Titel: | Neuerungen in der Papierfabrikation. |
Autor: | Alfred Haussner |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 729 |
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Neuerungen in der Papierfabrikation.
Von Professor Alfred Haussner,
Brünn.
(Schluss von S. 715 d. Bd.).
Neuerungen in der Papierfabrikation.
d) Geklebte Papiere.
Was die Klebstoffe selbst anlangt, so ist man grösstenteils auf die bereits bekannten
angewiesen, die sich ja auch als ausreichend verwendbar erweisen. Emil Hanviller in Mühlhausen stellt einen
„unzerstörbaren Gummi A“ her, der damit geklebte Flächen selbst nach
achttägigem Liegen in kaltem Wasser nicht auseinandergehen lässt. Ein Gemisch von 3
kg solchen Gummis auf 15 kg halbfeiner Stärke hat sich als besonders empfehlenswert
gezeigt. Die Unempfindlichkeit gegen Wasser wird dadurch erhöht, besonders nach
achttägiger Lagerung der geklebten Teile. A. Brandegger
in Stuttgart empfiehlt „Colloid“ als Klebstoff. Colloid ist säurefrei und
greift die Farben des Papieres nicht an, ist färb- und geruchlos, klebt glatt und
macht nicht wellig. Es liegen günstige Zeugnisse von Papierwarenfabriken vor.
Die Klebstoffe werden entweder von Hand aufgetragen oder, wie es in den
Papierverarbeitungsfabriken heute wohl meist geschieht, mit Hilfe von Maschinen. Man
kann entweder so vorgehen, dass man geeignete Flächen auf und abschwingend in das
Klebstoffbad taucht und dadurch mit den heraufkommenden Flächen Klebstoff verfügbar
und durch einen Bogen oder eine Bahn abnehmbar macht, – oder man wendet Tauchwalzen
an, welche sich, teilweise in den Klebstoff tauchend, fortgesetzt drehen und an der
Mantelfläche adhärierend Klebstoff nach oben nehmen, um diesen unmittelbar oder
besser noch durch eine zwischen geschaltete Walze an das Papier weiter zu geben,
ähnlich, wie es ja auch bei dem Auftragen von Farbe vorkommt. Nach der ersten Art
verfahren R. Glieman nach D. R.-P. 95175 und H. Eyster Smyser nach den D. R.-P. 101468 und 107195.
Gliemann beispielsweise senkt ein Sieb in die
Klebmasse, zieht es dann empor und legt den zu überziehenden Bogen von Hand aus auf
das mit Klebmasse versehene Sieb, um ihn dann auch von Hand aus weiterzugeben.
Textabbildung Bd. 318, S. 729
Fig. 124.
Eine grössere Reihe von Patenten bezieht sich auf das eigentlich vom maschinellen
Standpunkte aus betrachtet wesentlich bequemere Auftragen des Klebstoffes mit Hilfe
von Walzen. So nimmt Stanley nach amerikan. Patent
662606 sogar dem Tapezierer das Bekleistern der Tapeten durch eine einfache
Walzenauftragsvorrichtung ab. Charles Closset gibt im
D. R.-P. 98793 eine Klebemaschine an, bei welcher verschiedene Papiere und Pappen,
durch eine Fadenleitung veranlasst, selbsttätig die Maschine passieren. Eine unten
liegende Tauchwalze nimmt aus einem in der Höhe einstellbaren Trog den Kleister und
gibt ihn an filzbekleidete Walzen ab, zwischen welchen die Bogen hindurchgehen. In
den keilförmigen Winkeln, zwischen je zwei Walzen, sammelt sich immer etwas Kleister
an, wodurch gleichmässiges Auftragen gesichert ist. Vergl. weiter unten die Maschine
von Müller.
Friedrich Müller in Potschappel wendet nach
seinenD. R.-P. 110402 und 119844 sinnreich konstruierte Tische, bezw. Führungen
für die zu klebenden Bogen an, wobei unter Umständen sehr grosse Maschinen gebaut
werden: Es können Bogen bis zu 168 × 250 cm gummiert werden. Bei einer Maschine
werden die Bogen durch Greifer gefasst und um eine grössere Trommel geführt, wobei
ein Bogen mit! Klebstoff von einer Auftragwalze versehen wird, während der andere
durch Walzendruck an diesen gedrückt wird. Die zweiseitige Beklebemaschine nach D.
R.-P. 119844 arbeitet in folgender Weise. (Fig. 124.)
Die Bogen liegen auf den Tischen d, e, f und zwar bis
zu den Anschlägen h, g, i bezüglich, was bezweckt,
später genaues Aufeinanderliegen der Bogen zu erreichen. Die Anschläge senken sich
gleichzeitig und geben so den bezüglichen Bogen zum Fortschreiten frei, während auch
gleichzeitig die gehoben gewesenen, oberen Transportwalzen a, b, c sich senken und drehen, um die Bogen m,
m1, m2 gegen die grossen Trommeln n, n1 zu schieben. Der
mittlere Bogen m1 wird
durch die beiden Auftragwalzen k, l mit Klebstoff
versehen. k ist eine typische Tauchwalze, welche
Klebstoff aus einem Troge entnimmt und durch eine berührende Walze von dem
Ueberschuss an Klebemittel befreit wird, l erhält aus
einem Vorratsgefäss in den Raum zwischen l und der
anliegenden Abstreifwalze ununterbrochen Klebstoff und überträgt ihn, ebenso wie die
Unterwalze k, bei der Drehung nach den eingezeichneten
Pfeilen auf den Bogen m1. Mittlerweile sind die beiden anderen Bogen durch die Bänderführung um
die Trommeln n, n1
bezüglich gegen die Stelle o gekommen und werden nun
mit dem Bogen m1
verbunden.
Ganz hübsche Gedanken finden sich auch in den Jagenbergschen Klebemaschinen. D. R.-P. 106198, 118578, 119894 und 119990. Das
erste dieser Patente ist allerdings gelöscht worden. Es wird auf gute Führung der zu
klebenden Bogen gedacht und auch an das Verstreichen des Klebstoffes, dadurch, dass
man der Auftragwalze grössere Geschwindigkeit; als den zugeführten Blättern
erteilt.
Ernst Oeser will nach den D. R.-P. 115748, 119665 und
127156 insbesonders die aneinander geklebten Teile (Papierbahnen) geschickt
austrocknen, ohne Blasenbildungen, Verziehen oder dergl. fürchten zu müssen. In
einer Art führt er die Bahnen, mit Klebstoff geeignet versehen (Auftragwalzen)
hintereinander auf eine grosse Trockentrommel und leitet die geklebte Pappe dann ab.
In einer zweiten Art werden vorerst zwei oder drei Bahnen mit einander verklebt und
getrocknet, und dann erst diese untereinander vereinigt. Endlich schlägt Oeser vor, den Kleister nicht fertig aufzustreichen,
sondern die rohe Stärke in Wasser aufzuschlämmen, so auf die einzelnen Papierbahnen
aufzutragen und diese erst dadurch: zu verkleben, dass die mit der aufgeschlemmten
Stärke getränkten Bogen über geheizte Trockenzylinder geführt werden, wobei auch die
Stärke durch die Wärme: der Trockenzylinder erhitzt und verkleistert wird.
Papier und Metall kann in verschiedener Art verbunden werden. Kleister, Gummi oder
Leim halten wohl im allgemeinem als Zwischenmittel schlecht. Wenn man aber durch
Sodalösung das Metall reinigt und mit einem fettfreien Lappen trocken reibt, sodann
Zwiebelsaft auf die Metall Oberfläche bringt, so kann Papier mit gewöhnlichen
Mitteln so fest mit dem Metall verklebt werden, dass es nur mit Gewalt vom Papiere
zu trennen ist.
Karl Endruweit bringt nach D. R.-P. 97570 galvanische
Niederschläge mit Papierbahnen zusammen: Metallpapiere.Vergl. D. p. J, 1894, 294, 77.
Er wendet ein endloses, auf seiner Oberfläche geeignet isoliertes Metallband an,
welches je nach der Stärke der gewünschten Metallniederschläge schneller oder
langsamer durch eine Anzahl galvanischer Bäder geführt wird, worauf die
Niederschläge von einer mit Klebstoff versehenen Papierbahn unter Presswalzendruck
abgenommen und in einer Trockenvorrichtung getrocknet werden. Ganz interessant ist
die Angabe von Dr. Theodor Koller in den „neuesten
Erfindungen und Erfahrungen“ 1899 No. 6, wonach Seidenpapier ganz wohl an
Stelle von Taffet zu chirurgischen Zwecken benutzt werden kann. Wenn man nämlich
Seidenpapier mit Salicilsäure, arabischem Gummi und destilliertem Wasser, dazu aber
auch noch mit etwas Glyzerin tränkt, so erhält man grosse Klebkraft, neben
auffallender Geschmeidigkeit des Papiers. Me wird das Papier glasig oder brüchig.
Auch beim Antrocknen spannt und reisst es über Wunden niemals.
e) geprägte, gepresste, gewellte Papiere und
Papierstoffe.
Sehr prägefähige Pappe stellt G. v. Alvensleben in Wien
dadurch her, dass Halbstoff, auf gewöhnliche Weise erzeugt und über Siebböden
entwässert, mit Aetzkali- oder Natronlauge behandelt und dann einer Säure ausgesetzt
wird, welche nur neutralisieren soll. Auf diese Weise bekommt man ein sehr poröses,
schwammiges Zeug, welches dann fertig gemahlen und auf der Langsiebmaschine ohne
Pressen zu dünnen Pappen verarbeitet wird.
Zur Beschleunigung der Arbeit beim Prägen wendet Karl
Krause bei seiner Presse zwei Rahmen an, welche abwechselnd in die Maschine
mit den zu prägenden Papieren eingeschoben werden, bzw. zur Beschickung bequem sich
ausserhalb der eigentlichen Presse befinden. (D. R.-P. 103498). Dieselbe Firma
wendet nach D. R.-P. 101501 Pressung nach geraden Linien an, um längs diesen die
Pappe ohne Schädigung und Verschwächung biegen zu können.
Gekrepptes Papier kann nach R. Wiegard, D. R.-P. 118864,
mit Längsstreifen gemustert, dadurch gewonnen werden, dass der Schaber, welcher das
an der Mantelfläche einer grösseren Trommel herankommende Papier ablöst und staucht,
nicht geradlinige Stauchkante erhält, sondern eine solche mit Einschnitten
verschiedener Art, wodurch man dann eine Verschiedenheit in den entstehenden Falten
erzwingt. Erzeugt man gewelltes Papier durch Walzen zwischen entsprechenden Körpern
(vergl. D. p. J. 1894, 294, 77) und drückt man dann die
Wellenberge durch mit Farbe versehene glatte Walzen nieder, so erhält man Papier mit
erhabenen und vertieften Stellen, das Relief erhaben gefärbt auf naturfarbigem
Untergrund. Federndes Wellpapier erzeugt nach D. R.-P. 107082 die Patent-Kartonnagenfabrik
in Berlin. Als Verpackungs- sowie Unterlagsstoff ist es sehr geeignet.
Vielfach werden Gegenstände aus Papier durch Wickeln von vielen, während des Wickelns
an einander geklebten Lagen von Papier gebildet. F.
Löscher und H. Thofern arbeiten etwa nach D.
R.-P. 118365. Sie wickeln über Dorne, bei denen Teile gegen innen eingelegt werden
können, wodurch das Abnehmen der gewickelten Gegenstände vom Rohr leicht gelingt.
Durch oft ausserordentlich hohe Pressung werden auch ungemein widerstandsfähige
Körper erzeugt: Riemenscheiben, Drechslerarbeiten, Koffereinsätze, Oelfässer und
dergl.
Nahtlose Papierrohre erzeugt auch G. H. Sachsenröder
nach D. R.-P. 108316. Papierstreifen werden da neben, bezw. übereinander geklebt,
sodass ein abgetreppter Bogen entsteht, welcher dann über einen Dorn zusammengebogen
wird. Gebr. Adt leiten die noch nasse Papierbahn so
über einen Dorn, dass die seitlichen Ränder sich übergreifen und unter Druck
zusammengegautscht werden.
Lösch- und Filtrierpapiere,
bzw. weiche Faserfilze können erzeugt werden, wie übrigens in diesem Aufsatze
bereits berührt, durch Auftragen von Papierstoff auf ein Sieb und Trocknen ohne
abzupressen, etwa mittels erwärmter Luft, allenfalls im luftverdünnten Raum. D.
R.-P. 95961 von S. Wolf. Nach D. R.-P. 101090 nimmt H. Karle breiig gemachte Langfaserstoffe, imprägniert
den Stoff so, dass er geschmeidig und zäh wird und appretiert zum Schluss je nach
der Verwendungsart. Man drückt auch in die auf einem Langsieb laufende, weiche
Papiermasse ein Baumwollfliess ein und erhält solcherart einen ungemein weichen
Bodenbelag.
Um grosse Saugfähigkeit zu erreichen mischt Th.
Rosenthalnach D.R.-P. 124721 dem Stoff im Holländer 10-15 v. H. Tier-
oder Menschenhaare bei.
Holzfilzplatten erzeugt sehr porös R. Teller nach D. R.-P. 111505 durch Einlaufenlassen
der Holzschliffmasse in eine Siebtrommel mit lotrechter Achse. Lässt man diese
schnell rotieren, so wird der Stoff zentrifugiert und es setzt sich der Filz an die
Siebmantelfläche an, von welcher er abgelöst wird. Uebrigens können auch unmittelbar
ebene Platten durch Ausschleudern erzeugt werden.
Dr. R. Risler und R.
Hundhausen überziehen nach D. R.-P. 124559 beliebige Körper mit einer
papierähnlichen Schicht durch Aufspritzen von Stoff auf eine geeignete Form.
Uebrigens kann der Niederschlag auch abgelöst und für sich als geformter Papierstoff
benutzt werden.
R. Alpine und F. E. Keyes
formen verschiedene Gebrauchsgegenstände, beispielsweise Papierstoffeimer durch
Pressen, welche den Papierstoff von allen Seiten an die Form drücken. Keyes wendet nach amerikan. Patent 658851 lotrecht und
wagerecht wirkende Schraubenpressen an, welche gleichzeitig gegen den in der Form
befindlichen Papierstoff heranrücken.Vergl.
z.B. D. p. J, 1894, 294, 78, sowie die anderen
Berichte des Verfassers.
Nach D. R.-P. 107198 wird von M. Oesterheld in Gotha ein
Papierverpackungsstoff erzeugt. Gummierte Papierunterlage (oder auch Gewebe) wird
mit darauf gepresster Holzwolleschicht in dem Zweck entsprechende Stücke geschnitten
und zwischen Matritze und Patritze in die gewünschte Form gepresst. Walzwerke rufen
glatte Platten hervor.
Endlich sei der Papierwolle gedacht. Diese erzeugt Bolle & Jordan in Berlin aus Seidenpapier, welches
durch Walzenschneid werke in schmale Streifen geschnitten wird. Als Verpackungs- und
Füllungsmaterial, beispielsweise für Kissen, ist Papierwolle ganz geeignet.
Papierprüfung.
Die in Preussen geschaffenen Papiernormalien, welche
bezweckten, für besondere Fälle, insbesonders bei Papieren zu amtlichem
Gebrauch, ein ausreichend gutes und dauerhaftes Papier zu erkennen, bezw.
Fabriken zu veranlassen, solche Papiere zu erzeugen, haben zweifellos viel
Erfolg gezeitigt. Dass gewiss Verbesserungsfähiges in den Normalien enthalten
ist, kann ja nicht geleugnet werden und ist die Kgl.
mech. techn. Versuchs-Anstalt auch bemüht,
begründeten Beschwerden nach Tunlichkeit abzuhelfen. So ist im Februar 1899 ein
Rundschreiben an die betroffenen Kreise ergangen, worin geeignete Abänderung
bezw. Ergänzung der Normalien angeregt wird.
Bestimmtes, hinsichtlich der tatsächlichen Vornahme solcher Abänderungen, ist
noch nicht zu verzeichnen, soweit dem Berichterstatter bekannt. Doch mag
hervorgehoben werden, dass insbesonders die Frage wegen allfälligen Ausschlusses
solcher Fabrikanten, welche oft minderwertige, nicht den Anforderungen
entsprechende, aber doch als Normalpapiere bezeichnete Papiere herstellen, sehr
erregten Meinungsaustausch veranlasst, von vielen Seiten unbedingte Ablehnung
gefunden hat.
Immerhin erwecken die jetzt schon wirksamen, vielfach bewährten Vorschriften in
den preussischen Papiernormalien bei unbefangenen Beurteilern bereits so viel
Sympathien, dass ähnliches in anderen Ländern bereits eingeführt ist oder doch
eingeführt werden soll. Russland besitzt in der kaiserlichen Expedition der
Staatspapiere in Petersburg eine sehr vollkommen eingerichtete Abteilung für
Papierprüfung. Schweden hat Vorschriften ausgearbeitet, welche den preussischen
Normalien nachgebildet sind. In Nordamerika sind schöne Einrichtungen dieser Art
in grösseren Papierfabriken vorgesehen. So arbeitet Dr.
de Roode in einem schönen Laboratorium der „International Paper Company“ in Glens Falls. De Roode, welcher den Methoden der preussischen
Versuchs-Anstalt in Amerika Eingang verschafft hat, ist daran, für
wissenschaftliche Untersuchungen eine Papierfabrik im kleinen einzurichten. Dies
Beispiel der Amerikaner scheint so recht augenscheinlich den Nutzen der
Papieruntersuchungen darzutun. Auch Frankreich stellt sich nunmehr innerhalb
gewisser Grenzen der Papierprüfung freundlich gegenüber. Die französische
Staatsdruckerei hat Vorschriften für die Lieferung ihres Papierbedarfes bekannt
gegeben,
welche sich eng an die preussischen Vorschriften lehnen.
Interessant sind einige Ergebnisse, welche durch die bisher üblichen
Untersuchungsmethoden gewonnen worden sind. Herzberg veröffentlichte in den „Mitteilungen der Königl. Versuchsanstalten in Berlin“ 1899
Ergebnisse über Prüfungen von bedrucktem Papier. Entgegen der herrschenden
Anschauung hat sich gezeigt, dass die Papiere durch das Bedrucken keine, oder,
wie das bei dem gewöhnlichen Zeitungsdruckpapier der Fall war, nur geringe
Abnahme aller Festigkeitseigenschaften erlitten haben. Insbesonders
Normalpapiere können anstandslos auch im bedruckten Zustande geprüft werden. Bei
der Untersuchung gestrichener Aktendeckel hat sich gezeigt, dass Bruchlast und
Dehnung derselben etwas grösser ist, als die der ungestrichenen Deckel. Die
Reisslänge ist allerdings wegen des durch den Strich erhöhten Gewichtes
zurückgegangen. Der Einfluss höherer Wärmegrade auf die Festigkeitseigenschaften
von Papier ist in der Regel sehr unangenehm, allerdings verschieden bei
verschiedenen Papieren. Ein altes, tierisch geleimtes Papier hat nach 142
stündiger Erhitzung auf 98 Grad noch keine Abnahme seiner Festigkeit gezeigt. Am
ungünstigsten verhielt sich ein harzgeleimtes, aus Holzzellstoff erzeugtes
Papier. Wenn auch weitgehende Folgerungen aus diesen Versuchen nicht sicher
gezogen werden dürfen, so ist doch ein deutlicher Fingerzeig gegeben, wie sehr
sich Vorsicht bei der Papiertrocknung, besonders bei der Anwendung von dampf
geheizten Trockentrommeln, empfiehlt.
Angeregt wurden von der Kgl. mech. techn. Versuchsanstalt eingehende, auf sehr
lange Zeit berechnete Versuche über die Dauerhaftigkeit der Papiere mit bezug
auf die Stoffzusammensetzung und Festigkeit. Dr. R.
Kayser-Nürnberg empfiehlt in der Zeitschrift für öffentliche Chemie
1899 ein Verfahren zur Prüfung von Papier, um die Anwesenheit metallschädlicher
Bestandteile festzustellen, was besonders für gewisse Packpapiere bedeutungsvoll
ist. Er legt Blattsilber zwischen zusammengefalzte Blätter und setzt diese durch
zwei Stunden Dämpfen siedenden Wassers aus. Waren metallschädliche Stoffe im
Papiere enthalten, so bemerkt man bräunliche bis schwärzliche Flecken, auf dem
Blattsilber.
Oft wird die Frage aufgeworfen, was als „holzfreies“ Papier gelten soll. Dass es kaum denkbar ist,
im Gange der Fabrikation, und sei sie noch so sorgfältig, jede Spur von Holz
auszuschliessen, ist klar. Es hat manches für sich, im äussersten Falle 1 v. H.,
Holz zuzulassen, nachdem man von einer so geringen Menge kaum schädliche
Einflüsse auf das Papier befürchten darf, wenn auch Stimmen laut geworden sind,
welche der unbedingten Abwesenheit verholzter Fasern das Wort reden, sobald das
Papier als „holzfrei“ bezeichnet werden soll.
Ein neues Reagens auf Holzschliff gibt Friedländer an. Rauchende Bromwasserstoffsäure
färbt weisses Papier kräftig grün, sofern es verholzte Fasern enthält. Die
Reaktion soll noch empfindlicher als die bekannte Phloroglucinprobe sein.
Für die mikroskopische Untersuchung der Papiere
erweist sich als besonders vorteilhaft das Trennen der Fasern durch
Farbenreaktionen. Es wird Jodjodkaliumlösung oder Chlorzinkjodlösung mit
Vorliebe angewendet. Letztere wird besonders von Anfängern gern benutzt. Sie
gibt eine deutliche Scheidung in die drei Gruppen: Leinen, Hanf, Baumwolle ....
rot, Stroh- und Holzzellstoff .... blau, Holzschliff und Jute .... gelb. Hans Jenke empfiehlt in der „Papierzeitung“
1900 S. 2868 folgende Lösung: 50 ccm gesättigte Chlormagnesiumlösung mit 2,5 ccm
Jodjodkaliumlösung, welche aus 2 g Jodkalium, 1,15 g Jod und 20 ccm Wasser
bereitet worden ist. Das Gemisch wird kräftig durchgeschüttelt und durch
Glaswolle filtriert. Es sondert: Leinen, Hanf, Baumwolle .... braun,
Strohzellstoff .... blauviolett, Holzzellstoff, gut gebleicht, .... ungefärbt,
bis schwach rötlich, Holzschliff, Jute .... gelb. Die Lösung bewahrt man am
besten in braunem Glasfläschchen mit Stiftstöpsel und aufgeschliffener Kappe
auf. So hält sie sich im Dunkeln monatelang. Als Vergrösserungen empfiehlt Herzberg 50 fache, um einen Ueberblick zu gewinnen,
und etwa 150 fache lineare Vergrösserung, um tatsächlich Untersuchungen zu
machen. Für das staubfreie Aufbewahren und bequeme Entnehmen der Deckgläschen
für mikroskopische Präparate hat die FirmaSchopper letzter Zeit auf Veranlassung der Versuchsanstalt sehr
praktische Behälter angefertigt.
Eigentümliche Ansichten hat vor kurzer Zeit Dr. WursterPapierzeitung,
1899, S. 2180. über die Natur des Papierblattes geäussert. Er
nimmt an, dass hohe Reisslänge bei vielen Papieren vor allem durch das
Zusammenkleben der Fasern, einerseits durch Leim, andererseits durch
„mechanisch hydratisierten“ Zellstoff zu erklären sei, den er sich
durch sehr weit getriebene, schmierige Mahlung entstanden denkt. Gerade so weit
zerstörte Zellwände sind aber dem gänzlichen Zerfall nach Dr. Wurters Ansicht viel mehr und rascher
unterworfen, als die besser erhaltenen Fasern, wie man sie im rösch gemahlenen
Stoff findet. Dr. Wurster bezweifelt darnach den
Wert der Reisslänge, wenn es sich um die Frage langer Dauer für die Papiere
handelt. Wenn wir aber überlegen, dass ja keineswegs bloss hohe Reisslänge für
die Normalpapiere vorgeschrieben ist, sondern dass auch noch die
Stoffzusammensetzung, der Knitterwiderstand usw. wohl zu beachten sind, endlich,
dass es keineswegs als sicher anzunehmen ist, dass etwa die ältesten Papiere aus
rösch gemahlenem Stoffe, sondern eher aus schmierigem Zeuge hergestellt worden
waren, so fällt es sehr schwer, den Wursterschen
Ansichten beizupflichten.
Cross, Bevan und BeadlePapierzeitung
1901, S. 3493. vertreten die Ansicht, dass die
Festigkeitsziffern besser charakterisierend dadurch zu gestalten wären, dass man
das spezifische Gewicht im Zusammenhange mit dem Fasergehalt, d.h. das
Verhältnis des von den Papierfasern tatsächlich eingenommenen Raumes zum ganzen
Papiervolumen feststellt. Die Genannten sind hierzu durch die Rücksichtnahme auf
die Füllstoffe geführt worden, weil die Vergrösserung der Füllstoffmenge
veranlasst, dass die Reisslänge die Festigkeit des Papieres schlechter
kennzeichnet.
Wigersma macht den Vorschlag, Filtrierpapier auf die
Filtrierfähigkeit durch das verschiedenartige Verhalten des ausgefällten,
schwefelsauren Baryts zu prüfen. Ein bei gewöhnlicher Temperatur erhaltener
Niederschlag wird nur von besten Papieren vollkommen zurückgehalten, dagegen ein
Niederschlag aus siedender Chlorbariumlösung mit siedender Schwefelsäure auch
durch geringe Sorten. Durch Abstufungen in der Temperatur der Lösungen kann man
Zwischensorten erkennen. Bemerkenswert ist, dass diejenigen Papiere, welche die
klarsten Filtrate liefern, auch die grösste Saughöhe aufweisen.
Professor PfuhlD. p. J. 1898, 310, 220. in
Riga gibt für seinen Knitterer an, dass er weiter in Einzelheiten verbessert
worden ist. Um die Dichtung der Gummiplatte unnötig und die Pressplatte in
wenigen Sekunden einstellbar zu machen, damit man den Apparat ohne Sorge
jedermann in die Hand geben könne, wird ein Justierpapier vorgeschlagen. Es ist nämlich nur erforderlich eine
gleichmässige Papiersorte zu erzeugen, deren etwa mittlere Knitterbarkeit, sowie
die anderen physikalischen Eigenschaften sich im Laufe der Zeit nicht ändern.
Stellt man für dieses Papier den Reissdruck fest, so kann der Knitterer
jederzeit auf diesen Reissdruck eingestellt werden. Auf der Einstellung dieses
mittleren Papieres fussen dann die Knitterbarkeitsstufen für alle anderen
Papiere. Pfuhl meint, es sei etwas ganz ähnliches,
wenn man die Lichtstärke auf eine Normalkerze bezieht oder einen Normaleisenstab
für Festigkeitsuntersuchungen benutzt u. dergl. Professor Pfuhl hat auch ursprünglich durch Knickung und
Biegung wirkende Papierprüfer zum Patent angemeldet, sie aber dann um so eher
fallen lassen, als mittlerweile auch der im folgenden beschriebene Schoppersche Apparat bekannt geworden ist.
Ganz besonderes Interesse beansprucht der vorhin und auch andeutungsweise bereits
D. p. J. 1898, 310, 211 erwähnte Schoppersche Prüfer, weil er nach den jüngst
abgeschlossenen, I sorgfältigen Untersuchungen der Kgl. mech. techn.
Versuchs-Anstalt geeignet scheint, die Handknitterung durch mechanisch
veranlasstes Falzen eines, beziehungsweise mehrerer Papierstreifen glücklich zu
ersetzen, wie durch den Vergleich zwischen Handknitterung und den Ergebnissen
des Falzapparates unmittelbar festzustellen war. Der Apparat findet sich in den Fig. 125 und 126
abgebildet. Der Probestreifen 9 wird in den beiden
Klemmen 7 festgespannt und geht durch einen
abgerundeten Schlitz in einem Schieber, welcher mittels Schubstangen 13, 15 mit Führung 14
und Kurbel, drehbar vom Rad mit Griff 19, zwischen
sanft anliegenden Rollen in Haltern hin- und herbewegt werden kann. Die Halter
werden durch Federn angeschoben und darauf durch Klemmschrauben festgestellt.
Die Klemmen 7 ruhen auf Rollen in Ständern 8 und gehen durch die Hülsen 3, worin sie mittels Federn und Schrauben 4 nachgiebige Einstellung finden. Die Hülsen 3 sind in den Haltern 2 beweglich und werden, wenn die Stifte 5
herausgezogen sind, durch die Spiralfedern 6 soweit
gegeneinander geführt, dass die Einspannlänge richtig ist. Nach dem Einspannen
des Probestreifens wird durch Herausziehen der Hülsen 3, soweit, bis die Stifte 5 eingeschoben
werden können, dem Probestreifen etwas Spannung gegeben und die freie
Beweglichkeit der Klemmen bewirkt. Die Anzahl der Hin- und Herfalzungen wird
durch den Zählmechanismus 16, 17, 18, sowie durch
den im Falle des Bruches des Streifens durch die Klemme 7 selbst in Tätigkeit gesetzten Ausrücker 20,
21 gezählt. Die Nullage des Schiebers für das Einspannen des Streifens
wird durch Umlegen des Hebels 22 und Einschnappen
des Hebelstiftes in ein am Antriebrad befindliches Loch gegeben.
Textabbildung Bd. 318, S. 732
Fig. 125.
Textabbildung Bd. 318, S. 732
Fig. 126.
Die genaue Untersuchung des Falzers hat vermocht, grosse Beruhigung für die
dauernde Benützbarkeit zu gewähren. Der Apparat ist ungemein sorgfältig gebaut,
sodass dahin gehende Mängel nicht entdeckt worden sind. Die unvermeidliche
Abnützung hielt sich innerhalb der Grenzen, dass man davon keinen Schaden für
die Prüfungsergebnisse erwarten darf. Der Einfluss wechselnder Spannungen für
die Einspannklemmen ist allerdings bedeutend. Es ist daher notwendig, diese
Spannung wenigstens zeitweise fest- beziehungsweise durch die Regulierschrauben
4 einzustellen. Die Geschwindigkeit der
Versuchsausführung nimmt Einfluss auf die Ergebnisse, wenn der Einfluss auch
gering ist.Immerhin empfiehlt es sich, bei der Prüfung einigermassen
gleichbleibende Geschwindigkeit beizubehalten.
Einen neuen Apparat, welchen Professor Ernst Brauer,
Karlsruhe, im D. R.-P. 100052 angibt, soll geeignet sein, durch einen einzigen
Wert, die Zahlenangaben für Reisslänge und Dehnung, sowie die Angaben über
Knitterung, für deren Wert zur Papierprüfung sich Professor Brauer ohnehin nicht auszusprechen vermag, zu
ersetzen. Professor Brauer greift dabei auch zu
einer Art Falzung. In Fig. 127-129 ist ein, wenigstens an einer Kante, geradlinig
geschnittenes Papier durch Druckschraube c in die
Presse a, b eingespannt zu denken, während es auch
durch einen Schlitz der drehbaren Gabel d geht.
Wird nun die Gabel d mit Hilfe der gezeichneten
Trommel, welche d durch Federwirkung mitnimmt,
gedreht, so ergibt sich die Umformung des Papieres, wie es Fig. 129 zeigt. Der Spannungswinkel, bei welchem
der Bruch eintritt, wird durch einen geeigneten Sperrmechanismus festgehalten
und kann mittels einer empirischen Teilung als Mass der Qualitätseigenschaften
des Papieres benutzt werden. Professor Brauer will
dadurch eine einfachere und raschere Beurteilung des Papieres ermöglichen. Ob
und wie weit der Vorschlag durchgegriffen hat, ist dem Berichterstatter nicht
bekannt.
Textabbildung Bd. 318, S. 732
Fig. 127.
Textabbildung Bd. 318, S. 732
Fig. 128.
Textabbildung Bd. 318, S. 732
Fig. 129.
Papierfabriks-Anlagen.
Es ist selbstverständlich, dass die fortschrittliche Entwicklung des
Maschinenbaues ihren Einfluss segensreich auch bei der Anlage von Papierfabriken
geäussert hat. Die konstruktive Durchbildung der Einzelheiten, das harmonische
Zusammenwirken zwischen den Ueberlegungen bei dem Einbau des Werkzeuges und bei
dem Zweck desselben, haben Anlagen entstehen lassen, welche als Blüten der
Fabriks-Industrie zu bezeichnen sind, wenn auch im grossen ganzen die Anordnung
sich älteren Ausführungen anschliessen musste, dem besonderen Fabrikationszwecke
entsprechend. Aber ausreichender Raum für bequeme Beweglichkeit und den
Transport, Luft und Licht in oft verschwenderischem Masse, unterscheiden im
Verein mit vorteilhafter, Unfälle möglichst ausschliessender Anordnung der
Transmissionen zum grössten Teile die neuern von den älteren
Papierfabriksanlagen. Um den Raum für diesen Bericht nicht noch mehr zu
vergrössern, sei nur hingewiesen, besonders auf die eingehenden Zeichnungen für
einzelne Fabriken in der hier in Betracht kommenden Richtung, in Uhlands Industrieller Rundschau, Abt. V: 1899
finden wir auf S. 20 eine für 1000 kg Leder oder Braunpappe bestimmte Fabrik; S.
32 eine Holzschleiferei für 6-7000 kg lufttrocken gedachten Schliff; 1900 S. 16
eine grössere Sulfitzellstoff-Fabrik, S. 41 eine grössere Holzschleiferei, S. 88
zwei Papierfabriken für 12-15000 kg und 4-5000 kg; 1901 S. 20 eine geschickt
disponierte Schleiferei für 600 PS. Durch ungemein geschickte Anlage zeichnet
sich die Zellstoff-Fabrik Stockstadt aus, die sich
unmittelbar am schiffbaren Main und in der Nähe eines Bahnhofes befindet, wobei
auf grosse Holzlagerplätze und ausreichenden Raum für künftige Vergrösserungen
genügend gedacht erscheint. Vergl. Papierzeitung 1898, S. 3738.
Riesige Verhältnisse zeigen manche amerikanische Papierfabriken. Beispielsweise
besitzt die Great Northern Paper Company etwa
400000 Acres Fichtenwaldungen, aus denen das gefällte Holz unmittelbar zur
Fabrik geflösst wird. Automatisch werden die Stämme zu den Sägen befördert und
gelangen dann in einen Kanal, an den Entrindungsmaschinen vorüber und zu den
Schleifern oder Hackmaschinen. Der Arbeiter hat das Holz nur aus dem Wasser zu
nehmen und aufzulegen. Es arbeiten dort 2 Turbinen von je 4000 PS mit 48
Schleifern. Ausserdem finden sich riesige Dampfkessel für 16000 PS, Holländer, 8
Papiermaschinen ganz gleicher Ausführung, so dass jeder Teil in alle Maschinen
passt und nur verhältnismässig wenige Ersatzstücke nötig sind usw.
Täglich können 240 t Zeitungsdruckpapier geliefert werden. Aehnliche Verhältnisse
finden sich bei der St. Regis Paper Co., welche
täglich 100 t Druckpapier liefern kann. Eine Skizze dieser Fabrik enthält die
Papierzeitung 1900 S. 605.
Der elektrische Antrieb, dessen schon in früheren BerichtenErwähnung getan
worden ist, breitet sich auch in den Papierfabriken immer weiter aus. Es ist
dies nicht unbegreiflich, wenn man sich die bequeme Kraftübertragung durch
Elektromotore vergegenwärtigt, die nach Einstellung gleichbleibende und nach
Bedarf veränderliche Umdrehungszahl derselben, sowie die Art des
Kraftverbrauches in den Maschinen der Papierfabrikation, bei welchen einmal
eingestellt, bedeutende Kraftschwankungen nicht zu erwarten sind. Durch
Einzelantrieb mittels der Raum sparenden Elektromotoren ist auch die denkbar
grosste Unabhängigkeit der einzelnen Verarbeitungsmaschinen gewährleistet. Als
Beispiel sei die erwähnte Stockstadter Zellstoffabrik, sowie eine Fabrik in
Gladbach hervorgehoben, welche feinste Papiere erzeugt und zwar mit 4
Papiermaschinen und 700 Arbeitern. Sämtliche Gebäude bestehen aus Stein, Glas
und Eisen, wobei staunenswerte Sauberkeit und Genauigkeit im Betriebe erreicht
worden sind.