Titel: | Eigenschaften und Herstellung der Kalksandsteine. |
Autor: | Gustav Rauter |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 575 |
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Eigenschaften und Herstellung der
Kalksandsteine.
Von Dr. Gustav Rauter.
(Fortsetzung von S. 560 d. Bd.)
Eigenschaften und Herstellung der Kalksandsteine.
2. Prüfungsergebnisse von Kalksandsteinen.
Nachdem der Begriff von dem Wesen des Kalksandsteins dargelegt ist, sollen nunmehr
die Ergebnisse besprochen werden, die bei der Prüfung in den letzten Jahren
hergestellter Kalksandsteine gewonnen sind. In dieser Beziehung liegen reichhaltige
Ergebnisse vor, dadurch gezeitigt, dass die erste Jahresversammlung des Vereins der
Kalksandsteinfabriken im Jahre 1901 den Beschluss gefasst hatte, von den in den
Handel gebrachten Erzeugnissen seiner Mitglieder eine gewisse Mindestfestigkeit zu
verlangen und diejenigen Fabriken von der Mitgliedschaft auszuschliessen, deren
Fabrikate dauernd die geforderten Eigenschaften nicht besässen. Um für die Bemessung
der zu verlangenden Mindestfestigkeit die nötigen Grundlagen zu gewinnen, hat dann
der Verein eine grosse Reihe von Untersuchungen vornehmen lassen, die, um ihnen den
nötigen amtlichen Charakter zu geben, von der Königlichen Mechanisch-Technischen
Versuchsanstalt zu Charlottenburg ausgeführt worden sind. Es ist dann auf Grund des
gewonnenen Materials im Jahre 1903 folgender Beschluss gefasst worden:
„Die Mitglieder des Vereins der Kalksandsteinfabriken verpflichten sich unter der
Bezeichnung „Kalksandsteine“ nur ein Fabrikat in den Handel zu bringen,
welches dadurch entstanden ist, dass eine innige Mischung von Sand und Kalk in
Ziegelform gepresst und unter Dampfdruck gehärtet worden ist. Die Festigkeit
dieser Kalksandsteine soll mindestens 140 kg/qcm betragen, geprüft am trockenen
Stein, dessen Hälften zum Würfel zusammengemauert werden. Die Mitglieder des
Vereins ermächtigen ferner den Vorstand, jährlich einmal ihre Steine im
Vereinslaboratorium prüfen zu lassen, und zwar auf Kosten der betreffenden
Mitglieder. Die durch den Vorstand veranlasse Probeentnahme vom Bauplatz ist
entscheidend für die Beurteilung des gesamten Fabrikates.“
Die so geforderte Druckfestigkeit von 140 kg/qcm ist freilich nur als eine
Mindestfestigkeit anzusehen und wirdvon den Erzeugnissen zahlreicher Fabriken
weit übertroffen. Allerdings wird sie andererseits auch bis jetzt noch nicht überall
erreicht, sodass vielleicht diejenigen Stimmen Recht hatten, die rieten, sich
vorerst noch mit einer geringeren Mindestfestigkeit, etwa mit einer solchen von 120
kg/qcm zu begnügen. Indessen ist dieser Beschluss nun einmal gefasst, und es wird
Sache der Kalksandsteinfabriken sein, ihre Fabrikation mit der nötigen Sorgfalt zu
leiten, um auch stets normengemässe Erzeugnisse zu liefern.
In der weiter unten folgenden Tabelle ist eine Anzahl von bisher mit Kalksandstein
seitens der Königlichen Versuchsanstalt in Charlottenburg erzielten
Prüfungsergebnissen in ihren wesentlichen Werten zusammengestellt. Da die Anstalt
selber die von ihr gewonnenen Zahlen noch nicht veröffentlicht hat, so mussten
dieser Tabelle die von verschiedenen privaten Seiten gelieferten Unterlagen zu
Grunde gelegt werden, die jedoch, wie gesagt, alle an amtlicher Stelle gewonnen
worden sind. In den Prüfungszeugnissen ist meistens auch angegeben, dass die
betreffenden Steine unter Aufsicht der Ortsbehörde aufs Geradewohl von den eben
vorhandenen Steinvorräten entnommen sind, sodass es sich also durchschnittlich nicht
um Ergebnisse handelt, die etwa an eigens zu diesem Zwecke hergestellten Steinen
erzielt worden sind. Auch wird dieser Einwand schon dadurch hinfällig, dass
verschiedene Steine so niedrige Festigkeitsziffern zeigen, dass sie schon deswegen
nicht eigens hergestellte oder ausgesuchte Stücke sein können. Es dürften somit wohl
die i nachfolgenden Zahlen einen Anspruch darauf machen, ein zutreffendes Bild von
den gegenwärtig von der Kalksandsteinindustrie erreichten Ergebnissen zu
liefern.
Der Gang der Untersuchung war im allgemeinen der, dass von den betreffenden
Steinproben je zwei Stück abgeschlagen und mit der Lupe untersucht wurden, wobei
Gefüge, Bruch und Farbe festgestellt werden konnten. Es wurde dann das spezifische
Gewicht am gepulverten Stein bestimmt, das Raumgewicht des Steines im Ganzen und
der Dichtigkeitsgrad ermittelt, welch letzterer sich als das Verhältnis von
Raumgewicht zum spezifischen Gewicht darstellt.
Zur Prüfung auf Frostbeständigkeit wurden dann weiter 10 mit Wasser gesättigte Steine
25 mal abwechselnd je 4 Stunden einem Froste von etwa 10 bis 12° C. ausgesetzt,
dessen genauere Stärke aus der Tabelle ersichtlich ist, und dann je 3 Stunden in
Wasser von gewöhnlicher Zimmerwärme wieder aufgetaut. Nach dieser Beanspruchung
pflegten die Proben keine sichtbaren Veränderungen aufzuweisen.
Ausserdem wurde das Wasseraufnahmevermögen der Steine der Art bestimmt, dass ihr
Gewicht nach vollständiger Trocknung sowie ihr Gewicht nach einem längeren Verweilen
unter Wasser festgestellt wurde. Es wurde hieraus die Wasseraufnahme auf den
einzelnen Stein und auf 1 kg Probegewicht berechnet. Diese letztere Prüfung wurde,
ebenso wie die verschiedenen Prüfungen auf Druckfestigkeit, an je 10 Steinen
ausgeführt und das Mittel daraus genommen.
Die Prüfung auf Druckfestigkeit geschah in der Art, dass die Steine mit der Steinsäge
in zwei Hälften zerschnitten und diese mit Portlandzement aufeinandergemauert
wurden; beide Druckflächen wurden mit Portlandzement abgeglichen. Die Prüfung
geschah einmal im wassersatten Zustande, alsdann nach dem Gefrieren der wassersatten
Proben im wassersatten Zustande, schliesslich noch im trockenen Zustande. Die nach
dem Gefrieren zu prüfenden Steine wurden vor der Zerlegung in zwei Hälften 25 mal
abwechselnd einer Kälte Wirkung von der in der Tabelle aufgeführten Temperatur
ausgesetzt und in Wasser von Zimmerwärme wieder aufgetaut.
Prüfungsergebnisse einer Anzahl von Kalksandsteinproben
verschiedener Herkunft.
Textabbildung Bd. 318, S. 575
Geprüft unter No.; Einlauf der
Steine; Trockengewicht eines Steines; Trockengewicht eines Steines; Gefüge und
Bruchbeschaffenheit; Spezif. Gewicht an Pulver bestimmt (s); Raumgewicht (r);
Dichtigkeit (r/s); Wasseraufnahme auf 1 kg Gewicht kg; Druckfestigkeit kg/qcm;
wassersatt; nach d. Gefrieren; trock.; Frostproben abgekühlt – °C;
Bemerkungen;
Betrachten wir nun die Werte der Tabelle genauer, so werden wir ziemlich grosse
Abweichungen zwischen den einzelnen Steinen von verschiedener Herkunft finden.
Wirfinden aber weiter, dass auch die einzelnen Eigenschaften eines und
desselben Steines nicht in einem so leicht zu überblickenden Zusammenhange
miteinander stehen, als man vielfach anzunehmen geneigt ist.
Textabbildung Bd. 318, S. 575
Fig. 1. Verhältnis zwischen Dichte und Druckfestigkeit bei 16 Proben von
Kalksandstein; Druckfestigkeit kg/cm2; Dichtigkeit.
So ist in Fig. 1 das Verhältnis
zwischen Dichte
und Druckfestigkeit für die 16 Proben von Kalksandsteinen zeichnerisch dargestellt
worden, für die diese beiden Werte in der Tabelle angegeben sind. Es zeigt sich,
dass zwar ganz im Allgemeinen einer grösseren Dichtigkeit auch eine grössere
Druckfestigkeit entspricht, dass dies Verhältnis aber im Besonderen so starken
Schwankungen unterworfen ist, dass man aus der einen dieser beiden Eigenschaften
keine Schlüsse auf die andere ziehen kann. Es ist ja auch von vorneherein nicht
anzunehmen, dass ein Stein. der im Verhältnis weniger Hohlräume besitzt und
demgemäss dichter ist, darum nun auch aus einer an sich ebenso widerstandsfähigen
Masse besteht, wie etwa ein Stein mit mehr Hohlräumen, und letzteren deshalb
notwendig an Festigkeit übertreffen müsse.
Auch auf Feuerbeständigkeit sind die Kalksandsteine seitens der
Mechanisch-Technischen Versuchsanstalt zu Charlottenburg untersucht worden; es
liegen dem Berichterstatter drei derartige Zeugnisse vor. Nach dem ersten Zeugnisse,
Antrag No. 13631 vom 8. Februar 1899, wurde ein Versuchshäuschen aus Kalksandsteinen
und aus Tonziegeln errichtet, als welche Birkenwerder Klinker erste Qualität
genommen wurden. Das Häuschen wurde von beiden Steinsorten je zur Hälfte erbaut, und
zwar mit Hilfe von verlängertem Zementmörtel. Es wurde dann mit Holz gefüllt, dieses
mit Petroleum übergossen, und nach einer Brennzeit von einer Stunde 10 Minuten wurde
das Feuer von der Feuerwehr vermittelst eines kräftigen Wasserstrahles gelöscht.
Nach etwa zehn Minuten Brennzeit zeigten sich im Kalksandsteinmauerwerk sowohl, als
auch im Klinkermauerwerk am Schornstein, an den Umfassungswänden und namentlich auch
über den Eingängen zu den Feuerungsräumen durch die Fugen verlaufende Risse, die
anscheinend durch die hauptsächlich in dem Kalksandstein in grosser Menge
vorhandene, durch die schnell sich entwickelnde Hitze plötzlich verdampfende
Feuchtigkeit hervorgerufen wurden. Gegen Ende des Versuches stürzte das Gewölbe des
Kalksandsteinraumes herab, während dasjenige des Klinkerraumes dem Einsturz nahe
war. Nach Ablöschung des Feuers zeigten sich die Kanten der von dem Heizraum zu dem
Schornstein führenden Zugöffnungen abgebröckelt, und zwar gleichmässig bei beiden
Baustoffen. Kalksandsteine und Klinker hatten im allgemeinen ihren Zusammenhang
bewahrt, waren aber an der dem Feuer zugekehrten Seite mehrere cm tief mürbe
geworden.
Die Steine hatten sich also beide ziemlich gleichmässig gehalten; es ist noch zu
bemerken, dass die Birkenwerder Klinker nicht seitens des Herstellers der
Kalksandsteine, sondern seitens der Versuchsanstalt selber beschafft worden
waren.
Nach dem Brandversuche wurde aus dem Schornstein des Versuchshäuschens von jeder
Steinsorte noch eine Zahl von Steinen in trockenem Zustande auf Druckfestigkeit
geprüft, wobei die Kalksandsteine eine Druckfestigkeit von noch 185, die Klinker
eine solche von noch 300 kg/qcm ergaben.
Eine weitere Prüfung wurde unter No. 19341 auf Antrag vom 14. Juni 1901 vorgenommen
und hierbei drei verschiedene Sorten von Kalksandsteinen zugleich miteinander
untersucht, indem sie schichtenweise miteinander abwechselnd vermauert wurden. In
der Mitte des Brandraumes wurde ein Schornstein aufgeführt, der im Innern des
Häuschens aus Gittermauerwerk bestand und somit der Flamme eine sehr wirksame
Angriffsfläche bot. Es wurde eine Stunde lang ein Feuer von mit Petroleum getränktem
Kiefernholz unterhalten und schliesslich mit einem starken Wasserstrahl abgelöscht;
der namentlich auch auf das Gittermauerwerk des Schornsteins gerichtet wurde.
Es bildeten sich hierbei nach kurzer Brennzeit durch die Fugen verlaufende Risse,
auch senkte sich nach einiger Zeit der Türbogen in den Widerlagern, ohne dass
indessen die Steine selber zerstört worden wären. Nach dem Bespritzen der Wände, mit
Wasser bröckelten die Kanten der Türeinfassung ab: die Steine des Schornsteins, die
völlig von den Flammen umspült worden waren, verloren zum Teil schon beim Anspritzen
ihre Kanten und hatten nach dem Niederreissen wesentlich an Festigkeit eingebüsst.
Die Steine der Umfassungsmauern waren im Innern etwa 5 cm tief mürbe geworden.
Auch dieses Gebäude hatte somit den Flammen recht gut Widerstand geleistet.
Bei einem dritten Versuche, vorgenommen unter No. 21993 auf Antrag vom 25. Juni 1902,
wurden Kalksandsteine von drei verschiedenen Fabriken, sowie rote Rathenower
Ziegelsteine miteinander geprüft. Das Versuchshäuschen war ähnlich gebaut, wie bei
dem vorhin beschriebenen Versuch, auch die Ausführung der Brandproben wurde
entsprechend vorgenommen. Nach kurzer Brennzeit bildeten sich im Mauerwerk überall
durch die Fugen verlaufeude Risse, ohne dass die Steine selbst zerstört worden
wären. Auch im Innern blieben die Wände und der Schornstein bis auf einige Risse in
der OberflächeOberffäche der Kalksandsteine unverändert.
Nach dem Bespritzen der Wände mit Wasser zeigten sich zwei Proben der verwendeten
Kalksandsteine, sowie auch die Ziegelsteine äusserlich unverändert, während bei
einer Sorte von Kalksandsteinen eine 5 cm dicke Schale abgefallen war. Die
Kalksandsteine in dem vom Feuer völlig umspülten Schornsteine verloren zum Teil
schon beim Anspritzen die Kanten und zeigten nach dem Niederreissen eine stark
verminderte Festigkeit. Die Ziegelsteine waren im oberen Teil des Schornsteins
unverändert, während unten beim Anspritzen einige Ecken absprangen.
Wie in einem in der Tonindustrie-Zeitung 1903, No. 22, Seite 275 veröffentlichten
Bericht über diese letztere Brandprobe erwähnt wird, waren die beiden sich in diesem
Versuche besser bewährenden Kalksandsteine nach dem Hochdruckverfahren, die dritte
Sorte nach dem Niederdruckverfahren hergestellt.
Es geht aus diesen Proben hervor, dass Kalksandsteine im allgemeinen jedenfalls
Ziegelsteinen von guter Qualität nicht nachstellen. Da seitens der
Kalksandsteinfabriken eine stetige Weiterführung derartiger Versuche beabsichtigt
wird, so ist zu hoffen, dass mit der Zeit noch recht viel nutzbares Material bekannt
werden ward. Die Veröffentlichung derartiger Proben ist nicht nur für die
Allgemeinheit, sondern auch für die Fabriken selbst von grossem Werte, da nur auf
diese Weise vollständige Klarheit über die Eigenschaften ihres Erzeugnisses erzielt
werden kann, und da derartige Veröffentlichungen auch den wirksamsten Anstoss zur
Vervollkommnung der Fabrikation bilden. Es wäre andererseits aber auch zu wünschen,
dass auch die Hersteller anderer Sorten von Steinen eine derartige systematische und
fortlaufende Untersuchung ihrer Fabrikate ins Werk setzen würden, um so für die
Praxis und Theorie des Baumaterialienwesens allseitig verwertbare und vergleichbare
Unterlagen zu liefern.
Haben wir nun diejenigen Untersuchungen berücksichtigt, über die genau und amtlich
verbürgte Zahlen vorliegen, so sind auch noch einige andere Untersuchungen
ausgeführt worden, die bis jetzt noch nicht amtlich kontrolliert worden sind. Man
hatte nämlich den Kalksandsteinfabriken öfters vorgeworfen, dass ihre Erzeugnisse
sehr stark Wasser anzögen und dieses Wasser dann sehr schwer wieder abgeben, sodass
mit Kalktandstein gebaute Wohnungen recht lange feucht blieben und sich bei feuchter
Witterung überhaupt kaum austrocknen liessen. Es ist unter diesen Umständen vielfach
geprüft worden, ob Kalksandsteine tatsächlich schneller und mehr Wasser aufnehmen,
als Ziegelsteine, und ob sie das Wasser dann langsamer wieder abgeben. Es hat sich
gezeigt, dass diese Befürchtungen nicht gerechtfertigt waren, dass vielmehr die
Wasseraufnahmefähigkeit der Kalksandsteine hinter derjenigen von Ziegelsteinen
zurücksteht, und dass das aufgenommene Wasser verhältnismässig rasch wieder
abgegeben wird. Auch haben Beobachtungen an fertigen Bauten aus Kalksandstein
ergeben, dass diese sehr rasch austrocknen, und zwar rascher, als Ziegelbauten unter
den gleichen Umständen. Es liegt nur der eine Umstand in ihrem beiderseitigen
Verhältnis zu Wasser vor, der scheinbar zu Ungunsten der Kalksandsteine spricht,
dass nämlich diese Steine, wenn sie einmal nass geworden sind, zugleich eine graue
Farbe annehmen, die den Anschein erweckt, als wenn sie ausserordentlich viel Wasser
aufgenommen hätten, während bei Ziegelsteinen eine so starke Farben Veränderung
nicht Stattfindet.
(Fortsetzung folgt.)