Titel: | Mitteilungen aus dem Eisenbahn-Sicherungswesen. |
Autor: | Hans Martens |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 651 |
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Mitteilungen aus dem
Eisenbahn-Sicherungswesen.
Von Regierungsbaumeister Hans
Martens.
(Fortsetzung von S. 633 d. Bd.)
Mitteilungen aus dem Eisenbahn-Sicherungswesen.
Bei dichter Zugfolge kommt es darauf an, einen fahrenden Zug gegen Aufrennen
durch den Folgezug zu schützen. In idealer Weise würde dies erreicht werden durch
ein Haltsignal, welches dem fahrenden Zuge in bestimmtem Abstande stets nachfolgt.
In der Ausführung behilft man sich bekanntlich damit, die Strecke in einzelne
sogenannte Blockabschnitte einzuteilen, die durch am Anfang stehende Einfahrtsignale
solange verschlossen gehalten werden, bis der fahrende Zug sie vollständig verlassen
hat. Hieraus folgt, dass das für den erwarteten Zug auf Fahrt gestellte
Einfahrsignal sofort nach der Durchfahrt des Zuges wieder auf Halt gestellt werden
muss. Der moderne Eisenbahnbetrieb fordert nun, dass dies Einschlagen des Signals
auf Halt von dem Zuge selbsttätig bewirkt wird, um die Betriebssicherheit durch
Entbehrlichmachen menschlichen Eingreifens zu erhöhen.
Textabbildung Bd. 318, S. 651
Fig. 5.
Die Rückstellung des auf Fahrt stehenden Signals auf „Halt“ durch den
fahrenden Zug ist durch die in Fig. 5 dargestellte
Konstruktion der Maschinenfabrik Bruchsal auf
rein-mechanischem Wege erreicht worden.
Die Einrichtung besteht aus der Signalstellvorrichtung und der Auslösevorrichtung.
Auf der in dem Bocke a drehbar gelagerten,
aufrechtstehenden Achse ist über dem Bocke die wagerechte Antriebrolle b und unter dem Bocke in einem aus ⊏-Eisen gebildeten Schutzkasten der Hebel g befestigt. An letzteren greift eine wagerechte
Schwinge h an, die den Hebel c dreht. Mit diesem Hebel auf derselben Achse drehbar gelagert ist ein
grader Flacheisenhebel, der das Hebelchen d trägt und
an dem die zum Signal führende Zugstange i angreift.
Hebelchen d wird einerseits durch eine Feder gegen c gepresst, andererseits lehnt es sich gegen den Hebel
f, an dem die zum Pedal führende Zugstange
angreift. Das Pedal ist an der Schiene drehbar befestigt.
Wird die Antriebrolle b um 180° gedreht, so bewegt die
dieser Drehung folgende Schwinge h den Hebel c, der durch den Ansatz k
das Hebelchen d mitnimmt und das Signal an der Stange
i auf „Fahrt“ stellt. Durch die
kraftschlüssigeVerbindung des Pedals mit Hebel chen d wird erstere gehoben, also in die wirksame Lage gebracht. Wird nun das
Pedal beim Befahren niedergedrückt, so stösst Hebel f
an Hebelchen d. Letzteres wird hierdurch aus dem Ansatz
k des Hebels c
herausgehoben und die Verbindung zwischen Signalflügel und Signaldrahtzug gelöst,
sodass der Flügel durch sein Eigengewicht in die Haltstellung selbsttätig
zurückfällt.
Wird der Signalstellhebel wieder in die Ruhestellung zurückgelegt und dadurch die
Antriebrolle um 180° zurückgedreht, so stellt die zwischen c und d angebrachte Feder die Verbindung des
Signales mit dem Signaldrahtzug, bezw. der durch ihn angetriebenen Rolle b wieder her. Die nach dem Signal führende Zugstange
i ist ebenfalls mit einer Feder versehen, die beim
Ziehen des Signales auf „Fahrt“ zusammengepresst wird, um nach erfolgter
Auslösung durch das Pedal bei dem Aufhaltfallen des Signalflügels mitzuwirken.
Am Signalmast ist zur Uebertragung der Bewegung der Stellvorrichtung auf das Signal
ein Winkelhebel drehbar gelagert, der mit dem Signalflügel durch eine Zugstange in
Verbindung steht.
Es ist wohl kaum noch nötig zu sagen, dass ein mit dem Hauptsignal in der üblichen
Weise zwangläufig verbundenes Vorsignal ebenfalls mit dem Hauptsignal gleichzeitig
in die Haltstellung zurückgeht.
In den Bahnhöfen durchläuft der Zug die für ihn bestimmte Fahrstrasse, deren Weichen
durch die Freiefahrtstellung des Einfahrtsignals unter Vermittlung des
Fahr-strassenhebels festgelegt sind. Die Auflösung der Fahrstrasse kann erst bei
Rückstellung des Signals auf Halt erfolgen. Um nun nicht die Weichen unter dem
fahrenden Zuge umstellen zu können, sind verschiedene Vorrichtungen in Betrieb.
Die von der Firma J. Gast, Berlin, gebaute Einrichtung,
das Entriegeln einer Fahrstrasse in Stellwerksbezirken von der vollständigen
Durchfahrt des fälligen Zuges abhängig zu machen, zeigt Fig. 6-8.
Hinter der letzten, vom Zuge zu durchfahrenden Weiche des Stellwerksbezirks wird
der in Fig. 6 bis 8
dargestellte Sperrtaster nebst zugehöriger Sperrschiene angebracht; im Stellwerk
selbst befindet sich ein besonderer Sperrschienenhebel zur Betätigung des
Sperrtasters und der Sperrschiene. Der Vorgang bei der Bedienung und Wirkung dieser
Fahrstrassensicherung ist folgender:
I. Die Weichenhebel werden für die betreffende Zugfahrt richtig gestellt und durch
den Fahrstrassenhebel in bekannter Weise verriegelt.
II. Der Sperrschienenhebel wird gezogen; hierdurch wird:
a) der Fahrstrassenhebel selbsttätig festgelegt und der Signalhebel selbsttätig
freigegeben, sodass das Signal auf „Freie Fahrt“ gestellt werden kann,
während die Fahrstrasse nunmehr in doppelter Weise verriegelt ist;
b) die Sperrschiene gehoben und wieder gesenkt, wodurch der Sperrtaster zum Befahren
durch den ankommenden Zug bereit gestellt und die Sperrschiene selbsttätig so
festgelegt wird, dass der Sperrschienenhebel nicht in seine Ruhelage zurückgebracht
werden kann. Es ist somit die Auflösung der Fahrstrasse unmöglich gemacht.
III. Die erste Achse des ankommenden Zuges betätigt den Sperrtaster; hierdurch wird
die Sperrschiene zwar ausgelöst, doch bleibt ihre Bewegung noch so lange verhindert,
als sich eine Achse des fahrenden Zuges auf der Sperrschiene befindet.
IV. Nachdem sich sämtliche Achsen des Zuges über die Sperrschiene hinwegbewegt haben
und demgemäss der Zug die Fahrstrasse des Stellwerksbezirks vollständig durchfahren
hat, kann die nun frei gewordene Sperrschiene durch den Sperrschienenhebel im
Stellwerk bewegt werden, der in seine Ruhelage zurückgelegt wird. Dadurch wird der
vorher auf „Halt“ eingeschlagene Signalhebel verriegelt, der
Fahrstrassenhebel freigegeben, sodass nun die Fahrstrasse nach Bedarf aufgelöst
werden kann.
Die Sperrschiene besteht aus dem Winkeleisen a (Fig. 6), dessen Nutzlänge aui 10 m bemessen ist. Durch
vier Hebel b ist das Winkeleisen a beweglich in den Böcken c gelagert; das Eigengewicht der Sperrschiene wird durch kräftige Federn
ausgeglichen. Die Böcke sind am Winkeleisen d
angebracht, das zur festen Verbindung der ganzen Vorrichtung mit den Schwellen
dient.
Das Winkeleisen a trägt drei mit schrägen Schlitzen e f versehene Sattelstücke g, in denen Rollen h gleiten, die in einem
aus zwei Flacheisen gebildeten steifen Gestänge i
gelagert sind. Dieses wird mittels des Drahtzugantriebes A durch den Sperrschienenhebel vom Stellwerk aus bewegt.
Die an das Winkeleisen d genieteten Stücke k dienen den Rollen l des
Gestänges i als Lauffläche; die senkrechten Bolzen m verhindern ein Ausknicken des Gestänges o.
Das verlängerte Gestänge i wirkt im weiteren auf den um
den Bolzen n des festen Lagers o schwingenden Taster p mittels der drehbar
gelagerten Klinke q ein, die bei einer durch Ziehen des
Sperrschienenhebels im Stellwerk bewirkten Bewegung des Gestänges i nach links den Taster p
dadurch anhebt, dass ihre Zunge unter den am Taster sitzenden Stift r fasst, und ihn nach oben drängt. Nach Erreichung der
höchsten Lage gleitet Stift r wagerecht über den Ansatz
s des an i befestigten
Lagers t hinweg, wobei gleichzeitig der in t befindliche, unter Federeinwirkung stehende Bolzen
u zurückgedrängt wird. Sobald der Stift r den Ansatz s verlassen
hat, senkt sich der Taster p, bis Stift r zur An- und Auflage an der schrägen Fläche des unter
Federdruck stehenden Gleitstückes v kommt. Dadurch wird
der Bolzen u frei und durch Federkraft nach vorn
gedrückt, sodass jetzt Stift r zwischen s, u und v festgelegt
wird. Nunmehr ist der Taster zur Betätigung durch die erste Achse des anlangenden
Zuges bereitgestellt.
Bei der Bewegung des Gestänges i nach links wurde das
Winkeleisen a durch Entlanggleiten der Rollen h in den Schlitzen e f aus
seiner tiefsten Lage (5 mm unter S. O.) in seine höchste (35 mm über S. O.) gehoben
und wieder gesenkt. Eine Zurückbewegung von i nach
rechts und ein Zurücklegen des Sperrschienenhebels im Stellwerk ist aber nun dadurch
verhindert, dass der Ansatz s des im Gestänge i sitzenden Lagers t den
Stift r des Tasters p
sperrt.
Beim Befahren durch die erste Achse des Zuges wird der Taster herabgedrückt; Stift
r gleitet unter Zurückdrückendes Stückes v an diesem entlang, bis r
auf der am Gestänge i sitzenden Führung bezw. bis
Taster p auf dem Stücke y
zur Auflage kommt.
Textabbildung Bd. 318, S. 652
Fig. 6.
Textabbildung Bd. 318, S. 652
Fig. 7.
Textabbildung Bd. 318, S. 652
Fig. 8.
Das Gestänge i kann nunmehr
zurückbewegt und damit der Sperrschienenhebel in seine Ruhelage gebracht werden,
vorausgesetzt, dass sich keine Achse des Zuges mehr auf der Sperrschiene befindet und also ein
ausreichendes Anheben der letzteren erfolgen kann.
Wird das Gestänge i nach rechts zurückgelegt, so geht
die gegenseitige Lage der Teile des Tasters aus Fig.
8 in Fig. 7 über, wobei r unter der durch Federdruck gegen die Führung des
Gestänges gedrückten Klinke q hinwegschlüpft.
Um ein Anheben des Tasters p durch Unbefugte aus der
Ruhelage zu verhindern, ist am Gestänge i ein Haken w angebracht, während in angehobener Lage des Tasters
bei Bewegung von i der Stift x und in der gesperrten Lageder Bolzen u
ein weiteres unbefugtes Anheben unmöglich machen.
Ein unbefugtes Niederdrücken des angehobenen Tasters p
wird durch die starke, auf Gleitstück v wirkende Feder
unmöglich gemacht.
Soll eine etwa schon verriegelte Fahrstrasse wegen Mchteintreffen des Zuges aufgelöst
und zu diesem Zweck der Taster aus der gehobenen in die Ruhelage zurückgebracht
werden, so wird hierzu die in Fig. 8 angedeutete,
unter Bleisiegelverschluss liegende Schlüsselvorrichtung z benutzt.
(Fortsetzung folgt.)