Titel: | Die Hebezeuge auf der Düsseldorfer Ausstellung. |
Autor: | Georg v. Hanffstengel |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 115 |
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Die Hebezeuge auf der Düsseldorfer
Ausstellung.
Von Georg v. Hanffstengel, Ingenieur in
Stuttgart.
(Fortsetzung von S. 89 d. Bd.)
Die Hebezeuge auf der Düsseldorfer Ausstellung.
Laufkatze für 40 t Tragkraft von
H. Rieche, Wetter a. d. Ruhr, ausgestellt im Gebäude der Gutehoffnungshütte.
(Ausser Wettbewerb).
Die Laufkatze, welche ausser der Hauptwinde für 40 t eine Hilfswinde von 8 t
Tragfähigkeit besitzt, zeigt eine Reihe bemerkenswerter Eigentümlichkeiten. H. Rieche legt besonderen Wert darauf, die Abmessungen
der Katze in jeder Richtung klein zu halten, damit die Last möglichst nahe an die
Gebäudemauern herangefahren werden kann, also der Platz aufs äusserste ausgenutzt
wird. Schneckengetriebe sucht er indessen wegen des unzuverlässigen Wirkungsgrades
zu vermeiden und erreicht seinen Zweck durch eine sehr eigenartige Anordnung der
Stirnrädervorgelege. Pur vollständige Ausnutzung des Werkstattraumes ist ebenfalls
sehr wichtig, dass der Haken möglichst hoch gezogen werden kann und die Bauhöhe der
Katze gering ist. Daher wurde es vermieden, die Trommel, wie vielfach seitens
anderer Konstrukteure geschieht, unter die Plattform der Katze zu legen, um so an
Länge und Breite zu sparen. Auffallend ist bei der vorliegenden Ausführung, dass für
die beiden Hubwerke nur ein Motor vorhanden ist und der Führer mit einem Handrade
das Triebwerk umkuppeln muss, eine Handhabung, die immerhin einige Minuten Zeit
beansprucht. Der Grund ist Ersparnis an Anlagekosten.
Textabbildung Bd. 318, S. 115
Fig. 123. Laufkatze von Rieche (Schnitt AB).
Fig. 123–126 stellen
die Katze dar. Die doppelten Längsträger des Rahmens, auf denen die beiden Trommeln
der Hauptwinde getrennt von einander gelagert sind, werden durch eine Anzahl
Querverbindungen gegeneinander abgesteift. Auf der inneren Seite ruhen die Trommeln
in zwei kräftigen Flacheisenlängsträgem, die sich an die hohen Querverbindungen
anschliessen. Fig. 126 zeigt die Lagerung der
Hilfstrommel.
Der Einbau von zwei getrennten Trommeln für die Hauptwinde hat den Vorteil, dass
die beiden Antriebsvorgelege vollkommen gleiche Belastung erhalten, und somit auch
das Katzengerüst symmetrisch beansprucht wird.
Der Zahndruck der Trommelräder wirkt dem Seilzug entgegen und entlastet so die Welle,
was für den Wirkungsgrad der Winde nicht unwichtig erscheint.
Der 25pferdige Hubmotor, der bei voller Belastung 550 Umdrehungen in der Minute
macht, arbeitet zunächst auf ein Stirnrad Vorgelege mit Zwischenrad (t = 8π, z = 22/110), dessen
zweite Welle innerhalb der hohlen Trommelwelle gelagert ist und auf der
gegenüberliegenden Seite eine magnetisch bethätigte Bandbremse trägt. Dieses
Ineinanderlegen der Triebwerks wellen ist für die Raumersparnis von besonderer
WichtigkeitD. R. P.
a.. In der Mitte der Welle, zwischen den Trommeln, ist das Ritzel des
zweiten Vorgeleges (t = 15π,
z = 12/60
aufgekeilt, von dessen in Fig. 126 ausführlich
gezeichneter Welle sodann der Antrieb der Trommeln des Haupt- und des Hilfswindwerks
in folgender Weise abgeleitet wird.
Alle Trommeln laufen lose auf festgelagerten Achsen, die Hilfstrommel auf der Achse
eines Laufrades. Die Antriebsstirnräder sind auf den Trommelmantel aufgekeilt und
durch Schrauben gesichert. Die beiden durch Seitenkränze verstärkten Ritzel a sind für die grossen, Ritzel b für die kleinen Trommeln bestimmt. Die Welle c Lässt sich, wie aus der Figur leicht ersichtlich, durch ein Handrad
verschieben. Das grosse Stirnrad ist auf einer Welle d
befestigt, die sich in Gusseisenlagern dreht, welche in die Zwischenlängsträger
eingelassen sind. Mit dieser hohlen Welle werden die Ritzel a und b durch Klauenkupplungen g und h verbunden.
In der gezeichneten Stellung ist Welle c ganz nach
rechts verschoben und Kupplung g eingerückt, deren eine
Hälfte das auf c aufgekeilte Sperrrad e bildet. Damit treten die Hubritzel a in Wirksamkeit, die mit ihrer Welle durch Federn
verbunden aber durch Anschläge verhindert sind, deren Verschiebung mitzumachen. Die
Kupplung h ist ausser Eingriff. Am freien Fall wird die
Unterflasche des kleinen Hubwerks durch das Sperrrad f
gehindert, dessen mit Gewicht belasteter Sperrzahn in dieser Stellung eingreift und
das Ritzel b festhält.
Wird nun die Welle c nach links verschoben, so kommt
Kupplung g ausser Eingriff, gleichzeitig aber fällt der
Sperrzahn des Sperrrades e ein und verhindert die Welle
c sich zu drehen, setzt also das grosse Hubwerk
still. Stattdessen wird Kupplung h und damit Ritzel b eingerückt, während der zugehörige Sperrzahn an der
schrägen Fläche des Sperrrades hinaufgleitet und ausser Eingriff kommt.
Textabbildung Bd. 318, S. 116
Fig. 124. Laufkatze von Rieche (Grundriss).
Durch die selbstthätige Sperrung des nicht in Thätigkeit befindlichen GetriebesD. R. P. a. ist jede Sicherheit
gegen Unglücksfälle durch unvorsichtiges Ausrücken gegeben. Falls die Zähne der
Kupplungen beim Einrücken nicht aufeinander passen, muss der Führer den Motor in der
Hubrichtung anlaufen lassen.
Die Abmessungen der Trommel Vorgelege sind t = 15π, z = 12/60, bezw. t = 15π, z =23/37, die Trommeldurchmesser 650 und 475 mm.
Die Unterflasche hängt beim grossen Hubwerk in 8, bei der Hilfswinde in 4 Strängen,
doch beträgt die Uebersetzungnur 1 : 4 bezw. 1 : 2. Zum Ausgleich bei
ungleichmassiger Seildehnung dient eine im Katzenrahmen fest gelagerte Rolle. Bei
der Ausbildung des Flaschenzuges ist darauf Rücksicht genommen, dass die Seile nur
wenig aus der Mittelebene der Rollen abgelenkt und nur in einem Sinne gebogen
werden.
Die Trommel wird, um an Baubreite zu sparen, bis auf den letzten Gewindegang
ausgenutzt. Die im Anfang immer auftretende Seildehnung würde daher ein Aufziehen
des Hakens in die höchste Stellung in kurzer Zeit unmöglich machen, wenn nicht dafür
gesorgt wäre, dass das Seil in einfacher Weise nachgespannt werden kann. Daher ist,
wie Fig. 123 und 126
zeigen, das Seil um die Trommelnabe geschlungen und mit Schrauben leicht lösbar
festgeklemmt.
Besondere Beachtung verdient die Aufhängung des Hakens an der Unterflasche, die mit
Rücksicht auf Ersparnis an Bauhöhe so ausgebildet ist, dass der zwischen den Rollen
hochgeführte Hakenschaft sich mit Kugellager unmittelbar auf die Rollenachse
stützt.D. R. P.
137336. Durch den doppelten Anzug des Seiles wird vermieden, dass die
Unterflasche sich schief stellt, wie es bei einseitigem Seilangriff infolge der
höheren Spannungen in den ersten Seilsträngen geschieht und Biegungsspannungen im
Hakenschaft zur Folge haben kann. Wenn der Haken sich seiner höchsten Stellung
nähert, so wird der Führer durch elektrische Glockensignale aufmerksam gemacht,
Falls diese nicht gehört werden sollten, stösst die Flasche an die Katze an. Damit
in solchem Falle kein Bruch oder Beschädigung des Motors eintritt, ist in das grosse
Rad des Motorvorgeleges eine Ueberleistungskupplung eingebaut, die auch sonst in
Thätigkeit tritt, wenn Lasten von der 1 ¼ bis 1 ½ fachen zulässigen Maximallast an den Haken gehängt
werden. Die Wirkung dieser, schon in Stahl und Eisen 1901, S. 285 beschriebenen
KupplungD. R. G. M.
144900. ist nach Fig. 127 und 128, die
jener Zeitschrift entnommen sind und für einen etwas anderen Einbau gelten, leicht
zu verstehen. Vier durch Spiralfedern nach aussen gepresste Sperrzähne, die sich mit
der getriebenen Welle drehen, legen sich in Vertiefungen ein, die in den Kranz einer
auf der treibenden Welle aufgekeilten Scheibe eingeschnitten sind. In Fig. 123 tritt an Stelle dieser Scheibe das Zahnrad.
Im Betriebe legen sich die schrägen Flächen gegen einander, und der Umfangsdruck
sucht durch Keilwirkung die Federn zusammenzudrücken, die sich durch Muttern der
gewünschten Uebertragungsfähigkeit entsprechend einstellen lassen. Die Kraft, die
auf die Federn wirkt, ist abhängig vom Keilwinkel, wird aber auch beeinflusst durch
die Reibung, die der Sperrzahn an seinen Grleitflächen findet. Immerhin spielt die
Reibung hier eine Nebenrolle, und die Kupplung lässt sich daher jedenfalls viel
genauer auf eine bestimmte Umfangskraft einstellen, als eine Reibungskupplung, deren
Uebertragungsfähigkeit dem Reibungskoeffizienten direkt proportional ist. Demnach
darf man annehmen, dass die Kupplung ihre Aufgabe, Ueberlastung fernzuhalten,
wirklich zu erfüllenin der Lage ist, was von Reibungskupplungen für den
gleichen Zweck nur in sehr beschränktem Masse erwartet I werden darf.
Textabbildung Bd. 318, S. 117
Fig. 125. Laufkatze von Rieche (Seitenansicht).
Textabbildung Bd. 318, S. 117
Fig. 126. Laufkatze von Rieche (Schnitt CD)
Die Hubgeschwindigkeiten für volle Belastung ergeben sich aus den angeführten
Abmessungen wie folgt:
Haupthubwerk, Maximallast 40 t:
v=550\cdot \frac{22}{110}\cdot \frac{12}{60}\cdot \frac{12}{60}\cdot \pi\cdot 0,65\cdot \frac{1}{4}=2,2\mbox{ m/Min.}
Hilfshubwerk; Maximallast 8 t:
v=550\cdot \frac{22}{110}\cdot \frac{12}{60}\cdot \frac{23}{37}\cdot \pi\cdot 0,475\cdot \frac{1}{2}=10\mbox{ m/Min.}
Die Hubhöhe beträgt 10 m.
Textabbildung Bd. 318, S. 118
Zum Festhalten der Last dient die schon erwähnte Bandbremse mit Lüftmagnet, während
beim Senken der Motor als Stromerzeuger arbeitet. Die elektrische Ausrüstung ist von
Helios geliefert und entspricht der auf S. 434 f.,
Jahrg. 1902, beschriebenen Ausführung für den 30 t Kran der Duisburger Maschinenbau-Aktiengesellschaft.
Für den Antrieb des Fahrwerks ist ein 6pferdiger Motor mit 650 Umdrehungen gewählt,
der mit dreifachemRädervorgelege zwei Laufräder antreibt. Die letzte
Vorgelegewelle ist über die Katzenbreite durchgeführt und greift in die Zahnkränze
der auf Bolzen lose drehbaren Laufräder ein. Auch hier ist in das erste Vorgelege
eine Ueberlastungskupplung eingebaut, die wohl vor allem dann in Wirkung tritt, wenn
der Führer das Glockensignal nicht beachtet hat und die Katze gegen die Begrenzungen
der Fahrbahn anlährt. Die erste Vorgelege welle ist ähnlich gelagert wie beim
Hubwerk, die Fahrgeschwindigkeit ist 24 m/Min. bei angehängter Höchstlast und ca. 40 m/Min. bei leerem
Haken.
Die Länge der Katze in Richtung der Fahrbahn beträgt 2260 mm, die Breite 2760 mm. Die
Entfernung vom Hakenmaul bis Oberkante Katze ist ca. 1800 mm.
Die aus Fachwerk konstruierten Kranbrücken der Laufkrane von H. Rieche weisen die Eigentümlichkeit auf, dass an Stelle der inneren
Spurkränze der Laufräder Führungsrollen treten, die geringere Reibung ergeben als
jene. Die äusseren Spurkränze sollen nur im Notfall zur Wirkung kommen.Vergl. Stahl und Eisen 1901, S. 228
Der Führerkorb wird, wenn es im Interesse vollkommener Ausnützung des
Werkstattraumes wünschenswert erscheint, höher gelegt als sonst üblich. Falls dabei
der freie Ausblick beschränkt wird, kann dem Führer durch Winkel Spiegel die Last
bequemer sichtbar gemacht werden. Da der Führer zum Umkuppeln der Hubwerke die Katze
zu sich heranzufahren und das Handrad zu bedienen hat, so muss dessen Lage von der
Höhe des Korbes abhängig sein. Wenn erforderlich, wird es tiefer gelegt, als in Fig. 126 gezeichnet, und die Welle mit Hilfe eines
Hebels verschoben.
(Fortsetzung folgt.)