Titel: | Das Schleifen und die Schleifmaschinen. |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 62 |
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Das Schleifen und die
Schleifmaschinen.
Das Schleifen und die Schleifmaschinen.
In der ersten Entwicklungsperiode unseres Grossmaschinenbaues, gegen Ende des
vorletzten Jahrhunderts, waren Schleifstein, Drehbank, Ausbohrwerk und
Lochbohrmaschinen die Hilfs- und Werkzeugmaschinen des sog. Ateliers für
Maschinenbau, und für dessen Schmiede war Schwanzhammer und Blasebalg die
mechanische Ausrüstung. Die grossen Stücke, Zylinder wurden unmittelbar vom
Hochofen, die kleineren in zweiter Schmelzung gegossen. Rahmen und Gestelle für
grössere Maschinen waren aus Holz gefertigt, mit Bänder und Winkel aus geschmiedetem
Eisen verbunden, hohe Standpfeiler und Böcke oft aus Stein gemauert oder die
Gebäudemauern selbst unmittelbar als Standgerüst der Maschine gebraucht.
Die Bearbeitung der aufgesetzten Lager und sonstigen Glieder beschränkte sich auf die
Laufflächen. Passflächen wurden höchstens am Schleifstein notdürftig abgerichtet;
Wellen nur an den Zapfenstellen abgedreht, während der viereckige Schaftteil roh
gelassen oder abgeschliffen ward. Ebene Bahnen wurden bei Maschinen durch
Lenkerführungen ersetzt und wo die ebene Lauffläche unvermeidlich war, wurde diese,
wie bei der Drehbankswange aus Holzbalken mit aufgelegten Flacheisenschienen
hergestellt. Wie bekannt, bestanden selbst die ersten Eisenbahnschienen aus
Gusseisen.
Alle geraden und ebenen bearbeiteten Teile wurden, um anHandarbeit zu sparen,
geschliffen, sonst aber die grosse Drehbank noch zum Ausbohren und Lochbohren
ausgiebig benützt.
In jeder alten Maschinenbauwerkstätte war der Schleifstein nicht nur eine wichtige
und viel Triebkraft verbrauchende Werkzeugmaschine, sondern er war auch jederzeit
die unentbehrlichste Hilfsmaschine für die Instandhaltung der Schneidwerkzeuge
selbst, ein Wirkungsbereich, auf welchem derselbe beinahe ein volles Jahrhundert
beschränkt blieb, nachdem die eigentlichen Werkzeugmaschinen nach Grösse und
Vielseitigkeit in ganz hervorragender Weise ausgebildet wurden. Der
Trog-Schleifstein dagegen blieb als Werkzeugmaschine völlig unbeachtet, nur in
einzelnen Sonderbetrieben konnte derselbe sich ausnahmsweise zu einer
Schleifmaschine entwickeln, im eigentlichen Maschinenbau aber war er der armselige,
vernachlässigte Schleifstein. Nur ganz selten wurde die Schleifscheibe als Werkzeug
in der Drehbank gebraucht.
Mit dem natürlichen Schleifstein teilte ein volles Jahrhundert ein altes berühmtes
Werkzeug, die Feinzahnfräse aus gehärtetem Stahl dasselbe Los. Wenn nicht
unmittelbar zum Maschinenbau verwendet, wurde diese doch zur Herstellung der Chubbschlösser gegen Ende des vorletzten Jahrhunderts
als Werkzeug der Metallbearbeitung benützt.
Als nun vor annähernd vierzig Jahren die Bedeutung des Fräsewerkzeuges, namentlich
der sog. Formfräse, für den Maschinenbau immer mehr zur Anerkennung gelangte, war
zur Instandhaltung dieses an sich sehr teueren Werkzeuges, ein geeignetes
Schleifwerk zum unumgänglichen Erfordernis geworden.
Dieses Hilfsmittel wurde im künstlichen Schleifrade, aus Korund bezw. Schmirgelsand
bestehend, geschaffen und damit jene notwendige Ergänzung der Arbeitsmittel
gefunden, durch welche die Entwicklung des einen Teiles, von der
Entwicklungsfähigkeit des anderen Teiles mitbedingt ist. Vergl. Pregél, Fräse- und Schleifmaschinen, Stuttgart 1892,
J. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger.
Die ungeahnte Ausbildung und Vielseitigkeit der Fräsemaschine im allgemeinen
Maschinenbau, sowie in jeglichem Zweige der Massenfabrikation, hatte zur Folge
gehabt, dass die Schleifmaschine nicht nur als Gehilfin der Fräse erscheint, sondern
sogar als selbständige Werkzeugmaschine eine so tiefgreifende Ausgestaltung,
namentlich als Vollendungsmaschine erfahren hat, welche unser Interesse weckt und
zur Bewunderung zwingt, wenn man von dem Genauigkeitsgrad ihrer Wirkungsfähigkeit
vernimmt.
Dem neuzeitlichen Stande entsprechend, könnten die Schleifmaschinen in Grob- und
Feinschleifmaschinen gegliedert werden. – Zu den Grobschleifmaschinen müsste als
einfachste Arbeitsmaschine der grosse Schleifstein gerechnet werden, zu dessen
stündlicher Leistung über eine Million m/kg Arbeit für 1 kg stündlicher Spanentnahme zu
rechnen sind, während 80000 m/kg für ein Stunden/kg Gusstahlspäne an der Drehbank
zureichend sind. Daraus erklärt sich die äusserst feine Materialzerteilung nicht nur
des Abfalles am Werkstück, sondern auch jene des Werkzeuges selbst, von dem
ungezählte Millionen Schneidkanten am Werkstück angreifend minutlich an demselben
vorübergehen.
Bei den Grobschleifmaschinen handelt es sich auf Entfernung einer Materialschicht
behufs Herstellung von Flächen. Dagegen wird bei den Feinschleifmaschinen die
Materialentnahme wesentlich beschränkt, beziehungsweise diese auf eine lange
Arbeitsdauer verteilt, während eine bestimmte Genauigkeit der Arbeitsfläche
angestrebt und als Hauptaufgabe der Maschine angesehen wird. Bei beiden
Maschinengruppen liegt aber die Hauptleistung in der Härte und Widerstandsfähigkeit
des Werkstückmaterials begründet, welche aber eine andere Arbeitsweise umständlich
oder gar unmöglich machen würde. So eignen sich die weichen Metallegierungen ganz
und gar nicht zum Schleifen, während glasharter Stahl oder die harte Gusshaut sich
vorzüglich zur Schleifarbeit bewähren.
Eine zweite Einteilung der Schleifmaschine ist nach dem Arbeitsfelde zulässig, als
selbständige Werkzeugmaschine und als Hilfsmaschine zur Instandhaltung der
Werkzeuge.
Schleifmaschinen zum Glätten von Platten, Blechen als Grobmaschine, oder als
Feinschleifmaschine zur Behandlung gehärteter Bestandteile von Maschinen- und
Lokomotiventeilen, Zahnräder usw. sind Arbeitsmaschinen im gewöhnlichen Sinn,
dagegen ist das Schleifwerk als Hilfsmaschine von nicht minder hoher Bedeutung für
alle Zweige der Metallbearbeitung.
Eine dritte eigenartige Ausgestaltung erhält die Schleifmaschine mit Rücksicht auf
die besondere angestrebte Genauigkeit der Arbeitsweise, als Genauschleifmaschine,
wobei Genauigkeitsgrade von \frac{1}{1000}\mbox{ mm} und höher hinauf nach Mass und Form leicht
erhältlich sind.
Die Herstellung ebener Flächen mittels Schleifen und Polieren findet das Hauptfeld in
begrenzten Zweigen der Maschinen- und Metallindustrie, dagegen ist die Bildung von
regelmässigen Umhüllungsflächen, von Voll- und Hohlzylindern, sowie Kegelflächen und
Kugeln die Hauptaufgabe des Schleifens im allgemeinen Maschinenbau.
An diese Aufgabe schliesst sich jene, welche durch Sonder- oder auch
Universalmaschinen geleistet wird und deren Hauptzweck die Behandlung der gehärteten
Schneidwerkzeuge, Fräser, Reibahlen, Bohrer, Schneidstähle, Sägeblätter, Messer,
Riffelwalzen u.a., ist.
Der Schleifprozess wird nass und trocken durchgeführt, in letzterem Fall wird
der Schleifstaub von der Arbeitsstelle durch Saugluftanlagen abgeleitet und dadurch
die Arbeitsfläche rein, und der Arbeitsraum gesund erhalten.
Die Schleifräder sind entweder aus natürlichem Stein gefertigt oder aus künstlich
hergestellten Sandkörnern aus natürlichen Schmirgelsteinen in beliebige
Scheibenformen bei Verwendung entsprechender Bindemittel gebracht und als Werkzeuge
in der Schleifmaschine betätigt.
Für gestossenen Hartstahl oder Stahlschmirgel, welcher den Korund an Härte und
Widerstandsfähigkeit weit überragt, ist leider noch kein passendes Verbindungsmittel
gefunden, so dass dieses Material nur in Pulverform zur Anwendung gelangen kann.
Dagegen findet in neuerer Zeit das künstliche Korundum immer mehr Verwendung zu
Schleifscheiben und Schmirgelrädern.
Brown-Sharpes Schleifmaschine.
Textabbildung Bd. 319, S. 62
Fig. 1. Brown-Sharpes Schleifmaschine.
Die Selbstlüftung der einfachen Schleifmaschine (Fig.
1) wird durch eine Kappe c erreicht, welche
in b gelenkig an das trogartige Standgestell a angeschlossen ist, welches wieder durch die
Zwischenwand d in zwei Leitungen zerlegt wird. An die
äussere Leitung schmiegt sich das Schleifrad f an,
welches vermöge eines Stellschiebers g am Umfang und an
den Seitenflanken abgedichtet wird, so dass die durch den Umlauf mitgerissenen
Teilchen an den Abschlusstellen von g abgefangen und
nach den inneren Ablaufkanal h geleitet werden, von wo
sie in einem Kübel i abfallen. Die eingezeichneten
Pfeile zeigen deutlich die Wirkungsweise des Luftzuges an. American Machinist 1897,
Bd. 20, No. 45, S. 854.
Wm. Taylors Schleifradgehäuse zur Selbstlüftung.
Textabbildung Bd. 319, S. 62
Fig. 2. Taylors Schleifradgehäuse zur Selbstlüftung.
Das Schleifrad wird durch ein schneckenartig sich zum Ablaufrohr erweiterndes Gehäuse
a (Fig. 2)völlig
umschlossen, so dass der Zutritt zur seitlichen Arbeitsstelle des Schleifrades nur
durch ein Fenster im Gehäuse selbst ermöglicht ist. Wenn aber die Angriffsstelle am
Umfange der Schleifscheibe liegt, so muss das Ablaufrohr knapp vor der
Fensteröffnung seitlich ausweichen, wie dies aus den zusammengehörigen Figuren b und c leicht zu ersehen
ist. Sehr einfach ist die Abfangunterschale d
ausgebildet, sobald das Schleifrad am ganzen oberen Teil zugänglich bleiben
soll.
In dieser Figur 2 sind die Gehäuse nur schematisch
dargestellt, selbstverständlich sind diese von Taylor–Hobson, Leeds, England, gebauten Maschinen mit geteilten Gehäusen
versehen. American Machinist 1897, Bd. 20, No. 39, S. 743.
Norris' Schleifradgehäuse.
Textabbildung Bd. 319, S. 63
Fig. 3. Norris' Schleifradgehäuse.
Das Schleifrad a (Fig.
3) soll während des Stillstandes der Maschine nicht in das Trogwasser
eintauchen, dagegen während des Arbeitsganges dessen Oberfläche leicht streifen. Zu
diesem Behufe dient ein Ringsegment b aus Holz, welches
durch einen Knopf d gefasst, in den unteren Trogteil
c eingeführt werden kann, wodurch der Wasserspiegel
nach Bedarf reguliert werden kann. Dieser Knopf d
gleitet durch einen Mittelschlitz des Gehäuseumfanges c
und ist in jeder Lage stellbar. American Machinist
1894, Bd. 18, S. 504.
Appletons Schutzgehäuse zum Nasschleifen.
Textabbildung Bd. 319, S. 63
Fig. 4. Appletons Schutzgehäuse zum Nasschleifen.
Bei diesem Schutzhelm, wird der zur Regelung des Trogwasserspiegels dienende
Holzringteil b (Fig. 4)
nicht unmittelbar an das Schleifrad a gelegt, sondern
es ist ein Schutzhelm c vorgesehen, in welchem ein
Regulierungsschieber d eingeschaltet ist. Am unteren
Trogteil ist ausserdem noch ein Kübel f angegossen,
welcher mit dem Wasserraum des Troges in Verbindung steht und über welchen die
Auflagebrücke angeordnet ist. Appleton Mfg. Co.,
Philadelphia Pa. American Machinist 1894, Bd. 17. No. 16 S. 3. U. S. P. von
F. M. King.
O. S. Walkers Schärfmaschine.
Eine maulartig ausgeschnittene Kugelschale a (Fig. 5) wird von einem zylindrischen Standfuss b getragen, in welchem ein Abflusstrichter c eingebaut ist. Auf dem oberen Kreisbord der
Kugelschalea stützt sich in beliebiger
Winkellage ein Spindellager d, in welches die
doppelt-konische Spindel f samt der angedrehten
Riemenrolle g frei durchgeschoben werden kann. Gehalten
wird die Spindel durch eingesetzte Lagerbüchsen h,
während die beiden Schleifscheiben vermöge ihrer eigenen Nabenbüchsen i durch Stirnschrauben k
ihre Befestigung erhalten. Der Antriebsriemen ist vom Lagerkörper vollständig
umschlossen und dadurch gegen Schleifstaub geschützt, welcher sich übrigens in dem
in der Kugelschale befindlichen Wasser niederschlägt und damit abgefangen wird. An
die Nabenansätze des Hängelagers sind schwingende Auflagehebel angeschoben, welche
durch Schrauben k ihre Höheneinstellung erhalten.
Dadurch, dass die Schleifräder vermöge der Verdrehungsmöglichkeit gegenüber der
Maulöffnung eine mehr oder weniger günstige Lage erhalten können, soll ein Vorteil
erzielt werden. O. S. Walker & Co., Worcester
Mass., American Machinist 1900, Bd. 23, No. 44 S. 1041.
Textabbildung Bd. 319, S. 63
Fig. 5. Walkers Schärfmaschine.
H. Sackurs Blech-Schleifmaschine.
Zum Schleifen und Polieren von Eisen- und Messingblechen wird in Dr. H. Sackurs galvanischem Institut, Berlin N. die in Fig. 6 u.
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vorgeführte doppelte Planschleifmaschine gebraucht.
Textabbildung Bd. 319, S. 63
Sackurs Blech-Schleifmaschine.
Am mittleren Lagergestell a sind zwei Wangen b angeschlossen, auf welchen, je mittels Rechts- und
Linksgang-Schraube c getrieben, zwei Winkelblöckchen
d nach gegensätzlicher Richtung sich bewegen und
dadurch den dreieckförmigen Tischträger f heben oder
senken. Auf diesem gleitet, auf Stangenstützen g
geführt, der Aufspanntisch h in der Richtung der
Schleifspindelachse, welcher durch ein Kurbelgetriebe i
k periodisch betätigt wird. Nach jedem Schlittenhube wird durch ein
selbsttätiges Schaltwerk e der obere lange Quertisch
o verschoben, auf welchem die zu polierende oder
abzuschleifende Blechtafel aufliegt. Während das Kurbelgetriebe k durch die Stufenscheibe n unmittelbar vom Deckenvorgelege angetrieben ist, wird von einer anderen
Welle des Deckenvorgeleges in rascher Gangart die Schleifradspindel p durch m betrieben.
Denis-Poulets Blechkanten-Schleifmaschine.
Ein langer Gestellrahmen a (Fig. 8 u. 9) mit
Rollenstützen b, für einen Blechtisch c, ist am mittleren Gestellbock d angeschlossen. Vermöge einer Schraubenspindel f wird das Schleifradlager g an das Werkstück
angestellt. Von der Festlosscheibe h wird ferner die
grosse Riemenscheibe i und damit die Schleifradscheibe
k getrieben. Von dieser unteren Antriebswelle aus
wird auch ferner der Schaltmechanismus des Tisches c
betätigt. Derselbe besteht aus einem Satz von drei Scheiben l, deren mittlere die lose Riemenscheibe ist, während die beiden äusseren
je ein Winkelgetriebe m des mittleren Winkelrades n antreiben. Damit wird aber eine Betätigung des
Zahnstangentriebrades o in entgegengesetztem
Richtungssinn hervorgerufen. Anschlagknaggenp des
Hobeltisches wirken ferner auf einen schwingenden Gewichtshebel q ein, durch welchen die Riemenverlegung r auf die einzelnen Scheiben l selbsttätig und sicher erfolgt.
Textabbildung Bd. 319, S. 64
Denis-Poulets Blechkanten-Schleifmaschine.
(Fortsetzung folgt.)