Titel: | Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für Kohle, Erze und Koks. |
Autor: | Georg v. Hanffstengel |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 171 |
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Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für
Kohle, Erze und Koks.
Von Georg v. Hanffstengel, Ingenieur in
Stuttgart.
(Fortsetzung von S. 118 d. Bd.)
Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für Kohle, Erze und
Koks.
Presslufthebezeuge von C.
Oetling, Strehla a. d. E., ausgestellt von der Offenbacher Druckluftanlage.
Textabbildung Bd. 318, S. 171
Presslufthebezeug von Oetling.
Neben der Elektrizität findet neuerdings Druckluft als Kraftübertragungsmittel mehr
und mehr Eingang im Werkstättenbetriebe. Wenn jene in erster Linie berufen scheint,
umständliche und kraftraubende Transmissionsanlagen zu ersetzen, so dürfte sich die
Druckluft besonders dazu eignen, Handarbeit, soweit sie in einem modernen Betriebe
überhaupt noch vorkommt, überflüssig zu machen oder auf das geringste Mass zu
beschränken. Daraus erklärt sich leicht, dass in Amerika Druckluft eine
vorherrschende Rolle spielt, denn man sucht wegen der hohen Arbeitslöhne drüben vor
allem an menschlichen Kräften zu sparen, während niedriger Preis des Rohmaterials
und zweckmässigere Fabrikationsweise die Anschaffung von Arbeitsmaschinen mit
verhältnismässig geringenKosten gestatten. Je mehr die amerikanischen
Grundsätze auch in europäischen Fabriken zur Geltung gelangen – und das brachte
namentlich die letzte Hochkonjunktur mit sich – ein um so grösseres Arbeitsgebiet
wird sich auch die bisher noch wenig beachtete Druckluft verschaffen.
Textabbildung Bd. 318, S. 171
Fig. 131. Laufkatze und Trägerweiche für ein Presslufthebezeug.
Als Vorteil gegenüber elektrischem Betriebe darf zunächst aufgeführt werden, dass die
Anschaffungskosten der Primäranlage und der Arbeitsmaschinen verhältnismässig gering
sind. Daher kann Pressluft für Anlagen, die nicht dauernd benutzt werden, bei denen
also die Betriebskosten nicht in den Vordergrund treten, auch dann anderen
Betriebskräften überlegen sein, wenn der Wirkungsgrad bei dem betreffenden Vorgang
sich ungünstiger stellt. Für viele Fälle ist ferner das geringe Gewicht und der
massige Umfang der Apparate von Wichtigkeit, da sie hierdurch für den Transport
besser geeignet werden. Eisenkonstruktionswerkstätten und Schiffswerften werden
deshalb Druckluft Werkzeuge zweckmässig für das Behauen schon genieteter
Knotenbleche, zum Bohren von Löchern u.s.w. benutzen. Besonders vorteilhaft wird Druckluft dann
sein, wenn der Arbeitsvorgang ihrer natürlichen Wirkungsweise entspricht, wenn also
hin- und hergehende Bewegungen auftreten, während Elektrizität für rotierende
Bewegung von vornherein als die gegebene Triebkraft erscheint. Mit jeder
Bewegungsänderung ist eben ein Arbeitsverlust verbunden, der indessen keineswegs
immer den Ausschlag giebt, wenn die oben angeführten Gesichtspunkte sich geltend
machen.
Nach diesen Grundsätzen wäre die Wirtschaftlichkeit einer Pressluftanlage zu
beurteilen. Für genaueres Studium sei der Katalog von C.
Oetling empfohlen, der ausführliche Angaben enthält.
Textabbildung Bd. 318, S. 172
Horizontales Hebezeug von Oetling.
Textabbildung Bd. 318, S. 172
Fig. 134. Bockkran mit Presslufthebezeug von Oetling.
Hebezeuge mit Pressluftbetrieb sind vor allem dann verwendbar, wenn es sich darum
handelt, Lasten auf eine massige Höhe zu heben, wie es in Werkstätten häufig
vorkommt. So wird z.B. empfohlen, in Eisenbahn Werkstätten zum Einbringen von Achsen
in die Drehbänke diese Apparate zu benutzen, weil damit die Zahl der Hilfskräfte und
die Zeit des Einbringens erheblich verkürzt wird. Vor anderen Hebezeugen haben sie
den Vorteil der Einfachheit und Billigkeit und des bequemen Transports infolge
geringen Gewichtes, sowie ferner beliebig grosser Hubgeschwindigkeit, wie sie bei
Hebezeugen mit Trommel unmöglich zu erreichen ist ohne sehr starke und und schwere
Motoren.
Aus Fig. 129
und 130 ist
die Wirkungsweise des normalenOetlingschen
Hebezeuges leicht verständlich. Die Kolbenstange besteht aus Stahl, der Kolben aus
Stahlguss, aus demselben Material ist der Zylinder gefertigt, um an Gewicht zu
sparen. Die am unteren Zylinderende angebrachte Steuerung wird durch zwei Ventile
gebildet, die den Zylinder mit der Druckleitung oder mit der freien Luft in
Verbindung setzen und durch einen Hebel mit Handketten betätigt werden. Ist der
Haken in seiner höchsten Stellung angekommen, so stösst ergegen einen Anschlag, der
das Einströmungsventil schliesst. Mit dem Druckwasser hat Pressluft den Uebelstand
gemein, dass der leere oder nur wenig belastete Haken nur langsam sinkt, weil die
Luft nicht schnell genug durch die Kanäle entweicht, die mit Rücksicht auf genaue
Steuerung eng gehalten werden müssen. Ausserdem hindert die Reibung des Kolbens und
der Stopfbüchse den Niedergang. Hier wird dieser Schwierigkeit dadurch abgeholfen,
dass durch einen Hahn am oberen Zylinderende frische Pressluft über dem Kolben
zugeführt, und so die Abwärtsbewegung beliebig beschleunigt werden kann. Der Hahn
dient gleichzeitig dazu, den oberen Teil des Zylinders während der Hubbewegung mit
der Aussenluft in Verbindung zu setzen.
Der Kolben wird durch ein in den Zylinderdeckel eingeschraubtes Rückschlagventil
geschmiert, und zwar in der Weise, dass der Raum, der über dem Kolben in dessen
höchster Stellung noch verbleibt, vollständig mit Oel gefüllt wird.
Am unteren Zylinder ende ist eine Hilfskette angebracht, welche den Haken hält, wenn
das Hebezeug mit anhängendem Arbeitsstück auf grössere Entfernungen transportiert
werden soll. Dadurch werden lange Schlauchleitungen entbehrlich. Die Kette hängt in
der Regel frei herab und wird in dem angeführten Fall durch den Haken auf einen
ihrem Aufhängepunkt gegenüberliegenden Ring gezogen, in dessen Verengung sich ein
Kettenglied einlegt, um durch das nächste querliegende Glied festgehalten zu werden
(Fig.
130).
Die normale Hubhöhe ist 1,2 m. Bis zu 5,5 m wird der Zylinder noch in einem Stück
angefertigt, darüber aus mehreren Rohren zusammengesetzt.
In nachfolgender Tabelle sind nach dem Kataloge von Oetling für einige normale Grossen die wichtigsten Daten gegeben, wobei
1,2 m Hubhöhe und ein Ueberdruck von 6 Atm. zu Grunde gelegt wurden. Die, letzte
Spalte giebt den Verbrauch an Luft von atmosphärischer Spannung.
Tragkraftkg
Zylinder-durchmessermm
Eigen-gewichtkg
Luft-verbrauchl
250
80
62
40
1000
155
90
160
5000
344
450
780
10000
486
670
1560
20000
686
1140
3120
Die Aufhängung des Hebezeuges an einer einfachen Laufkatze zeigt Fig. 131, die zugleich erkennen lässt, in welcher
Weise der Uebergang von einem Träger auf einen anderen, dazu rechtwinklig liegenden,
bewerkstelligt wird. Dazu dient ein drehbar aufgehängtes, kurzes Trägerstück, das
bei aufgefahrener Laufkatze durch einen Hebel mit Zugketten geschwenkt wird. Der
Drehzapfen ist auf Kugeln gelagert. Die Laufkatze wird während der Drehung durch
eine Feststellvorrichtung am Abrollen gehindert. Wird für grössere Lasten
mechanische Katzen Verschiebung erforderlich, so wird ein durch Haspelrad und Kette
getriebenes Zahnradvorgelege eingebaut, das auf zwei Laufräder wirkt.
Wenn nur geringe Werkstatthöhe zur Verfügung steht oder grössere Hubhöhe gewünscht
wird, so kann der Zylinder nach Fig. 132 und 133
horizontal gelegt werden. Der Kolben wirkt dann auf eine am Träger in einem
besonderen Wagen aufgehängte lose Rolle, so dass die Hublänge sich verdoppelt. Zum
Vorschub dient ein auf die Achse einer Laufrolle gesetztes Haspelrad.
Für Krane kann pneumatischer Betrieb empfehlenswert sein in solchen Fällen, wo
Pressluft ohnedies zur Verfügung steht und die Vorrichtung so selten gebraucht wird,
dass die Anschaffung eines elektrischen Kranes zu teuer ist. Fig. 134 gibt als Beispiel die Skizze eines
Ueberladekranes für Bahnhöfe, bei dem die Last pneumatisch gehoben und die Katze von
Hand verfahren wird. Natürlich wäre es nicht schwierig, auch für die
Katzenverschiebung einen Pressluftzylinder einzubauen. Das geringe Eigengewicht des
Hubwerkes bringt den Vorteil mit sich, dass auch das Gerüst verhältnismäßig leicht
wird, doch muss es unter Umständen höher gebaut werden, weil durch den
herabhängenden Zylinder Hubhöhe verloren geht. Für Drehkrane, Portalkrane, Aufzüge
u.s.w. ist Pressluft gleichfalls anwendbar, doch muss bei grösserem Hube die Last
indirekt mit Kette oder Seil durch einen umgekehrten Flaschenzug gehoben werden.
Als Ausstellungsgegenstände von Oetling sind noch kleine
Hebezeuge zu erwähnen, die zum Oeffnen und Schliessen unzugänglich gelegener Fenster
dienen und aus beliebiger Entfernung gesteuert werden können.
Presslufthebezeug für 500 kg Tragkraft von Herm. Hartung
Nachfolger, Düsseldorf-Oberbilk.
Die in Fig.
135 bis 138 wiedergegebene Ausführung von Herm.
Hartung unterscheidet sich in einer Reihe von Punkten von der zuletzt
besprochenen. Als Material für den Zylinder ist Messing gewählt und damit Wandstärke
und Gewicht aufs äusserste reduziert. Gusseiserne Deckel mit eingegossenen
Luftzuführungskanälen schliessen oben und unten ab, und werden von vier
durchgehenden, 16 mm starken Ankern zusammengehalten, bezw. gegen den Zylinder
gepresst. Im oberen Deckel ist ein mit Schraube verschliessbares
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Presslufthebezeug von Härtung.
Schmierloch vorgesehen. Der Kolben dichtet mit Ledermanschetten ab.
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Steuerschieber zum Presslufthebezeug von Herm. Hartung.
Von besonderem Interesse ist die in Fig. 139 und 140
dargestellte Steuerung. An Stelle von Ventilen benutzt Hartung einen in Fig. 140 mit b bezeichneten drehbaren Flachschieber, ähnlich dem der
Westinghousebremse, der durch den Luftdruck und
durch eine Feder e gegen die Gleitfläche, gepresst
wird. Gedreht wird er durch einen in den Zeichnungen nicht angegebenen Hebel, der
auf dem Vierkant der Spindel d sitzt. Der
Schieberspiegel hat drei Oeffnungen. Der Kanal f steht
mit dem Raume über, g mit dem unter dem Kolben in
Verbindung, h führt ins Freie. Die Pressluft tritt
durch den Gehäusedeckel c ein.
Fig.
139 giebt die Mittelstellung des Schiebers wieder, in der alle Kanäle
abgeschlossen sind. Wird er nach links gedreht, so kann durch g Pressluft unter den Kolben treten, während
gleichzeitig eine Aussparung im Schieber die Kanäle f
und h miteinander in Verbindung setzt, sodass die Luft
über dem aufsteigenden Kolben entweichen kann. Rechtsdrehung des Schiebers hat
Kommunikation von g und h
zur Folge, d.h. die Luft unter dem Kolben kann austreten und die Last senkt sich. Da
aber die Ueberdeckung am Kanal f ziemlich gross ist, so
bleibt dieser zunächst geschlossen, über dem Kolben bildet sich also ein Vakuum, das
bremsend wirkt und langsames Senken erleichtert. Erst wenn der Schieber weiter
gedreht wird, tritt Pressluft durch f über den Kolben
und führt beliebig grosse Senkgeschwindigkeit herbei.
Aus Fig. 135
und 136
sind der Einbau der Steuerung und die Rohrverbindungen zu ersehen. Am oberen Ende
des Zuleitungsrohres wird vor dem Anschluss der Schlauchleitung ein Rückschlagventil
eingeschaltet, das bei eventuellem Platzen des Schlauches Herabfallen der Last
verhindert. Gelangt der Haken in seine höchste Stellung, so stösst er gegen eine
Traverse m und nimmt auf diese Weise den Ausrückstift
k mit, der den Steuerhebel in die Mittelstellung
dreht. Der Bolzen l dient nur zur Führung der
Traverse.
(Fortsetzung folgt.)