Titel: | Das System der abgestimmten Funkentelegraphie von Nicola Tesla. |
Fundstelle: | Band 318, Jahrgang 1903, S. 821 |
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Das System der abgestimmten Funkentelegraphie von
Nicola Tesla.
Das System der abgestimmten Funkentelegraphie von Nicola
Tesla.
Jeder noch so sorgfältig hergestellte und abgestimmte Schwingungskreis spricht
nicht nur auf Schwingungen einer bestimmten Periode an, sondern wird auch von
höheren, noch mehr aber von niederen harmonischen Schwingungen beeinflusst. Es wurde
dies auch von Dr. Georg Seibt bei seinen mit grösser
Sorgfalt durchgeführten Versuchen, für welche er sich eigens für diese Zwecke
geschaffener Apparate bediente, experimentell in überzeugender Weise nachgewiesen.
Er gelangte hierbei zu dem Schlusse, dass die Empfangsstation auf Schwingungen, die
sehr viel tiefer wie ihre Eigenschwingung sind, nicht so wirksam verstimmt werden
kann, wie auf kürzere Wellen. Es lässt sich somit, wenn mit sehr langsamen
Schwingungen gearbeitet wird, die schönste Abstimmung zu nichte machen. Nach der
Ansicht Seibts müsste die geplante funkentelegraphische
Verbindung zwischen Europa und Amerika, für welche sehr lange Wellen in Aussicht
genommen sind, den übrigen funkentelegraphischen Verkehr vollkommen lahm legen.
Aber auch wenn die Schwingungen von sehr hoher Frequenz sind, kann, da die Zahl der
wirksamen harmonischen Schwingungen sehr gross ist, der Empfänger in einer Weise
beeinflusst werden, dass die Abstimmung sich für die sichere Uebertragung von
Nachrichten wenig wirksam erweist. Dass auch Marconi
eine zuverlässige Abstimmung nicht erreicht hat, wurde durch den bekannten
englischen Telegrapheningenieur Nevil Maskelyne in
drastischer Weise dadurch dar-getan, dass es ihm gelang,die gelegentlich eines
Vortrages von Prof. Fleming in London von der Station
Poldhu entsendeten Telegramme durch eine verhätnismässig einfache und schwache
Vorrichtung aufzufangen und zu stören.
Tesla schlägt nun zum Zwecke der Geheimhaltung der
Nachrichten eine Kombination mehrerer funkentelegraphischer Stationen in der Weise
vor, dass jede Sendestelle durch getrennte Sender eine bestimmte Anzahl Wellen von
verschiedener Wellenlänge, zum mindesten zwei zu gleicher Zeit entsendet, welche in
der Empfangsstation wieder durch zwei gesonderte Empfangseinrichtungen gleichzeitig
aufgenommen werden müssen, wenn der eigentliche Empfangsapparat zum Ansprechen
gelangen soll. Wird nur einer der beiden Empfangskreise angeregt, so kann eine
Aufnahme nicht erfolgen. Selbstredend müssen die Empfänger auf die von den
Sendeapparaten entsendeten Wellenlängen abgestimmt sein,sodass jeder Empfänger
nur die von dem zugehörigen Sendeapparat endsendeten Wellen aufnehmen und auf
dieselben ansprechen kann. Ausserdem dürfen die verwendeten Wellenlängen keine
harmonischen sein, weil sonst ein Mitansprechen des zweiten Empfängers zu befürchten
ist. Gelangen zur Ingangsetzung des Empfängers nur zwei Serien von Impulsen oder
Wellen statt des bisherigen einen Impulses zur Anwendung, so ist nach Tesla ein Schutz gegen die störenden Einflüsse anderer
Quellen schon in genügend hohem Masse gegeben, um eine zuverlässige und geheime
Zeichenübermittelung sicher zu stellen. Sollte dies jedoch allein nicht hinreichen,
so lässt sich der angestrebte Zweck doch dadurch erreichen, dass man statt zweier
verschiedener aber gleichzeitiger Impulse deren drei oder noch mehr anwendet und so
den Schutz gegen äussere und gegenseitige Beeinflussung noch wesentlich vergrössert.
Er vergleicht die Einrichtung mit einem der bekannten
Kombinations-Sicherheitsschlösser, bei welchen ein Einbruch durch Wechsel der
Kombination sehr erschwert wird. Die Empfindlichkeit eines Empfängers gegen
Störungen von anderen Quellen und gegen die Aufnahmen von Zeichen anderer Stationen
kann nicht nur durch Vermehrung der zusammenwirkenden Impulse vermindert werden,
sondern auch dadurch, dass die einzelnen Impulse entsprechend ausgewählt werden und
in der Reihenfolge der Erzeugung eine gewisse Ordnung eingehalten wird.
Die gewählte Apparatverbindung für nur zwei Empfänger ist aus den Fig. 1 und 2 zu
ersehen. Es lässt sich aus diesen Schaltungen ebenfalls leicht erkennen, wie die
Verbindung beschaffen sein muss, wenn mehrere Sender und Empfänger mit einander
kombiniert werden. S1
und S2 in Fig. 1 stellen spiralförmig gewundene Drähte dar,
deren innere Enden mit dem Luftleiter L1 bezw. L2, und deren äussere Enden über den Abzweigepunkt
x mit der Erde E
verbunden sind. Die auf diese Weise geschaffenen Schwingungssysteme, bei welchen die
Luftleiter in Flächen von grösser Kapazität K1, K2 enden, haben verschiedene
Schwingungsperioden und sind so eingerichtet, dass der Schwingungsbauch in die
Kapazitätsflächen K1
bezw. K2 zu
liegen kommt. Die elektrischen Schwingungen werden auf diese beiden
Schwingungskreise durch die Primärspulen P1 und P2 induktiv übertragen. Um die Frequenz der
Schwingungen zu regeln sind in den Schwingungskreis dieser sehr nahe um die
Sekundärspulen gelegten Primärspulen regulierbare Induktanzrollen J1 und J2
eingeschaltet. Von dem die beiden Induktanzrollen verbindenden Drahte geht bei F eine Abzweigung zu dem gezahnten Rade M, welche wieder mit der Erde E verbunden ist. Das zweite Ende der Primärspulen führt zu je einem der
beiden Kondensatoren C1
und C2. Der
zweite Belag dieser Kondensatoren steht mit einem der beiden Bürstenhalter B1 und B2 in
Verbindung. Zwischen den Bürsten b, die von den
Bürstenhaltern getragen werden, und den Zähnen z des
Rades M entstehen die Funkenstrecken n. Das Rad M wird durch
einen geeigneten Mechanismus während der Nachrichten ab gäbe in fortwährende
gleichmässige Drehung versetzt. Auf diese Weise entstehen zwei von einander
vollkommen unabhängige Primärkreise. Die Kondensatoren C1 und C2 haben eine solche Kapazität und
die Induktanzrollen J1
und J2 sind so
abgeglichen, dass jeder Primärkreis in genauer Resonanz mit seinem Sekundärkreis
steht. Die Bürstenhalter B1 und B2 lassen sich nun im Winkel so verstellen,
dass jedes gewünschte Zeitintervall zwischen den Entladungen in den beiden
Primärkreisen eingehalten werden kann.
Textabbildung Bd. 318, S. 822
Fig. 1.
Wird die Scheibe M in Drehung versetzt, so stellen sich
in regelmässig wiederkehrenden Zeiträumen die Funkenstrecken n her und wird daher, so lange die Stromquelle S in Tätigkeit ist, die Entladung der Kondensatoren, durch ihre
Schwingungskreise in rascher Aufeinanderfolge stattfinden. Die Ladung der
Kondensatoren erfolgt durch eine Stromquelle S von sehr
hohem Potentiale.
Ist demnach die Stromquelle in Tätigkeit, so werden die beiden Sekundärsysteme K1, S1, E und K2, S2, E in Schwingungen versetzt, wobei jedes
der Systeme eine andere Schwingungsperiode hat. Die Bürstenhalter werden nun zu den
Zähnen z des Rades M so
eingestellt, dass die Entladungen für beide Systeme entweder gleichzeitig oder in so
enger Aufeinanderfolge stattfinden, dass die Einwirkung der Weilen auf den Empfänger
entweder eine gleichzeitige oder nahezu gleichzeitige ist.
Die auf diese Weise von der Sendestation ausgehenden Schwingungen treffen die
Empfangsstation (Fig. 2), die zwei ähnliche
Schwingungssysteme k1,
s1, e und k2, s2, e hat,
welche so abgestimmt sind, dass jede nur auf die von einem bestimmten
Schwingungskreise des Senders erzeugten Schwingungen anspricht. An die beiden Enden
der Spiralen s1 und s2 ist ein
Lokal Stromkreis angeschaltet, in welchem sich ein empfindlicher Wellenanzeiger,
etwa ein selbstentfrittender Fritter f1, f2 befindet. Die diesen über die beiden
KondensatorenC1 und C2 führenden Stromkreisen aufgezwungenen Schwingungen machen die Fritter
f1 und f2 leitend und
schliessen diese hierdurch den Stromkreis der beiden Batterien b1 und b2, in welchen
die beiden hochempfindlichen Relais R1 und R2 unter Vorschaltung der beiden
regulierbaren Widerstände r1 und r2 eingeschaltet sind. Hierdurch werden die
beiden Anker a1
und a2
angezogen, schliessen die Kontakte c1 und c2 und dadurch den Stromkreis der Batterie
b3, in
welchem das Relais R3 und der Vorschaltewiderstand r3 sich befinden. Das Relais R3 zieht den Anker an, schliesst den
Kontakt c3 und
bringt die Batterie und den eigentlichen Empfangsapparat M zur Wirkung. Wie hieraus zu ersehen ist, können Nachrichten nur dann
aufgezeichnet werden, wenn die beiden Relais R1 und R2 gleichzeitig wirken, da nur dann der
Stromkreis der Batterie b3 geschlossen wird. Wird demnach nur einer
der beiden empfangenden Schwingungskreise durch von anderer Seite ausgehende
hormonische Wellen betätigt, so übt dies keinen Einfluss auf den Empfangsapparat
aus. Dass von zwei verschiedenen Stationen gleichzeitig Wellen entsendet werden
sollten, deren Länge der Abstimmung der beiden Empfänger entspricht, ist sehr wenig
wahrscheinlich. Diese Wahrscheinlichkeit wird um so geringer, je mehr
Schwingungskreise in der Empfangsstation gleichzeitig betätigt werden müssen, um den
eigentlichen Empfangsapparat zum Ansprechen zu bringen.
Textabbildung Bd. 318, S. 822
Fig. 2.
In dieser Beziehung ist bei diesem System die Gefahr der Störung durch von einer
anderen Stelle entsendete Nachrichten so ziemlich beseitigt, doch wird eine
Geheimhaltung der zwischen zwei nach diesem Systeme eingerichteten Stationen zu
vermittelnden Nachrichten, wie dies eine kurze Betrachtung der Einrichtung lehrt,
nicht vollkommen gewährleistet. Die von den beiden Sendeschwingungskreisen
ausgehenden Wellen müssen in der Empfangsstelle gleichzeitig oder nahezu
gleichzeitig eintreffen, um dortselbst zur Wirksamkeit zu kommen. Wird nun eine
abstimmbare Empfangsstelle mit nur einem Schwingungskreis, auf eine der beiden
Wellenlängen dieses Senders eingestellt, was sich mit Hilfe des Dr. Köpselschen Mikrophonempfängers oder unter
Zuhilfenahme des vom Grafen Arco erfundenen
Wellenmessers leicht erreichen lässt, so ist diese Station sofort in der Lage, die
eben in der Vermittelung begriffene Nachricht abnehmen zu können. Es wird demnach
bei diesem Systeme, welches jedenfalls einen bedeutenden Fortschritt bildet, die
Sicherheit der Uebermittelung von Nachrichten wesentlich gefördert, die
Geheimhaltung aber nicht vollkommen gesichert.
A. P.