Titel: | Das Pressmetall und seine Beziehung zum Schweissen und Löten. |
Autor: | Haedicke |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 506 |
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Das Pressmetall und seine Beziehung zum
Schweissen und Löten.
Das Pressmetall und seine Beziehung zum Schweissen und
Löten.
Prof. Dr. Hof in Witten
hat ein Verfahren patentiert erhalten, nach welchem Späne von Weichmetallen durch
Formpressung in solide Körper umgewandelt werden können, und im Anschluss daran eine
Reihe von Versuchen angestellt, in denen er Späne von allerlei Metallen durch
Pressungen bis zu 4000 Atm. zu mehr oder weniger fest zusammenhängenden Massen
vereinigte. Seine Beobachtungen hat er in dem XXX. Band, Heft 7
der Zeitschrift für mathematischen und
naturwissenschaftlichen Unterricht niedergelegt. Er zeigt
u.a., dass ein aus Spänen zusammengepresstes Stück noch dichter sein kann, als ein
Gusstück, da letzteres bei dem angewendeten Druck noch nachgab, also Hohlräume
enthalten haben musste.
Die Hofschen Versuche haben ihre Vorgänger zum mindesten
in Versuchen, welche Prof. Clausius in
Zürich bereits zu Anfang der 60 Jahre vorgeführt hat:
zwei Bleiplatten wurden hochkant mit dem Messer aus freier Hand möglichst geradlinig
beschnitten und unmittelbar darauf gegeneinandergepresst, unter geringer
Verschiebung. Sie blieben fest aneinander haften und vertrugen sogar das Anhängen
von Gewichten in überraschender Weise. Dabei konnte man. den Spalt gegen das Licht
haltend, deutlich erkennen, dass sich das Metall nur an wenigen Punkten berührte. Es
waren immer nur wenige Quadratmillimeter, welche wirkliche Adhäsion erfuhren, was
sich auch nach dem Auseinanderreissen klar erwies.
Ich selbst habe diese Versuche alljährlich im Physikunterricht wiederholt und sie
auch in den technologischen Unterricht übernommen, als Einleitung zu dem Kapitel
„Schweissen und Löten,“ und ich halte auch das Pressmetall für ein
Produkt eines hierhergehörigen Vorganges: Es wird, wie auch Hof sich ausdrückt, die Adhäsion zwischen zwei getrennten Körpern, welche
bekanntlich, wenn auch oft in sehr geringem Masse, sofort bei der Berührung
auftritt, durch innige Berührung in Kohäsion übergeführt, und es gehört dazu nach
meiner Auffassung eben nur diese innige Berührung, ohne dass gerade eine Pressung in
der von Hof angewendeten Weise überall erforderlich
ist.
Für diese Anschauung spricht, abgesehen von den weiter unten anzuführenden Versuchen
von Spring, schon das bekannte Einfressen von Spur
zapfen in das Spurlager. Ich besitze ein solches Stück, bei welchem die Vereinigung
– kalte Schweissung – so stark wurde, dass der Zapfen abbrach, und die hierzu
erforderliche Kraft nicht imstande war, die Trennung des Zapfens von der Pfanne zu
bewirken. Solche Berührungsstellen sehen, wenn sie kurze Zeit ohne Schmierung
gelaufen haben, bekanntlich außerordentlich sauber aus; die völlige metallische
Reinheit ist gewahrt, die Belastung, im Verein mit der von Clausius angewendeten Schiebebewegung bewirkt die innige Berührung, und
die Vereinigung vollzieht sich, wie der Zapfenbruch beweist, plötzlich,. – Beim
Löten entfällt der Druck. Er darf es, weil das Lot im flüssigen Zustand angewendet,
die innige Berührung also gewährleistet wird. Dabei ist die völlige Reinheit der
Oberfläche der mit einander zu vereinigenden Stücke Hauptbedingung, ohne deren
Erfüllung keine Lötung gelingt.
Das Schweissen gelingt ebenfalls nur, wenn durchaus für metallisch reine Oberflächen
gesorgt wird, wie es beim Loten durch das Lötmittel: Lötwasser, Borax usw. oder beim
Schweissen im Feuer durch den Schlackengehalt des Materials oder durch
schlackenähnliche Zusätze bezw. Borax bewirkt wird. Um die innige Berührung
herzustellen, muss zunächst das Material eine gewisse Weichheit besitzen. Es muss,
wie Siegellack, die Eigenschaft haben, innen möglichst fest zu bleiben, obwohl die
Oberfläche durch Erhitzen weich geworden ist. Diese Eigenschaft besitzt das
Schmiedeeisen in vorzüglichem Masse, Es reicht dann ein Schlag, ein verhältnismässig
geringer Druck aus. um die Vereinigung zu bewirken. Die Erwärmung hat mit der dann
hervorgerufenen Kohäsion nichts zu tun, sie hat das Material weich gemacht und damit
ihre Aufgabe erfüllt.
In gleicher Weise vollzieht sich auch die elektrische Schweissung nach Tkomsen-Houston. Die
Metallenden, Kupfer, Eisen, Nickel, Blei usw. werden, gut gerade bearbeitet, stumpf
aneinandergestossen, nachdem sie in isolierte Fassungeneingespannt worden, und
in die Leitung eines sehr starken Stromes geschaltet, Der an den Trennungsstellen
auftretende Widerstand macht das Material glühend, die Fassungen werden etwas
gegeneinander geführt, wodurch eine geringe Pressung der glühenden Metallenden
gegeneinander hervorgebracht wird, und die Schweissung ist vollendet: das erweichte
wiederum gut gereinigte Metall ist in die erforderliche innige Berührung gebracht
worden und die Kohäsion ist in ihre Rechte getreten.
Die durchaus reine Oberfläche ist überall die Hauptbedingung. Auch bei den Hof'schen Versuchen gelingt es nicht, unreine
Metallspäne, wie z.B. angerostete Eisenspäne, zu vereinigen.
Der von Clausius betretene Weg ist von dem Präsidenten
SpringNaturwissenschaftliche Rundschau. 1900, No. 23, S. 285. der
Brüsseler Akademie weiter verfolgt worden, und zwar seinem Berichte gemäss – Vortrag
in der öffentlichen Jahressitzung der Akademie am 17. Dezember 1898 offenbar ohne
Zusammenhang mit seinem Vorgänger. Spring hat die
vorliegende Frage sehr allgemein bearbeitet und ist daher auch auf das
Zusammenpressen von Metallspänen gekommen; er hat Zinn- und Kupferpulver zu Bronze
und Zink und Kupfer zu Messing zusammengepresst, ebenso Kupfer und Antimon, sogar
Blei, Zinn, Wismut und Cadmium zu der bekannten leichtflüssigen Legierung.
Ganz eigenartig sind die diesbezüglichen Versuche ohne Verwendung der Pressung.
Verschiedene Metallstücke: Gold, Platin Silber, Kupfer, Zink, Blei, Wismut usw.,
wurden, sehr eben bearbeitet, aufeinander gelegt und längere Zeit ohne jeden fremden Druck, aber bei erhöhter Temperatur,
nur der Wirkung des Eigengewichtes überlassen. Die Temperatur wurde beträchtlich
unter dem Schmelzpunkt gehalten: bei Platin 1600, bei Gold und Kupfer etwa 800
u.s.w. Es zeigte sich das überraschende Ergebnis, dass die Metalle der gleichen Art nach einiger Zeit – je nach der Härte in
3-12 Stunden – geschweisst waren, so dass sie ein Stück bildeten, ohne sichtbare
Verbindungsstelle. Die Paare verschiedener Metalle
hatten sich an der Verbindungsstelle legiert, und zwar umso tiefer, je geschmeidiger
sie waren. Kupfer und Zink hatten eine ¼ mm dicke Schicht Messing gebildet, wärend
Zinn und Blei sich in einer Dicke von 6 mm legiert hatten. Dagegen zeigten Zink und
Blei, welche sich bekanntlich in geschmolzenem Zustande getrennt halten, ebenso wie
Zink und Wismut, nur den Anfang einer Verbindung ohne jede Festigkeit.
Die oben gegebene Auffassung, dass die Adhäsion in. Kohäsion übergegangen sei, wird
hierdurch vollauf bestätigt. Aber es ist im höchsten Grade beachtenswert, dass. nach
den Versuchen von Spring, die Pressung durch die Dauer bei einer verhältnismässig niederen Temperatur
ersetzt werden kann; Dabei hat die Erhöhung der Temperatur nicht den oben
angezogenen Wert der Erweichung sondern, wie Spring
sagt, den der Erhöhung der Diffusion, des gegenseitigen Durchdringens der
Moleküle.
Man könnte hier den Einspruch erheben, dass eine Diffusion nur bei verschiedenen
Materialien auftreten kann? dass dieselbe also nur eine Rolle spielt, wenn Zink oder
Zink und Kupfer u.s.w. mit einander in Berührung treten. Denn es ist fraglich, ob
ein gegenseitiges Durchdringen auch bei völlig gleichartigen Körpern, die auf
einander geschichtet werden, beobachtet wird. Das Gesetz von Gudberg und Waage, wonach sogar die chemische
Wirkung zweier verschiedener mit einander in Berührung tretender Körper aufhört,
wenn der Gleichgewichtszustand eingetreten ist – Kalisalpeter und Chlornatrium
wechseln ihre Basen aus, ebenso aber auch Chlorkalium und Natronsalpeter, bis zu
einer gewissen Grenze hin – wird sicher auch auf die Legierungen sich erstrecken.
Handelt es sich schliesslich doch nur um die Affinität, die gegenseitige
Anziehungskraft der kleinsten Moleküle, dem Berührungspunkt zwischen Chemie und
Physik. Man kann daher bei den obengenannten Vorgängen, gleiche Körper
vorausgesetzt, füglich das Wort Diffusion fallen und lediglich die Adhäsion in seine
Rechte treten lassen.
Haedicke.