Titel: | Neuerungen an Fahrrädern. |
Autor: | K. |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 45 |
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Neuerungen an Fahrrädern.
(Schluss von S. 28 d. Bd.)
Neuerungen an Fahrrädern.
Im nachstehenden sollen nun noch einige Nabenbremsen, die entweder für sich
allein oder in Verbindung mit Freilauf angewendet werden können, besprochen
sein.
Textabbildung Bd. 319, S. 45
Nabeninnenbremse von Weiler.
J. J. Weiler in Mörchingen verbindet nach seinem D.
R.-P. 115783 mit der feststehenden Radachse a eine
Trommel b (Fig. 173–175).
Letztere trägt in ihrem Innern die Spiralfeder c, die
mit ihrem einen Ende bei d mit der Trommelwand fest
zusammenhängt, während sie an ihrem anderen Ende in den Sperrteil e, welcher durch die Durchbrechung f der Trommelwand aus derselben hervorsteht,
ausläuft.
Der Kettenkranz, welcher lose drehbar auf der Achse a
angeordnet ist, ist mit der Bohrung h versehen, in
welcher der Drehzapfen i gelagert ist (Fig. 175-178),
dessen Querstücke k und l
einerseits den Sperrteil m, andererseits den
Führungsstift n tragen. Hinter dem Kettenkranz liegt
das fest mit der Bremstrommel t verbundene Sperrad o (Fig. 173 bis 176), das
sich mit der Nabe z fortwährend dreht. Hinter diesem
ist die mit drei schräg gestellten Schlitzen p q r
ausgestattete Scheibe s, auf der Radnabe z drehbar. Das Kettenrad steht nun einerseits mit der
Trommel b, andererseits mit den Teilen o s in Verbindung.
Beim Treten in die Pedale erhält nun das Kettenrad Voreilung vor der mit weit
grösserer Reibung gelagerten Schlitzscheibe s, und da
der Führungsstift n in den Schlitz p gleitet, wird der sperrhakenförmig auslaufende und
auf dem Sperrade o schleifende Teil k hinter einen Zahn des Sperrades geführt und das
Kettenrad so mit der Laufradnabe gekuppelt. Beim Ausüben eines Gegendruckes auf die
Pedale wird durch die sich um die Achse a drehenden
Teile der Sperrhaken k aus seiner Verbindung mit dem
Sperrad o gehoben, wodurch die Achse eine Umdrehung in
der Senkrechten erleidet und daher gleichzeitig der Sperrteil m so weit herabgedrückt wird, dass er gegen den
Sperrteil e stösst. Durchdiesen Vorgang wird jetzt
die Spiralfeder c, die, wie schon erwähnt, an e sitzt, derart gespannt, dass sie auf die mit der Nabe
verschraubte Trommel t bremsend einwirkt.
Eine einstellbare Bremse von Rogers und Patrick in
Birmingham zeigt Fig. 179. Dieselbe besteht nach D.
R.-P. 109873 aus einer mit der Nabe a fest
verschraubten Scheibe a2, welche auf der Vorderseite zwei kleine Vorsprünge a3, a4, sowie einen
längeren Bolzen a5
besitzt. Diese drei Vorsprünge resp. Bolzen greifen in Aussparungen d2, d3, d4 des Kettenrades d ein. Letzteres sitzt, an der Scheibe a2 glatt anliegend,
lose auf der mit der Nabe fest verschraubten Ringhülse c und kann sich daher um die Länge seiner Aussparungen d2
d3 hin- und herdrehen,
wobei die Vorsprünge a3
a4 auf der Platte a2 diese Bewegungen
begrenzen. Das Kettenrad trägt auf seiner Vorderseite ebenfalls einen Bolzen d5, ähnlich demjenigen
a5 der Platte a2, und in seiner
Mittelöffnung einen Einschnits d3, in dem ein Ansatz g2 des Spannringes g eingreift. Letzterer ist durch g2 fest mit dem Kettenrad verbunden und dreht sich
daher mit diesem. Ausserdem umschliesst er den äusseren Umfang c2 der Hülse c, die, wie schon erwähnt, fest mit der Nabe verbunden
ist und sich infolgedessen mit ihr dreht.
Vorn an der Achse i sitzt eine zylindrische Kapsel m, um deren Umfang das Bremsband n, welches das stete Bestreben hat, sich zu schliessen,
gelegt ist. Die Enden n3
n4 des Bremsbandes sind
mit den Bolzen a5
d5 einerseits auf der
Platte a2, andererseits
mit dem Kettenkranz d verbunden, so dass sich die
Spannung des Bremsbandes nach der gegenseitigen Stellung der Bolzen a5
d5 zueinander
richtet.
Textabbildung Bd. 319, S. 46
Fig. 179. Nabeninnenbremse von Rogers und Patrick.
Beim Vorwärtstreten werden nun dadurch, dass sich das Kettenrad auf der Nabe drehen,
und der Bolzen a5, der
mit der Nabe fest verbundenen Scheibe c2 in den Schlitz d4 des Kettenrades verschieben kann, die Bolzen a5
d5 auseinander gezogen,
d.h. es wird das Bremsband von dem Zylinder gelöst. Die Spannung des Ringes g kann mittels der Schraube g1 folgendermassen geregelt werden:
entweder wird die schliessende Kraft des Bremsbandes kleiner gemacht als die Reibung
zwischen Nabe und Spannring g, wodurch die Bremse beim
Einstellen der Tretbewegungen nicht in Tätigkeit tritt, sondern erst beim
Gegentreten; oder aber die Spannung kann so geregelt werden, dass die schliessende
Kraft grösser ist, wodurch unmittelbar nach Einstellung der Tretbewegungen die
Bremse anzieht. In den meisten Fällen dürfte jedoch die erstgenannte Stellung als
die normale zu bezeichnen sein.
Textabbildung Bd. 319, S. 46
Fig. 180. Nabenaussenbremse von Brown und Rickmann.
Zum Unterschied von den eben besprochenen Bremsen mit innerhalb der Nabe liegender
Bremse zeigt Fig. 180 eine solche mit
aussenliegendem Bremsring. Diese Anordnung ist J. u. H. N.
Brown, sowie Th. S. Rickman in Peterboro
(Engl.) durch D. R.-P. 133605 geschützt und besteht aus den baulichen Einzelheiten
eines Bremsringes, welcher aus zwei durch Federn zusammengehaltenen Teilen besteht,
und eines solchen, der einen trapezförmigen Ausschnitt besitzt. Die Anordnung ist so
getroffen, dass mit der Achse ein mit Aussengewinde versehener Teil b fest verschraubt ist, auf dem die den trapezförmigen
Bremsring i tragende Scheibe f drehbar angeordnet ist. Letztere kann in der einen oder anderen Richtung
so verschoben werden, dass der Bremsring, welcher, wie bekannt, aus zwei durch
Federn l zusammengehaltenen Teilen besteht, in eine
Ausdrehung e der Nabe a
eingreift. Die Wirkung ist folgende: Bei der seitlichenVerschiebung der Scheibe
f wird zuerst die kegelförmige Fläche des
Bremsringes i mit der kegelförmigen Ausdrehung e in Berührung gebracht; beim stärkeren Anpressen des
Ringes i, also nach Ueberwindung der die beiden
Ringteile zusammenhaltenden Federspannung, kommen auch die geraden Flächen desselben
zur Wirkung, wodurch ein möglichst stossfreies Bremsen erzielt werden soll.
Im allgemeinen ist neben allen diesen Bremsen noch immer die ursprüngliche, auf das
Vorderrad resp. dessen Reifen wirkende Löffelbremse im Gebrauch. Dieselbe hat jedoch
den Nachteil, dass sich bei feuchtem Wetter zwischen Bremsfläche und Reifen eine
breiige, aus Schmutz und Nässe bestehende Zwischenlage bildet, welche die
Bremswirkung ganz bedeutend abschwächt. Ferner beschädigt sie den Reifen nicht nur
durch Reibung, sondern besonders dadurch, dass mitgenommene Steinchen usw. immer
tiefer in denselben hineingepresst werden. Ausserdem ist ihre Wirkung aufgehoben,
sobald der Reifen schlaff oder gar luftleer wird. Diesem entgegenzutreten, haben
einige Firmen auf das Vorderrad wirkende Felgenbremsen angeordnet, aber auch diese
sind dadurch nicht ganz einwandsfrei, dass die Vorderradgabel in ihrem
Vorwärtsstreben gewaltsam aufgehalten wird, so dass sie gewissermassen nach
rückwärts schnellt. Dieser plötzliche Ruck ist oft stark genug, die Gabel nach und
nach zu verbiegen, event. einen Bruch des Gabelkopfes zu verursachen. Ebenso hat das
zum Teil in Aufnahme gekommene System der Bandbremse nicht voll befriedigt.
Textabbildung Bd. 319, S. 46
Fig. 181. Bowdenbremse.
Textabbildung Bd. 319, S. 46
Fig. 182. Schalthebel zur Browdenbremse.
Dieses beseitigt nun die Bowden-Bremse D. R.-P. 101470,
welche die Firma Lüderitz & Co. in Frankfurt a. M.
in den Verkehr bringt, dadurch, dass sie auf die Hinterradfelge wirkt, wobei Federn
und plötzliche Rucke, wie bei der federnden Vorderradgabel ausgeschlossen sind. Wie
Fig. 181 zeigt, besteht diese Bremse aus dem
hufeisenförmigen Teil, der die Bremsklötze trägt und mittels zweier Spiralfedern
stets nach f unten gehalten wird. Die Betätigung
geschieht mittels eines kleinen an der Lenkstange angebrachten Hebels (Fig. 182), von welchem am oberen Rahmenrohr entlang
der Zugmechanismus (Bowden-System) nach der Bremse
führt und diese nach oben gegen die Felge zieht. Näheres über das Bowden-System siehe D. p. J. 1903, 318, 670.
Schlussbetrachtung.
Aus den besprochenen Einrichtungen geht hervor, dass um aus dem Fahrrad ebensoviel
Annehmlichkeiten wie
Nutzen zu ziehen, dasselbe stets mit Freilauf, doppelter oder dreifacher
Uebersetzung, und zwei verlässlichen Bremsen ausgestattet sein muss.
Ein so beschaffenes Fahrrad ergibt dann eine Leistung die mindestens 25 v. H. mehr
beträgt als die mit den bisherigen Fahrrädern erzielbare. Abgesehen von den grossen
Vorteilen des Freilaufs, durch dessen Einrichtung bei abschüssiger Bahn jeglicher
Kraftaufwand fortfällt, kann mit der kleinsten Uebersetzung eine
Geschwindigkeitvon mindestens 10 km in der Stunde, auch unter den schwierigsten
Verhältnissen, bei welchen man mit dem gewöhnlichen Fahrrad gezwungen ist, im 4 km
Tempo zu schieben, zurückgelegt werden. Mit der grossen Uebersetzung (etwa 100 Zoll)
kann dagegen, wenn auch nur zeitweilig, ein 40 km Tempo angeschlagen werden. Zieht
man noch die Tretkurbel mit veränderlicher Länge in Betracht, so bedeutet dieses
wiederum eine weitere Erleichterung und Steigerung der Leistung.
K.