Titel: | Aluminothermie. |
Autor: | Hans Goldschmidt |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 738 |
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Aluminothermie.
Von Dr. Hans Goldschmidt,
Essen-Ruhr.
Aluminothermie.
Vor mehr als drei Jahren erschien in dieser Zeitschrift ein Aufsatz über das Goldschmidtsche aluminothermische Verfahren, das kurz
zuvor begonnen hatte sich einen Weg in die Praxis zu bahnen. Eine grosse Reihe
industrieller Werke aller Art hat sich seitdem diesem Verfahren zugewandt und
bedient sich seiner regelmässig mit anerkannt gutem Erfolge. Nicht zum wenigsten
durch den ständig noch zunehmenden praktischen Gebrauch ist es gelungen die schon
früher erwähnten Arbeitsmethoden weiter zu vereinfachen und zu verbessern, ausserdem
ist aber eine beträchtliche Zahl neuer Anwendungsarten dem Verfahren
hinzugekommen.
Ueber Neuerungen und den derzeitigen Stand der Aluminothermie sei nachstehend
ausführlich berichtet.
Ursprünglich war die aluminothermische Reaktion nur das Mittel zur Darstellung
reiner, schwer schmelzbarer Metalle, das Verfahren für Abscheidung von Chrom.
Mangan, Ferrotitan, Ferrobor usw. Den Fernerstehenden mag es vielleicht befremden,
dass eine so einfache Reaktion, wie die aluminothermische noch eine besondere
praktische und sogar langwierige Durcharbeitung erfordert hat! Ein so einfach
zusammengesetztes Gemisch, das an einer Stelle entzündet, von selbst weiter brennt,
kann, so sollte man auf den ersten Blick meinen, unmöglich schwierig herzustellen
sein! Und doch erfordert die gleichmässige mit hohen Ausbeuten verbundene
Reindarstellung eines jeden Metalles mit Hilfe der Aluminothermie stets eine nicht
zu unterschätzende Arbeit, die bei näherer Ueberlegung der bei dieser Reaktion sich
abspielenden Vorgänge allerdings leicht Erklärung findet. In diesem Hinblick
bereitete es dem Verfasser eine besondere Genugtuung von Herrn Professor Moissan, der vor einigen Jahren Gelegenheit hatte die
Darstellung von kohlefreiem Chrom und Mangan in etwas grösserem Masstabe zu sehen,
als erstes die Frage vorgelegt zu erhalten, wie viel Jahre Arbeit nötig gewesen
seien, um die Reaktion zu einer so einfachen und glatten auszugestalten.
Alle Thermitmischungen bestehen bekanntlich aus etwa äquivalenten Gemengen eines
Metalloxydes mit Aluminium, und das kurz als „Thermit“ bezeichnete Gemisch
ist in der Hauptsache ein Eisenoxyd-Aluminium-Gemenge, wovon sich jeder, dem daran
liegt, es selbst herzustellen, durch Nachprüfung leicht überzeugen kann.
Vergleiche mit anderen reagierenden Präparaten, die ebenfalls exothermische
Reaktionen zeigen, wenn auch von ganz anderem Effekt, liegen hier nahe.
Schiesspulver und Dynamit sind beispielsweise auch sehr einfach zusammengesetzt und
in gewisser Hinsicht einfach herzustellen. Wie manches nihilistische Verbrechen
gründet sich gerade auf die leichte Selbstdarstellung von Dynamit. Aber solche von
Laien dargestellte Präparate explodieren wohl, doch einen regelmassigen sicheren
Effekt, wie man ihn von der Technik verlangt, gewährleisten sie bekanntlich nicht!
Denn gerade die technische Bereitung des Dynamits ist eine sehr subtile!
Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse beim Schiesspulver.Als Knabe hat man wohl
versucht „Pulver zu fabrizieren“ als man die Bestandteile Salpeter, Schwefel
und Kohle zusammenfügte und tatsächlich ein brennbares Gemisch erhielt. Aber einen
den modernen Anforderungen entsprechenden explosiven Wert besitzt solches Pulver
natürlich keineswegs. Bei allen diesen Gemengen kommt es bekanntlich vorwiegend auf
die physikalische Natur und Verteilung der Stoffe an und dementsprechend können
selbst bei gleicher oder fast gleicher chemischer Zusammensetzung durchaus
verschiedene Effekte hervorgerufen werden. Es mag hierbei nur an die verschiedenen
Körnungen des Schiesspulvers erinnert werden. Das Haupterfordernis, das gestellt
werden muss, ist die Gleichmässigkeit des Produktes, und so hat denn auch die
Herstellung eines technisch verwendbaren Thermits mancherlei Arbeit gekostet.
Besonders waren es physikalische Einzelheiten, die zu studieren waren und in der
Fabrikation ständig beobachtet werden wollten, und naturgemäss auch mancherlei
Spezialmaschinen sowie besondere Einrichtungen erforderlich machten. Solche
Einzelheiten lassen sich zumeist weder in Form von Rezepten noch kurzen
Beschreibungen wiedergeben, auch können sie ein allgemeines Interesse nicht
beanspruchen, da es sich stets um Fabrikationseinzelheiten handelt.
Ausser den bisher dargestellten Reinmetallen und Legierungen ist es neuerdings
gelungen, auch reines, geschmolzenes Molybdän abzuscheiden; dies ist ein stahlgraues
Metall mit dichtem Gefüge; als Hauptverunreinigung enthält es etwa 1-2 v. H. Eisen,
neben sehr geringen Mengen von Silicium, es hat also einen Reingehalt von 98-99 v.
H. Das Molybdän wurde bisher als solches nur. pulverförmig durch Reduktion der Säure
mit Kohle (ebenso wie Wolfram) gewonnen und hat für die Herstellung einiger
Spezialstähle Verwendung gefunden.
Der Verfasser stellt jetzt auch eine hochprozentige Wolframlegierung dar, vom spez.
Gewicht 14,5, die sich ziemlich leicht bearbeiten lässt und sehr fest ist.
Da neuerdings metallisches, geschmolzenes Silicium mit einem Reingehalt von 98 v. H.
billig angeboten wird, so lag es nahe, das Aluminium etwa ganz oder teilweise durch
Silicium zu ersetzen. Sowohl die hohe Verbrennungswärme des Siliciums als auch die
Möglichkeit bei gleichzeitiger Verwendung von Silicium und Aluminium leichter
flüssige Silikatschlacken zu erhalten, musste zu diesem Versuche ermutigen; das
Ergebnis war wider Erwarten ein negatives. So sind beispielsweise äquivalente
Gemische von Eisenoxyd mit Silicium oder Nickeloxyd mit Silicium nicht wie das
Thermit zur Entzündung zu bringen.
Noch eigenartiger aber verhalten sich Gemische von Silicium und Aluminium mit
Eisenoxyd. Schon 10 v. H. Zusatz einer äquivalenten Silicium-Eisenoxyd-Mischung zu
gewöhnlichem Thermit wirken so verzögernd auf dessen Reaktionsverlauf, dass dieses
Thermit für Schweisszwecke unbrauchbar wird. Die durch die Verbrennungswärme des
Aluminiums mit dem Sauerstoff erzeugte Temperatur bringt zwar auch das Silicium zur
Reaktion: Die Geschwindigkeit aber, mit der das Silicium sich, mit dem in dem
Gemisch vorhandenen Sauerstoff verbindet, ist erheblich geringer als die Bildung von
Al2
O3. Die Schlacke ist
zwar eine etwas leichter flüssige, aber durch die verlangsamte Reaktion und den
damit Hand in Hand gehenden Wärmeverlust ist mehr verloren als gewonnen. Will man
durch höhere Zusätze von Silicium die Bildung von Si
O2 begünstigen, so verläuft der
Vorgang ähnlich; bei etwa 50 v. H. Zusatz versagt die Reaktion sogar ganz, bezw. es
entsteht dann eine Art Sinterkörper. Durch Erwärmung von aussen kann, wenn auch nur
unwesentlich, etwas nachgeholfen werden; ein praktischer Erfolg ist aber damit nicht
verknüpft.
Textabbildung Bd. 318, S. 738
Fig. 1a.Schienenschweissung auf der Strecke in Dresden.
Textabbildung Bd. 318, S. 738
Fig. 1b.Schienenschweissung auf der Strecke in Graz.
Dass eine Erwärmung von aussen bei den glatt verlaufenden aluminothermischen
Reaktionen ein Unding ist, erhellt ohne weiteres, weil eine nennenswerte äussere
Wärmezufuhr bei der in den wenigen Sekunden selbst entstehenden Wärmemenge auch mit
Hilfe elektrischer Energie kaum möglich ist. Es mag auch hier auf die Berechnung
über die Energiedichte des Thermits hingewiesen werden, (vergl. Zeitschrift für
angewandte Chemie, 1902, Heft 28), welche die Nutzlosigkeit äusserer Wärmezufuhr
zahlenmässig dartut. Auch ein besonderes Vorwärmen des zur Reaktion zu bringenden
Gemisches, an das man wohl denken könnte, hat keinen Zweck, da dem in Reaktion
befindlichen Gemisch stets neue Gemengteile zugegeben werden können, sodass die Glut
bedeckt ist. Schon dadurch wird erforderlichen Falles nicht nur eine völlige
Trocknung, sondern auch eine starke Vorwärmung des Gemenges erzielt werden,
bevores zur Reaktion kommt, ohne dass ein beschleunigter Reaktionsverlauf des
so vorgewärmten Gemenges zu konstatieren wäre.
Das grosse Gebiet der Schweissverfahren mit Hilfe von Thermit, das derzeitig
bedeutsamste der ganzen Aluminothermie, hat sich in bezug auf Ausarbeitung und
Anwendung der Methoden in letzter Zeit sehr bedeutend erweitert. Ganz besonders hat
die Verschweissung von Trambahnschienen zugenommen und bei den vielen
Untersuchungen, die besonders englischerseits sehr eingehend vorgenommen worden
sind, ist das System wiederholt als derzeitig bestes und billigstes anerkannt und
eingeführt worden. So hat die Stadt Leeds vor Jahresfrist in England eine eigene
Kommission zur Prüfung eingesetzt und ist zu dem erwähnten Ergebnis gekommen.
Dieselbe hat nicht nur durch Festigkeitsproben die Güte der Schweissung, sondern
auch durch Besichtigung mehrerer Strecken, die in Deutschland etwa drei Jahre lagen
(Dresden, Berlin, Braunschweig) festgestellt, dass die Schweissungen, von der
Schiene selbst nicht zu unterscheiden waren (Fig. 1a
u. 1b). Es sind in Leeds jetzt mehrere englische
Meilen bereits verschweisst; eine grosse Reihe anderer Städte wie Glasgow,
Nottingham usw. sind gefolgt. Musste bislang das Schienenschweissverfahren durch
Anwendung auf kleineren Probestrecken erst seine Brauchbarkeit dartun, so ist nach
fast vierjähriger Prüfung jetzt seine allgemeine Verwendbarkeit erwiesen, sodass
manche Verwaltungen sich seiner als ausschliesslichen Schienenverbindungsmittels
bedienen. So werden seitens einer grossen englischen Gesellschaft Trambahn strecken
in Singapore in einer Länge von etwa 40 Kilometern zur Zeit aluminothermisch
verschweisst.
Textabbildung Bd. 318, S. 738
Fig. 2. Komplete Apparatur für Schienenschweissungen.
Die einfache Ausführung, das Fehlen jeder grösseren Apparatur, die hier nur in einem
Schienenklemmapparat, einem Tiegel mit 15-20 Pfund Thermit besteht und schliesslich
einer kleinen Form, die um die Stosstelle herumgelegt wird, ist das
Charakteristische des ganzen Verfahrens (Fig. 2).
Erfahrungsgemäss geht das Ver-schweissen schneller von statten als das Anlegen von
Laschen mit Kupferverbinder, der bei der Verschweissung natürlich fortfällt.
Um sich ein genaues Bild machen zu können von der Art dieser Schienenschweissungen,
sei hier eine Beschreibung eingefügt:
Für jedes Schienenprofil wird ein besonderes Modell angefertigt, das zur Herstellung
der Form dient, die um den zu verschweissenden Schienenstoss anzulegen ist. Durch
eine sehr grosse Zahl von Experimenten ist festgestellt worden, wie weit die kleinen
Kanäle in der Form sein müssen, deren eine Wand die Schiene selbst, deren andere die
Formmasse bildet; die Dimensionen dieser Kanäle schwanken je nach der Stärke des
Profils, je nachdem das feuerflüssige Thermit den schmalen Fuss und Steg oder den
stärkeren Kopf
der Schiene umspült, schliesslich je nachdem Thermiteisen oder Schlacke (der Corund)
die Form füllt, etwa zwischen 10-30 mm Dicke und 30-100 mm Länge (Fig. 3). Fuss und Steg der Schienenenden werden von
dem den Tiegel zuerst verlassenden Thermiteisen umspült und verschmelzen mit diesem;
dies geschieht zweckmässig in engeren Kanälen, während die feuerflüssige Schlacke
den Schienenkopf umfliesst und diesen auf Schweisstemperatur erwärmt. Das ganze
Schienenprofil wird dadurch gleichmässig auf Schweisshitze erwärmt, sodass ein
Verbiegen der Schienenenden nicht eintreten kann. Werden schliesslich wenige Minuten
nach erfolgtem Einlauf der Reaktionsmasse in die Form mit Hilfe der
Schraubenspindeln des Klemmapparates die Schienenenden um etwa 10 mm angezogen, so
tritt eine völlig gleichmässige Verschweissung ein. Die Schweisstelle ist sogar
durch die angeschweisste Fusslasche aus schmiedbarem Thermiteisen gegen die Schiene
selbst verstärkt (Fig. 4). Die kleine Stauchung, die
sich am Kopf der Schiene zeigt, ist mit der Hand abzufeilen, oder mit einem
Schmirgelapparat zu entfernen, um so die Schweissstelle unsichtbar und beim
Hinüberrollen des Wagens dauernd völlig unmerkbar zu machen.
Textabbildung Bd. 318, S. 739
Fig. 3. Modell, Formkasten und fertige Form für die Goldschmidtsche
Schienenschweissung a) Modell (L) für die Leitschienenseite mit aufgelegtem
Formkasten b) Hilfsverschlussblech für die Form,
während des Ausstampfens mit Klebsand, c) Modell
(F) für die Fahrschienenseite, d) Fertige Formhälfte für die Leitschienenseite,
e) Formkastenhälfte (F) für die Fahrschienenseite. f) Fertige
Formhälfte für die Fahrschienenseite.
Die Form ist mit Hilfe des Modells, das zumeist, damit es handlich ist, in Aluminium
abgegossen wird, nach jedem Former bekannten Handgriffen herzustellen. Da in
vorliegendem Falle es auf einen „Kunstguss“ gar nicht ankommt, so kann das
Abformen von jugendlichen Arbeitern gemacht werden. Als Formmasse ist jede zu
benutzen, die für Stahlguss verwendet wird: es eignet sich dazu also ein Gemisch von
80 Teilen Sand mit 20 Teilen weissem Ton (china clay), auch Lehm mit Sand zu etwa
gleichen Teilen. Das Trocknen dieser Formmasse ist in etwa 4 Stunden bewirkt und
zwar bei einer Temperatur von etwa 3-400° C. Zweckmässig wird diese Formmasse in
einen Blechkasten eingestampft, welcher um das Aluminiummodell gesetzt wird. Dieser
Kasten dient für eine sehr grosse Anzahl von Schweissungen; die Form, die nach
Anlegen an die Schienenenden mit Lehm oder dergl. abgedichtet wird, kostet nur etwa
50 Pfg.
Der Schienenstoss ist vor der Schweissung mit einer Lötlampe, einer Hand voll Holz
oder dergl. handwarm zu machen, am Schmutz und Rost leichter entfernen zu können,
was mit Hilfe einer Drahtbürste bewerkstelligt wird. Ein Abblasen mit Sand findet
nicht statt, da es sich als unnötig herausgestellt hat. Nur ein Blankfeilen der
aneinanderstossenden Profile selbst hat stattzufinden. Man ersieht daraus, dass also
auch alie Vorarbeiten gering sind und wenig Zeit erfordern.
Die Verschweissungen werden stets von den betreffenden Gesellschaften selbst
ausgeführt, die auch das Verlegen der Schienen besorgen, da das Verschweissen von
jedem Streckenarbeiter durch Vornahme einiger Schweissungen erlernt Werden kann. Der
wesentlichste Punkt bei dem Schweissverfahren ist das genaue vorherige Ausrichten
der Schienen, damit keine Fehler eingeschweisst werden. Es hat dieser Punkt
natürlich nichts mit dem Schweissen selbst zu tun. Dass eine gewisse Sorgfalt bei
der Eigenart des ganzen Vefahrens zu beobachten ist, dürfte als selbstverständlich
gelten. Dass diese aber leicht einzuhalten, beweist der Umstand,dass eine ganze
Reihe von Verwaltungen sich schnell mit dem Verfahren vertraut gemacht hat.
Die zur Ausführung des Verfahrens verwendeten Tiegel bestehen aus einem Blechmantel,
der mit Magnesia ausgekleidet ist. Durch Einsetzen eines gusseisernen Konus in den
Blechmantel entsteht ein Raum, der mit angewärmtem Thermagnesit auszustampfen ist.
Die Tiegel werden mit dem Konus etwa zwei Stunden in einen Ofen gesetzt, zum Schluss
geglüht und sind zum Gebrauch fertig. Die grossen Bahnverwaltungen fertigen sich
auch die Tiegel selbst an, die etwa 25 Grüsse aushalten, sodass für den Stoss die
Kosten für Tiegelverschleiss kaum in Betracht kommen. Im Boden des Tiegels befindet
sich ein durchbohrter konischer Magnesiastein, in dem ein zweiter gleichfalls
durchbohrter als Ausflusstopfen sitzt, dieser ist nach einer Reihe von Güssen leicht
auszuwechseln. Die Dichtung beider Stopfen geschieht lediglich durch eine faltenlose
Lage von Zeitungspapier. Durch diesen Stopfen ist es erreicht worden, dass das
Ausflussloch auf eine annähernd konstante Weite von 10-18 mm zu halten ist, was für
das gleichmässige Ausfliessen des Feuerflusses nötig ist.
Jedes Profil verlangt nach seiner Schwere und der Eigenart seiner Abmessungen eine
ganz bestimmte Quantität Thermit, welche ausserdem in der Zusammensetzung noch nach
empirischen Regeln etwas variiert wird, um in allen Fällen eine gleichmässige
Verschweissung zu erhalten. Die für je eine Schienenschweissung benötigte
Thermitmenge wird in einem plombierten Sack, der mit der betreffenden Nummer des
Schienenprofils versehen ist, unter der Bezeichnung „Schweissportion“
(welding portion) an die Bahnverwaltungen geliefert. Da sich letztere die Formen und
zumeist auch die Tiegel wie erwähnt, selbst herstellen, so bilden die
Schweissportionen neben einigen Klemmapparaten das einzige, was zur Verschweissung
anzuschaffen ist.
Textabbildung Bd. 318, S. 739
Fig. 4. Zwei Schienenenden mit Thermit stumpf geschweisst und gleichzeitig
durch eine angeschweisste Fusslasche aus Thermiteisen verstärkt.
In gewissen Fällen ist aber auch der Klemmapparat zu entbehren. Handelt es sich
darum, alte bereits eingepflasterte Schienen nach Fortnahme der locker gewordenen
Laschen zu verschweissen, so ist nur eine entsprechende Form an den Schienenstoss zu
legen und in diese aus dem Tiegel die Reaktionsmasse einfliessen zu lassen. In dem
Falle tritt zwar keine oder nur eine teilweise Verschweissung des Kopfes ein, aber
eine völlige Verschweissung bezw. Verschmelzung des Schienenfusses und Halses bis
fast unter den Kopf der Schiene; ausserdem wird aber, wie bereits hervorgehoben, die
so verschweisste Stelle durch eine ununterbrochene Lasche von schmiedbarem
Thermiteisen wesentlich verstärkt. Diese Verbindungsart gewährt also auch eine völlig
zuverlässige Stossverbindung; da das Anlegen des Klemmapparates und Abfeilen der
Stauchung fortfällt, so geht diese Ausführungsart noch schneller vor sich (Fig. 5). Ein Erhitzen der Schienenköpfe durch die
Schlacke auf Schweisstemperatur muss auch hier eintreten, um ein Aufbiegen der
Schienen zu vermeiden. Eine vorhandene Lücke am Stoss ist bei solchen bereits
verlegten Geleisen vor der Schweissung mit kleinen Blechstückchen oder aus Schienen
gesägten Passtücken ganz auszufüllen. Werden diese Passtücke fest eingeklemmt,
event. derartig, dass die Schienenenden am Stoss mit einer Winde etwas angehoben
werden, um die Lücke am Kopf etwas zu erweitern, so gelingt es, vielfach auch eine
Kopfverschweissung zu erzielen, die schon deswegen stets vorzuziehen ist, weil
dadurch erst sich das Thermitverfahren als besonders elegantes erweist, indem nach
eingetretener Schweissung im Kopf die genaue Stelle der Schweissung selbst nicht
mehr auffindbar ist.
Deshalb bemüht man sich auch, bei alten, der Ausbesserung bedürftigen Strecken
(natürlich nur bei solchen, bei denen der Verschleiss am Stoss noch nicht zu weit
vorgeschritten ist) eine Stumpfschweissung des Kopfes mit zu erzielen und verfährt
dabei folgendermassen. Der Klemmapparat wird angesetzt und nun durch Rückwärtsdrehen
der Spindelschrauben die Lücke im Stoss um 8-10 mm vergrössert. Die Stärke des
Passtückes wird nun um 8-10 mm grösser gewählt als dem vorher vorhandenen
Temperaturspalt entsprach. Die Schienen werden sodann, wie gewöhnlich, nach
erfolgtem Einlaufen des abgebrannten Thermits zusammengestaucht, wobei streng darauf
zu achten ist, dass keine Verkürzung des eingebetteten Geleises eintritt. Bei
eingepflastertem Geleise muss hierbei das Pflaster vor und hinter dem zu
verschweissenden Stoss genügend gelockert werden, bei sehr fest eingebetteten
Schienen ist allerdings eine derartige Auseinanderzerrung nicht möglich und ist man
gezwungen, auf die Kopfschweissung zu verzichten. Die Verschweissung alter Geleise
ist natürlich stets von Fall zu Fall zu erwägen. Sie ist sowohl mit wie ohne
Stumpfschweissung mit bestem Erfolge ausgeführt z.B. ohne Klemmapparat in
Braunschweig, mehrfach in Frankreich, Rouen, Hâvre usw.; mit Klemmapparat in Italien
z.B. in Genua, sogar bei ziemlich festliegendem Geleise.
Textabbildung Bd. 318, S. 740
Fig. 5. Schienenschwetssung ohne Anwendung eines Klemmapparates für bereits
verlegte Schienen.
Eine grosse Anzahl von Proben sind sowohl vom Schreiber dieser Zeilen als auch von
Bahn Verwaltungen angestellt worden, um die Festigkeit der Schweisstelle zu prüfen,
als auch um zu sehen, in welcher Weise die durch das Thermit erhitzte Stelle
beeinflusst wird. Die Festigkeit,die im Kopf der Schiene durch die
Stumpfschweissung erzielt wird, ist etwa 80 v. H. der Festigkeit des
Schienenmaterials auch bei sehr hartem Material. Eine Probe, die kürzlich seitens
einer Firma genommen wurde, ergab eine Festigkeit von 87,2 v. H. des ursprünglichen
Materials. Ferner sind Zerreissproben aus Schienenstücken geschnitten worden, die
mit einem Thermiteisenumguss versehen waren in gleicher Weise wie wenn eine
Schweissung vorgenommen werden sollte, um dem Stück genau dieselbe Wärme zu
erteilen, die bei einer Schweissung den Schienen enden gegeben wird. Da die ganze
Schweisszone nur etwa 150 mm lang ist, der Zerreisstab aber 200 mm, so lag in diesem
die ganze erhitzte Stelle. Die Zahlen nun die aus einer nicht erhitzten Stelle der
Schiene herrühren, und diejenigen, die aus der mit Thermit auf Schweisshitze
gebrachten resultieren, stimmen fast ganz genau überein, ein Beweis dafür, dass ein
irgendwie nennenswertes Weicher- oder Härter werden des Schienenmaterials durch die
Schweissung mit Thermit nicht eintritt, wie dies die Praxis auch hinlänglich
bewiesen hat. Aus 6 Parallel-Versuchen wurden folgende Zahlen erhalten:
Die Festigkeiten an sechs Rillenschienen schwankten zwischen 68,9 und 84,7 kg/qmm,
während die Dehnung sich zwischen 8 und 16,5 v. H. hielt; bei den 6 mit Thermit
umgossenen Stücken wurden
Festigkeiten zwischen 66,2 und 80,8 Kilo festgestellt, während die Dehnung zwischen
9,5 und 12,5 v. H. blieb. Der Durchschnitt stellte sich fast gleich.
Eine grössere Anzahl Zerreissproben sind aus Kopf, Fuss und Hals profilgeschweisster
Schienen entnommen. Die Festigkeiten schwankten hier zwischen 55,6 und 67,8 Kilo,
der Durchschnitt beträgt über 62 Kilo. Daraus ergibt sich, dass nur die ganz kurze
Schweisstelle selbst (ein Stück von etwa 1 bis 2 mm Länge) eine geringe Einbusse an
Festigkeit durch die Schweissung erfahren hat. Das Schienenmaterial erleidet also
neben der Schweisstelle keine Veränderung! Durch den gleichzeitig erfolgten
angeschweissten Umguss wird aber schliesslich die Schweisstelle stärker als die
Schiene selbst!
Werden die stumpfgeschweissten Schienen zerdrückt oder zerschlagen, so erfolgt der
Bruch stets ausserhalb der Schweisstelle, zumeist sogar ganz ausserhalb der
Schweisszone. Eine Erklärung für die gute Schweissung, die mit dem Thermit-Verfahren
erzielt wird, ist darin zu suchen, dass die Schweissung unter völligem Luftabschluss
stattfindet und dass ferner eine stets gleichmässige Wärmemenge unabhängig vom
ausführenden Arbeiter der Schweissstelle durch die abgewogene
„Schweissportion“ zuerteilt wird.
(Schluss folgt.)