Titel: | Neue Einrichtungen und Nebenvorrichtungen zur Zugsicherung auf Eisenbahnen. |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 319 |
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Neue Einrichtungen und Nebenvorrichtungen zur
Zugsicherung auf Eisenbahnen.
(Fortsetzung von S. 300 d. Bd.)
Neue Einrichtungen und Nebenvorrichtungen zur Zugsicherung auf
Eisenbahnen.
V. Verbessertes elektrisch-selbsttätig es Blocksignal von
Puntnam & Webster.
Verschiedene amerikanische Leichtbahnen beabsichtigen neuerdings, wie Electrical World and Engineer meldet (vgl. a.
Zeitschrift f. Elektrotechnik vom 14. Dezbr. 1902), eine Verbesserung der Puntnam-Websterschen elektrisch-selbsttätigen
Blocksignaleinrichtung (vergl. D. p. J. 1892, Bd. 286, S.
209), deren Anordnung aus Fig. 7 erhellt, zur
Einführung zu bringen. Vorliegendenfalls ist die Gesamtstrecke der Bahn, die als
doppelgleisig gedacht ist, auf jedem Gleis nach gewöhnlicher Weise in
Blockabschnitte geteilt, innerhalb welcher sich nie mehr als nur ein einziger Zug
befinden darf. Ueberall, wo je zwei benachbarte Blockabschnitte aneinanderstossen,
d. i. an den sogenannten Blockstellen III, IV, V, VI...
befindet sich ein in ein wetterdichtes Kästchen eingebautes Doppelrelais, das an
irgend einer Gebäudewand aufgehängt oder in einer besonderen Bude untergebracht
wird. Jedes dieser Doppelrelais besteht aus zwei von einander unabhängigen
Elektromagneten r3, r4, r5, r6... und r3', r4' r5', r6'... zwischen deren Polschuhen eine Ankerzunge a3, a4, a5, a6 ... hin und her
gelegt werden kann, und die nach links gelegt, wie es beispielsweise auf den
Blockstellen V und VI der
Fall ist, einen Kontakt c3, c4, c5, c6 ... schliesst, der
bei der zweiten, in III und IV ersichtlich gemachten, aussergewöhnlichen Lage des Ankers unterbrochen
bleibt.
Textabbildung Bd. 318, S. 319
Fig. 7.
An jeder Blockstelle sind ferner in das Eisenbahngleis gg besondere Schienen i3, i4, i5, i6
.. und i'3, i'4, i'5
i'6 ... eingeschaltet,
welche vom Eisenbahnoberbau, sowie gegenseitig und von den anstossenden
Schienensträngen s2, s3, s4, s5, s6 ... und s'2, s'3, s'4, s'5, s'6 ... wohl isoliert
sind, wogegen die letzt angeführten Gleisstücke als Erdleitungen bezw. Rückleitungen
dienen und sonach einer Isolierung nicht bedürfen. Mit diesen Schienenleitungen
stehen die vorerwähnten Doppelrelais durch Kabelanschlüsse, die in Fig. 7 durch gestrichelte Linien gekennzeichnet sind,
in leitender Verbindung. Ausserdem sind die Relais auch untereinander durch
gewöhnliche Freileitungen l1, l2, l4, l5, l6 ...
verbunden, derart, dass der linksseitige Elektromagnet jeder, Blockstelle mit dem
rechtsseitigen jeder zweitnächsten solchen Stelle zusammengeschaltet ist.
Die Signalvorrichtung, sowie die Stromquelle, welche den Signalbetrieb zu besorgen
hat, werden lediglich von den Zügen mitgeführt, wo sie auf der Lokomotive
untergebracht sind. Eine solche Lokomotiveinrichtung ist in der Zeichnung zwischen
den Blockstellen IV und V
schematisch angedeutet, unter der Annahme, dass sich bei z ein Zug befindet. Zur Betätigung der aus einem Elektromagneten
bestehenden, als Abfallscheibe mit Glühlichtlampe und Glocke
ausgebildetenSignalvorrichtung m dient die aus
einer Speicherbatterie oder auch aus einer kleinen Dynamomaschine bestehende
Stromquelle b, deren Pole für gewöhnlich einerseits
über die Spulen eines Elektromagnetes m zu einer
Radachse p der Lokomotive und andererseits unmittelbar
zu einer Radachse q des Tenders in Anschluss stehen.
Die beiden Radachsen p und q sind aber von einander isoliert und nur durch die Räder und die
Fahrschienen des Gleises leitend miteinander verbunden. Ersichtlichermassen ist
letzteres immer der Fall, so lange nicht das eine oder andere Räderpaar auf eines
der isolierten Gleisstücke gelangt und auch dann braucht unter Umständen der
Schliessungskreis der Stromquelle b, die also für
gewöhnlich Dauerstrom liefert, keine Unterbrechung zu erleiden.
Wenn ein Zug in einen Blockabschnitt einfährt, so findet er, vorausgesetzt, dass die
Strecke frei ist. das Doppelrelais der Blockstelle in der Kontaktlage vor, wie es in
V und VI angedeutet
erscheint. Führe also beispielsweise der Zug z in den
Blockabschnitt V-VI ein, so wird in dem Augenblicke, wo
das Räderpaar p auf i5 und i'5 gelangt, während sich die Räder der Achse
q noch auf den Schienensträngen s4 und s'4 befinden, keine
Stromunterbrechung eintreten, trotz der zwischen s4 und i5 sowie zwischen s'4 und i'5 bestehenden Isolierung, weil der Strom von
b über g, s4 und s'4, c5, a5, i'5, p und m einen neuen geschlossenen Weg findet. Gelangt gleich
darauf die Radachse p auf s5, und s'5, während q noch auf
i5 und i'5 läuft, so erfolgt
gleichfalls keine Unterbrechung des Dauer Stromes in m, welche die Betätigung der
Signalvorrichtung mit sich bringen könnte, weil nunmehr ein anderer neuer
Schliessungskreis von b aus über i'5, r5, l3, r'3, e3, e'5, p und m an die Stelle des
gewöhnlichen tritt. Der in diese Schleife tretende Strom bleibt kräftig genug, um
die Auslösung der Signal Vorrichtung auf der Lokomotive zu verhindern, während er
gleichzeitig die beiden Relais r5 und r'3 wirksam macht, demzufolge ersteres den Anker a3 an sich
zieht, d.h. den bisher bestandenen Kontakt c5 unterbricht, wogegen r'3, durch Anziehung des Ankers a3 den geöffneten Strom
weg c3 schliesst.
Auf diese Weise hat sich der ins Auge gefasste Zug in V
gegen Folgezüge gedeckt, während er gleichzeitig auf der Blockstelle III das Fahrverbot hinter sich wieder aufhob, um das
Nachrücken weiterer Züge zu ermöglichen; denn, sobald ein Zug eine Blockstelle
überfährt, wo der Relaiskontakt unterbrochen und also dem Strome der
Lokomotivsignaleinrichtung der weiter oben besprochene Nebenweg über den Relaisanker
nicht ermöglicht ist, erfolgt die Auslösung des Signals, indem der Anker a des Elektromagnetes m
abreisst. Durch dieses Abreissen wird das Erscheinen einer roten Scheibe und ein
Glockenschlag bewirkt, gleichzeitig aber auch infolge der Herstellung des Ankerkontaktes
k ein Kurzschluss des Stromes über die Spulen eines
zweiten Elektromagnetes M hervorgerufen, dessen Anker
A das Ventil der Luftdruckbremse des Zuges öffnet,
wodurch dieser selbsttätig zum Anhalten gebracht wird, wenn dies nicht etwa der
Lokomotivführer absichtlich verhütet. Die selbsttätige Wirksamkeit der Zugbremse
dauert nämlich genau so lange an, als der Anker a von
m abgerissen bleibt, und diese Ankerlage währt auch
dann noch fort, wenn die zwischen den beiden Radachsen p und q bei der Einfahrt in den
Blockabschnitt für einen Augenblick bestandene Unterbrechung längst nicht mehr
besteht, weil die Spulen des Elektromagnetes M aus
stärkerem Draht gewickelt sind, die weit geringeren Widerstand haben, als jene von
m, weshalb der in der gedachten Zeitperiode über
q und p nach m gelangende Teilstrom viel zu schwach ist, als dass er
die Anziehung des Ankers a bezw. die Unterbrechung des
Kurzschlusses beim Ankerkontakt k bewirken könnte. Will
der Lokomotivführer die selbsttätige Bremse abstellen, so muss er durch Drehung der
Handhabe h erst einen Zwischenkontakt u unterbrechen, wodurch dem Strome von b der Zutritt zu M
abgeschnitten und derselbe dafür gezwungen wird, wieder in seiner ganzen Stärke den
Weg durch die Spulen von m zu nehmen. Der
Signalelektromagnet ist nunmehr kräftig genug, den Anker a anzuziehen; er unterbricht also den Kontakt k, worauf schliesslich sämtliche Teile der Lokomotiveinrichtung ihre
Grundstellung und die für gewöhnlich vorgezeichnete Wirksamkeit zurückgewonnen
haben.
Das Zeichen, welches der Zug in vorgeschilderter Weise erhält, wenn sich innerhalb
der beiden vor ihm liegenden Blockabschnitten noch ein Zug befindet, hat auf den mit
der Puntnam – Websterschen Blocksignaleinrichtung
versehenen, amerikanischen Eisenbahnen nicht die Bedeutung eines unbedingten
Haltsignals nach der strengen Auffassung europäischer Bahnen, sondern gilt
eigentlich nur als Warnungssignal. Ein durch die
elektrische Bremsenauslösung angehaltener Zug darf daher seine Fahrt mit angemessen
verminderter Geschwindigkeit und erhöhter Vorsicht wieder aufnehmen und in dieser
Weise fortsetzen, bis er entweder den signalisierten, möglicherweise
liegengebliebenen und hilfsbedürftigen Zug einholt, oder bis an einer der
nächstfolgenden Blockstellen die Erneuerung des Warnungsignales und der
selbsttätigen Bremsenauslösung unterbleibt, wodurch im allgemeinen festgestellt
erscheint, dass auch das vorhin signalisierte Hindernis nicht mehr besteht.
Wie Fig. 7 zeigt, ist jeder Zug im Rücken immer durch
zwei Blockstellen geschützt, was an und für sich die Sicherheiterhöht, in
erster Linie aber den Zweck hat, das Auffahren eines Folgezuges zu verhüten, wenn
etwa der Fall einträte, dass ein vorausgegangener Zug knapp hinter der
Uebertrittsstelle zweier Blockabschnitte, d.h. innerhalb des Bremsweges des
Folgezuges liegen bliebe. Auch insofern erscheint die Einrichtung richtig entworfen,
als das Reissen irgend einer der Leitungen nur überflüssige oder vorzeitige
Warnungssignale nicht aber das für Freie Fahrt geltende
Ausbleiben des Signals zur Folge haben kann. Letzteres gilt – wenigstens bis zu
einem gewissen Masse – nämlich für den betreffenden Zug, auch hinsichtlich des
Versagens der Stromquelle, weil bei Eintritt eines solchen Fehlers der Anker a abfällt und daher das Scheiben- und Glockensignal
hervorruft. Ueberdem sind behufs Wahrnehmung und Ueberwachung der regelrechten
Stromarbeit noch ein paar Glühlichtlämpchen oder andere Kontrollvorrichtungen
angeschaltet, welche dem Lokomotivführer ununterbrochen und unzweifelhaft anzeigen,
wie es mit der Stromquelle steht. Ein Zug, bei dem diese versagt, darf nach Eintritt
des Anstandes seine Fahrt nur fortsetzen, wenn sich innerhalb der zwei nächsten
Block abschnitte eine Station befindet, wo eine Verständigung des nächsten
Folgezuges möglich ist. Anderenfalls muss der Zug, gleich wie bei einem Gebrechen
der Lokomotive oder dergl., die Fahrt einstellen und sodann abwarten bis ihn der
erste Folgezug erreicht; erst nach stattgehabter gegenseitiger Vereinbarung kann die
Weiterfahrt erfolgen. Der Zug mit der untauglich gewordenen Signalstromquelle kann
eben nach rückwärts nur unter dem obgedachten günstigen Umstand, dass eine Station
in der Nähe ist. als geschützt angesehen werden, andernfalls aber nicht, wie sich
leicht nachweisen lässt. Sei beispielsweise auf der Lokomotive des in Fig. 7 bei z angedeuteten
Zuges die Stromquelle b untauglich geworden, so bleibt
derselbe allerdings durch die beiden Blockstellen III
und IV gedeckt, wo auch dann, wenn der Zug z seine Fahrt fortgesetzt und die Blockstellen V und VI passiert hätte,
ebensowenig die entblockende Ankerumlegung im Doppelrelais hervorgerufen werden
könnte als die blockierende Ankerumlegung auf der Blockstelle V und später in VI Ein
nachfolgender Zug würde also in der Tat bei III schon
durch Auslösung des Signals und der selbsttätigen Bremse gewarnt, ebenso nochmals
bei IV, nicht mehr aber bei der Blockstelle V, weil dieselbe nicht geblockt ist; von hier an würde
demgemäss der Folgezug seine fahrplanmassige Geschwindigkeit wieder aufnehmen und
infolgedessen den vorausgehenden Zug bald einholen können.
(Fortsetzung folgt.)