Titel: | Ueber die Arbeitsweise der Treibriemen. |
Autor: | F. |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 817 |
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Ueber die Arbeitsweise der
Treibriemen.
Ueber die Arbeitsweise der Treibriemen.
Beim Riemenbetriebe treten Verluste auf, welche zum Teil durch die Arbeitsweise
der Treibriemen bedingt und unvermeidlich, zum Teil eine Folge falscher Anordnung
und Bemessung oder auch ungeeigneten Materials sind. Diese Verluste, von deren
Grösse die Leistungsfähigkeit, der Wirkungsgrad und teilweise auch die Lebensdauer
der Riemen abhängen, mögen einer kurzen Betrachtung unterzogen werden.
Die treibende Scheibe erzeugt bei der Drehung infolge der Reibung zwischen Scheibe
und Riemen eine Spannung in dem letzteren, welche an der Auflaufstelle a (Fig. 1) am grössten
und zwar gleich der Spannung T des ziehenden Trums ist
und auf der Scheibe allmählich abnimmt, bis sie an der Ablaufstelle b ihren kleinsten Wert, die im gezogenen Trum
herrschende Spannung t erreicht. Auf der getriebenen
Scheibe wächst dagegen die Spannung von der Auflaufstelle bis zur Ablaufstelle. Die
Differenz T – t ergibt die zu übertragende nutzbare Umfangskraft, welche umso grösser wird, je
kleiner die Spannung t des gezogenen Trums ist.
Betrachtet man ein Riementeilchen während seiner Bewegung auf der treibenden Scheibe,
so hat dasselbe bei a im höchstgespannten Zustande
seine grösste Länge und verkürzt sich allmählich entsprechend der Abnahme der
Spannung bis zum Punkte b. Diese Verkürzung hat ein
Gleiten auf der Scheibe zur Folge, welches am grössten bei b und an der Auflaufstelle a gleich Null ist.
Die Summe aller Längenänderungen der gleichzeitig die Scheibe berührenden
Riementeilchen ergibt die gesamte Gleitung, welche auf der treibenden Scheibe entgegen der Drehrichtung derselben stattfindet, sodass
also die Scheibe dem Riemen voreilt. Auf der getriebenen Scheibe tritt entsprechend
der Zunahme der Spannung eine Dehnung und infolgedessen ein Gleiten des Riemens in der Drehrichtung der Scheibe ein, sodass hier der
Riemen der Scheibe vorauseilt.
Die Verteilung der Riemenspannung, sowie der Dehnung und Gleitung der Riementeilchen
ist in Fig. 1 schematisch dargestellt. Die
gestrichelte Linie zeigt in ihren senkrechten Abständen vom Riemenmittel den Verlauf
der Spannungen. Der Umfang der Riemenscheiben ist in gleiche Teile m geteilt, welche auf dem Riemen ebenfalls aufgetragen
sind, jedoch in der durch die Spannungsänderung bedingten Verkürzung oder
Verlängerung. In dem Augenblick, in welchem das Riementeilchen – auf m1 verkürzt – an der
Ablaufstelle b angekommen ist, befindet sich die
entsprechende Strecke der Scheibe bereits bei e, ist
also dem Riemen um b-e
vorgeeilt. Ebenso gleitet der Riemen um die Strecke d-f über die getriebene Scheibe hin.
Diese beiden Bewegungen des Riemens auf den Scheiben ergeben einen Geschwindigkeitsverlust der getriebenen Scheibe
gegenüber der treibenden, welcher direkt proportional der Nutzbelastung für die
Einheit des Riemenquerschnittes \left(\frac{T-t}{b\cdot s}\right) und dem Dehnungskoeffizienten des
Riemenmaterialsist, und welcher ausserdem mit wachsendem Scheibendurchmesser
zunimmt, da bei gleicher Belastung des Riemens die Dehnung und damit die Gleitung
umso grösser wird, je länger der Berührungsbogen ist.
Die Grösse der Gleitung nimmt dagegen ab mit wachsender Riemengeschwindigkeit, da der
Riemen bei hohen Geschwindigkeiten auf der Scheibe nicht die Zeit findet, die
Verkürzung oder Verlängerung völlig auszuführen; der vollkommene Spannungsausgleich
findet dann erst im freien Riemen statt. Grosse Scheiben bewirken also einmal eine
Vergrösserung der Gleitung durch Verlängerung des vom Riemen umschlossenen Bogens,
andererseits aber wieder eine Verminderung derselben durch Erhöhung der
Geschwindigkeit.
Das Gleiten des Riemens auf der Scheibe bedingt einen unmittelbaren Arbeitsverlust dadurch, dass die Reibung zwischen
Riemen und Scheibe, welche dem Gleiten entgegenarbeitet, überwunden werden muss, und
einen weiteren mittelbaren Verlust durch die Verminderung der Reibung da der
Reibungskoeffizient der Bewegung beträchtlich geringer ist, als derjenige der
Ruhe.
Textabbildung Bd. 318, S. 817
Fig. 1.
Der Geschwindigkeitsverlust durch die Riemengleitung infolge der elastischen
Dehnungen hat nichts gemein mit dem Verlust durch Rutschen des Riemens infolge
ungenügender Reibung.
Die Hauptursache geringer Leistungsfähigkeit der Treibriemen ist die im gezogenen, losen Trum auftretende Spannung.
Während im Zustande der Ruhe im ziehenden und im gezogenen Trum die gleiche Spannung
herrscht und demzufolge in beiden eine gleiche Menge des Riemenmaterials sich
befindet, wird während der Arbeitsübertragung der ziehende Riemen gedehnt, und das
hierdurch frei werdende Riemenmaterial wird über die treibende Scheibe dem losen
Trum zugeführt. Die Spannung in diesem nimmt umsomehr ab, je mehr Riemenlänge es auf
diese Weise erhält, je grösser also die elastische Dehnung des Riemens ist; sie
verliert umgekehrt umsoweniger, je dehnfreier derselbe ist. Das Gleiten des Riemens
infolge seiner Elastizität wirkt dieser Verminderung der Spannung t entgegen, indem das über die Scheibe geförderte
Riemenmaterial teilweise gleichsam wieder zurücktransportiert wird, und zwar
umsomehr, je mehr Zeit der Riemen zu diesem Zusammenziehen hat, je langsamer er also
läuft. Es bewirkt also nur die Differenz beider Materialbewegungen eine Verringerung
der Spannung im gezogenen Riemen, welche Abnahme umso grösser ist, je geringer die
Gleitung im Verhältnis zur Riemengeschwindigkeit ist. Die Spannung t nimmt also mit steigender Geschwindigkeit ab und kann
sich dem Wert Null nähern.
Es ist bei der Betrachtung dieser Verhältnisse immer zu berücksichtigen, dass jede
der Dehnungen und Verkürzungen eine bestimmte Zeit erfordert, und dass dieselben
durch die Grösse der für dieselben verfügbaren Zeit wesentlich beeinflusst werden.
Mit der Zeitdauer der Belastung wächst die Gesamtdehnung und auch die bleibende
Dehnung des Leders, sodass hohe Geschwindigkeiten, welche einen schnellen Wechsel
der Belastung ergeben, für die Beanspruchung der Riemen sehr günstig sind.
Die durch die treibende Scheibe erzeugte Spannung pflanzt sich mit einer bestimmten
Geschwindigkeit im ziehenden Trum bis an die getriebene Scheibe fort, wobei eine
entsprechend fortschreitende Dehnung des Riemens erfolgt. Die Geschwindigkeit der
Fortpflanzung der Spannung im freien Riemen ist um so kleiner, je grösser die
Elastizität desselben ist; sie ist für ein gegebenes Material konstant. Spannung und
Dehnung würden mit der im ziehenden Trum vorhandenen Grösse und Geschwindigkeit in
das gezogene Ende übergehen, wenn sie nicht auf der getriebenen Scheibe durch die
Reibung verzögert würden, welche nur einen Teil der Spannung über die Scheibe hinweg
in das lose Trum gelangen lässt und zwar umsoweniger, je grösser die Reibung ist.
Diese Spannung wird ferner um so kleiner, je grösser die Riemengeschwindigkeit ist,
welche auf der getriebenen Scheibe eine der Fortpflanzung der Spannung
entgegengesetzte Richtung hat; sie würde, abgesehen von der durch das Eigengewicht
des Riemens erzeugten Spannung, gleich Null sein, wenn die Riemengeschwindigkeit
gleich der wirklichen mittleren Fortpflanzungsgeschwindigkeit auf der Scheibe wäre,
welche infolge der Verzögerung durch die Reibung geringer ist, als die
Geschwindigkeit im freien Riemen. In diesem Falle würde die Spannung an der
Auflaufstelle der getriebenen Scheibe gerade Null, es würde also die Gesamtspannung
des ziehenden Trums durch die Reibung ausgeglichen und demnach vollständig zum
Antrieb nutzbar gemacht: die Leistungsfähigkeit ist in diesem Falle am grössten.
Alle geringeren Riemengeschwindigkeiten bedingen eine Verminderung der
Leistungsfähigkeit durch die Spannung des gezogenen Trums, während höhere
Geschwindigkeiten eine Steigerung derselben nicht mehr ergeben.
Die Vergrösserung der Scheibendurchmesser bewirkt ebenfalls eine Verringerung der
schädlichen Spannung, indem sie einmal grössere Geschwindigkeiten ergibt und ferner
durch die längere Anlage des Riemens, also durch die Verlängerung des Weges, auf dem
die Fortpflanzung verzögert wird, günstig wirkt. Je länger dieser Weg ist,
umsoweniger Spannung kann sich bei der konstanten Fortpflanzungsgeschwindigkeit auf
das lose Trum übertragen.
Während die übrigen Arbeitsverluste unabhängig von der Riemengeschwindigkeit sind,
ändert sich der durch die Spannung im gezogenen Trum verursachte Verlust im
umgekehrten Verhältnis zur Geschwindigkeit. Hierdurch ist eine Erklärung dafür
gegeben, dass die Höchstleistung eines Riemens nicht im einfachen Verhältnisse der
Geschwindigkeiten, sondern in viel stärkerem Masse wächst, sodass also die
Leistungsfähigkeit, die zulässige Nutzbelastung für
die Einheit des Querschnittes zunimmt; ebenso steigt dieselbe mit dem Durchmesser
der Scheiben.
Otto Gehrkens, Hamburg, hat zuerst hierauf hingewiesen
und ist in wiederholten Veröffentlichungen für die Verwendung grösserer
Riemengeschwindigkeiten bis 50 m/Sek. und mehr eingetreten, deren Vorteile er an
Hand von Versuchen nachweist. Es gelang ihm, mit einem Kernledertreibriemen von 50
mm Breite eine Leistung von 82 PS bei einer Riemengeschwindigkeit von 66,2 m/Sek. zu
übertragen, woraus sich eine Nutzleistung von 60 kg/qcm oder von ∞ 53 PS für 1 qcm
des Riemenquerschnittes ergibt, da die Dicke des Riemensan der schwächsten
Stelle 3,1 mm betrug. Für 1 cm Riemenbreite errechnet sich eine Nutzbelastung von
18,6 kg.Zeitschrift des
Vereins deutscher Ingenieure 1900, S. 1509
Nutzbelastung für 1 cm Riemenbreite in kg.
Durchmesserder
kleinenScheibemm
Riemengeschwindigkeit in m/Sek.
3
5
10
15
20
25
Einfache Riemen
100 200 50010002000
23567
2,5478,510
3581012
35,591113
3,56101214
3,56,5111315
DoppelteRiemen
50010002000
81012
91215
101420
111622
121724
131825
Gehrkens hat Werte für die zulässigen spezifischen
Belastungen angegeben, welche jetzt ziemlich allgemein benutzt werden, und welche
hier in folgender Tabelle wiedergegeben sind. Die Schaulinien der Fig. 2 und 3, denen
diese Werte zu Grunde gelegt sind, zeigen der grösseren Deutlichkeit halber nicht
die zulässigen Belastungen, sondern die aus diesen berechneten Leistungen für 10 cm
Riemenbreite einfacher Riemen in Pferdestärken. Während Fig. 2 den Einfluss der Geschwindigkeiten bei gleichen
Scheibendurchmessern erkennen lässt, geht aus Fig. 3
sehr deutlich der schädliche Einfluss kleiner Riemenscheiben hervor, und zwar fällt
die Leistung von etwa 0,5 m Durchmesser ab sehr schnell, während sie oberhalb dieser
Grenze in geringerem Masse beeinträchtigt wird.
Textabbildung Bd. 318, S. 818
Geschwindigkeit in mm.; Leistung in
PS.
Textabbildung Bd. 318, S. 818
Geschwindigkeit in mm.; Leistung in
PS.
Die Werte gelten für günstige Uebertragungsverhältnisse, bei sorgfältiger
Herstellung und Montage der Scheiben, einem Verhältnis der Scheibendurchmesser von
etwa 1 : 2, horizontaler oder unter 45° geneigter Lage des oberen, losen Trums und
reichlichem Scheibenabstand von > 5 m für breitere Riemen, wobei die Verwendung
vorzüglichen Leders Voraussetzung bleibt.
Einen wesentlichen Arbeitsverlust ergibt die beim Auflaufen des Riemens auf die
Scheibe zu leistende Biegungsarbeit, welche um so
grosser ausfällt, je kleiner die Riemenscheiben, je weniger biegsam das
Riemenmaterial und je straffer gespannt der Riemen ist. Zu dieser Arbeit kommt bei
balligen Scheiben noch die durch die gewölbte Kranzform bedingte Querbiegungsarbeit
hinzu.
In dem die Scheibe umspannenden Teile des Riemens findet eine Dehnung der äusseren
und eine Verkürzung der inneren Fasern statt; die hierbei auftretende Verschiebung
der Materialfasern gegen einander ist um so kleiner, je mehr sich das Verhältnis
\frac{r}{r+s} dem Werte 1 nähert, und es ist auch der entsprechende Arbeitsverlust um
so geringer, je grösser der Scheibendurchmesser und je dünner der Riemen, je
geringer also der Längenunterschied der Fleischseite und der Haarseite des Riemens
wird.
Ueberaus wertvoll ist auch hier die Elastizität des Riemens, da natürlich ein dünner,
elastischer Riemen weit geringere Arbeit für die Abbiegung erfordert als ein steifer
und unelastischer. Geringe Dicke und hohe Elastizität sind besonders nötig bei
kleinen Scheiben und grossen Geschwindigkeiten. Je langsamer ein Riemen läuft, je
mehr Zeit er also zur Ausführung der Formänderungen hat, um so vollkommener wird er
diese ausführen und um so inniger sich der Scheibe anschmiegen können. Bei grosser
Dicke und geringer Elastizität im Verein mit kleinen Scheiben und hohen
Geschwindigkeiten kann der Riemen die Dehnungen nicht vollkommen ausführen, weil
hierzu die nötige Zeit fehlt; die Folge ist eine Verminderung der Anlagefläche und
der Reibungsgrösse. Wichtig ist es aus den erörterten Gründen, bei kleinen Scheiben
und hohen Geschwindigkeiten nicht nur elastische Riemen zu verwenden, sondern auch
eine geringe, spezifische Belastung zu wählen, um dem Riemen die Elastizität zu
erhalten und denselben mit Rücksicht auf den Biegungswiderstand nicht zu straff zu
spannen. Dieser Widerstand ist natürlich um so grösser, je höher die Spannung des zu
biegenden Riemens ist, so dass die Spannung im gezogenen Trum auch in dieser
Hinsicht von nachteiligem Einfluss ist. Ein besonders grosser Arbeits Verlust ergibt
sich, wenn das gespannte Riemenende auf die kleine Scheibe läuft, wie dies
beispielsweise im Elektromotorenbetrieb fast ausschliesslich der Fall ist. Hier muss
die spezifische Belastung niedrig gehalten, der Riemen also breiter gewählt werden
als unter günstigeren Betriebsverhältnissen.
Die Querbiegung des Riemens auf balligen Scheiben ergibt nicht nur eine Vergrösserung
des Arbeits Verlustes, sondern vor allem auch eine stärkere und ungleichmässige
Beanspruchung und Dehnung der Materialfasern, welche in der Mitte des Riemens, wo
ihr Weg grösser ist als an den Seiten, die stärkste Dehnung und also auch die
grösste dauernde Deformation erleiden. Diese Verschiedenheit der Beanspruchung ist
bei kleinen Scheiben und starker Wölbung sehr beträchtlich, und es liegt hier
ausserdem die Gefahr vor, dass der Riemen nicht mehr in der ganzen Breite die
Scheibe berührt und durch diese Verminderung der tatsächlichen Anlagefläche und der
Adhäsion an Leistungsfähigkeit verliert, weshalb die Scheiben nur sehr schwach
gewölbt werden sollen – treibende Scheiben nach Möglichkeit überhaupt nicht. Die
Verringerung der Leistungsfähigkeit durch übermässig starke Wölbung der Scheibe
tritt vor allem bei hohen Riemengeschwindigkeiten ein, da der Riemen nicht genügend
Zeit hat, die zum vollkommenen Anschmiegen an die Scheibe erforderlichen Dehnungen
auszuführen.
Die häufige Abbiegung des Riemens hat nicht nur einen Arbeitsverlust, sondern auch
eine Verminderung der Elastizität und der Lebensdauer des Riemens zur Folge. Mit
Rücksicht auf diese Einflüsse ist zu fordern: Grosse Scheiben, schwache Wölbung
(treibende Scheibe nie gewölbt), elastische Riemen von geringer Dicke und niedere
spezifische Belastung.
Die besprochenen Verluste durch Gleiten des Riemensauf der Scheibe infolge
seiner Elastizität, durch Fortpflanzung der Spannung in das gezogene Trum und durch
die Riemenbiegungsarbeit sind durch die Arbeitsweise der Treibriemen bedingt und
deshalb unvermeidlich; wohl aber kann durch richtige
Anordnung und durch sorgfältige Auswahl des Materials eine bedeutende Verringerung
derselben, und damit eine Steigerung der Leistungsfähigkeit und des Wirkungsgrades
erzielt werden.
Es kann nun noch ein Gleiten des Riemens infolge ungenügender
Reibung auftreten, welches jedoch vermieden werden kann und höchstens –
durch besondere Ursachen veranlasst – als vorübergehende Erscheinung auftreten darf.
Es ist deshalb, da der Reibungskoeffizient für die gebräuchlichen Materialien des
Riemens und der Scheibe festliegt, für eine genügend lange Anlage und eine
ausreichende Breite des Riemens, sowie für einen reichlichen Abstand der Scheiben
und eine günstige Höhenlage derselben zu einander zu sorgen. Vollkommen verkehrt
wäre es dagegen, durch besonders rauhe Scheibenflächen oder gar durch Klebemittel
ein Gleiten des Riemens verhindern zu wollen, da ja das Gleiten infolge der
Elastizität zum richtigen Ausgleich der Spannung nötig und eine Grundbedingung der
richtigen Arbeitsweise des Riemens ist. Es würde lediglich ein grösserer
Arbeitsverlust und eine schnellere Zerstörung des Riemens durch das Schleifen auf
den rauhen Scheiben erreicht werden. Die Reibung zwischen Riemen und Scheibe kann
nur dann vollkommen ausgenutzt werden, wenn die letztere auch tatsächlich auf der
ganzen Länge des Umfassungsbogens und auf der ganzen Breite innig vom Riemen berührt
wird. Dies wird, wie bereits erwähnt ist, umso weniger der Fall sein, je kleiner die
Scheibe, je steifer der Riemen und je höher die Riemengeschwindigkeit ist. Der
Biegungswiderstand bedeutet also ausser dem unmittelbaren Verlust durch die zur
Biegung erforderliche Arbeit einen mittelbaren Verlust durch die Verminderung der
Anlagefläche und damit der Leistungsfähigkeit. Es zeigt sich auch hier wieder der
Wert einer grossen Elastizität.
Die vorstehenden Ausführungen lassen sich dahin zusammenfassen: Die beim
Riemenbetriebe auftretenden Verluste, welche die Leistungsfähigkeit, den
Wirkungsgrad und in letzter Linie auch die Haltbarkeit des Riemens beeinträchtigen,
entstehen durch das Gleiten infolge der Elastizität, durch die Spannung im gezogenen
Trum und durch die Biegung des Riemens; es können ferner bedeutende zeitweilige
Verluste durch das Gleiten des Riemens infolge zu geringer Reibung auftreten. Die
für das Gleiten des Riemens aufgewendete Arbeit setzt sich zum Teil in Wärme um und
bewirkt zum anderen Teil eine Abnutzung des Riemens und der Scheibe, während die
Biegungsarbeit zur Dehnung der Riemenfasern gebraucht wird. Der Verlust durch die im
gezogenen Trum auftretende Spannung ist nicht als ein Energieverlust während des
Betriebes, sondern vielmehr als ein Verlust an Leistungsfähigkeit anzusehen, da die
Nutzspannung, also die tatsächlich übertragene Umfangskraft um die Grösse der
schädlichen Spannung geringer gewählt werden muss als die gesamte zulässige
Spannung. Sie ergibt ausserdem noch einen Arbeitsverlust, soweit sie durch
Vergrösserung der Riemenspannung die übrigen Verlustgrössen beeinflusst.
Die Betrachtung der einzelnen Verluste und ihrer Ursachen ergibt die gemeinsamen
Bedingungen für einen möglichst vollkommenen Riemenbetrieb:
grosse Elastizität des Riemens bei geringer Dicke;
grosse Durchmesser der Scheiben, vor allem der treibenden;
geringe Wölbung der getriebenen Scheibe, gerade Form der
treibenden;
hohe Riemengeschwindigkeiten;
grosser Scheibenabstand, möglichst horizontale Lage des oberen,
losen Trums.
Mit Rücksicht auf die Haltbarkeit und den dauernd guten Lauf, ist noch die Forderung
hinzuzufügen: nicht zu hohe spezifische Belastung, damit die Elastizität des Riemens
erhalten bleibt.
Der Wert eines Treibriemens beruht weniger auf der hohen Bruchfestigkeit als auf der
Elastizität des Materials, der für den Betrieb
wertvollsten Eigenschaft, die mit Recht als die eigentliche Lebenskraft des Riemens
bezeichnet wird. Die besten Riemen werden aus den Mittelrückenstücken der Ochsenhaut
geschnitten, welche im ganzen Querschnitt eine annähernd gleiche Elastizität und
Festigkeit besitzen, während die Flankenteile minderwertiges Leder von ungleicher
Beschaffenheit ergeben. Professor von Bach stellte
durch Versuche festZeitschrift des
Vereins deutscher Ingenieure 1902, S. 985; C.
Bach. Die Elastizität der an verschiedenen Stellen einer Haut
entnommenen Treibriemen., dass „die Elastizität des Leders,
vom Bauchteile der Haut nach dem Rücken hin, sehr bedeutend wächst“, und
dass die Elastizität des Mittelrückenstückes überall fast genau gleich ist, während
sie in den Seitenteilen der Haut nicht nur geringer, sondern auch sehr verschieden
ist. Während für die untersuchte Haut der Koeffizient der elastischen Dehnung für
die Rückenbahnen bis a=\frac{1}{2274} steigt, beträgt er für die Flankenteile bei gleichem
Belastungswechsel, zum Teil nur a=\frac{1}{5371} hierbei ist zu bemerken, dass sich a für Leder je nach der Grösse der Beanspruchung
ändert.
Während Bach beispielsweise den Dehnungskoeffizienten
eines gebrauchten Lederriemens für die Spannungsgrenzen 7,2 und 21,6 kg/qcm mit
a=\frac{1}{2680} angibt, beträgt derselbe für die Grenzen 50,4 und 64,8 kg/qcm nur noch
\frac{1}{4250}. Dieses Verhalten der Riemen verdient grösste Beachtung bei der Wahl der
zulässigen Belastung, da für jeden Treibriemen höchste Elastizität anzustreben ist.
Bach weist auch ausdrücklich auf den Einfluss hin,
den gerade bei Leder die Zeit auf die Dehnung ausübt, welche nicht nur von der
Grösse, sondern auch wesentlich von der Dauer der Belastung abhängt.
Die Dicke des Leders ist am geringsten in der Mitte des Rückens, wo sie etwa 5 mm
beträgt, und steigt nach den Seiten auf 8 bis 9 mm. Die Mittelrückenriemen bieten
also die vereinigten Vorzüge grosser Elastizität und geringer Dicke.
Die Haltbarkeit eines Riemens ist abhängig von der
Materialbeschaffenheit, der Beanspruchung und der Behandlung sowie endlich von
etwaigen besonderen durch die Betriebs Verhältnisse bedingten Einflüssen.
Es ist ohne weiteres klar, dass ein sehr elastisches Material den wechselnden
Belastungen, den häufigen Abbiegungen und den Stössen besser und dauernder Stand
halten kann, als ein zwar festes aber wenig elastisches. Wertvoll ist eine möglichst
grosse Gleichmässigkeit des ganzen Querschnittes, da andernfalls infolge der
verschiedenen Dehnungen eine dauernde Deformation des Riemens eintreten muss, welche
nicht nur unruhigen Lauf und geringe Leistungsfähigkeit, sondern auch eine schnelle
Zerstörung desselben zur Folge hat. Uebermässig straffes Spannen des Riemens nimmt
ihm seine Elastizität und beeinträchtigt damit gleichzeitig seine Leistungsfähigkeit
und seine Haltbarkeit, weshalb es – ganz abgesehen von der schädlichen Belastung der
Wellen und Lager – sehr wichtig ist, die Riemen mit richtiger Spannung laufen zu
lassen. Die grossen Achsenentfernungen sind hauptsächlich deshalb so vorteilhaft,
weil die Riemen nicht durch gewaltsames Anziehen, sondern durch ihr Eigengewicht
eine gleichbleibende und zweckentsprechende Spannung erhalten.
Wohl soll jeder Riemen in der Fabrik soweit gestreckt werden, dass er im Betriebe
möglichst geringe bleibende Dehnungen zeigt, nicht aber so weit, dass auch keine
elastische Dehnung mehr eintritt, der Riemen also vollkommen dehnfrei ist.
Von grossem Einfluss auf die Haltbarkeit ist die Grösse und die Art der
Beanspruchung. Während der Arbeit erleidet der Riemen eine doppelte Belastung durch
den Riemenzug und durch die Biegung auf den Scheiben. Die grösste Spannung herrscht
in den Aussenfasern, in denen die durch den Riemenzug erzeugte Spannung durch die
Biegungsspannung vermehrt wird. Der Riemen wird umsomehr beansprucht, je grösser die
Gesamtspannung, je kleiner die Scheiben und je dicker das Leder sind, und je öfter
der Riemen die Abbiegungerleiden muss. Andererseits ist die Beanspruchung bei
hohen Geschwindigkeiten wieder dadurch günstiger, dass die Dehnungen nicht so gross
ausfallen wie bei langsam laufenden Riemen, da dieselben nicht nur von der Grösse,
sondern auch von der Dauer der Belastung abhängen.
Das Gleiten infolge der Elastizität und weit mehr noch etwaiges Schleifen infolge
ungenügender Reibung haben eine Abnutzung der Laufseite und also eine allmähliche
Zerstörung der Fasern zur Folge.
Die Lebensdauer der Treibriemen kann auch durch besondere Betriebs Verhältnisse
nachteilig beeinflusst werden, und zwar sind hier in erster Linie Feuchtigkeit,
Hitze und Staub, sowie auch Säuregase zu nennen, welche die Elastizität des Riemens
vernichten und ihn mürbe und brüchig machen. Die beste Riemenpflege, welche die
schädlichen Einflüsse, wenn dieselben einmal nicht fernzuhalten sind, wenigstens
verzögern kann, ist eine sorgfältige Reinigung der Riemen. Das Bestreichen derselben
mit Riemenwachs oder Leim sollte – vor allem bei raschlaufenden Riemen –
grundsätzlich vermieden werden oder doch nur im Notfalle zur Verhütung einer
Betriebsstörung Anwendung finden, weil es grossen Energieverlust und sehr störendes,
knisterndes Geräusch verursacht und den Riemen zerstört, indem es ihn hart und
brüchig macht. Dagegen empfiehlt es sich, den Riemen von Zeit zu Zeit nach
gründlicher Reinigung mit Leinöl oder einem reinen tierischen Fett (Talg) zu
tränken, wodurch die Fasern sich zusammenziehen und der Riemen elastisch bleibt. Man
kann durch dieses einfache Mittel oft ein Nachspannen des Riemens ersparen und
dadurch wesentlich zur Verlängerung der Lebensdauer beitragen.
Es möge noch kurz auf die Frage eingegangen werden, auf welcher Seite der Treibriemen
am zweckmässigsten laufen soll, auf der Fleischseite oder auf der Haarseite. In
Deutschland ist es allgemein üblich, die Fleischseite die Scheiben berühren zu
lassen, und es sprechen in der Tat sehr viele Gründe für diese Arbeitsweise, ohne
dass aber die Frage bisher endgiltig und einwandfrei beantwortet wäre. Es soll hier
erörtert werden, wie die für die Güte des Riementriebes massgebenden Faktoren durch
die Wahl der Laufseite beeinflusst werden.
Nach Versuchen sowie nach den vorliegenden Betriebserfahrungen ist der
Reibungskoeffizient für Leder auf Eisen grösser für die Fleischseite als für die
Haarseite, die Leistungsfähigkeit des Riemens ist also unter sonst gleichen
Verhältnissen grösser bei Anlage der Fleischseite. Conrad
Scholz, Hamburg, weist durch einen einfachen Versuch nach, dass die Reibung
für die Fleischseite um etwa 30 v. H. grösser ist als für die Haarseite, indem er
einen über eine feststehende Scheibe gelegten Riemen an einem Ende mit einem Gewicht
von bestimmter Grösse belastet und am anderen Ende solange Gewichte hinzufügt, bis
der Riemen auf der Scheibe zu rutschen beginnt. Die Differenz beider Belastungen
ergibt die gesamte Reibung zwischen Riemen und Scheibe.
Wenn derartige Versuche auch sehr lehrreich sind und wesentlich zur Kenntnis der
Treibriemen beitragen, so darf man andererseits aus denselben nicht direkt auf das
Verhalten des Riemens während des Laufes schliessen, da hierbei gegenüber dem
Zustande der Ruhe zahlreiche Nebenumstände mitwirken. Die Riementeilchen führen eine
ständige Relativbewegung zur Scheibe aus, wodurch der Reibungskoeffizient
beeinflusst wird, welcher im allgemeinen für die Bewegung geringer als für den
Zustand der Ruhe ist. Der Berechnung der Treibriemen wird allgemein ein Wert 0,25
bis 0,28 zugrunde gelegt. Die Oberfläche des Riemens ändert sich von Punkt zu Punkt
infolge der verschiedenen Dehnung und ebenso bei verschiedenen Scheibendurchmessern
infolge der mehr oder weniger starken Zusammenziehung der die Scheibe berührenden
Fasern; diese Aenderung der Oberfläche wird auch den Reibungskoeffizienten
beeinflussen.
Bei grossen Riemengeschwindigkeiten wird die Reibungsgrösse durch die
Zentrifugalkraft beeinflusst, welche den Riemen von der Scheibe abzuheben sucht und
dadurch die Reibung verringert. Andererseits erleichtert hierdurch die
Zentrifugalkraft die elastischen Längenänderungen des Riemens auf der Scheibe, da
die Reibung nicht mehr in demselben Masse der Dehnung resp. Verkürzung der Teilchen
entgegenwirkt.
Jedenfalls erscheint der schädliche Einfluss der Zentrifugalkraft nur
unbedeutend zu sein.
Da der Reibungskoeffizient von der Wahl der Laufseite abhängig ist, werden auch die
Arbeitsverluste durch Gleiten für beide Fälle verschieden sein und zwar grösser für
die Fleischseite. Diese Vermehrung des Verlustes wird jedoch dadurch wieder
ausgeglichen, dass die Riemenspannung bei grösserer Reibung geringer ausfällt, die
Riementeilchen also weniger fest an die Scheibe angepresst werden und demnach zu
ihrer Bewegung auf derselben weniger Arbeit erfordern. Dieser Gewinn ist
beträchtlich grösser, als der gegenüberstehende Verlust, sodass sich auch hier die
Fleischseite als die geeignetere Laufseite erweist.
Es bleibt weiter zu untersuchen, welche Laufseite die geringsten Biegungsverluste
ergibt. Die Festigkeit und Elastizität des Leders ist nicht im ganzen Querschnitt
von der Fleischseite bis zur Haarseite die gleiche, vielmehr herrscht die grösste
Festigkeit etwa ⅓ der Riemendicke von der Fleischseite entfernt, während die
Aussenfasern der Haarseite die grösste Elastizität besitzen. Die zu beiden Seiten
der Kernschicht, zwischen dieser und den Aussenfasern befindlichen Lagen sind
lockerer und von geringer Festigkeit. Dieser Zusammensetzung entsprechend bietet der
Riemen einen beträchtlich grösseren Biegungswiderstand, wenn die Haarseite die
Scheibe berührt, wie auch durch einen einfachen Versuch gezeigt werden kann, indem
der über eine Scheibe gelegte Riemen sowohl bei Anlage der Haarseite, wie auch der
Fleischseite, soweit an den Enden belastet wird, bis er die Scheibe vollständig
berührt. Die zum Straffspannen des Riemens erforderliche Belastung ist im ersten
Falle wesentlich grösser. Der Arbeitsverlustdurch die Riemenbiegung ist demnach
geringer bei Verwendung der Fleischseite als Laufseite und gleichzeitig wird der
Riemen in diesem Falle mit grösserer Sicherheit eine innige Berührung der Scheibe
und damit eine grössere Reibung ergeben.
Es erscheint auch ohne weiteres richtig, die elastischeren Fasern, also diejenigen
der Haarseite dorthin zu verlegen, wo die grössten Dehnungen eintreten, und wo
demnach an die Elastizität die grössten Anforderungen gestellt werden; dies ist aber
an der Aussenseite des Riemens der Fall, da hier die Materialbeanspruchung am
grössten ist. Es kommt noch hinzu, dass das Leder sich beim Biegen auf der Scheibe
der ursprünglichen Form, in welcher es gewachsen ist, wieder nähert, während es bei
Anlage der Haarseite noch in entgegengesetzter Richtung deformiert, also
unzweifelhaft mehr angestrengt wird.
Auch für die Haltbarkeit ist das Laufen auf der Fleischseite günstiger, da die
Abnutzung durch das fortwährende Gleiten auf der Scheibe infolge der grösseren
Widerstandsfähigkeit der Fasern der Fleischseite geringer und die Verteilung der
Spannung über den Querschnitt günstiger ist.
Nach dem Gesagten erscheint die Fleischseite zur Laufseite geeigneter als die
Haarseite.
Es ist jedoch nicht möglich, die Frage durch theoretische Erwägungen und
Schlussfolgerungen zu entscheiden, welche lediglich das Verständnis der Arbeitsweise
vermitteln und den Weg für praktische Versuche zeigen können. Ein sehr dankbares
Unternehmen wäre es, zur weiteren Aufklärung über den Einfluss der Laufseite
Versuche vorzunehmen, welche den wirklichen Betriebs Verhältnissen entsprechen.
F.