Titel: | Verfahren und Vorrichtung zur Erzeugung von Gasglühlicht. |
Autor: | Rudolf Mewes, Moritz Scharfberg |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 62 |
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Verfahren und Vorrichtung zur Erzeugung von
Gasglühlicht.
Von Rudolf Mewes und Moritz Scharfberg
in Berlin.
Verfahren und Vorrichtung zur Erzeugung von
Gasglühlicht.
Das neue Verfahren zur Erzeugung von Gasglühlicht, insbesondere von grossen
Gasglühlicht-Bogenlampen, geht von dem Grundgedanken aus, dass ein Fortschritt in
der Gasglühlicht-Technik nur noch dadurch erzielt werden kann, dass bei der
Erzeugung des Lichtes das Prinzip des Oberflächenlichtes, wie es bei den
Leuchtkäfern, faulendem Holz, Phosphor u. dgl., infolge der Verbrennung an bezw.
unmittelbar in der Oberflächenschicht des Leuchtkörpers in ökonomisch bisher
überhaupt von keiner künstlichen Lichtquelle erreichten Weise sich bildet, zusammen
mit den übrigen die Leuchtkraft erhöhenden Bedingungen, wie Temperatursteigerung,
Massen Verminderung des Leuchtkörpers bei grösstmöglicher Leuchtfläche, Schutz gegen
Wärmeverluste durch Leitung, Druckbemessung und Zusammensetzung des
Brennstoffgemisches, Form und Anordnung der Leuchtkörper u.s.w., die Grundlage des
Verfahrens bildet und der Arbeitsprozess so geleitet wird, dass man zur Verminderung
der Beleuchtungskosten Ablicht erhalten oder bei direkter Lichterzeugung die Abwärme
und vorhandene Spannungsgefälle für mechanische Arbeitsleistung, für Beheizung u.
dgl., für Elektrizitätserzeugung und event. durch deren Hilfe für teilweisen Ersatz
des Brennstoffgemisches ausnutzt.
Zur Lösung dieser schwierigen, bisher vergeblich versuchten Aufgabe muss man nicht
nur die besten bekannten Leuchtkörper bezw. Leuchtkörpergemische oder –Vereinigungen
verwenden, sondern, entsprechend den neuesten Untersuchungen über die Entstehung des
Leuchtens lediglich durch chemische, insbesondere Oxydationsvorgänge, die das
Leuchten bewirkende Oxydation der Brennstoffe unmittelbar an oder in die Oberfläche
des Glühkörpers verlegen. Als Mittel hierzu kann man die Eigenschaft gewisser
Stoffe, wie Platin, Palladium, Baryumoxyd, Braunstein u.s.w., – Sauerstoff oder
Wasserstoff besonders bei feinster Verteilung dieser Stoffe auf die Oberfläche, auf
letzterer zu verdichten, – dazu benutzen, die Verbrennung direkt an die Oberfläche
des Leuchtkörpers zu verlegen, wie dies durch die bekannten Versuche von Davy, durch
das Döbbereinersche Feuerzeug, durch die Gasfernzünder und andere Vorgänge als
möglich nachgewiesen ist.
Vorbedingung für das Gelingen dieses Arbeitsverfahrens ist, dass die bei einer
solchen Oxydation erzeugte Temperatur höchste Weissglut ergiebt, aber keine
Explosion des Brennstoffgemenges bewirkt. Nun erfordert aber jedes brennbare Gas
oder Gasgemenge eine bestimmte Temperatur, um es zur Entzündung zu bringen; mischt
man mit demselben ein indifferentes Gas, so wird dasselbe sich abkühlen, sodass das
Gemenge nicht mehr oder nur schwer entzündbar ist. Recht günstig liegen für den
vorliegenden Zweck die Verhältnisse beim Knallgas und Wassergas, welche ja
vorwiegend für die Glühlichttechnik in Frage kommen, denn Knallgas explodiert noch,
wenn man einen Raumteil mit 2,82 Kohlendyoxyd, 3,37 Wasserstoff oder 9,35 Sauerstoff
mischt, aber nicht mehr, wenn man 2,89 Kohlendyoxyd, 3,93 Wasserstoff oder 1063
Sauerstoff hinzufügt. (Bimsen, Gasometrische Methoden.) Die Entzündungstemperatur
dieser Gemische ist:
Knallgas
und
Kohlendyoxyd
1790,6°
„
„
Wasserstoff
2116,8°
„
„
Sauerstoff
857,3°
Der letzte Fall ist wegen zu niedriger Temperatur für das vorliegende Verfahren nicht
geeignet. Die Verbrennungstemperatur und die Leuchtstärke kann man ferner nach
denVersuchen von Cailletet (Dinglers Polyt.
Journal, 1875) noch durch Erhöhung des Druckes, unter welchen die Verbrennung
erfolgt, erheblich steigern.
In welcher Weise man die vorstehenden Vorgänge zur Erzielung des günstigsten Effektes
in dem Arbeitsverfahren zu vereinigen hat, hängt von den äusseren Bedingungen und
der Natur der benutzten Brennstoffgemische ab. Jedenfalls kann man nach vorstehenden
Versuchsergebnissen, insbesondere bei Verwendung von Knallgas, die Verbrennung nur
an oder in der Oberflächenschicht von Platin, Palladium bewirken, ohne dass der
zugeführte Gasstrom selbst als ganzes sich entzündet. Hierdurch erlangt man aber den
technischen Vorteil, dass nur gerade soviel Brennstoff verbraucht wird, als gerade
zur Erhaltung des Glühkörpers auf der wenig unter 1800 bezw. 2100 Grad liegenden
Temperatur unbedingt erforderlich ist. Es werden also die durch die abziehenden
Verbrennungsprodukte bedingten Verluste auf ein Minimum herabgedrückt.
Bei Beheizung der inneren Oberfläche des Glühkörpers kann man dies übrigens auch
durch eine reine Knallgas-Gebläseflamme bei richtiger Einstellung derselben
erzielen, da in diesem Falle die Verbrennungsgase nicht unausgenutzt nach aussen
abziehen können. In letzterem Falle vermag man sogar, wenn man nur die bekannten
Katalytglühkörper bezw. deren Mischungen als Glühkörper benutzt, bei Anwendung des
Knallgasgebläses die Verbrennungstemperatur und damit die Leuchtkraft noch etwas zu
erhöhen. Ausserdem wird, da die Verbrennungsprodukte nur aus Wasserdampf bestehen,
und bequem nach einem Schornstein oder Entlüftungsschacht abgeleitet werden können,
ein Licht geschaffen, das in gesundheitlicher Beziehung mit dem elektrischen
Glühlicht vollkommen wetteifern kann.
Die vorstehenden Umstände und Vorgänge bedingen die Ausführungsform der
Leuchtvorrichtung und ermöglichen auch gleichzeitig durch die dadurch bestimmten
Verhältnisse die angestrebte Arbeitsweise des Ablichtes oder der Ausnutzung der
Abwärme oder Abenergie.
Die beiliegenden Zeichnungen zeigen einige nach dem vorbeschriebenen Verfahren
arbeitende Leuchtvorrichtungen.
Bei der in Fig.
1 dargestellten Ausführungsform ist der innere Zylinder a aus Platin, Palladium oder anderem geeigneten
Material, Metalllegierungen bezw. feuerfester Metallverbindung, wie Karborundum u.
dgl., von einem als Glühkörper dienenden Mantel b aus
den in der Leuchttechnik benutzten Oxyden, wie Thor, Cer, Lanthan, Magnesia, Kalk u.
dgl., unmittelbar umgeben, während die innere Fläche des Zylinders a mit einem dünnen Ueberzuge von Platin- oder
Palladiummoor bezw. einem Gemisch aus beiden ganz oder teilweise überzogen sein
kann. Das Brennstoffgemisch, am besten Knallgas, wird durch eine Zuleitung c, welche zweckmässig als Daniel'scher Hahn ausgebildet wird, in das Innere des ganzen Leuchtkörpers
eingeführt und durch Ableitung d abgeführt, um sodann
je nach Belieben die Abgase für Heiz- und Kochzwecke oder auch zum Betriebe von Ab
Wärmekraftmaschinen zu verwenden. Ein den Glühkörper umhüllender geschlossener oder
offener Schutzzylinder aus Glas ist nicht dargestellt worden.
Der Mantel b oder der innere Zylinder a können auch für sich als Glühkörper dienen. Der
erstere wird lediglich aus einem Gemisch der genannten Oxyde oder auch
gleichwertiger Metallverbindungen gefertigt und dann innen mit einem Ueberzug aus
Platin- oder Palladiummoor ganz oder teilweise versehen. Der metallische Glühkörper
kann rein metallisch
bleiben oder aussen mit einer pulverförmigen Schicht aus den beim Grasglühlicht
gebräuchlichen Oxyden überzogen werden. Die Zufuhr des Brennstoffgemisches und die
Ableitung der Verbrennungsprodukte bleiben die Gleichen wie bei der Vorrichtung nach
Fig.
1.
Textabbildung Bd. 318, S. 63
Fig. 2 stellt
einen von einer Glasbirne e umschlossenen metallischen
Glühkörper a dar; in diesem Falle werden die beiden
Bestandteile des Brenngasgemisches durch besondere Zuleitungen f und g in die beiden von
dem äusseren und inneren Zylinder gebildeten Räume h
und i geleitet, wobei in letzterem eine Scheidewand m zur Bestimmung der Strömungsrichtung der
Verbrennungsgase angeordnet sein kann. Jeder dieser beiden Räume h und i hat seine
besondere Ableitung k und l. Der Mantelraum h muss in der Wirklichkeit
grösser gewählt werden, als in der Zeichnung, damit sich das Glas, das durch das aus
Leitung f zugeführte kalte Gas gekühlt wird, nicht zu
stark erhitzt. Der Glühkörper a kann in diesem Falle
auch durch einen durchlochten Glühkörper, welcher ganz oder teilweise mit Platin-
oder Palladiummoor überzogen ist, ersetzt worden.
Die in Fig. 3
dargestellte Glühlampe unterscheidet sich von der in Fig. 2 dargestellten
Glühbirne nur durch die kugelförmige Gestalt.
Bei der in Fig.
4 dargestellten Birne besteht der Glühkörper a aus einem netzartigen Gewebe, das sowohl bei der Benutzung eines Metall-
oder Auerglühstrumpfes ganz oder teilweise mit Platin- oder Palladiummoor überzogen
sein kann. Der Glühkörper kann auch aus einzelnen kugelförmig gebogenen
Metalldrähten oder Glühfäden aus Oxyden bestehen.
Bei der Glühbirne nach Fig. 5 kann der Hohlraum
h evacuiert werden, so dass jede Wärmeübertragung
durch Leitung an die Glaskugel e verhindert wird;
indessen kann man in diesem Falle bei Benutzung eines Danielschen. Hahnes statt der Zugleitung c
ebenso zweckmässig ohne Evacuation Sauerstoff oder Luft vor dem Eintritt in den Hahn
erst den Hohlraum h durchströmen, sich vorwärmen und
dann erst im Innern des Glühkörpers a zur Verbrennung
gelangen lassen.
Die vorbeschriebenen Ausführungsformen der Leuchtvorrichtung können je nach Bedarf
verschiedentlich abgeändert, insbesondere auch so umgestaltet werden, dass sie eine
nach unten gerichtete Stellung erhalten, so dass die leuchtenden Flächen die
Strahlen hauptsächlich nach unten und nicht nach oben, wie bei den dargestellten
Ausführungsformen, senden. Bei kleineren Glühlampen wird man ähnlich wie bei den
elektrischen Glühlampen für Beheizung der Glühkörper an der äusseren Oberfläche
dieselben als gerade oder gewundene feine Drähte oder Fäden oder bei Beheizung von
innen als gerade gewundene feine Röhrchen ausbilden, welche letzteren am besten in
evacuierten Glasbirnen angeordnet werden. Bei Anwendung von Wasserstoff und
Sauerstoff führt man die Verbrennungsprodukte nach einem Kondensator ab, so dass im
Innern des hohlen Glühkörpers sehr geringer Druck herrscht.