Titel: | Neuerungen in der Papierfabrikation. |
Autor: | Alfred Haussner |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 241 |
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Neuerungen in der Papierfabrikation.
Von Professor Alfred Haussner,
Brünn.
(Fortsetzung von S. 232 d. Bd.).
Neuerungen in der Papierfabrikation.
3. Stoffmühlen und andere Verkleinerungsapparate.
Bei jenen Kegelmühlen, besonders amerikanischer Herkunft, welche sich an die
ursprüngliche Jordansche BauartVergl. auch D. p. J. 1890, Bd. 277, S. 176. Marschall u.a. lehnen,
finden wir kaum nennenswerte Abänderungen, trotzdem sie für das Feinmahlen von schon
vorgemahlenem Papierzeug nach wie vor vielfach mit Vorliebe benutzt werden. Ch. E. Torrance in Northampton, Mass., legt nach
amerik. Patent 662746 den Mahlkegeln einen grösseren Raum vor, um möglichst sicher
alle spezifisch schweren und den Messern gefährlichen Stücke auszuscheiden, bevor
der Stoff zur Mahlung zwischen die Messer tritt. Salomon R.
Wagg in Appleton setzt nach amerik. Patent 625 818 die kegeligen
Mahlflächen je aus zwei verschieden geneigten Kegeln zusammen, um zwischen den flach
gegen die Achse, in der Nähe des Stoffauslaufes liegenden Messern sanftere Wirkung
derselben zu erzielen, was aber nach Ansicht des Verfassers, abgesehen von der
schwierigeren Zusammensetzung der Messern ng, recht fraglich erscheint. J. J. Foley kommt im amerik. Patent 660691) auf
Mühlsteine zurück, welche, in Gehäuse gefasst, auf wagerechte Wellen aufgebracht
werden und mit den zur Drehungsachse senkrechten Flächen arbeiten sollen. Dabei wird
jedem Mahlstein bei gleicher Drehungsrichtung eine andere Umfangsgeschwindigkeit
erteilt, wodurch sich gleitende Reibung, eigentliches Mahlen, ergibt. Gewiss kann
man dadurch, dass beide Steine angetrieben werden, das Mahlen den jeweiligen
Erfordernissen besser anpassen; doch ist dies zweifellos wesentlich verwickelter,
als die Anordnung, wenn nur ein Stein angetrieben, der andere festgelegt wird.
Ausserdem haben wir uns wohl zu überlegen, ob Steine überhaupt, besonders für das
Feinmahlen angewendet werden dürfen, wenn wir den Stoff sandfrei haben wollen.
Textabbildung Bd. 318, S. 241
Fig. 65. Stoffmühle mit wagerechtem Läufer von Neubert.
Bruno Neubert in Mittweida–Markersbach gibt im D. R.-P.
124722 eine Stoffmühle mit wagerechtem Läufer an, bei welchem in eigentümlicher
Weise dafür gesorgt wird, dass der Stoff nicht vorzeitig die Messerung verlasse. Der
Stoff kommt (Fig. 65) durch h in den Trichter d und von da durch sanfte
Leitflächen zwischen die Messer l der Bodenscheibe und
m des Läufers, welche nach Angabe des Erfinders
„tangential“ gestellt sind. Wie das gemeint ist, kann man sich allerdings
schwer vorstellen. Möglicherweise sindunter ziemlich spitzem Winkel gegen den
Umfang verlaufende Messer gemeint. Bei der Drehung des Läufers kreuzen sich die
Messer scheerenartig und zerteilen die Fasern. Die Messer ragen, wie die Zeichnung
erkennen lässt, ziemlich stark aus den Scheibeflächen hervor und bilden solcherart
ziemlich tiefe Kanäle für die Stoffleitung. Die Scheiben rücken aber am Umfange mit
Rändern o, n so weit gegeneinander, dass die Kanäle
zwischen den Messern dadurch nach aussen abgeschlossen werden und der Stoff nur
durch kleine Oeffnungeri p in dem Abschlussrande n der Bodenscheibe in geringer Menge austreten kann, im
einzelnen also der Stoff länger zwischen Messern bleiben muss. Wenn wir etwas
überlegen, so erkennen wir leicht, dass schon durch die Wirkung der Schwerkraft der
Stoff aus dem Läufer heraus nach abwärts strebt. Dieselbe Kraft veranlasst aber die
Neigung für den Stoff, zwischen den Messern am Boden liegen zu bleiben. Wenn nun
nicht durch den von oben nachdrängenden Stoff verhindert wird, dass sich faule
Winkel bilden, so ist dies zweifellos ein Mangel, der auf die Qualität des Stoffes
sehr bös rückwirken kann. Immerhin ist es denkbar, die Löcher p geschickt zu verteilen und dadurch den Stoff ziemlich
gleichmässig durch die Rinne k aus dem Gehäuse i zu bringen.
Eine vorbereitende Behandlung für Holzstoffpappe besorgt die Zerreissmaschine von W. Siedersleben & Co. in Bernburg nach D. R.-P.
113079. Auf zwei gegeneinander sich drehenden Wellen sitzt eine Anzahl von Scheiben
mit sägezahnartigem Umfange. Diese fassen die durch einen Fülltrichter eingeführte
Pappe und reissen sie zwischen Roststäben hindurch, wobei die Pappe
begreiflicherweise weitgehend, wenn auch nur unregelmässig, was ja hier ausreicht,
zerrissen wird. Auch J. H. Annandale benützt nach
amerik. Patent 625311 kreissägenartige Scheiben, welche aber gegen ein ähnlich
geformtes Gehäuse arbeiten. Dadurch sollen sogar Hadern gemahlen werden. Der für die
Papierfabrikation ausreichende Erfolg mag allerdings bezweifelt werden.
Für die Wiederauflösung von Papier und Papierabfällen wird nach wie vor der
Kollergang mit geeigneten Steinen und Trogformen benützt. In letzterer Zeit sind
hierfür knetend wirkende Apparate in verschiedener Ausführung in Gebrauch
gekommen.Vergl. D. p. J. 1896,
Bd. 300, S. 291.
Werner & Pfleiderer in Cannstadt haben ihre bekannten und
gut eingeführten Kneter für di Papierfabrikation umgestaltet, insbesondere die
Knetschnecken mit gezahnten Rändern versehen, wodurch, wie die Erfahrung zeigt, sehr
günstige, gefahrlos und einfach zu bedienende MaschinenVergl. Papierzeitung 1898 S. 2853.
geschaffen worden sind, welche die Fasern sehr schonen und mindestens gleich gute
Arbeit wie der Kollergang leisten, dabei aber anscheinend weniger Kraft
gebrauchen.
Textabbildung Bd. 318, S. 242
Fig. 66. Knetapparat von Wurster.
Textabbildung Bd. 318, S. 242
Fig. 67. Knetapparat von Wurster.
Im D. R.-P. 116052, sowie in Patenten anderer Staaten, hat Dr. Casimir Wurster auch eine Art Knetapparat geschützt erhalten, der
kontinuierlich oder periodisch arbeiten kann (Fig.
66, 67). Auf den Wellen b, c befinden sich schiffschraubenartig gekrümmte Knetflügel i, welche so lang gemacht werden, dass sie aneinander
und an den Gehäusewänden vorüberkönnen, was um so notwendiger ist, als die Wellen,
zur Erzielung einer geeigneten relativen Geschwindigkeit an der engsten Stelle, mit
verschiedener Geschwindigkeit von der Riemenscheibe d
aus durch die Zahnräder e, f angetrieben werden. Gibt
man nun bei geöffneten Deckeln g, h die zu
zerkleinernden Papierabfälle, allenfalls unter beliebiger Wasserzufuhr, auf und
lässt die Wellen b und c
sich drehen, so werden wegen der verschiedenen Geschwindigkeit derselben, sowie
wegen der Reibungen zweifellos die Fasern in ihrem Zusammenhang gelockert, gut
durchgeknetet. Weil weiter aus der Gestalt der Flügel die Neigung folgt, den Stoff
nach einer Seitenwand zu schieben, so drängt sich der Stoff gegen diese und tritt,
wenn man es gestattet, durch eine Oeffnung m aus. Legt
man dagegen die Deckel g, h nieder, so treten die
Spitzen k in Wechselwirkung mit den zwischen ihnen
hindurchgehenden Flügeln i, wodurch der eingetragene
Stoff zerfasert wird. Man kann nun bei geschlossenen Deckeln und geschlossener
Oeffnung m den Stoff beliebig lang behandeln und dann
erst austreten lassen, oder man macht m von solcher
Grösse, dass dadurch eine bestimmte Zeit für das Verweilen in dem Apparate bedungen
wird, wobei ganz wohl ununterbrochen gearbeitet werden kann, indem man Deckel g geöffnet lässt, daher in dem betreffenden Teil des
Apparates nur aufgibt und knetet, während bei dem Weiterwandern des Stoffes dann
unter dem geschlossenen Deckel h zerfasert wird. Nach
den mit der Maschine gemachten Erfahrungen werden festere Bestandteile, wie Lumpen,
Schnüre u. dergl. ausgeschieden und können grösstenteils während des Betriebes von
Hand ausgelesen werden.
Als Hilfsmaschine zu diesem Zerfaserer schlägt Dr.
Wurster einen Apparat vor, bei welchem zwei fast zahnradartig ineinander
greifende Walzen das eingeführte Papier kräftig zusammenquetschen, worauf es von
Kreissägen erfasst und in Streifen geschnitten wird, welche von
kreisendenFlügeln in Stücke zerrissen werden. Erst diese kommen dann in den
Zerfaserer. Manchmal wird das Papier noch vorher gefeuchtet, was durch Spritzrohre
in einem pyramidalen Aufsatz auf den Fülltrichter des Zerfaserers geschehen
kann.
Noch kräftiger wird von Gaston Brigalant in Barentin
nach amerik. Patent 611956 Lederabfall behandelt, um ihn offenbar als Zusatz zu dem
gewöhnlichen Papierstoff zu gebrauchen. Dort sind tatsächlich wie Räder, und zwar
mit langen Zähnen ineinandergreifende Walzen vorhanden, welche den schon durch
vierzehn Tagen in warmem Wasser erweichten Lederabfall zerquetschen und zerteilen,
indem an der einen Walze die Zähne scharfkantig, an der anderen Walze abgerundet
gehalten werden. Dabei wird in einem Troge ähnlich wie bei gewissen
Untergrundholländern mittels einer Pumpe Stoffumlauf in lothrechter Ebene
unterhalten.
Auch Robert Dietrichs Raspler ExhaustorVergl. D. p. J. 1902, Bd. 317 S. 749. wird nach D. R.-P. 119178 zur
Wiederauflösung von Altpapier verwendet, wobei selbsttätige Zufuhr der Papierteile
mit Hilfe von Saugrohren zum Raspier eingeleitet werden kann. Weil der Raumbedarf
hierfür sehr gering ist, kann beispielsweise dieser Raspier ganz in die Nähe einer
Papiermaschine gestellt werden, um den Abfall derselben möglichst einfach und rasch
wieder zu verarbeiten.
4. Bleichen.
Nach allem, was aus der Praxis des Bleichens der Papierfasern zu hören ist, scheint
das Bleichen mit Chlorkalk noch immer an erster Stelle
zu stehen. Der Papiermacher benützt das fertige Produkt und für ihn ist es im
allgemeinen gleichgiltig, woher es stammt, wenn nur sein Wert, begründet in dem
Gehalt an zum Bleichen nutzbarem Chlor, ein entsprechender ist. Allerdings sollen
auf elektrischem Wege ungemein reiche Bleichkalke u. dergl. gewonnen werden. So
werden durch Elektrolyse von Kochsalz mittels der Hargreaves-Birdzelle Bleichkalk von 37 v. H. wirksamen Chlor, nach dem
Verfahren von Stroof und Castner-Kellner Chloralkalien mit einem Gehalt von sogar 39 v. H. und
darüber an wirksamen Chlor erzeugt.
Textabbildung Bd. 318, S. 242
Fig. 68 u. 69. Filtereinrichtung von Bollmann.
Wichtig ist nach den Erfahrungen jedenfalls, die Chlorlösungen ganz klar anzuwenden,
weil dadurch ihre Wirkung wesentlich erhöht wird. Abstehenlassen ist keineswegs
ausreichend, vielmehr werden hierfür eigene Filterkonstruktionen empfohlen. Unter ihnen wird
diejenige von Georg Bollmann in Hamburg sehr gerühmt.
Fig. 68
und 69
zeigen eine solche Anlage im Prinzip nach einer Skizze der „Papierzeitung“
1901. Aus dem links stehenden Messbehälter a, in
welchen aus Klärbehältern die Bleichlösung etwa mittels Pumpen gelangt, strömt sie
nach Bedarf in die Filter e durch das Bleirohr h und Hahn 2. Dort dringt
sie von oben durch das auf dem Siebe b befindliche
Filtermaterial c und dann durch die an das Filter
angeschlossene Bleirohrleitung 5, 8, 9 zu den
Bleichholländern f, wobei durch Hähne nach Bedarf die
Bleichlösung in verschiedene Holländer geleitet werden kann. Soll das Filter
gereinigt werden, so lässt man die in demselben befindliche Bleichlösung durch den
Hahn 11 ab und durch Hahn 6 Spülwasser aus der Fabrikswasserleitung durch Leitung 10 zu. Dieses durchströmt entgegengesetzt dem
Bleichflüssigkeitsstrom von unten nach oben die Filtermasse, welche durch das bei
d angedeutete Rührwerk aufgewühlt und in 5–10
Minuten gereinigt sein kann, während das Spülwasser bei dem Dreiweghahn 2 vorüber in das Rohr 7
und aus diesem in den Trichter 13 fliesst. Dort ersieht
man auch unmittelbar den Fortschritt der Reinigung. Vor Inbetriebsetzung muss der
Filter zuerst von unten angefüllt werden mittels Wasser aus 6 bei geschlossenen Hähnen 2 und 4, während die Luft durch Rohr 12 entweicht. In der ganzen Anlage erinnert diese Einrichtung ungemein an
den allerdings nur für die Wasserreinigung gedachten Warrenschen Filter.Vergl. D. p. J. Bd.
285, S. 146.
Hochinteressant ist das als Sauerstoffbleiche bezeichnete Verfahren von Albert Ahlin in Billingfors nach D. R.-P. 126265.
Darnach wird ganz oder teilweise erschöpfte Bleichflüssigkeit innig mit Luft
gemischt und dann in dem so erzielten milchigen Zustande mit dem vorgebleichten
Stoffe vermengt. Dieser wird dadurch augenblicklich kreideweiss. Sollte dabei eine
Art Ozonwirkung mit im Spiel sein? – Regt doch S.
Ferenczi in der „Papierzeitung“ 1899 an, Ozon zur Papierbleiche
ausgiebiger zu benützen. Wenn das Ahlinsche Verfahren
wirklich darauf hinauskommt, so wäre der ausserordentliche Nutzen augenscheinlich.
Neben der Chlorkalkbleiche spielen anscheinend vorläufig in der Papierfabrikation
andere Bleich verfahren nur eine untergeordnete Rolle. So die Hypochloritbleiche, wobei die Bleichflüssigkeit u.a.
mit dem Schoopschen Elektrolyseur erzeugt wird; die Jutebleiche mit Chlorkalk, Soda, übermangansaurem Kali
und Natriumsulfit; die Entfärbung anilinschwarzer
Baumwolllumpen mittels saurer schwefligsaurer Salze und nachfolgender
Chlorkalkbleiche u. dergl.
Die elektrochemischen Verfahren können eben trotz guter Bleicherfolge deshalb schwer
Eingang finden, wie V. Engelhardt u.a. in einem Vortrag
im österreichischen Ingenieur- und Architektenverein dartat, weil sie anscheinend
noch zu teuer arbeiten, wenn nicht besonders günstige Verhältnisse obwalten.
5. Leimen.
Inbezug auf die vegetabilische Leimung ist vorläufig WurstersVergl. Hofmann, Handbuch d. Papierfabrikation, 1891,
S.297. Ansicht herrschend, dass vor allem fein verteiltes
„freies“ Harz der wirksame Körper sei, welcher die Fasern umhüllt und
wasserabstossend das Papier nicht durchschlagsfähig macht. Wohl treten auch
einigermassen abweichende Meinungen hervor, wie unter anderen von Professor Dr. Friedländer und Dr. H.
Seidel,Vergl. Mitteilungen
des k. k. technologischen Gewerbemuseums in Wien Jahr 1901 Heft
1–3.) welche, auf sorgfältigen Versuchen fussend, auch der Tonerde
einen nicht unwesentlichen Einfluss beim Ausfällen des Harzleimes mittels
schwefelsaurer Tonerde zuschreiben. Begreiflich ist es aber, wie auch die
letztgenannten Verfasser zugeben, dass man bestrebt ist, tunlichst viel freies Harz
in den Leim zu bringen. In dieser Richtung wird vielfach vorgeschlagen und auch
bereits geübt, Harz mit viel weniger Alkali zu kochen, als zur vollständigen
Verseifung desselben notwendig wäre. Darauf hinaus geht unter andern das D. R.-P.
120324 von Heinrich Hampel und Viktor Zampis, welche in zwei Absätzen, zuerst mit 3 v. H. und dann mit 7
v. H. Soda kochen; das Verfahren von D. Peniakoff nach
D. R.-P. 113467 und 118307, welcher Tonerdealkaliharzseifen, teilweise unmittelbar
in fester Formdurch Stehenlassen der innigen Mischung fein verteilter Pulver
aus festem Natriumaluminat und Harz herstellt; das Verfahren von Th. Pringle Milligan nach D. R.-P. 120662, welcher auf
4 Gewichtsteile Harz 1 Gewichtsteil Soda und noch 4 Gewichtsteile Stärke benützt und
die Mischung als trockenes Pulver auf bis zu 80° erwärmtes Wasser streut.
Das vielleicht grösste Interesse beanspruchen aber die Erfindungen von Fritz Arledter nach D. R.-P. 95416 und 97832, sowie von
Dr. Karl Dreher, nach D. R.-P. 112614 und
118233.
Arledter kocht die Harzseife unter Dampfdruck bis zu
zehn Atmosphären, also bei einer Temperatur von 100–200 Graden bei ununterbrochener
drehender und schüttelnder Bewegung der kochenden Masse. Dadurch wird der Gehalt an
freiem, fein verteiltem Harz wesentlich gesteigert und kann angeblich bis auf 45 v.
H. gebracht werden. An Alkali sind nur etwa 7–10 v. H., statt 10–15 v. H. des
bisherigen Verfahrens notwendig. Mit 1 ½ v. H. Harz kann nach diesem Verfahren das
Papier leimfest gemacht werden. Arledter schreibt den
günstigen Erfolg dem in geschlossenen Gefässen allseits gleichen Druck, und der
dadurch erzielbaren gleichmässigen Verteilung der verseiften und unverseiften
Harzteile zu. Ungelöstes Harz kommt in solchen Kesseln nicht leicht vor. Die mit
freiem Harz gesättigte Harzseife hat auch eine bedeutende Aufnahmefähigkeit für
Stärkemehl. Das Arledtersche Leimkochverfahren erspart
weitgehend die Handarbeit. Ist der Kessel gefüllt und in Bewegung gesetzt, so hört
jede Handarbeit auf, nur auf das Dampfzuflussrohr und das Manometer ist zu achten.
Am Probeventil kann man sich von der Beschaffenheit der Harzseife überzeugen, worauf
sie dann, wenn sie entspricht, durch den herrschenden Dampfdruck in höher stehende
Aufbewahrungsgefässe gedrückt werden kann. In die Rohrleitung wird ein Filter aus
Asbest, Koks, Knochenkohle oder anderen Stoffen, allenfalls auch nur ein Sieb
eingeschaltet, um den Leim mechanisch von Verunreinigungen zu befreien, ihn nach
Wunsch auch zu entfärben und dadurch für feine Papiere besonders geeignet zu
machen.
Diese Harzseife wird dann nach Arledter am besten in
Doppelrührwerken in kaltem Wasser, um das Harz am Zusammenballen zu hindern, zu
einer Milch aufgelöst. Eine Reihe von Fabriken arbeitet bereits mit sehr
befriedigendem Erfolge nach diesem Verfahren. In Hamburg hat sich eine Gesellschaft
mit 500000 Mark Kapital zur Konzentration der Papierleimfabrikation nach Arledterschem System gebildet.
Textabbildung Bd. 318, S. 243
Fig. 70. Apparat zur Leimbereitung nach Keferstein, Shmith und Huth.
In Zusammenhang mit dieser Art der Leimbereitung scheint auch das D. R.-P. 111132 an
Keferstein, Shmith und Huth zu sein. Das Harz wird (Fig. 70) auf
ein Sieb s im Zylinderkessel a mit Dampfmantel c so gelegt, dass es,
schmelzend in den Dämpfen aus der unterhalb in e
befindlichen Lauge in diese tropft. Der im unteren Raum befindliche Flügel g rührt dabei die Masse fortwährend um. Aus diesem
Kocher wird die fertige Harzseife durch ein Siebfilter gepresst.
Im D. R.-G.-M. 155321 schlägt Max Erfurt,
Papierfabrikant in Straupnitz, wegen des Schäumens von Papierleim einen Kocher vor,
aus welchem der Ueberlauf in ein höher stehendes Gefäss fliesst, dort sich
verflüssigt und durch ein Rücklaufrohr wieder in den tiefer stehenden Kessel
zurückgelangt. Durch diesen ununterbrochenen Strom soll es möglich sein, ohne
Rührvorrichtungen die Masse vollständig zu mischen und gleichmässige Kocherzeugnisse
zu erzielen. Auch können Destillationsprodukte gesondert ausgeschieden und
aufgefangen, hierauf nach Bedarf benützt werden, wie Terpentin u. dergl. Die Kochung
ist bei 500 kg Harz in einer Viertelstunde beendigt. Die Einrichtungen werden aber
bis zu 10 t Harzinhalt gebaut, was auf Grossbetrieb sicher hindeutet, sodass also
die Harzseife, in eigenen Fabriken erzeugt, in beständig gleicher, verlässlicher
Beschaffenheit an Papierfabriken abgegeben werden kann.
Karl Dreher löst Harz in roher Karbolsäure auf und
verseift diese Lösung teilweise mittels geringer Mengen von Alkali. Dadurch kann man
einen ungemein hohen Gehalt i an freiem Harz ohne besondere Vorrichtungen erzielen.
Solche; Seifen bilden mit Wasser vollkommen gleichmässige Emulsionen und enthalten
50 v. H. des verwendeten Harzes unverseift. Es genügen solcherart noch 9 ½ v. H.
Soda auf 100 Teile Harz. Der Erfinder erwartet, und soweit darüber Nachrichten
vorliegen, soll dies wirklich gelingen, dass beim Leimen im Holländer das Harz im
Papier bleibt, während die Karbolsäure mit dem Wasser wegfliegst. Nach der
Entwässerung enthält der Papierstoff nur Spuren von Karbolsäure, welche auf dem
Trockenzylinder vollständig verflüchtigen. Damit wäre allerdings auch die
Geruchlosigkeit gewährleistet. Wenn man sich aber überlegt, wie hartnäckig gerade
dieser Geruch haftet, so fällt es wirklich schwer, dieser Angabe des Erfinders
vollen Glauben entgegenzubringen. Dagegen mag ohne weiteres zugestimmt werden, dass
für gröbere Papiersorten tatsächlich die noch verbleibenden Spuren von Karbolsäure
als einflusslos zu bezeichnen sind, ganz besonders bei Dachpappe und anderen
ähnlichen Papieren.
Interessant ist auch die Angabe von Dreher im D. R.-P.
118233, wonach während der Verseifung der Schmelzpunkt durch Phenantren
herabgedrückt werden soll. Bei Gegenwart von Harzseife lässt sich dieses in Wasser
ausserordentlich leicht suspendieren, ähnlich wie freies Harz, sodass selbst mit
freiem Harz gesättigte Harzleime noch 20–25 v. H. emulgierbares Phenanthren
aufnehmen können. Dieses wirkt überdies ganz ähnlich wie der Harzleim, es kann etwa
ein Teil Leim durch dieselbe Menge Phenanthren ersetzt werden. Für die Zwecke der
Leimung genügt nach Angabe des Erfinders das als Nebenprodukt bei der
Anthracenfabrikation gewonnene.
Kurt Röhr und Ferd. Haupt
wollen zur Leimung solche Seifen benützen, welche aus der Lösung mit Hilfe von
sauren Körpern sehr gelatinöse Niederschläge ergeben (D. R.-P. 114819). Dadurch kann
man grosse Mengen von Füllstoffen und Fasern, welche sonst bei der Papierfabrikation
verloren gehen, im Papier zurückhalten und diesem guten Klang, Griff, Dehnbarkeit
und sogar Wasserdichtigkeit geben. Hierfür werden Stroh–, Natron- und Sulfat
zellstoffablaugen eingedickt und je nach dem Zweck, dem der Papierleim dienen soll,
sowie nach Massgabe des Alkaligehaltes der eingedickten Lauge mit Harz, Blut, Oel,
Fett oder Seetang unter Kochen vereinigt. Diese Seifen, mit Harzleim in einem
Verhältnis, das der Zweck bestimmt, gemischt, erfüllen die Eingangs erwähnten
Forderungen. Diese Art der Papierleimherstellung erinnert lebhaft an den Gerbleim,
von welchem, als einer Mitscherlichschen Erfindung
hinsichtlich der Nutzbarmachung der Ablaugen der Zellstoffkochungen bereits in
vorangegangenen BerichtenVergl. D. p. J. 1896,
Bd. 300, S. 73 ff. Erwähnung getan
worden ist. Nach dem, was man jetzt über die Verwendbarkeit dieses Gerbleimes hört,
erzeugt er wohl ziemlich hohe Festigkeit im Papier, aber Tinte schlägt durch.
Deshalb verwendete man ihn nicht allein, sondern mit Harzleim, meist zu gleichen
Teilen gemischt. Die Fabrik in Hof stellte dann einen Gerbleim her, welcher
weitgehenden Ansprüchen genügt. Insbesonders ist hervorzuheben, dass Gerbleim nicht
schäumt, auch der Geruch und die Farbe geben jetzt zu Klagen nicht mehr Anlass. Zu
ordinären Papieren, wie Packpapieren, Affichen u. dergl. kommt man jetzt sogar ohne
Zusatz von Harzleim aus.
Ueber die Viscose-LeimungVergl. D. p. J. 1898, Bd. 310, S. 71. berichtet das englische Fachblatt „The
Paper trade Review“ günstige Ergebnisse mit Papieren in einer französischen
Papierfabrik. Papiere,welche mit 4 kg Viskose auf 100 kg Papierstoff geleimt
waren, zeigten sich sehr fest, und zwar sogar bei minderwertigen Rohfasern. Die
Kosten der Viskoseleimung stellten sich auch niedriger als die mit Harzleim. Doch
sei auf das keineswegs ermutigende Urteil ebenfalls hingewiesen, welches Prof. Friedländer in dem bereits oben erwähnten Artikel auf
grund von selbständigen Untersuchungen abgibt.
Im Anschlusse an die Stoffleimung sei auch anderer Arten von Papierleimverfahren
gedacht, welche das fertige Papier voraussetzen: die
Bogenleimung. In der Regel wird hierfür animalischer Leim gewählt, durch
dessen Lösung das fertige Papier gezogen wird. Doch kommen auch viel sorgfältigere
Behandlungen vor. In „The Paper trade Journal“ wird berichtet, dass in der
Papierfabrik der Byron Weston Paper Co.
Colonibierpapier wiederholt mit Leimlösung getränkt und wieder ausgepreist wird, so
dass es so wie bei der Harzleimung in allen Teilen mit tierischem Leim durchzogen,
also durch und durch leimfest ist, im vorteilhaften Gegensatz zur sonst häufig
üblichen Oberflächenleimung. Selbstverständlich kommt aber solches Papier auch sehr
teuer zu stehen. Es kann also ein derartiges Verfahren nur bei den teuersten
Qualitätspapieren am Platze sein.
Uebrigens strebt man neuestens den tierischen Leim durch andere Substanzen zu
ersetzen, insbesonders durch Kasein.Vergl. D. p. J. 1898, Bd. 310, S. 175. Man hat damit manche gute Erfahrung
gemacht. So erhält ungeleimtes Papier durch einen dünnen Ueberzug mit Kaseinlösung
auffällige Zähigkeit. Auch hat die feuchte Witterung bei Kasein weniger Einfluss als
bei der Leimung mit Gelatine.
Es sei hier aber daran erinnert, dass schon Hofmann in
seinem Handbuch der Papierfabrikation aufmerksam macht, dass möglicherweise der
günstige Einfluss in der Bogenleimung nicht so sehr von dieser an und für sich
abhängt, sondern der schonenderen Trocknung zuzuschreiben ist, indem man auch bei
harzgeleimtem Papier sehr günstige Erfolge dann erzielte, wenn dasselbe gefeuchtet
und freihängend getrocknet wurde.
Um die bedeutenden Verluste, welche bei der Stoffleimung unvermeidlich sind, zu
umgehen, schlägt Hermann Schulte in einem britischen
Patente vor, Leim–, allenfalls auch Füllstoffe nicht im Holländer, sondern nach Art
eines Streichverfahrens auf, bezw. in das Papier zu bringen, und zwar während das
Papier auf der Papiermaschine läuft, etwa in der Nähe der Nasspresse. In bekannter
Weise wird dabei durch eine in einen Trog mit Leimlösung oder Füllstoffen tauchende
Walze die Oberfläche des Papiers überzogen und dieser Ueberzug durch eine
Walzenpresse in die Papierbahn gedrückt. Ob dadurch den in der Masse geleimten
Papieren (mit Harzleim) ernstlich Konkurrenz gemacht werden kann, ist immerhin zu
bezweifeln.
Auch die Leimmethode von Karl Laufer in seinem D. R.-P.
105135 erinnert an Bekanntes. Es wird die Papierbahn über eine Leim walze geleitet,
welche Leim aus einem Trog entnimmt, in welchen sie taucht. Nur die Stärke der
Leimschicht wird hier besonders geregelt dadurch, dass vor der Leimwalze eine
stellbare Abstreichwalze angebracht ist.
6. Füllen.
Bekanntlich werden den fertig gemahlenen Fasern (Ganzstoff) häufig Stoffe
mineralischer Natur zugesetzt, um einerseits die Räume zwischen den Fasern zu
füllen, das Papier glatter, andererseits das Papier oft weisser und spezifisch
schwerer zu machen. Diesen Zweck erfüllen sehr feine Pulver aus kohlensaurem Kalk,
Gips, Schwerspath und dergl. Unvermeidlich gehen aber bis zur Fertigstellung des
Papieres die weitaus grössten Mengen verloren, mit den Abwässern weg. um nun
einerseits den Zusatz in denkbar feinster Form hinein zu bekommen und ihn
andererseits auch möglichst innig an die Fasern zu bringen, wird nach D. R.-P.
118960 von L. Capazza in Brüssel in den fertigen Stoff
Kalkwasser gebracht und aus diesem kohlensaurer Kalk dadurch niedergeschlagen, dass
man in den so behandelten Stoff Kohlensäure, z.B. die Abgase der
Dampfkesselfeuerung, leitet oder Kalciumbikarbonat in Lösung zusetzt.
Um die Saugfähigkeit von Papier zu erhöhen, wie es etwa für Filterpapiermasse
erwünscht ist, setzt Kurt Lüer
in Wülfel nach D.
R.-P. 90497 dem Stoffe aus reinem Baumwollzeuge, ohne Fäden, Nähten oder Knoten,
gebrannte oder ungebrannte, geschlämmte oder ungeschlämmte, feingepulverte
Kieselguhr zu, worauf mit dieser gut gemahlen und gemischt wird.
Das Mischen mit den Füllstoffen geschieht wohl in der Regel in Ganzzeugholländern,
nachdem die Füllstoffe jedenfalls vorher genügend aufgelöst und zerkleinert worden
sind, wenn sie nicht unmittelbar im Holländer chemisch abgeschieden werden, wie dies
soeben für einen Fall in demPatente von Capazza
angegeben worden ist. Zur Zerkleinerung der Füllstoffe werden verschiedene
Mahlvorrichtungen benutzt. Neuestens empfiehlt die bestbekannte Maschinenfabrik I. M. Voith in Heidenheim einen Niethhammerschen Erdauflöser nach D. R.-G.-M. 99272, welcher sehr an den
Hemmerschen Untergrundholländer erinnert.Vergl. D. P. J. 1898, Bd. 310, S. 49.
(Fortsetzung folgt.)