Titel: | Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für Kohle, Erze und Koks. |
Autor: | Georg v. Hanffstengel |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 49 |
Download: | XML |
Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für
Kohle, Erze und Koks.
Von Georg v. Hanffstengel, Ingenieur in
Stuttgart.
(Fortsetzung von S. 12 d. Bd.)
Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für Kohle, Erze und
Koks.
Hochbahnkran der Duisburger
Maschinenfabrik J. Jaeger, Duisburg.
Textabbildung Bd. 318, S. 49
Fig. 114. Hochbahnkran von J. Jaeger, Duisburg.
Auf dem von der Benrather Maschinenfabrik gewiesenen
Wege geht Jaeger weiter, indem er auf die den
Lagerplatz überspannende Brücke statt der Laufkatze einen Drehkran setzt.
Vorteilhaft erscheint das grössere Arbeitsfeld des Drehkrans, der ohne Verfahren der
Brücke an verschiedenen Stellen des Schiffes Kohle aufnehmen und sie noch weit
jenseits des landseitigen Brückenfusses niederlegen kann, also den Lagerplatz besser
ausnutzt, bezw. geringere Spannweite der Brücke zulässt. Ferner wird die
Eisenkonstruktion einfacher, da die Brücke unten geschlossen und daher viel bequemer
zu versteifen ist. Demgegenüber kommt der Umstand in Betracht, dass das
Gesamtgewicht des Krans grösser ist als das der Laufkatze, und dass die Brücke bei
querstehendem Ausleger stark einseitig belastet wird, jeder Hauptträger also auf
erheblich mehr als die Hälfte der Gesamtlast zu berechnen ist. Einen bestimmenden
Einfluss werden indessen diese Umstände auf Gewicht und Preis der Verladebrücke
nicht äussern. Wichtiger ist, dasswegen des grossen Krangewichtes die
Massenwirkungen sich stärker bemerkbar machen und dass infolge der einseitigen
Belastung die Fahrbewegung nicht so leicht und ruhig vor sich gehen wird wie bei
einer symmetrisch belasteten Katze.
Die in Fig. 114 bis 123
dargestellte Anlage wurde für den Kohlenlagerplatz der Firma Jak Trefz & Söhne in Rheinau b. Mannheim gebaut.
Die Eisenkonstruktion der Brücke bietet manches Bemerkenswerte. Von den beiden
Brückenständern ist der landseitige fest mit der Brücke verbunden, der andere als
Pendelstütze ausgebildet, um die Temperaturausdehnungen aufzunehmen. Die Ausbildung
der Pendelstütze geht aus Fig. 116 hervor. Die
Ständer stützen sich auf Unterwagen, die um Bolzen drehbar sind, sodass die richtige
Verteilung des Druckes auf die Laufräder unabhängig von der Lage des Geleises
gesichert bleibt. Letzteres besteht aus zwei mit Stehbolzen gegeneinander
versteiften Schienen (Fig. 117), die den
Spurkranz der Räder zwischen sich nehmen. Damit beide Schienen den gleichen Druck
erhalten, was sonst namentlich bei der Pendelstütze nicht sicher wäre, sind die in
Deckellagern sich drehenden Laufachsen in der Mitte mit einem kugeligen Wulst
versehen, der freie Einstellung der aus 3 Teilen zusammengeschraubten Laufräder (D.
R. G. M. 144590) gestattet.
Bei Sturm würde die Brücke um den Auflagerpunkt A zu
kippen suchen. Um nun den vollen Radstand für die Standfestigkeit auszunutzen,
kuppelt Jaeger die um A
drehbaren Unterwagen mit dem Brückenständer durch die Lasche L, jedoch so. dass eine geringe gegenseitige Bewegung möglich ist. Nunmehr
müsste die Brücke um das äussere Laufrad kippen, das Stabilitätsmoment wird also
erheblich vergrössert.
Die Ausbildung der eigentlichen Brücke ist aus Fig. 119 und 120 (s. S.
52) zu ersehen. Ober- und Untergurt bestehen aus ⊏ Eisen,
die durch Flacheisenverkreuzung miteinander verbunden sind. Für derartige Brücken
ist dies wohl die einfachste und am meisten übliche Gurtform, da sie beqeumen Anschluss der
Wandglieder gestattet und verhältnismässig niedrig ist, also dem Winde wenig
Angriffsfläche bietet. Die Vertikalen haben ⌶
Querschnitt, der aus einem 160 mm hohen Stehblech und ungleichschenkligen Winkeln
zusammengesetzt ist, während die Diagonalen aus 2 ⊏ Eisen
mit Flacheisenvorstrebung auf der oberen Seite gebildet sind. Der Horizontal- und
der Querverband bestehen aus Winkeleisen. Die Fahrbahnträger, 320 mm hohe ⌶ Eisen mit Laufschienen, sind mit Hilfe von quergelegten
⊏ Eisen an den Vertikalen gelagert.
Textabbildung Bd. 318, S. 50
Fig. 115. Hochbahnkran von J. Jaeger, Duisburg.
Das Fahrwerk der Brücke wird durch einen in Brückenmitte stehenden Motor von 20 PS
bei 960 Umdrehungen i. d.Minute angetrieben, der mit Horizontal- und
Vertikaltransmission auf die Laufräder arbeitet. Bei den meisten anderen
Ausführungen hat man auf diese Verbindung der beiden Fahrantriebe verzichtet und
jeden Brückenfuss einzeln durch einen besonderen Motor bewegt. Hier wurde die
Kuppelung erleichtert durch die verhältnismässig geringe Stützweite, die sich aus
der Verwendung des Drehkrans ergab. Muss die Brücke in Kurven fahren, so ist eine
solche Verbindung natürlich ausgeschlossen.
Der Brückenfahrmotor arbeitet mit doppelt ausgeführtem Vorgelege (t = ca. 26 mm. z = 10/64) auf die
horizontalen Längswellen, die nach den beiden Brückenstützen führen. Die Wellen sind aus
starkwandigem Rohr von 90 bis 100 mm äusserem Durchmesser hergestellt und in je 5 m
Entfernung auf den Querverbindungen gelagert. Auf einer die beiden Längswellen
verbindenden Zwischenwelle unterhalb des Motors sitzen die Scheiben zweier, durch
Lüftungsmagnet bethätigter Bandbremsen, von denen die fine bei Vorwärts–, die andere
bei Rückwärtsfahren wirksam ist. Die beidenvertikalen Wellen an den
Brückenständern erhalten ihren Antrieb durch ein Kegelräderpaar (t = 16 π, z = 15/60). Damit an
der Pendelstütze die Welle sich nicht klemmt, ist eine Klauenkuppelung
eingeschaltet, die genügende Schiefstellung des an der Stütze gelagerten Teiles der
Welle zulässt (Fig. 116), während an der anderen Seite die beiden Wellenstücke durch
eine feste Kuppelung verbunden sind. Durch ein Kegelrädervorgelege am unteren
Wellenende (t = 24 π, z =
12/36) wird
ein Ritzel angetrieben, das mit Hilfe von Zwischenrädern auf die beiden innen
gelegenen, verzahnten Laufräder arbeitet. Die Teilung dieser Räder beträgt 92,4 mm,
doch sind die Zähne des Laufrades ihrer geringen Breite wegen stärker als normal,
und die durch einen Seitenkranz verstärkten Zähne des Zwischenrades entsprechend
schwächer gehalten. Die Zähnezahlen sind 12, 28 und 38.
Textabbildung Bd. 318, S. 51
Pendelstütze und Fahrwerk zum Hochbahnkran von Jaeger.
Da es sich in einem anderen Fall gezeigt hat, dass bei starkem Sturm und öligen oder
nassen Schienen die Brücke trotz festgezogener Bremsen gleitend fortbewegt werden
kann, so ist die Einrichtung getroffen, dass in einem solchen Falle die Zähne des
Laufrades gegen die triebstockartigen Querverbindungen der Schienen stossen, während
im übrigen die Räder nicht in die Triebstöcke eingreifen, sondern einfach auf den
Schienen wälzen sollen. Damit die Zähne nicht mit den Querverbindungen in Kollision
kommen, musste jeder zweite Radzahn fortgelassen werden, sodass in Wahrheit das
Laufrad nur 19 Zähne hat.
Zur weiteren Sicherheit gegen Forttreiben durch Sturm dienen Fangschuhe, die mit
Ketten an die Brückenstützen angeschlossen sind und zwischen die Querverbindungen
der Schienen eingelegt werden können.
Textabbildung Bd. 318, S. 52
Einzelheiten der Eisenkonstruktion.
Sämtliche Zahnräder für den Fahrantrieb, sowie auch die Radkränze der Laufräder
sind aus Stahlguss hergestell.
Die Fahrgeschwindigkeit ergiebt sich zu:
v_1=\frac{960}{60}\cdot \frac{10}{64}\cdot \frac{15}{60}\cdot \frac{12}{36}\cdot \frac{12}{38}\cdot \pi\cdot 1,008=0,208\mbox{
m/Sek.}
Der Motor soll im Betriebe 15 PS verbrauchen.
Bei der Ausbildung des auf der Brücke laufenden Drehkrans von 4000 kg Tragkraft (Fig. 121 u. Fig. 122)
ist darauf Rücksicht genommen, dass der Winddruck möglichst geringen Einfluss
ausübt. Daher ist der Ausleger nach unten gezogen und das Schutzhaus sehr klein
dimensioniert. Das wird ermöglicht durch eine eigenartige Anordnung der Winde und
durch Aufhängung des Gegengewichtes ausserhalb des Gehäuses, was bei anderen Kranen
wegen der Vergrösserung des Drehbereichs im allgemeinen nicht zulässig ist.
Unterwagen und Obergestell sowie die Windenschilde sind aus Profileisen bezw. Blechen
hergestellt. Der Unterwagen wird von vier Laufrädern von 600 mm Durchmesser getragen
und durch einen Motor von 20 PS und 960 Umdrehungen verfahren, der mit doppelseitig
ausgeführter, einfacher Zahnradübersetzung die Laufachsen treibt. Die
Fahrgeschwindigkeit betrug ursprünglich 2,0 m/Sek., ist indessen später auf 1,6 m
ermässigt worden. Dabei gebraucht der Motor nach Angabe der Firma maximal 27, normal
18 PS. Gebremst wird mit Gegenstrom. Damit der Kran seine Endstellungen nicht
überfährt, sind auf beiden Seiten des Wagens Federbuffer B angebracht, die gegen ähnlich ausgeführte Buffer B1 an den Brückenenden
stossen.
Ein Abheben der Laufräder von d n Schienen würde erst bei einer Belastung von 7000 kg
eintreten. Um indessen für alle Fälle Sicherheit zu schaffen, sind die Querbalken
Q soweit verlängert worden, dass sie mit ihren
Enden unter die oberen Gurtungen der Hauptträger greifen und somit nur ein ganz
geringes Kippen zulassen.
Der drehbare Teil des Kranes stützt sich auf vier lose laufende, mit Rotguss
ausgebuchste Laufrollen und ausserdem auf eine mittlere Säule, die in den Unterwagen
konisch eingesetzt ist. An dem Spurlager am Säulenkopf (Fig. 123) ist mit 4 Schrauben, also nachstellbar, eine ⊏ Eisentraverse aufgehängt, die mit den Windenschilden
vernietet ist.
Textabbildung Bd. 318, S. 53
Fig. 121.
Textabbildung Bd. 318, S. 53
Fig. 122.
Die Säule besteht aus geschmiedetem Stahl, die Spurplatte aus harter Phosphorbronze,
das obere und untere Halslager aus Gusseisen.
Zum Antrieb der Hubwinde und des Drehwerks dient ein gemeinschaftlicher Motor von 40
PS und 570 Umdrehungen, der mit doppeltem Vorgelege (t
= 10 π, z = 15/45 und t = 10 π, z = 14/172) auf die Hubtrommel arbeitet. Diese wickelt
indessen nicht unmittelbar das Lastorgan auf, sondern bewegt mittels Seil eine
zweite Trommel, die oben im Gehäuse gelagert ist und zur Aufnahme der Hubkette
dient. Währendsonst die Unterbringung von Kettentrommeln bei grösserer Hubhöhe
wegen des grossen Platzbedarfes immer Schwierigkeiten macht, ist es durch diese
eigenartige Anordnung gelungen, die Grundrissfläche des Windhauses auf ein
verhältnismässig sehr geringes Mass zu beschränken. Seil als Lastorgan war nicht gut
anwendbar, weil es für Greiferbetrieb nicht geeignet ist, und weil die Seile sich
bei grosser Hubhöhe leicht verschlingen. Für die Greiferentleerung dagegen konnte
unbedenklich ein Seil verwandt werden, sodass sich eine sehr übersichtliche,
symmetrische Anordnung der Winde ergab.
Die Verschlechterung des Wirkungsgrades der Hubwinde durch die Doppeltrommeln wird
dadurch ausgeglichen, dass die obere Leitrolle fortfällt, die eine starke Welle
erfordert und damit erhebliche Reibungsverluste verursacht hätte.
Die Entleerungstrommel wird durch eine Zwischen welle mit 2 gleichen
Stirnräderpaaren bewegt. Die Bethätigung des Greifers geschieht im übrigen genau wie
bei dem in Düsseldorf ausgestellten Dampfkran, der auf S. 585 Ed. 317 beschrieben
wurde. Wesentlich ist für den vorliegenden Fall, dass der Greifer in beliebiger Höhe
geöffnet werden kann.
Derselbe hat 2 ½ cbm Inhalt und ist in bekannter Weise nach den Jaegerschen Patenten No. 87836 und 71371 mit geteilter
Schliesskette und mehrrolligem Flaschenzug gebaut. Damit die Doppelkette über die
Auslegerrolle aufgezogen werden kann, muss letztere drei Rillen haben. Neben ihr
sitzt die Rolle für das Entleerungsseil.
Der Durchmesser sämtlicher Trommeln beträgt 493 mm, der des Lastseiles 25, die
Eisenstärke der Lastkette 22 und der Durchmesser des Entleerungsseiles 19 mm.
Die Hubgeschwindigkeit ergiebt sich zu:
\frac{570}{60}\cdot \frac{15}{45}\cdot \frac{14}{172}\cdot \pi\cdot 0,493=0,40\mbox{ m/Sek.}
Der Motor hat im Betriebe maximal 38, normal 27 PS entwickelt.
Zum Antrieb des Drehwerks dient das auf der Vorlegewelle des Hubmotors angebrachte
Reibungswendegetriebe (t = 8 π,
z = 47/47), dessen vertikale Welle mittels eines Stirnrädervorgeleges (t = 10 π, z = 11/90) das
Schwenkritzel dreht, das in den am Unter wagen befestigten Zahnkranz eingreift.
Letzterer hat 12 π Teilung, 144 Zähne, 1728
Durchmesser, das Ritzel 13 Zähne. Die Drehgeschwindigkeit der Last beträgt
beider Ausladung von 10 m:
\frac{570}{60}\cdot \frac{15}{45}\cdot \frac{11}{90}\cdot \frac{13}{144}\cdot 2\,\pi\cdot 10,0=2,2\mbox{ m/Sek.}
Textabbildung Bd. 318, S. 54
Fig. 123. Querschnitt des Drehkrans.
Textabbildung Bd. 318, S. 54
Fig. 124. Fahrbarer Kohlenausladekran im Rheinauhafen bei Mannheim von J.
Jaeger.
Mit Ausnahme der Räder für die Wendegetriebe sind alle Lauf- und Zahnräder aus
Stahlguss gefertigt und letztere fast sämtlich gefräst.
Der Maschinist hat zu handhaben die Hebel für Einrückung des Hubritzels, des
Wendegetriebes und für die beiden Bremsen. Ausserdem hat er die beiden Anlasser zu
bedienen, von denen der eine zum Hubmotor gehört, während der andere, ein
Wendeanlasser, dem Kran- und dem Brückenfahrmotor gemeinsam ist und auf einen der
beiden Motoren geschaltet werden kann. Dass infolgedessen die Fahrbewegungen der
Brücke und des Krans nicht gleichzeitig eingeleitet werden können, hat auf die
Förderleistung keinen Einfluss, da die Brücke verhältnismässig selten ihren Platz
wechselt.
Die Verladebrücke wird betrieben mit Drehstrom von 220 Volt Spannung, der dem
landseitigen Brückenfuss durch Schleifleitungen zugeführt wird, die in einem
hölzernen Kasten auf dem Boden des Platzes montiert sind. Der Kran empfängt den
Strom durch 7 in der Längsrichtung auf Brückenmitte ausgespannte Drähte und 7
Schleifringe,die an der Säule befestigt sind. Die elektrische Ausrüstung
lieferte die Firma Brown, Boveri & Co.,
Aktien-Gesellschaft, Mannheim-Käferthal.
Garantiert ist eine stündliche Förderleistung von 40 t. Thatsächlich wurden, wie die
Firma Jaeger angiebt, in einer Stunde in 26 Hüben 54 t
Kohle vom Schiff auf Lager befördert.
In Fig. 124 ist noch eine Abbildung des vorderen
Teiles der Brücke mit Drehkran beibegfügt.
(Fortsetzung folgt.)