Titel: | Das Induktorium von J. Ed. Ives. |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 411 |
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Das Induktorium von J. Ed. Ives.
Das Induktorium von J. Ed. Ives.
Das Induktorium besteht, nach Electrical World and Engineer, aus
einer primären und einer sekundären Wicklung, einem Unterbrecher und einem
Kondensator. In Fig. 1 ist L1 und L2 die Selbstinduktion der
primären bezw. sekundären Spule, C1 die Kapazität des parallel zum Unterbrecher
geschalteten Kondensators und E die elektromotorische
Kraft der primären Stromquelle.
Textabbildung Bd. 318, S. 411
Fig. 1. Schaltungsschema.
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Fig. 2. Kurve des oszillierenden Stromes.
Um sekundär möglichst grossen Spannungsunterschied zu erhalten, muss man den
Kondensator so wählen, dass am Unterbrecher kein Funken auftritt. Nach der
Stromunterbrechung entsteht in der primären Spule ein oszillierender Strom, dessen
Periodenzahl abhängt von der Selbstinduktion der primären Spule und von der
Kapazität des Kondensators. Fig. 2 stellt graphisch
diesen oszillierenden Strom dar, bei langsam arbeitendem Unterbrecher. Bei a wird der primäre Strom geschlossen, er wächst an bis
zu einem höchsten Werte bei b, wo der Strom
unterbrochen wird; nun kommt der oszillierende Strom, der immer schwächer wird und
bei c ganz aufhört. Die Periodenzahl dieses
oszillierenden Stromes ist annähernd gegeben durch die Beziehung
T = 2π . √L1C1 . . . 1.)
Daraus erkennt man, dass der Kondensator die Ursache des oszillierenden Stromes ist.
Dieser Wechselstrom nun induziert in der sekundären Spule eine elektromotorische
Kraft, die um so grösser ist, je rascher die Schwankungen erfolgen. Mit zunehmendem
Kondensator werden aber die Kurven flacher; deshalb darf man nur so viel Kapazität
einschalten, dass kein Funken an dem Unterbrecher auftritt.
Lord Rayleigh (Philosophical Magazine, Bd. II,
1901, S. 581-594) hat durch Versuche nachgewiesen, dass man den Kondensator
entbehren kann, wenn man den primären Strom plötzlich unterbrechen kann. Der
Kondensator muss also einen möglichst raschen Stromabfall bewirken und verhüten,
dass am Unterbrecher Funken auftreten, da über die Funkenstrecke noch Strom fliesst,
und demnach die Stromabnahme langsam erfolgt.
Das Feuern am Unterbrecher hat seinen Grund nicht in der verhältnismässig kleinen
Spannung der Batterie, sondern in der primär induzierten elektromotorischen Kraft.
Die Grösse der sogenannten günstigsten Kapazität, die sekundär die längste
Funkenstrecke ergibt, ist abhängig von dem primären Strom und den Konstanten der
primären Spule, also der Selbstinduktion, dem Widerstand und dem Widerstand der
Zuleitungen zum Kondensator. Für veränderlichen Strom muss auch der Kondensator
veränderlich sein.
Die sekundäre Spannung ist abhängig von dem primären Strom, von der primären und
sekundären Selbstinduktion und von der primären und sekundären Kapazität. Letztere
liegt in der Spule selbst und ist über die ganze Länge derselben verteilt.
Vernachlässigt man die Dämpfung durch den Widerstand der Spulen, so erhält man als
allgemeine Gleichung für die sekundäre Wechselspannung
V_2=\frac{J_0\,M}{L_2\,C_2-L_1\,C_1}\cdot \left(\sqrt{L_2\,C_2}\,sin\,\frac{t}{\sqrt{L_2\,C_2}}-\sqrt{L_1\,C_1}\,sin\,\frac{t}{\sqrt{L_1\,C_1}}\right) . . 2.)
Dabei ist
V2 = sekundäre Spannung
J0 =
primärer Strom
M = gegenseitige Induktion
C2 =
sekundäre Kapazität
L1, L2
und C1 haben dieselbe
Bedeutung wie in Fig. 1.
Die sekundäre Kapazität ist bei allen Induktorien, selbst bei ganz grossen, so klein,
dass man das Produkt L2C2 vernachlässigen kann. Unter dieser
Voraussetzung wird
V_2=\frac{J_0\cdot M}{\sqrt{L_1\,C_1}}\,sin\,\frac{t}{\sqrt{L_1\,C_1}} . . . 3.)
Vernachlässigt man die magnetische Streuung, indem man annimmt, dass bei guten
Induktionen alle Kraftlinien der primären Spule die sekundären Windungen schneiden,
so ist
M = √L1L2 . . . 4.)
und
V_2=J_0\cdot \sqrt{\frac{L_2}{C_1}}\,sin\,\frac{t}{\sqrt{L_1\,C_1}} . . . 5.)
Die grösste sekundäre Spannung und damit die Schlagweite ist gegeben durch
V_{2max}=J_0\cdot \sqrt{\frac{L_2}{C_1}} . . . 6.)
Sie ist direkt proportional der primären Stromstärke vor der Unterbrechung, direkt
proportional der Quadratwurzel aus der sekundären Selbstinduktion und indirekt
proportional der Quadratwurzel aus der primären Kapazität. Unabhängig ist sie von
der primären Selbstinduktion.
Gleichung 6.) ist neuerdings durch Versuche bestätigt worden durch Klingelfuss (Annalen der Physik, Bd. 5, 1901, S.
837-871). Darnach gilt für Induktorien mit Schlagweiten bis zu 1 m,
1. Die sekundäre Spannung ist direkt proportional der
sekundären Windungszahl.
2. Die primär induzierte elektromotorische Kraft ist
proportional dem primären Strom.
3. Die sekundär induzierte elektromotorische Kraft ist
proportional dem primären Strom.
Theoretisch kann man die sekundäre Spannung beliebig steigern durch Verkleinern
der primären Kapazität. Praktisch ist dem eine Grenze gesetzt durch das Feuern an
der Unterbrechungsstelle.
Die in der primären Spule induzierte elektromotorische Kraft kann ebenso wie die
sekundäre berechnet werden. Ihr höchster Betrag ist gegeben durch
V_{1\ max}=J_0\,\sqrt{\frac{L_1}{C_1}} . . 7.)
Angenähert gilt für Induktorien auch die Transformatorformel
\frac{V_2}{V_1}=\frac{n_2}{n_1} . . . . 8.)
wenn n1 und n2 die primäre bezw. sekundäre Windungszahl ist.
Kennt man daher J0, L1, C1, n1, n2, so lässt
sich aus Gleichung 7.) V1 und aus Gleichung 8.) V2
berechnen.
Textabbildung Bd. 318, S. 412
Fig. 3. Gerades Induktorium.
Textabbildung Bd. 318, S. 412
Fig. 4. Hufeisenförmiges Induktorium.
Die Bestimmung der Selbstinduktion einer Spule mit Eisen stösst auf Schwierigkeiten,
da die Permeabilität mit der Grösse des Stromes sich ändert. Gewöhnlich macht man
eine Bestimmung bei kleinem Strom und eine bei dem grössten Strom und nimmt dann
einen Mittelwert.
Klingelfuss arbeitete mit zwei Arten von Induktorien,
dem gewöhnlichen geraden Induktorium (Fig. 3) und dem
hufeisenförmigen (Fig. 4).
Durch Veränderung der sekundären Windungszahl erhielt er Ergebnisse, die in Fig. 5 graphisch aufgetragen sind.
Textabbildung Bd. 318, S. 412
Fig. 5. Abhängigkeit der Schlagweite von der sekundären Windungszahl.
Kurve I zeigt die Ergebnisse für ein hufeisenförmiges Induktorium, Kurve II für ein
gerades Induktorium mit einem Kern von grossem Querschnitt, Kurve III für ein
gerades Induktorium mit einem Kern von quadratischem Querschnitt aus schwedischem.
Eisen, 0,5 cm. stark (das Verhältnis einer Quadratseite des Querschnitts zur Länge
des Kerns war 1 : 20). Kurve IV für ein Carpentier-Induktorium mit einer grössten
Schlagweite von 55 cm. Der Unterbrecher war von Hand betätigt und bestand aus einem
amalgamierten Kupferdraht, der in mit Petroleum bedecktes Quecksilber eingetaucht
wurde. Die sekundäre Funkenlänge wurde gemessen zwischen einer abgestumpften + Spitze
und einer – Platte. Die Kurven in Fig. 5 zeigen:
1. Das hufeisenförmige Induktorium ist wirksamer als das gerade, es kann aber nicht
für hohe Spannungen angewandt werden, da die Isolierung nicht durchzuführen ist.
Textabbildung Bd. 318, S. 413
Fig. 6. Einfluss der Drahtzahl im Kern
Zahl der Drähte.
2. Mit zunehmendem Eisen wachst die sekundäre Spannung. (Fig. 6 zeigt die Abhängigkeit der sekundären Spannung von der Zahl der
Eisendrähte im Kern bei verschiedenen Selbstinduktionskoeffizienten).
3. Ein Induktorium von verhältnismässig wenig sekundären Windungen kann, wenn die
günstigsten Verhältnisse gewährt sind, sehr lange Funken geben.
Fig. 7 zeigt die Abhängigkeit der Schlagweite von der
Grösse des Kondensators bei gleichem Strom. Mit zunehmenderKapazität steigt die
Schlagweite rasch an, bis zu einem Höchst mass, um dann langsam wieder
abzunehmen.
Die günstigste Form für ein Induktorium ist die Gerade mit einem langen Kern, der auf
beiden Seiten etwa 10 cm über die sekundäre Spule hinausragt, um die sekundären
Drähte voll auszunutzen. Die Zahl der Kraftlinien, welche die sekundäre Spule
schneiden, ist nämlich in der Mitte grösser als am Ende.
Textabbildung Bd. 318, S. 413
Fig. 7. Einfluss des Kondensators
Kapazität in Mikrofarad.
Angaben über die Drahtlänge, die nötig ist für eine bestimmte Schlagweite, sind ganz
unzuverlässig, da die sekundäre Spannung abhängt von dem Durchmesser der sekundären
Spule, von den Eigenschaften des Kerns und des Unterbrechers.
Das einzige Mittel, sich bestimmte Kenntnisse von den Eigenschaften eines
Induktoriums zu verschaffen, ist die Messung der sekundären Selbstinduktion, des
primären Stromes und des Kondensators; daraus kann nach Gleichung 6.) die sekundäre
Spannung berechnet werden.