Titel: | Analytisch-graphisches Verfahren zur Bestimmung der Durchbiegung zwei- und dreifach gestützter Träger. |
Autor: | Max Kloss |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 245 |
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Analytisch-graphisches Verfahren zur Bestimmung
der Durchbiegung zwei- und dreifach gestützter Träger.
Von Dr.-Ing. Max Kloss.
(Schluss von S. 239 d. Bd.).
Analytisch-graphisches Verfahren zur Bestimmung der Durchbiegung
zwei- und dreifach gestützter Träger.
II. Der dreifach gestützte Träger.
α) Bestimmung des
Mittellagermomentes M0.
Wir wollen der Einfachheit halber annehmen, dass der Träger nur in einem seiner
beiden Felder belastet sei (Fig. 19). Wir
betrachten dann wieder den im Aussenlager auftretenden Lagerdruck als zweite
Belastungskraft, sodass wir also einen zweifach gestützten, frei aufliegenden
Träger mit Innen- und Aussenlast vor uns haben. Nehmen wir zunächst wieder den
Druck im Aussenlager beliebig an, so könnten wir, auch wenn der Träger auf
seiner Länge verschiedene Querschnitte hat, auf Grund der im Vorhergehenden
gegebenen Entwicklungen die im Angriffspunkte der Aussenlast auftretende
resultierende Durchbiegung bestimmen. Es wird nun immer einen Wert für die
Grösse dieser Aussenkraft geben, bei der diese Durchbiegung gleich Null wird.
Dieser Wert ist dann aber der bei einem dreifach gestützten Träger mit gleich
hohen Auflagern auftretende Aussenlagerdruck. Da sich nun die elastische Linie
eines zweifach gestützten Trägers ändert, wenn man ihm an einzelnen Stellen
anderes Trägheitsmoment gibt, so wird auch der Aussenlagerdruck und damit das im
Mittellager auftretende Biegungsmoment davon abhängig sein, ob der Träger glatt
oder abgesetzt ist. Wir dürfen also nicht die für glatten Träger abgeleitete
Gleichung (45. bezw. (48. zur Bestimmung des im Mittellager auftretenden
Biegungsmomentes auch für einen Träger mit verschiedenem Querschnitte
anwenden.
Eine für alle Fälle giltige Gleichung lässt sich hier überhaupt nicht aufstellen,
da es ganz darauf ankommt, wo der Träger abgesetzt ist. Man muss daher die
verschiedenen Fälle einzeln untersuchen.
Fall I.
Der Träger sei nur in Feld II auf der Strecke x vom
Aussenlager aus gemessen abgesetzt.
Angenommen, das Mittellagermoment M0 sei bereits bekannt, dann können wir
aus den Grossen des Feldes I den von der Mittellagertangente der resultierenden
elastischen Linie auf der Lagervertikalen 1/1'
gebildeten Tangentenabschnitt bestimmen (¼) = gr in Fig. 19. Verlängern wir dann die Tangente
rückwärts bis zum Schnittpunkt 5 mit der
Aussenlagervertikalen 2/2' so ist der dadurch
gebildete Abschnitt
(2/5)=-g_r\cdot \frac{l_2}{l_1} (64.
Diesen Abschnitt können wir aber auch noch aus den Grossen des Feldes II
bestimmen. Denn wenn die elastische Linie durch Lager 2 gehen soll, ist die Strecke (2/5)
nichtsanderes als der Tangentenabschnitt für den Punkt O unter Einfluss des Mittellagermomentes M0. Wir
haben somit durch Gleichsetzen der beiden Ausdrücke für die Strecke (2/5) eine Bedingungsgleichung zur Bestimmung des
Mittellagermomentes M0.
Führt man diese Entwicklung durchAusführliche Ableitung der Gleichung siehe in der mehrfach
erwähnten Abhandlung des Verfassers., so erhält man als
Bedingungsgleichung für das Moment M0
\frac{M'\,l_1\,\left(a_1+\frac{b_1}{2}\right)}{3\,E\,J}=-\frac{M_0\,l_1}{3\,E\,J}\,\left[l_1+l_2+l_2\,\left(\frac{x}{l_2}\right)^3\,\left(\frac{J}{J_x}-1\right)\right]
und somit
Textabbildung Bd. 318, S. 245
Fig. 19.
M_0=-M'\,\frac{a_1+\frac{b_1}{2}}{L+\lambda\,l_2} . . . . (65.
worin
\lambda=\left(\frac{x}{l_2}\right)^3\,\left(\frac{J}{J_x}-1\right)
wieder der bekannte, aus der Fig.
18 zu entnehmende Wert ist. Die Gleichung (65. unterscheidet sich von
der entsprechenden für glatten Träger (Gleichung (48.) nur durch das im Nenner
auftretende Zusatzglied λl2. Die früher (in Fig. 12) gegebene Konstruktion von M0 aus M' ändert sich also nur insofern, als wir an L noch die Strecke λl2 anzutragen haben. Die
Konstruktion ist in Fig. 20 ausgeführt und dürfte
ohne weiteres auf Grund der Gleichung (65. verständlich sein. (4/8) ist das gesuchte M0. Ist M0
gefunden, so ergibt sich dann durch algebraische Addition der beiden
Momentenflächen die resultierende Momentenfläche. M1 ist das im Punkte 3 wirklich auftretende Biegungsmoment. Aus ihm
findet man den Lagerdruck
Textabbildung Bd. 318, S. 246
Fig. 20.
T_1=-\frac{M_1}{a_1}
aus M0 ergibt sich der Lagerdruck
T_2=-\frac{M_0}{l_2}
Der Druck im Mittellager ist dann gegeben durch die Grleichgewichtsbedingung
P + T1 + T2 + T0 =
0.
Fall II.
Der Träger sei nur im Feld I auf der
Strecke x vom Aussenlager aus gemessen abgesetzt und zwar seix < a1
(Fig. 21).
Textabbildung Bd. 318, S. 246
Fig. 21.
Führt man für diesen Fall die gleiche Entwicklung durch, wie sie eben angedeutet
wurde, so erhält man als Gleichung für das Mittellagermoment M0
M_0=-M'\,\frac{\lambda\,l_1+\left(a_1+\frac{b_1}{2}\right)+\frac{b_1}{a_1}\cdot \lambda\,l_1}{\lambda\,l_1+L} . . (66.
wo wieder
\lambda=\left(\frac{x}{l_1}\right)^3\cdot \left(\frac{J}{J_x}-1\right)
Wir entnehmen also λ aus Fig. 18 und tragen (Fig. 22)
(1/5)=\lambda\,l_1 und (4/6)=\frac{b_1}{a_1}\cdot \lambda\,l_1
ab. Die Konstruktion von M0 ist dann wieder ohne weiteres
verständlich. (6/9) ist das gesuchte Moment M0. Aus M0 und M' findet man dann in bekannter Weise die
resultierende Momentenfläche und daraus wieder die Stützdrücke.
Fall III.
Der Träger sei nur im Feld I
abgesetzt, aber es seix > a1
(Fig. 23).
In diesem Falle erhalten wir als Gleichung für das Mittellagermoment M0 eine
ähnliche Gleichung, wie für Fall II, nämlich
M_0=-M'\,\frac{\lambda\,l_1+\left(a_1+\frac{b_1}{2}\right)+\lambda\,l_1\cdot x}{\lambda\,l_1+L} . . (67.
worin wieder
\lambda=\left(\frac{x}{l_1}\right)^3\,\left(\frac{J}{J_x}-1\right)
der bekannte, aus Fig. 18
zu entnehmende Wert ist.
Textabbildung Bd. 318, S. 246
Fig. 22.
Textabbildung Bd. 318, S. 246
Fig. 23.
Ausserdem tritt hier jedoch die Grösse x auf, die
einen ziemlich komplizierten Ausdruck darstellt. Es ist nämlich
x=\frac{3}{2}\,\frac{{l_1}^2}{x\,b_1}-1-\frac{l_1}{b_1}-\frac{{a_1}^2\,{l_1}^2}{2\,b_1\,x^3}
Setzt man hierin
a=\frac{a_1}{l_1}, \frac{b_1}{l_1}=1-a und \xi=\frac{x}{l_1}
so ist
x=\frac{3}{2}\,\frac{1}{\xi\,(1-a)}-1-\frac{1}{1-a}-\frac{a^2}{2\,(1-a)\,\xi^3} (68.
wobei zu bemerken ist, dass diese Formel nur für x > a1, also für ξ > a in Anwendung kommt. Die Werte von x in Abhängigkeit von ξ und a sind aus Fig. 18, Tabelle 3 zu entnehmen.
Die Konstruktion von M0 ist in Fig.
24 ausgeführt.
Fall IV.
Der Träger ist an mehreren Stellen abgesetzt.
Treten zwei oder mehrere der eben behandelten Fälle gleichzeitig auf, so addieren
sich die einzelnen Wirkungen. Hierbei hat man jedoch genau darauf zu achten,
dass man alles auf ein Hauptträgheitsmoment bezieht. Man wählt hierzu am
geeignetsten das im Mittellager vorhandene. Wir wollen dasselbe mit J0 bezeichnen. Die Strecken, auf denen der Träger abgesetzt
ist, werden dann in beiden Feldern vom Aussenlager aus gemessen, sie seien mit
x1' x1'' für Feld I und x2' x2'' für Feld II
bezeichnet (Fig. 25), wobei x1' > a1 und x1''
< a1 sein
möge.
Textabbildung Bd. 318, S. 247
Fig. 24.
Die Werte
\lambda=\left(\frac{x}{l}\right)^3\,\left(\frac{J}{J_x}-1\right)
enthalten das zur Strecke x
gehörige Trägheitsmoment Jx im Nenner, das jenseits von x nach der Seite des Mittellagers zu vorhandene
Trägheitsmoment J im Zähler. Ist nun dieses
Trägheitsmoment nicht identisch mit dem Hauptträgheitsmoment J0, so hat man, wie
sich aus der Ableitung ergiebt, die aus Fig. 18
entnommenen Werte von λ noch mit dem Verhältnis
\frac{J_0}{J} zu multiplizieren.
Für den in Fig. 25 dargestellten Fall erhalten wir
demnach die Geichung
M_0=-M'\,\frac{\frac{\left(\frac{J_0}{J'_1}\cdot \lambda''_1+\lambda'_1\right)\cdot l_1+\left[a_1+\frac{b_1}{2}\right]|}{|+\left(\lambda'_1\,x'_1+\frac{b_1}{a_1}\,\frac{J_0}{J'_1}\,\lambda''_1\right)\,l_1}}{\frac{\left(\frac{J_0}{J'_1}\cdot\lambda''_1+\lambda'_1
\right)\cdot l_1+L|}{|+\left(\lambda'_2+\frac{J_0}{J'_2}\cdot \lambda''_2\right)\cdot l_2}} . (69.
Die Gleichung hat also allgemein die Form
Textabbildung Bd. 318, S. 247
Fig. 25.
M_0=-M'\,\frac{\varepsilon_1\,l_1+\left(a_1+\frac{b_1}{2}\right)+\varepsilon_3\,l_1}{\varepsilon_1\,l_1+L+\varepsilon_2\,l_2} . (70.
Hat man mit Hilfe von Fig. 18 die Werte von λ und x und daraus
dann die ε-Werte ermittelt, so ist die einfache
Konstruktion von M0 nach Fig.
26 auszuführen.
β. Bestimmung der Durchbiegung.
Sind die Momente M1 und M0 bestimmt, so bietet die Aufzeichnung der elastischen Linie keinerlei
neue Schwierigkeiten, da das Verfahren genau dasselbe ist, wie für einen
zweifach gestützten mit Innen- und Aussenlast beanspruchten Träger.
Ist der dreifach gestützte Träger in beiden Feldern belastet, so untersucht man
den Einfluss der beiden Kräfte getrennt von einander, bestimmt das resultierende
Mittellagermoment und zeichnet die von M', sowie
von M0
allein erzeugten elastischen Linien auf, die Einzeldurchbiegungen setzt man dann
den Richtungen der Momente entsprechend vektoriell zusammen.
Textabbildung Bd. 318, S. 247
Fig. 26.
Ein der Praxis entnommenes, ausführlich durchgeführtes Anwendungsbeispiel s. a.
a. O.