Titel: | Die Verbrennungsmotoren auf der Deutschen Städte-Ausstellung in Dresden 1903. |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 741 |
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Die Verbrennungsmotoren auf der Deutschen
Städte-Ausstellung in Dresden 1903.
Von Fr. Freytag,
Chemnitz.
(Fortsetzung von S. 694 d. Bd.)
Die Verbrennungsmotoren auf der Deutschen Städte-Ausstellung in
Dresden 1903.
Die in der Städteausstellung laufende Maschine der Firma Moritz Hille, G. m. b. H. in Dresden leistet bei 200 minutlichen
Umdrehungen normal 14 PS, maximal 17 PS.
Das Anlassen der aus Fig. 20 ersichtlichen Maschine
erfolgt mittels Benzin oder Leuchtgas; die Maschine ist zu dem Zwecke mit einem
Hilfsventil versehen, durch welches solange Brennstoff in den Zylinder
eingeführt wird, bis der Generator seinen Beharrungszustand erreicht hat und
brauchbares Gas liefert.
Der sonst zum Anlassen der Maschine erforderliche Ventilator kann hierbei fortfallen.
Es ist dies bei kleineren Anlagen insofern von Vorteil, als man nunmehr weniger von
der
Geschicklichkeit und Aufmerksamkeit des die Anlage bezw. den Ventilator derselben
bedienenden Arbeiters abhängig ist. Das Anlassen des Motors geht auf diese Weise
glatter und sicherer von statten, als wenn mit dem Ventilator die Kohlenschicht im
Generator glühend geblasen wird. Bei grösseren Anlagen, wo gewissenhafte
Maschinisten zur Verfügung stehen und ferner der zum Anblasen dienende Ventilator
durch einen besonderen Motor angetrieben wird, kann das genannte Hilfsventil in
Wegfall kommen. Was den Motor im übrigen anbetrifft, so ist der mit Kühlmantel
versehene Arbeitszylinder desselben in seiner ganzen Länge unterstützt. Die
eigentliche Lauf büchse ist auswechselbar und aus einem besonders geeigneten
Material hergestellt. Arbeitskolben und Schubstange sind sehr lang gehalten;
letztere entspricht der sechsfachen Länge des Kurbelarmes. Zum Antreiben der Steuer
welle dienen Schraubenräder, die in. einem Oelbade laufen. Die Lager der Kurbelwie
auch der Steuerwelle haben Ringschmierung.
Die Steuerung sämtlicher Ventile erfolgt zwangläufig in der Weise, dass sie durch
unrunde Scheiben der Steuerwelle geöffnet, durch Federdruck geschlossen werden.
Die Regelung der Geschwindigkeit geschieht durch Aussetzen von Ladungen.
Fig. 21 zeigt die zum Motor gehörige Sauggasanlage.
Der mit Doppelverschluss versehene Generator A ist mit
einem starken Chamottemauerwerk ausgefüttert und in seinem oberen Teile, der den
Kohlenvorrat für etwa fünfstündigen Betrieb – bei voller Belastung – enthält, gegen
Wärmeausstrahlung mittels Kieselguhr isoliert; er besitzt eine durch IX R, G. M.
geschützte Einrichtung, die, um Schlacken auch während des Betriebes abstossen zu
können, das Einführen einer Schürstange von oben gestattet. Die losgestossenen
Schlacken können durch eine besondere Tür oder durch den zum Umklappen
eingerichteten Host aus dem Generator entfernt werden.
Die erzeugten Gase verlassen den Generator durch ein im Oberteil desselben
angebrachtes Rohr und treten dann in den Verdampfer B,
der, im Gegensatz zu anderen derartigen Apparaten, ohne eigentlichen Wasserraum
ausgeführt ist. Er besteht aus zweckmässig geformten, durch die abziehenden Gase
beheizten Flächen, auf welche eine der jeweiligen Belastung des Motors entsprechende
und zu dem Zwecke durch einen unter dem Einflüsse der Saugwirkung des Motors
stehenden Apparat abgemessene Wassermenge aufgespritzt wird. Auf diese Weise wird
die Wärme äusserst vorteilhaft zur Dampfbildung ausgenützt und es bleibt die unter
den Rost geführte Dampfmenge in bezug auf die angesaugte Luftmenge stets die gleiche
– der Beharrungszustand des Generators somit bei allen Belastungen ein normaler.
Die Konstruktion des nach Lösen einiger Schrauben leicht zerlegbaren, demnach auch
bequem zu reinigenden Verdampfers gestattet jedem Einzelteile desselben eine den
aufeinander folgenden Erwärmungen und Abkühlungen entsprechende freie Bewegung.
Den
Textabbildung Bd. 318, S. 741
Fig. 20.
oberen Teil des Generatormantels umgibt noch ein zweiter
Mantel, durch den die Verbrennungsluft geleitet und erwärmt wird, bevor sie mit dem
Wasserdampf zusammentrifft.
Textabbildung Bd. 318, S. 742
Fig. 21.
Der Skrubber C ist in der allgemein üblichen Weise
hergestellt. Im Gastopf D, der in der Nähe des Motors
aufgestellt –ist, treten die Gase nochmals durch eine aus Holzwollseilen gebildete
Filterschicht; etwaige mitgerissene Staubteilchen werden hier durch über die
Holzwollseile gespritztes Petroleum angefettet. Diese Behandlung der Gase hat zur
Folge, dass die Ventile fast ohne Schmutzansatz bleiben und der geringe Ansatz nicht
fest, sondern derart lose an den Einzelteilen des Motors haftet, dass er durch
Abwischen mit Putzlappen leicht beseitigt werden kann.
Der Generator arbeitet mit Anthrazit, Koks und nach Vornahme einer kleinen
Abänderung auch mit sog. Kaumazit – einem Produkt aus dem böhmischen Kohlenrevier
bei Aussig, welches in den Wesselner Koks- und
Kaumazitwerken von C. Mehlhardt, Dresden, erzeugt und vertrieben wird.
Der Preis dieses Brennstoffes beträgt z. Zt., je nach der Korngrösse desselben,
105-130. M. ab Werk für 10000 kg. Nach Angabe der Firma Moritz Hille verbraucht eine Sauggasmotorenanlage von etwa 20 PS,
einschliesslich Abbrand bei zehnstündiger Arbeitszeit etwa 130 kg Kaumazit, die in
Dresden 2,30 M. kosten, sodass für 1 PS/Std. etwa 1,15 Pfg. für Brennstoff
aufzuwenden sind.
(Schluss folgt.)