abmessung und Kraft verhältnismässig
leichter im Gewicht und darum billiger stellen, auch beanspruchen dieselben weniger
Raum, während andererseits die grösseren Abmessungen die Einführung wesentlicher
Verbesserungen zur Herabminderung des Kohlen Verbrauches möglich machen.
Es sei hier noch erwähnt, dass die Queen Alexandra für
die Rückwärtsbewegung ebenfalls nur mit besonderen Turbinen versehen ist, welche für
gewöhnlich in der Luftleere laufen. Die Anordnung der Schaufelblättchen derart, dass
sie sowohl für Vorwärts- wie Rückwärtsgang durch Umkehr der Richtung des
Dampfstromes genügen, ist zwar versuchsweise ausgeführt, hat aber – wie
vorauszusehen – einen sehr ungünstigen Wirkungsgrad für beide Bewegungsrichtungen
ergeben. Es ist daher z. Z. das beste, die Stellung der Blättchen für den
günstigsten Wirkungsgrad bei der Vorwärtsbewegung auszubilden und die
Rückwärtsbewegung durch besondere Turbinen zu bewirken.
Besondere Aufmerksamkeit ist auch der Durchbildung der Schiffsschraube zugewandt, bei
welcher die Feststellung des Wirkungsgrades noch immer zu den schwierigsten Aufgaben
gehört.
Textabbildung Bd. 318, S. 13
Parsons ging bei der „Turbinia“ von der Voraussetzung aus, dass 55 v. H. der PSi als
treibende PS für das Schiff zur Geltung gelangten und nahm ferner an, dass der
Zuwachs an Reibungswiderstand der Welle, der mit der Schraube verbundenen
Ausrüstungsteile unter Wasser, des Wassers an den Schaufelflügeln u.s.w. 10 v. H.
ausmachten und gelangt dann zu den eigentlichen Wirkungsgrad der Schraube mit 65 v.
H.
Hiermit stimmen die Versuche mit einem Modellschiff in dem Versuchsbehälter bei Denny in Dumbarton überein, an welchem die treibenden
Teile unter Wasser entfernt waren.
Die Gleitungsverluste einer Schraube nimmt er im allgemeinen zu 22 v. H. an, während
sich bei den Modellversuchen der Queen Alexandra mit
flachflügeligen Schrauben 30 v. H. ergaben, dabei ist bemerkenswert, dass die
Umfangsgeschwindigkeit der äussersten Flügelenden nicht grösser war, wie die bei
Schrauben von englischen Kreuzern III. Klasse erreichten Grenzwerte.
Hinsichtlich der Landturbine sind noch folgende Angaben beachtenswert.
Im Jahre 1884 wurde die erste Verbundturbine in England zum Treiben einer Dynamo
angewandt, 1890 befanden sich in England 360 ähnliche Anlagen im Betrieb, deren
Leistung je zwischen 4 bis 120 PS betrug, während die Gesamtleistung die Höhe von
5000 PS erreichte. Im Jahre 1896 war die Zahl der Anlagen auf 600, die
Gesamtleistung auf 40000 PS gestiegen, während die stärkste Turbine 600 PS leistete.
Heute sind dort 800 Anlagen mit zusammen 200 000 PS, deren grösste 3000 PS leistet,
im Betrieb.
Auf dem Festland nahmen Brown Boveri & Cie., Baden
in der Schweiz im Jahre 1900 den Bau der Verbundturbine auf und führten bis jetzt
etwa 20 Anlagen mit zusammen 29000 PS aus, deren grösste 5000 PS leistet. (Siehe
hierzu auch Seite 579 d. Bd.)
Die British Westinghouse Company schloss kürzlich mit
der Metropolitan and District Railway Company die
Lieferung von 10 Wechselstrommaschinen mit Turbinen antrieb von 5000 PS ab, während
von der Pittsburg-Abteilung derselben Gesellschaft mehrere kleinere Anlagen
ausgeführt sind.
Die Gesamtleistung aller Anlagen mit Landturbinen beläuft sich z. Z. auf rund 300000
PS. Den günstigsten Dampfverbrauch erzielte eine 1000 Kilowatt-Gleichstromanlage für
die Elektrische Beleuchtungsgesellschaft in New-castle mit 7,847 kg für 1
Kilowattstunde oder 4,647 kg für 1 PSi-Stunde und hofft man, wie schon oben erwähnt,
bei entsprechender Vergrösserung der Maschinenkraft diese Leistungen noch zu
überschreiten.
Als besonders beachtenswert dient hervorgehoben zu werden, dass Versuche nach
jahrelangem Betrieb keine Zunahme im Dampfverbrauch, ebensowenig einen
bemerkenswerten Verschleiss der drehenden Teile ergaben.
Diesen hochwichtigen thatsächlichen und erprobten Erfolgen einer sich auf rund
400000 PS Leistungsfähigkeit beziffernden Maschinengattung gegenüber, haben nun die
wissenschaftlichen Körperschaften unserer technischen Hochschulen, die gewiss
dankenswerte Aufgabe, zum richtigen Verständnis der noch bestehenden
Schwierigkeiten, sowie zu deren Beseitigung ihrerseits beizutragen, – wie solches
z.B. durch Prof. Thurston an der Sibley-Hochschule in
Amerika mit so grossem Eifer aufgenommen ist und hoffentlich mit der Zeit seine
Früchte tragen wird. Zu erwähnen sind hier auch die Untersuchungen von Prof. Ewing in England, sowie von M.
Schröter und Prof. Dr. Weber in
Deutschland.
Eine Stellungnahme gegen die Dampfturbine von Seiten unserer technischen Wissenschaft
aber sollte ausgeschlossen sein, weil sie, anstatt dem Fortschritt Rechnung zu
tragen, viel zu sehr auf Parteinahme für bestehende Einrichtungen schliessen lassen
würde, abgesehen davon, dass sie einen vergeblichen Kampf mit stumpfen Waffen
kennzeichnete.
Em.
Arp.