Titel: | Neuerungen an den verschiedenen Systemen der drahtlosen Telegraphie. |
Autor: | Adolf Prasch |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 324 |
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Neuerungen an den verschiedenen Systemen der
drahtlosen Telegraphie.
Von Ingenieur Adolf Prasch,
Wien.
(Fortsetzung von S. 318 d. Bd.)
Neuerungen an den verschiedenen Systemen der drahtlosen
Telegraphie.
Die Versuche des Kapitäns Bonomo in der Italienischen
Marine.
Die Insel Gorgona, der Semaphor von Livorno und die Insel Palmaria wurden im Monate
September des Jahres 1900 mit Einrichtungen nach dem Marconischen Systeme versehen. Die Verbindung zwischen diesen Stationen
konnte über eine Entfernung von 60 km nicht mehr gut erhalten werden und nur in
seltenen Fällen war es möglich, zwischen Livorno und Palmaria, welche 70 km
voneinander entfernt sind, Zeichen zu vermitteln. Zwischen Palmaria und Gorgona, 72
km Entfernung, war es stets unmöglich, drahtlos zu verkehren. Auf Grund dieser wenig
zufriedenstellenden Ergebnisse unternahm der italienische Korvettenkapitän Quintino Bonomo eine systematische Untersuchung der
Einrichtung, wobei er bestrebt war, die Entfernung der Nachrichtenvermittlung
möglichst zu vergrössern. Seine Bemühungen waren von vollem Erfolge begleitet. Mit
den von ihm geschaffenen Einrichtungen gelang es zwischen Gorgona und Livorno mit
Sicherheit zu verkehrenund ausserdem noch die Telegraphiergeschwindigkeit
wesentlich zu erhöhen. Dieses doppelt günstige Ergebnis wurde mit den einfachsten
Hilfsmitteln erreicht und bilden die von Bonomo
geschaffenen Einrichtungen trotz ihrer grösseren Wirksamkeit eine wesentliche
Vereinfachung des Marconi sehen Systemes. Wenn es nun
Bonomo gelang, die Telegraphiergeschwindigkeit von
ursprünglich 5–6 Buchstaben auf 24 Buchstaben in der gleichen Zeit zu erhöhen, so
ist dies trotz der vielfachen Verbesserungen, die er an den Apparaten durchführte,
hauptsächlich der Verwendung des von Castelli
geschaffenen Fritters zu danken. Durch die Verwendung dieses Flitters in Verbindung
mit einem Telephon als Empfänger wurde die Uebertragungsentfernung bis auf 200 km
gebracht und ist Bonomo überzeugt, dieselbe ohne
weiteres bis auf 300 km erweitern zu können.
Abgesehen von der Anwendung des Castellischen Fritters,
war jedoch noch eine Reihe von Vorsichtsmassregeln geboten, um dieses gute Ergebnis
zu erzielen. In erster Linie wurde das Hauptgewicht auf eine möglichst gute Isolation
der Luftstangen und desgleichen auch des Induktors und der Elektrizitätsquelle, als
welche Akkumulatoren verwendet wurden, gelegt.
Textabbildung Bd. 318, S. 325
Fig. 30.
Zu diesem Zwecke wurde der Luftdraht von dem stützenden Mäste nach Fig. 30 senkrecht nach unten und dann über einen
Hilfsmast wagerecht zur Station geführt. An dem Hilfsmast ist er durch eigenartige
Isolatoren, Fig. 31 bis 34, wie solche für Hochspannungsanlagen Verwendung finden, isoliert und
mittels einer Spann Vorrichtung befestigt die möglichst straffe Führung des Drahtes,
sowohl in senk- als auch in wagerechter Richtung ermöglicht. Hierbei soll der
wagerecht verlaufende Teil des Luftdrahtes möglichst kurz sein. Unmittelbare
senkrechte Zuführung des Luftdrahtes zu der einen Kugel der Funkenstrecke erwies
sich als unzweckmässig, weil auf diesem Wege eine genügende Isolation des
Luftdrahtes nicht zu erzielen war.
Textabbildung Bd. 318, S. 325
Fig. 31.
Textabbildung Bd. 318, S. 325
Fig. 32.
Textabbildung Bd. 318, S. 325
Fig. 33.
Textabbildung Bd. 318, S. 325
Fig. 34.
Bonomo erachtet es auch für wünschenswert die Luftdrähte
für den Sender und den Empfänger zu trennen, also keinen gemeinsamen Luftdraht zu
verwenden. Zu diesem Zwecke ist der Führungsmast, Fig.
30 und 35, mit zwei seitlichen Auslegern
versehen, an denen in der angedeuteten Weise die Luftdrähte mittels Isolatoren
aufgehängt wurden. In Fig. 36 ist ein Mast
dargestellt, bei welchem der Empfangsdraht, um dessen Kapazität zu erhöhen, aus
einem oben und unten konisch verlaufenden Zylinder von 30 m Höhe besteht, der sich
aus einer bestimmten Anzahl von Kupferdrähten von 0,3 qmm Querschnitt zusammensetzt
und 25 cm Umfang hat.
Der Fritter von Castelli, dessen sich Bonomo bediente, und der sich durch ausserordentliche
Empfindlichkeit auszeichnet, besteht aus Eisen- oder Kohlenelektroden, zwischen
welchen sich ein Tropfen Quecksilber befindet. Dieser Fritterbesitzt die
Eigenschaften der Selbstentfrittung. Zwei solcher Fritter sind in Fig. 37 und 38
dargestellt. Der erstere besteht aus Eisenelektroden mit nur einem
Quecksilbertropfen, während der zweite zwei äussere Kohlenelektroden und eine
mittlere Eisenelektrode mit zwei getrennten Quecksilbertropfen besitzt. Die
Entfernung der Elektroden von einander i schwankt zwischen 1,5 und 3 mm. Beträgt sie
weniger als 1,5 mm, so verliert der Fritter an Empfindlichkeit, wogegen bei Erhöhung
der Entfernung über 3 mm die Sicherheit der Entfrittung in Frage gestellt ist. Die
Frittröhren müssen aus gutem Glase hergestellt sein und genau kalibriert werden. Der
äussere Durchmesser der Röhren beträgt je nach der Stärke des verwendeten Glases 5
bis 8 mm, wogegen der innere Durchmesser 3 mm nicht übersteigen soll. Die dem
Quecksilbertropfen zugekehrten Enden der Elektroden müssen genau senkrecht zu der
Achse der Röhre stehen und sollen vollkommen gereinigt sein. Bei Eisenelektroden
empfiehlt es sich, dieselben auf Hochglanz zu polieren, weil dadurch die
Empfindlichkeit des Flitters bedeutend erhöht wird. Die Entfrittung gestaltet sich
um so zuverlässiger, je reiner das verwendete Quecksilber, je kleiner der
angewendete Tropfen, je trockener das Innere der Röhre ist und je sorgfältiger die
Elektroden poliert sind.
Textabbildung Bd. 318, S. 325
Fig. 35.
Textabbildung Bd. 318, S. 325
Fig. 36.
Der Castellische Fritter ist gegen die Einwirkung der
Luftfeuchtigkeit sehr empfindlich, und zwar übt letztere einen nachteiligen Einfluss
aus. Der Fritter muss also, da er nicht luftdicht verschlossen ist, stets trocken
gehalten werden. Für einen gut zusammengestellten und ausregulierten Fritter
schwankt die kritische Spannung der Kohäsion zwischen 1–1,5 Volt.
Eine derartige gute Röhre verliert nach einiger Zeit ihre guten Eigenschaften,
infolge Oxidation der Elektroden und des Quecksilbers. Diese Abschwächung tritt bei
Röhren mit Eisenelektroden viel schneller ein als bei solchen mit Kohlenelektroden.
Besitzt man also keine genügende Anzahl von Reserveröhren, so wird es notwendig, die
Röhre auseinander zu nehmen, die Elektroden sorgsam zu reinigen und zu polieren,
sowie den Tropfen
durch frisches, gereinigtes Quecksilber zu ersetzen.
Die Entfrittung dieser Röhre wird, wie die Versuche lehren, wesentlich sicherer, wenn
man dem Quecksilbertropfen Kohlenpulver, welches von den Glühfaden einer
gewöhnlichen Glühlampe gewonnen wird, beigibt. Dieses Pulver bildet auf dem
Quecksilber eine Art Häutchen, welches demselben das Ansehen von Graphit gibt. Durch
diese Beigabe von Kohlenpulver wird auch die Dauer der guten Wirksamkeit des
Flitters wesentlich erhöht.
Textabbildung Bd. 318, S. 326
Fig. 37.
Textabbildung Bd. 318, S. 326
Fig. 38.
Die Entfernung, über welche noch Nachrichten zu erhalten sind, wird bei Anwendung
dieses Fritters bedeutend grösser, wenn man ihn in Verbindung mit einem Telephon
verwendet. Hierdurch wird aber auch die Empfangseinrichtung ebenfalls vereinfacht.
Die Art und Weise der Verbindung des Fritters mit dem Telephone ist aus den Fig. 39 u. 40
ersichtlich. Sie gestattet eine sehr einfache und dabei empfindliche Regulierung und
ist, da die Zeichen im Telephone sehr deutlich und bestimmt wahrnehmbar sind, diese
Art der Nachrichtenvermittlung eine sehr sichere, sofern die wenigen
Vorsichtsmassnahmen, die für den Empfang der Nachrichten erforderlich sind, genau
beobachtet werden. So ist es notwendig, da die Zeichen um so klarer und bestimmter
zu Gehör gelangen, je schwächer der im Telephon entstehende Ton wird, dass alle
Aussengeräusche abgehalten werden.
Textabbildung Bd. 318, S. 326
Fig. 39.
Textabbildung Bd. 318, S. 326
Fig. 40.
Um die störenden Einflüsse atmosphärischer Entladungen, welche sich namentlich im
Telephon besonders bemerkbar machen, abzuschwächen, ist es gut, nach Fig. 41, in Abzweigung vom Fritter einen kleinen
Kondensator C einzuschalten, dessen Stromkreis durch
eine kleine Funkenstrecke f unterbrochen ist.
Textabbildung Bd. 318, S. 326
Fig. 41.
Textabbildung Bd. 318, S. 326
Fig. 42.
Textabbildung Bd. 318, S. 326
Fig. 43.
Für den Fall, dass eine akustische Anzeige dafür gegeben werden soll, dass ein
Gespräch angebahnt wird, wird ein Klingelwerk K (Fig. 42) in den Telephonkreis eingeschaltet, welches
während der Aufnahme durch den Schalter S kurz
geschlossen wird. Bonomo hat auch versucht, die
telegraphische Nachrichten Vermittlung mit Hilfe des Telephones zu ermöglichen,
indem er das Telephon zu einer Art Relais ausbildete. Die Schwingungen der
Telephonmembrane werden hierbei (Fig. 43) auf den
Hebel ab übertragen, dessen Drehpunkt bei x gelegen ist. Der rechtsseitige Hebelarm ist bedeutend
länger als der linksseitige und sind sonach dessen Schwingungen bedeutend grösser.
Der Hebel taucht bei b mit einer Spitze in das kleine
mit Quecksilber gefüllte Gefäss d und unterbricht bei
seinen Bewegungen den Strom der Batterie B. Am Ende des
linken Hebelarmes befindet sich ein kleines Eisenstückchen, welches von dem
permanenten Magneten M angezogen wird, wodurch der
Hebel ab stetswieder in seine normale Lage
zurückkehrt. Entsprechend der abwechselnden Stromunterbrechung und Schliessung der
Batterie B erscheinen auf dem Morseschreiber R die Zeichen. Diese Art Telephonrelais ist noch nicht
in die Praxis eingeführt, weil es Bonomo unmöglich
wurde, die Versuche fortzusetzen.
Das System der drahtlosen Telegraphie von Professor Reginald
A. Fessenden.
Die von Fessenden für sein System der drahtlosen
Telegraphie ausgenützten elektrischen Wellen sollen sich von den Hertz sehen Wellen dadurch unterscheiden, dass sie
keine ganzen, sondern Halbwellen sind, welche sich nur längs der Oberfläche eines
Leiters fortpflanzen und im Gegensatze zu den Hertz
sehen Wellen von einer geraden Linie abgelenkt werden können. Fessenden selbst bezeichnet diese Wellen als
„halbfreie Aetherwellen“, welche sich auch von den Wellen, welche Lodge in metallischen Leitern erforscht hat,
unterscheiden. Nach Fessenden ist bei den Lodgeschen Wellen die elektrische Energie ein Maximum,
wenn die magnetische Energie ein Minimum wird, und soll bei denselben alle Energie,
welche nicht durch Leitungsverluste verloren geht, wieder gewonnen werden können.
Bei den elektrischen Wellen von Fessenden fällt
hingegen das Maximum der elektrischen Energie mit dem Maximum der magnetischen
Energie zusammen und ist die ausgestrahlte Energie nur im Falle der Ablenkung
derselben wiederzugewinnen.
Fessenden fand, dass es für gute Entsendung und gutes
Auffangen derartiger Wellen notwendig sei, dass die Oberfläche, längs welcher sie
sich fortbewegen, sehr gut leitend ist. Vornehmlich sei dies in der unmittelbaren
Umgebung des Ortes, an welchem die Wellen hervorgerufen werden, eine unbedingte
Notwendigkeit. Er wies ferner nach, dass dieser sehr gut leitende Teil der
Oberfläche, von der Erregerstelle ausgehend, mindestens auf eine Länge von der Welle
im Raume und zwar in der Richtung, nach welcher die Welle gesendet werden soll, zu
führen ist.
Textabbildung Bd. 318, S. 326
Fig. 44.
Die Anordnung in Fig. 44 zeigt, wie dies erreicht
wird. Das Wesentlichste an dieser Anordnung bildet der geerdete Leiter oder
„Wellenfall“, wie ihn Fessenden nennt. 1 bezeichnet hier die Luftstange, während 2 den geerdeten Leiter oder Wellenfall darstellt,
welcher über die Gebäude und andere Hindernisse in einer übersteigenden Länge
geführt, und sodann beiderseitig geerdet wird. Zwischen dem unteren Ende der
Luftstange und einem Punkte dieser Leitung ist die Funkenstrecke 3 eingeschaltet. Die auf dem Führungsmast angebrachten
Drahtspulen 4 haben eine natürliche Schwingungsperiode,
welche sich von jener der Luftstange unterscheidet, und bewirken im Vereine mit dem
Erdleiter oder Wellen fall, dass von auswärts zuströmende Wellen anderer Wellenlänge
keinen störenden Einfluss auszuüben vermögen. Dieselben zerstreuen auch
atmosphärische Spannungen, welche sonst sehr häufig unliebsame Störungen in dem
Empfange drahtloser Depeschen hervorzurufen vermögen.
Fessenden hat ferner beobachtet, dass bei
elektromagnetischen Wellen, welche in einem Medium erzeugt werden, welches eine
grössere spezifische induktive Kapazität und Permeabilität für elektromagnetische
Wellen hat, als die atmosphärische Luft, die Höhe der Luftstange beträchtlich
verkürzt werden kann, weil hierdurch die Schwingungsperiode im Vergleiche mit der
Schwingungsperiode des Sendedrahtes in der Luft verringert wird, wodurch sich die
Ausstrahlung vergrössert und sonach unter diesen Bedingungen ein verkürzter
Luftdraht gleiche Wirkung gibt, wie eine hohe Stange in freier Luft. Zu diesem
Zwecke wird der Luftdraht innerhalb eines zweiten röhrenförmigen Leiters
untergebracht und dieser in Wasser oder einer anderen Flüssigkeit, deren elektrische
Konstanten grösser als die der Luft sind, eingesetzt.
In der Praxis verwendet Fessenden in der sendenden
Station einen senkrechten Draht von grosser Kapazität und geringer Selbstinduktion.
Die Kapazität kann durch Vergrösserung der Oberfläche der Luftstange, und die
Selbstinduktion durch Hinzufügen von Windungen zu dem Verbindungsdrahte der
Elektrizitätsquelle reguliert werden.
Als weitere, sehr wichtige Vorzüge des Systems Fessenden
werden angegeben, dass die Geschwindigkeit der Nachrichtenübertragung viel grösser
ist, als dies bei dem gewöhnlichen Vorgange des Schliessens und Oeffnens des
primären Stromkreises möglich ist, dass ferner Signale auf eine viel grössere
Entfernung mit einem viel geringeren Kraftaufwande, als bei den bisherigen Systemen
entsendet, und dass auch chiffrierte Telegramme mit derselben Genauigkeit, wie bei
der gewöhnlichen Telegraphie übertragen werden können, ohne dass ein Irrtum zu
befürchten ist.
Textabbildung Bd. 318, S. 327
Fig. 45.
Die schematische Darstellung der vollständigen Einrichtung einer Station, sowohl für
das Senden, als für das Empfangen ist in Fig. 45
gegeben. 1 stellt den Luftleiter dar, welcher mit dem
einen Ende des Induktors 2 verbunden ist, während das
zweite Ende desselben zur Erde führt. Ein Umschalter 3
dient dazu, den Induktor mit der Batterie zu verbinden oder von derselben
abzuschalten. Beim Senden bleibt der Induktor in fortwährender Wirkung und erfolgt
die Zeichengebung durch den Taster 4 in der Weise, dass
der Luftdraht abwechselnd in und ausser Abstimmung mit der empfangenden Station
gesetzt wird, was durch längeren oder kürzeren Kurzschluss der
Abstimmungseinrichtung bewerkstelligt wird. Diese Abstimmungsvorrichtung ist mit dem
Generator (Induktor) in Reihe geschaltet und mit der Erde verbunden. Die
Abstimmungsvorrichtung besteht aus einem oder mehreren Paaren paralleler Drähte 5,
auf welche Schlittenkontakte 6, die je zwei Drähte
leitend verbinden,aufgesetzt sind. Diese Drahtpaare sind in eine Kassette
eingesetzt, welche soweit mit Oel angefüllt ist, dass die Drähte von demselben
annähernd 5 cm hoch überdeckt werden. Durch diese Anordnung ist es möglich, die
Kapazität und Induktanz so genau zu regulieren, dass man eine reine Sinuswelle und
daher gute Resonanz erhält.
Um eine reine Sinuswelle zu erhalten, soll das Verhältnis zwischen Induktanz und
Kapazität für die Längeneinheit aller Teile des Leiters das Gleiche sein, und
unterscheidet sich hierin das System Fessenden
wesentlich von allen anderen Systemen, welche Drahtrollen verwenden, um bei einem
gegebenen Widerstände die grösste Induktanz zu erreichen. In Fig. 45 ist der Taster 4
als ein gewöhnlicher Unterbrechungstaster dargestellt. Tatsächlich gelangt jedoch
ein Kurzschlusstaster (Fig. 46) zur Anwendung. Der
durch das Grundbrett des Tasters hindurchgehende Teil des Tasters bringt durch
passende Uebersetzung die Greifer d mit den Drähten 5 in leitende Verbindung und schafft dadurch, da
derselbe mit der Erde leitend verbunden ist, einen Kurzschluss dieser Drähte. Der
Empfangsstromkreis besteht im wesentlichen aus dem Luftleiter 1 (Fig. 45), dem
Kondensator 12, einer vereinigten Kapazität und
Induktanz 13, welche den Resonator bildet und in
ähnlicher Weise, wie die Abstimmungsvorrichtung für den Sender zusammengestellt ist.
Dieselben sind in Reihe verbunden, befinden sich jedoch in Abzweigung von der
Funkenstrecke und sind auf diese Weise parallel zu dem sendenden Leiter
geschaltet.
Textabbildung Bd. 318, S. 327
Fig. 46.
Textabbildung Bd. 318, S. 327
Fig. 47.
Um die Geschwindigkeit der Uebertragung zu erhöhen, wurde an Stelle des
schwerfälligeren Morseschreibers ein telephonischer Empfänger angewendet. Dies
bedingt wieder einen Wellenempfänger, der in Bezug auf Frittung und Entfrittung viel
rascher wirkt, als die bisher bekannt gewesenen Fritter. Der Wellenempfänger von Fessenden wirkt viel rascher, als ein sich selbst
regenerierender Fritter. Derselbe ist in Fig. 45 mit
14 bezeichnet und in Verbindung mit den übrigen
Einrichtungen dargestellt. Fig. 47 zeigt diesen
Wellenempfänger im Einzelnen. Er ist im wesentlichen auf dem Prinzip des Bolometers
aufgebaut, doch ist die ausstrahlende oder aufsaugende Oberfläche im Verhältnis zur
Masse sehr klein, sodass die Leitungsverluste grösser als die Strahlungsverluste
sind, und es einer unendlich kleinen Energiemenge bedarf, um ihn zu erhitzen. Um
diese Wirkung zu erzielen, wird ein Silberdraht von 1 mm Durchmesser, welcher eine
Seele aus Platindraht von 0,03 mm hat, zu einer kurzen Schlinge 15 gebogen und mit den Zuführungsdrähten verbunden, und
das ganze in eine Glasbirne 18 eingesetzt, die
zugeschmolzen wird. Die Spitze der Schlinge 15 wird
aber vorher in reine Salpetersäure eingetaucht, welche das Silber auflöst und an
dieser Stelle das Platin 16 freilässt. Zu weiterem
Schütze gegen Ausstrahlung wird das Glasgefäss noch von einer Silberschale 17 umgeben. Das Glasgefäss kann, um die Wirksamkeit
dieses Wellenempfängers noch zu vergrössern, luftleer gemacht werden.
Die gesamte Einrichtung eines derartigen Wellenempfängers (Fig. 48) besteht aus einer drehbaren Hartgummiplatte
19, auf welcher eine bestimmte Anzahl der
vorbeschriebenen Empfänger angeordnet sind, von welchen stets der im Gebrauche
stehende mit den Leitern 20, 21, durch Kontakte 22, 23 in Verbindung gebracht wird. Die Platte wird von
dem Stabe 24 getragen. Der gesamte Empfangsmechanismus
ist in ein Metallschutzgehäuse 25 eingeschlossen. 26 und 27 in Fig. 45 stellen einen elektromagnetischen Ausschalter
dar, welchen der Umschalter 3, wenn er auf b gelegt wird, in Wirksamkeit setzt. Hierbei hebt der
Hebel 27 die Einführungsdrähte von der Hartgummiplatte
28 ab. Als eigentliches Empfangsinstrument dienen
die Kopftelephone 29, welche mittels Kabelzuführung in
Reihe geschaltet sind, wobei diese beiden Kabel eine kleine Potentialdifferenz
aufweisen. Findet also eine Erwärmung des Wellenempfängers durch einlangende Wellen
statt, so wird sich dies in den beiden Empfangstelephonen durch einen
charakteristischen Ton anzeigen. Da nun der Wellenempfänger infolge der Abstimmung
nur auf eine bestimmte Wellenlänge anspricht, so ist auch die Verständigung eine
sehr sichere und zuverlässige. Zum Anrufe dient ein Fritter 30 in Verbindung mit einer Batterie 31, einem
Transformator 32 und einem Anruftelephon oder einem
Klingel werk 33.
Textabbildung Bd. 318, S. 328
Fig. 48.
Textabbildung Bd. 318, S. 328
Fig. 49.
Die in Fig. 49 dargestellte Vorrichtung hat den Zweck,
eine ganz bestimmte Beziehung zwischen der Induktanz, der Kapazität und dem
Widerstände ohne Rücksicht auf das zur Verwendung gelangende Potentiale aufrecht zu
erhalten. Die Entladung findet hierbei durch Luft, welche komprimiert ist, statt,
und befindet sich die Funkenstrecke zwischen dem mit 4
bezeichneten Teile und der Bodenplatte 5. Bei Gebrauch
dieses Apparates beträgt die Grösse der Funkenstrecke ungefähr 6 mm, wenn das
verwendete Induktorium eine Schlag weite von 30 cm hat. Durch Vergrösserung des
Druckes steigert sich die Elektrizitätskonstante des Mediums und kann infolgedessen
das Funkenpotential bis zu einer beliebigen Höhe gesteigert werden, ohne dass ein
merklicher Verlust in der ausstrahlenden Kraft zu befürchten ist.
Ueber die praktischen Versuche liegen nähere Berichte noch nicht vor, doch soll
bereits zwischen Hatteras und Räanocke auf eine Entferung von 160 km ein Betrieb mit
den Apparaten von Fessenden eingerichtet sein, wobei
ein Induktor von 30 cm Schlagweite und ein Luftdraht von ungefähr 42 in Höhe zur
Anwendung gelangt. Die Uebertragungsgeschwindigkeitwird mit 35 Worten in der
Minute angegeben.
Das System der drahtlosen Telegraphie von Lee de
Forest-Smythe.
Textabbildung Bd. 318, S. 328
Fig. 50.
Das wesentlich Neue an diesem System dürfte der verwendete Fritter sein, welcher als
Gegenfritter zu bezeichnen ist, da sein Widerstand unter der Einwirkung elektrischer
Wellen vergrössert wird. Ueber die Zusammenstellung dieses Fritters, welcher sich
durch grosse Empfindlichkeit und rasches Ansprechen auszeichnet, fehlen alle näheren
Angaben. Ausser diesem Fritter wird noch die Art der Wellenerzeugung als neu
angegeben, indem an Stelle eines Induktoriums ein Transformator zur Anwendung
gelangt, welcher von einem Wechselstrom gespeist wird. Der primäre Strom von 110
Volt Spannung bei 120 Wechseln in der Sekunde, wird in der Sekundären bis auf eine
Spannung von 25000 Volt hinauftransformiert. Diese Anordnung kann jedoch nicht als
etwas Neues angesehen werden, da schon Slaby die
gleiche Anordnung dann wählt, wenn es sich um besonders weite Entfernungen handelt,
für deren Ueberwindung ein grösserer Energiebedarf notwendig ist. Lee de Forest arbeitet ohne Abstimmung und ist die
schematische Gesamtanordnung, wie das Schema Fig. 50
zeigt, wenig von der Anordnung von Marconi bezw. Slaby unterschieden. Für den Empfang wendet Lee de Forest, dem Beispiele von Marconi und Braun folgend,
gleichfalls einen Transformator an, in dessen Sekundärkreis ein Kondensator, ein
Fritter und ein Telephon eingeschaltet sind. Der für die Zeichengebung verwendete
Taster ähnelt dem gewöhnlichen Morsetaster, ist aber, um ein rasches Arbeiten zu
ermöglichen, so eingerichtet, dass er den Luftdraht selbsttätig von dem Sender zum
Empfänger schaltet, sodass der Arbeitende in den Zwischenpausen zu horchen vermag,
ob eine Nachricht aufzunehmen ist. Während des Horchens ist eine Umstellung des
Zeichengebers auf Senden ausgeschlossen. Der Stromschluss und die Stromunterbrechung
erfolgt mit Rücksicht auf die zur Verwendung gelangenden hohen Spannungen unter Oel
und ist der Telegraphierende vollständig gegen die Berührung der, die Hochspannung
führenden, Leitungen geschützt. Die Verwendung eines Telephones als Auf nähme
Vorrichtung in Verbindung mit der selbständigen Umschaltung auf Senden und Empfangen
durch den Zeichengeber und der ausserordentlichen Empfindlichkeit des Fritters
ermöglichen ein sehr rasches Arbeiten und können unter günstigen Umständen 40 Worte
in der Minute übertragen werden. Die Durchschnittsgeschwindigkeit wird mit 25–30
Worten in der Minute angegeben. Die Zeichen werden nach dem Morsealphabet gegeben
und machen sich die Striche und Punkte in dem Telephon durch entsprechend längere
oder kürzere Geräusche bemerkbar. Ein geübter Gehörleser auf dem Morseapparate soll
das Aufnehmen mit dem Telephone binnen wenigen Tagen erlernen. Es unterliegt jedoch
keinem Anstände, den Telephonempfänger durch ein Relais, welches mit Rücksicht auf
die gegenfrittende Wirkung des eigentlichen Empfängers auf Ruhestrom geschaltet
werden muss, zu ersetzen. Für den Anruf wird auf das Telephon eine kleine Pfeife
aufgesetzt, welche der Funkenfrequenz entsprechend abgestimmt ist. Nach diesem
Systeme ist bereits eine Reihe von Stationen eingerichtet, wovon die
Bemerkenswerteste die im Steeplechase Parke auf Coney Island ist, welche den
höchsten Mast aller amerikanischen Stationen hat, da derselbe gegen 70 m hoch ist.
Diese Station konnte mit einem nach demselben Systeme eingerichteten Schiffe,
welches nur einen 20 m hohen Luftmast hatte, anstandslos bis auf 60 km sprechen.
Dieselbe nahm auch von dem nach dem Systeme Slaby-Arco
eingerichteten Dampfer „Deutschland“ Depeschen auf eine Entfernung von 112 km
auf. Während der vorjährigen Manöver der amerikanischen Kriegsmarine hat sich das
System der drahtlosen Telegraphie von Lee de Forest
nicht nur durch seine grosse Empfindlichkeit,sondern auch durch die Sicherheit,
mit welcher die Nachrichten vermittelt wurden, vollkommen bewährt. Zu erwähnen ist
hierbei, dass auch mit Apparaten von Fessenden gegebene
Depeschen und zwar, wie sich durch nachträglichen Vergleich herausstellte, richtig
aufgenommen wurden.
(Fortsetzung folgt.)