Titel: | Mitteilungen über die „Pariser Metropolitanbahn“. |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 554 |
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Mitteilungen über die „Pariser
Metropolitanbahn“.
(Fortsetzung von S. 521 d. Bd.)
Mitteilungen über die „Pariser
Metropolitanbahn“.
Alle übrigen Bauanlagen der Südringlinie übertrifft aber an Wichtigkeit und
Interesse die aus Fig. 34 ersichtliche, zwischen dem
Quai de Passy des rechten, und dem Quai de Grenelle, des linken Ufers der Seine,
herzustellende Flussübersetzung, für welche die Achse des daselbst bisher
bestandenen, quer der Schwaneninsel die beiden Flussarmeüberschreitenden Steges
als Richtungslinie vorausbestimmend war. Zufolge letzteren Umstandes, und da die
allerdings nur schmale Schwaneninsel, welche zur Herstellung von Brückenpfeilern
überhaupt nicht unverwertet bleiben konnte die Seine an der in Frage kommenden
Stelle in zwei Arme teilt, von welchen der eine 115 m, und der andere 91 m breit ist, so
bestellt denn auch die neue Flussübersetzung aus zwei, zwar knapp
aneinanderstossende, sonst aber vollständig von einander getrennten Brücken.
Zwischen dem östlichen Ende der Station Quai de Passy (vergl. Fig. 23 u. 34) und dem
Landpfeiler der ersten Seinearmbrücke ist ein Stück Hochbahnstrecke eingefügt,
welches fünf Viaduktfelder umfasst, nämlich zuvörderst anstossend an die
obengenannte Station drei Felder zu je 17,84 m, dann ein Feld zu 15,33 m und
schliesslich eines zu 18,18 m Spannweite.
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Fig. 34. Lageplan der Seineübersetzung zwischen Quai de Passy und Quai de
Grenelle.
Dieser Teil der Bahnanlage gleicht in seiner Ausführung ganz
den einschlägigen Normalien des Nordringes und ruhen die Brückenkonstruktionen
durchweg auf den gewöhnlichen, gusseisernen Pfeilersäulen. Die daran anschliessende
Brücke des sogenannten grossen Seinearmes hat drei Felder, von denen das erste 32 m,
das mittlere 54 m, und das letzte 29 m Spannweite besitzt. Die zweite, über den
sogenannten kleinen Seinearm führende Brücke weist ebenfalls drei Felder auf mit 23
m Spannweite nächst der Schwaneninsel, mit 42 m im Mittelfelde und mit 26 m auf der
Seite des Quai de Grenelle. Die auf der zungenforanges, nur 23,5 m breiten
Schwaneninsel errichteten beiden Landpfeiler der aneinanderstossenden Brücken werden
in ihrem Oberteile durch einen monumentalen, sehr gelungen entworfenen Ueberbau mit
Bogengewölben zu einem einzigen geschlossenen Bauwerk verbunden, welches das gute
Aussehen der Brücken sehr erhöht. An dem Landpfeiler der Brücke des kleinen
Seinearmes schliesst sich am Boulevard de Grenelle als Fortsetzung der
Metropolitanbahn ebenfalls wieder eine gewöhnliche Hochbahnstrecke an, die sich
lediglich im ersten Felde durch die ausserordentliche Spannweite von 57,41 m
auszeichnet. Mit diesem Felde wird nämlich der Quai d'Orsay und Quai deGrenell
an ihrer Vereinigungsstelle übersetzt, sowie gleichzeitig die mit der Seine parallel
laufende Strecke der Französischen Westbahn überbrückt, welche ihrerseits diese
Stelle in einem gedeckten Einschnitt unterquert.
In Berücksichtigung der aussergewöhnlichen Wichtigkeit dieses Teiles der
Metropolitanbahn zwischen Passy und Grenelle hatte man denselben von vornhinein als
einen besonderen Abschnitt behandelt und für seine Ausführung einen eigenen
Wettbewerb ausgeschrieben. Bei der Beurteilung der eingelaufenen Vorschläge einigten
sich die Preisrichter für den Entwurf der Bauunternehmer Deydé & Pillé, nicht bloss weil derselbe in allen seinen Teilen
befriedigte, sondern auch weil diese Firma für die Fertigstellung der genannten
Bahnstrecke von allen Mitbewerbern die kürzeste Frist verlangte. Ausserdem wurden
der Entwurf der „Société de Constructions de
Levallois-Perret“ und jener der Firma Moisant, Laurent, Lavey et Co. mit je einem ersten Preise von 3000 Frcs.
ausgezeichnet. Den Hauptgegenstand der Ausschreibung bildete die Brücke über die
beiden Seinearme, da sich die Pariser Stadtvertretung entschlossen hatte, bei
Gelegenheit der Herstellung des Südringes der Metropolitanbahn an Stelle des weiter
oben erwähnten, über die Schwaneninsel laufenden Steges gleichzeitig auf ihre Kosten
eine den örtlichen Verkehrs Verhältnissen besser entsprechende, breite
Strassenbrücke zu erbauen, welche mit der Eisenbahnanlage zu einem einheitlichen
Entwürfe zusammengezogen werden sollte. Die Breite dieser Strassenbrücke, deren
Achse gleich jener des ehemaligen Steges verläuft, sonach schief liegt, indem sie
mit dem Stromstrich der Seine einen Winkel von annähernd 75° einschliesst, war mit
24,70 m – zwischen den beiden Randgeländern – bestimmt und hatte in der Mitte einen
frei benutzbaren, 8,70 m breiten Gehweg, rechts und links davon eine den Fuhrwerken
vorbehaltene 6 m breite Fahrbahn und schliesslich an den beiden Rändern noch einen
Gehweg von je 2 m Breite zu erhalten. Auf der Strassenbrücke war auf Pfeilern die
7,20 m breite Eisenbahnbrücke anzuordnen.
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Fig. 35. Trägerschema der Brücke über den grossen Seinearm.
Textabbildung Bd. 318, S. 555
Fig. 36. Querschnitt der Brücke des grossen Seinearmes (an den
Flusspfeilern).
Hinsichtlich der allgemeinen Linienentwicklung und über gewisse Einzelheiten in der
Brückenanlage, wie sie nach dem angenommenen Plane der Bauunternehmung Deydé & Pillé verwirklicht wird, ist bereits weiter
oben Erwähnung geschehen; nachzutragen bleibt noch, dass für die in Fig. 35 schematisch skizzierte Brücke des grossen
Seinearmes je acht bogenförmige Stahlblechträger nach dem Cantileversystem verwendet werden,
welche in den Endfeldern 32 bezw. 29 m Länge besitzen, im Mittelfelde jedoch aus
zwei Auslegern von je 21 m Länge und einem 12 m langen Zwischenüberbrückungsstück
bestehen. Ganz ähnlich wird die anstossende Brücke über den kleinen Seinearm acht
bogenförmige Längsträger erhalten, die im ersten Felde neben der Schwaneninsel 23,50
m, im letzten 25 m Länge besitzen und im Mittelfelde aus zwei Ausladern von je 16,50
m und einem eingelenkten Verbindungsstück von 9 m Länge zusammengesetzt sind.
Von den acht Brückenträgern haben die zwei mittelsten 4,40 m von einander liegenden
Hauptträger, auf denen, wie der Brückenquerschnitt, Fig.
36, ersehen lässt, unmittelbar die Pfeiler des Eisenbahnviaduktes
angebracht sind, grösseres Gewicht und stärkere Abmessungen als die übrigen sechs
Längsträger. Die Säulenpaare, welche die rechts und links durch ein Eisengeländer
abgeschlossene zweigleisige, 7,50 m breite Fahrbahn mittels vier Ausleger zu tragen
haben, folgen sich in Abständen von 6 zu 6 m. Das mittlere Niveau der Strassenbrücke
liegt 7,92 und die Schienenoberkante der Eisenbahngleise 15,01 m über dem mittleren
Wasserstand der Seine, so dass also die Höhe des Eisenbahnviaduktes oberhalb der
Strassenbrücke 7,09 m beträgt. Auf der letzteren ist der breite Mittelweg für
Fussgänger mit einer Asphaltpflasterung versehen, welche auf einer durchschnittlich
0,45 m starken Betonbettung ruht, die ihrerseits von gebogenen, unmittelbar auf den
Querträgern aufgenieteten Unterlagsblechen getragen wird. Dagegen erhalten die
beiden für den Fuhrwerksverkehr bestimmten 6 m breiten Fahrbahnen eine
Holzstöckelpflasterung, die in eine durchschnittlich 0,16 m hohe Betonunterlage
gebettet wird. Die Decke unter der Betonschicht besteht hier aber aus kleinen
flachen Ziegelgewölben, die in einer Breite von 1,50 m zwischen den Längs- und
Querträgern des Brückenrostes ausgemauert sind. Im mittleren Felde jeder der beiden
Brücken steigt die auf den Ziegel ein Wölbungen unter dem Holzstöckelpflaster
vorhandene Betonschicht bis zu einer Höhe von 0,40 m, teils zu dem Zwecke der guten
Entwässerung, hauptsächlich jedoch behufs einer Gewichtsvermehrung, welche zur
Sicherung der Standfestigkeit beiträgt. Die beiden Gehwege an den Rändern der
Strassenbrücke sind ganz ähnlich wie der breite Mittelweg mit Blechplatten,
Betonschicht und Asphaltpflaster abgedeckt.
Alle Geländer, sowie alle Verzierungen und Gesimsverkleidungen an den
Eisenkonstruktionen der beiden Seinearmbrücken bestehen aus Gusseisen. Sämtliche
steinernen Brückenpfeiler, mit Ausnahme der zwei gekuppelten Landpfeiler – welche
man auf eingetriebenen Pfählen und Eichenrost erbaut – werden mittels Caissons,
unter Anwendung des Pressluftbetriebes, fundiert und die Sockel sowie alle Auflager
für die Träger aus Granit hergestellt, während für die oberen Teile der
Pfeilerschäfte harter Sandstein Verwendung finden wird. Die Kosten der gesamten für
die Herstellungen innerhalb der Bahnstrecke zwischen den Stationen Quai de Passy und
Quai de Grenelle erforderlichen Eisenkonstruktionen sind – abzüglich des von der
Stadt Paris für die beiden Seinearmbrücken zu leistenden Beitrages – mit 1400000
Frcs. veranschlagt; die bezüglichen Pläne erhielten am 14. Januar 19O3 die mass
gebende behördlicheGenehmigung und hat die Bauvergebung am 21. März 1903
erfolgen können, wobei die gesamte Herstellung nebst allen Erd- und Bauarbeiten
seitens der Unternehmungen zu dem Preise von 3 Millionen Francs mit 19,10 v. H.
Rücklass übernommen wurde.
Im allgemeinen ergeben sich auf der Südringlinie, was die durch den Bahnbau nötig
werdenden Verlegungen von Abzugskanälen, Wasserleitungen und ähnlicher öffentlicher
Baulichkeiten oder Strassen anbelangt, weit weniger Vor- und Nebenarbeiten als auf
den älteren Linien der Metropolitanbahn und sind die Kosten nur mit 900000 Frcs.
beanschlagt. Hingegen haben sich an ausgedehnten Stellen der Südringlinie umso
grössere Schwierigkeiten und Kosten anlässlich des schlechten Untergrundes ergeben,
der sich hier von zahlreichen, vielfach schon verbrochenen Kreuz- und Quergängen
unterminiert zeigte. Es gilt dies in hervorragendstem Masse von jenem unterirdischen
Streckenteil der in die Nähe der Place Denfert-Rochereau heranreicht und unmittelbar
die aufgelassenen Stollen und Steinbrüche durchschneidet, welche einst als
Beinhäuser ausgenützt waren und unter dem Namen der Pariser Katakomben weltbekannt
sind. Aehnliche, wenn auch weniger, ausgedehnte Hohlräume finden sich fast im ganzen
4 km langen Verlaufe der Untergrundstrecke vor, und zur Bekämpfung dieses
Uebelstandes mussten eben vielfach erst ganz bedeutende und kostspielige
Schutzvorkehrungen und Sicherungsbauten durchgeführt werden, bevor man mit dem
eigentlichen Tunnelbau vorgehen konnte.
Textabbildung Bd. 318, S. 556
Grundsicherung im Gebiete der Pariser Katakomben.
In jenen Brüchen und Gängen, welche festes Gestein aufwiesen und gut erhalten waren,
begnügte man sich, unter den beiden Tunnelwiderlagsmauern in Abständen von 4 zu 4 m
quadratische Stützpfeiler aus lagerhaften Bruchsteinen auszubauen, von 1,20 bis 2 m
Seitenlänge. Dieses Verfahren liess sich jedoch bei zerklüftetem Untergrund und über
den Gängen mit geborstenen Decken u.s.w. nicht anwenden. Hier wurden nach Wegräumung
des Schuttes vom festen Grund aus in gewissen Abständen runde Säulen von 1,20 m
Durchmesser aus Bruchsteinen aufgebaut und sodann die ringsum vorhandenen Hohlräume
mit Beton ausgefüllt. Andernorts wurde wohl auch, wenn dies angezeigt erschien, der
umgekehrte Weg eingeschlagen, insofern man im gelockerten Material, bis auf die
feste Sohle, Schächte für die Säulen niederteufte, darin den Säulenaufbau vollzog
und dann erst die Aufräumarbeiten und Betonierung vornahm. Man wendete an diesen
gefährlichen Stellen in der Regel fünf Reihen in der geschilderten Weise errichteter
Stützsäulen an, wie dies beispielsweise der Grundriss, Fig. 39, ersehen lässt.
Die paarweise in Abständen von 5 m hintereinander angeordneten Tragsäulen für die
beiden Tunnelwiderlager stehen in derselben Flucht, während die zur Sicherung des
Sohlengewölbes bestimmten, in der Tunnelachse versetzten Säulen zu den erstgenannten
Säulen wechselständig angebracht werden, d.h. in der Mitte des Abstandes der
äusseren Säulenreihen ihren Platz erhalten. Die im Sinne des Tunnel-Verlaufes
einander folgenden Säulen sind eine zur andern durch Gewölbsgurten (vergl. Fig. 37 und
38)
verbunden. Uebrigens wird an den in Rede stehenden Stellen auch die Dicke der
Grundmauern für die Tunnelwiderlager von 2 m bis auf 3,50 m, also ganz
ausserordentlich verstärkt und hierbei die weitgehendste Bürgschaft für Sicherheit
gewährleistet, welche nur immer gewünscht und gefordert werden mag. Der Körperinhalt des
Mauerwerkes, welches zu derartigen Sicherungszwecken im Südringe hergestellt wurde,
hat sich ungefähr auf 45000 cbm belaufen; ausserdem sind noch 47000 Langmeter
eichene Bohlen für Stollenzimmerungen und 21000 Quadratmeter Bretter für
Ausschalungen und Gerüste verbraucht worden. Die Gesamtkosten dieser
Untergrundsicherungen haben fast 2 Millionen Francs erreicht, das ist im
Durchschnitt nahezu eine halbe Million auf je einen Kilometer der in Frage kommenden
Strecke.
Alles zusammengenommen, stellen sich die Kosten für die im Bau begriffene
Südringlinie der Pariser Metropolitan, wie folgt:
Für Kanal-, Wasserleitungs-, Gas- rohrverlegungen u.
dergl
900000 Frcs.
Eigentliche Baukosten der Strecke
17867000 „
Wiederherstellung der
öffentlichen Verkehrswege
540000 „
Personalkosten der Bauleitung und Ueberwachung
3500000 „
––––––––––––––––––––––––
gibt zusammen
22807000 „
Diese Kosten verteilen sich auf 7367 m Bahn und ergeben sonach für das laufende
Meter einen Durchschnittspreis von 3095 Frcs., der sich hinsichtlich des bereits in
Vollendung begriffenen Nordringes (Linie Porte Dauphin- Place de la Nation) mit 2811
Frcs., und für die zuerst ausgeführte Hauptlinie No. 1 (Porte Maillot-Porte de
Vincennes) nur mit 2646 Frcs. herausgestellt hat. Dieser, für den Südring so
auffällig ungünstige Preisunterschied beruht auf das Ueberwiegen der teuren
Hochbahnstrecken und namentlich auf die kostspielige Seineübersetzung.
Die Vollendungsfristen für die Südringlinie sind den ausführenden Bauunternehmungen
im allgemeinen mit 16 bis 20 Monaten auferlegt, nur für die Strecke zwischen den
Stationen Quai de Passy und Quai de Grenelle, in welcher sich die oft genannten zwei
Seinearmbrücken befinden, ist im Sinne des angenommenen, geringsten Angebotes eine
Herstellungsfrist von 2 ½ Jahren gewährt worden. Man hofft aber allerorts früher
fertig zu werden und die ganze Südringlinie etwa Mitte des Jahres 1905 bereits dem
Verkehr übergeben zu können (vergl. A. Dumas in Le
Génie civil vom 4. April 1903).
(Fortsetzung folgt.)