Titel: | Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für Erze, Kohle und Koks. |
Autor: | Georg v. Hanffstengel |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 183 |
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Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für
Erze, Kohle und Koks.
Von Georg v. Hanffstengel, Ingenieur in
Stuttgart.
(Fortsetzung von S. 174 d. Bd).
Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für Erze, Kohle und
Koks.
Hängebahnen mit Schiene oder Seil.
Als Hängebahnen im weiteren Sinne dürfen alle die Bahnsysteme bezeichnet werden, bei
denen der Schwerpunkt des Wagens unterhalb des Gleises liegt. Im engeren Sinne
dagegen gebraucht man diesen Ausdruck für Bahnen mit einfacher, starrer Schiene,
deren Wagen von Hand bewegt werden.
Textabbildung Bd. 319, S. 183
Fig. 270. Befestigung einer Hängebahnschiene (B. A. M. A G.).
Die Vorzüge von Hängebahnen gegenüber Standbahnen liegen darin, dass der Boden von
Gleisen frei bleibt, also der übrige Verkehr nicht gestört wird, und dass die in der
Regel zweirädrigen Wagen leichter beweglich sind, besonders in engen Kurven. Daher
haben sich die gewöhnlichen Hängebahnen mit Handbetrieb überall eingebürgert, wo
massige Kohlenmengen auf geringere Entfernungen zu bewegen sind und eine
selbsttätige Förderanlage sich noch nicht lohnen würde. In erster Linie kommen
kleinere und mittlere Gasanstalten, in Frage, in denen Hängebahnen sowohl für Kohle
als für Koks benutzt werden.
Die Hängebahnschiene wird auf Konsolen an der Wand befestigt oder am Dachgebälk oder
sonstigen Trägern aufgehängt. Fig. 270 zeigt eine
Aufhängung mittels gusseisernen Bockes nach Ausführung der Berlin-AnhaltischenMaschinenbau-Aktien-
Gesellschaft. Meistens wird statt dessen ein gebogener Winkel verwandt.
Fig. 271 gibt einen Muldenkippwagen für Hängebahnen
von Arthur Koppel wieder. Die Mulde ist so in
Drehzapfen gelagert, dass sie in jeder Stellung nahezu im Gleichgewicht ist, sich
also leicht kippen lässt. In der aufrechten Lage wird sie durch einen kleinen, am
Gehänge verschiebbaren Klotz festgehalten, der sich gegen Leisten an der Stirnwand
des Gefässes legt. Das aus zwei Stahlrollen mit Traverse bestehende Laufwerk ist mit
dem Gehänge beweglich verbunden, so dass die Mulde sich auf geneigtem Gleise stets
richtig einstellt.
Textabbildung Bd. 319, S. 183
Fig. 271. Muldenkipper von Koppel.
Die B.-A. M.-A.-G. führt neben derartigen Muldenkippern
Wagen mit Bodenklappen nach Fig. 272 aus. Auf beiden
Seiten des Wagens angebrachte Riegelstangen, die als durchschlagende Kniehebel
ausgeführt sind, halten die Klappen sicher geschlossen. Durch Drehung einer durchgehenden Achse mit
Handhebeln wird der Verschluss gelöst. Plötzliches Aufschlagen der Klappen
verhindert ein Flügel, der auf der durchlaufenden Welle im Innern des Wagens so
angebracht ist, dass er sich beim Oeffnen nach oben, also dem Material entgegen,
bewegt, wobei er einen beträchtlichen Widerstand zu überwinden hat.
Textabbildung Bd. 319, S. 184
Fig. 272. Hängebahn wagen der B. A. M. A. G.
Textabbildung Bd. 319, S. 184
Fig. 273. Beschattung eines Lagerplatzes durch Hängebahnen.
Die Bahn ist, wenn möglich, so anzulegen, dass ein Kreislauf der Wagen stattfinden
kann. Nur auf kurzen Strecken oder bei geringen Leistungen darf man von dieser Regel
abgehen. Häufig lässt sich die Einrichtung so treffen, dass ein grösserer Teil des
Gleises mit schwachem Gefälle verlegt wird, so dass die Wagen auf dieser Strecke
ohne Triebkraft laufen. Fig. 273 gibt die Skizze
einer Hängebahnanlage, die nach diesem Prinzip arbeitet und für Beschüttung eines
Lagerplatzes dienen soll.Ein Entwurf dieser
Art wurde von C. Eitle, Stuttgart, für ein
grösseres Gaswerk gemacht. Der Hauptschienenstrang abcde umkreist den Platz mit dem zur Bewegung der Wagen
nötigen Gefälle. Bei e befindet sich ein Aufzug, der
die Wagen, nachdem sie ihren Weg vollendet haben, wieder auf die Höhe der
Beladestation und damit des Punktes a hebt. Die
Schienen a b und c d sind
durch eine Reihe mit Weichen angeschlossener Querstränge fg,
hi usw. untereinanderverbunden. In beliebigen Zwischenräumen werden
verstellbare Anschläge angebracht, die selbsttätiges Ausschütten der Mulden
bewirken. Auf diese Weise kann die Anlage mit sehr wenig Bedienung arbeiten. Da
zwischen den Punkten f und g das Gefälle wesentlich grösser ist als zwischen b und c, so wird es zweckmässig sein, das
Laufwerk der Wagen mit einer einfachen Geschwindigkeitsbremse auszurüsten.
Textabbildung Bd. 319, S. 184
Hängebahnanlage für Schiffsentladung von Gebr. Weismüller.
Der Inhalt der Wagen pflegt zwischen 0,3 und 0,6 cbm zu schwanken. Das Gewicht jeder
einzelnen Ladung wird, wenn erforderlich, durch Laufgewichtswagen mit
Schienenunterbrechung festgestellt; häufig werden auch Zählwerke eingebaut. Für
Anlagen, bei denen die vollen und die leeren Wagen auf dem gleichen Strang befördert
werden, führt die B.-A. M.-A.-G. ein Zählwerk, Bauart
Burgmann, aus. Die Wirkung dieses Zählwerkes beruht
darauf, dass ein Schienenstück mit längerer Spannweite sich beim Vorübergang des
beladenen Wagens erheblich durchbiegt, wobei eine an dem Laufwerk angebrachte Knagge
das Zählwerk in Bewegung setzt. Leere Wagen dagegen passieren ungehindert, da die
Schiene sich nicht genügend senkt. Einen vollen Wagen zurückzuschieben und doppelt
zu zählen, wird durch den Anschlag des Zählwerks verhindert, der nur in einer
Richtung nachgibt.
Auf längeren Strecken und bei grösserer Leistung werden die Wagen zweckmässig an ein
endloses Zugseil angeschlossen, und es ergibt sich dann ein ganz ähnlicher Betrieb
wie bei Seilförderung auf Standbahnen. Die Zeichnung der Beladestation einer
eigenartigen Anlage nach diesem System wurde mir von Gebr.
Weismüller, Frankfurt a. M.-Bockenheim, zur Verfügung gestellt (Fig. 274
u. 275).
Die Hängebahn befördert Erze und Kohlen über eine längere Geländestrecke vom Schiff
zur Fabrik. Die Wagen werden an drei Stellen mit Hilfe ebenso vieler Winden ins Schiff
hinuntergelassen, dort voll geschaufelt, aufgezogen und auf die Schiene gesetzt, um
der Seilstrecke zugeschoben zu werden. Die Winden sind einfache
Keilräderreibungswinden und werden durch Zugketten von der Beladestation aus
gesteuert. Von der Seilförderung ist nur die Endleitrolle mit zwei kleinen
Tragröllchen zu sehen. Das ganze Gerüst lässt sich bei Hochwasser und Eisgang auf
Laufrollen zurückschieben.
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Fig. 276. Stützpfeiler für eine Drahtseilbahn.
Schienenhängebahnen der beschriebenen Art sind zweckmässig bei Förderung im Innern
eines Gebäudes oder für kurze Wege ausserhalb. Wenn es sich aber um Transport über
Land auf längere Entfernungen handelt, so wird das Gerüst zu kostspielig und man ist
auf Seil als Tragorgan angewiesen. Solche Bahnen mit Trag- und Zugseil werden
gewöhnlich im engeren Sinne als Drahtseilbahnen oder auch als Luftseilbahnen
bezeichnet. Sie sind wirtschaftlich den Standbahnen mit Seilbetrieb überlegen, wo
nicht der Grund und Boden sehr billig zu haben ist. Bei schwierigen
Geländeverhältnissen bilden sie häufig das einzige Auskunftsmittel, da sie von der
Bodengestaltung völlig unabhängig sind. In Deutschland betreiben zwei Firmen, Adolf Bleichert u. Co. in Leipzig und J. Pohlig in Köln in grossem Maassstabe den Bau von
Drahtseilbahnen. Ein Teil der folgenden Angaben ist den Katalogen dieser beiden
Firmen entnommen.
Die Tragseile werden normal in Abständen von etwa 40 bis 100 m durch hölzerne oder
eiserne Gerüste gestützt, doch machen besondere Geländeverhältnisse häufig sehr viel
grössere Enternungen notwendig. Nach Angabe von Pohlig
sind schon Spannweiten bis zu 1100 m ausgeführt worden. Fig. 276 skizziert einen hölzernen Stützpfeiler, auf dem die Tragseile
mittels langer Schuhe aufliegen. Die Rollen R schützen
das Zugseil vor zugrossem Durchhang, wenn sich wenig Wagen auf der Strecke
befinden. Die beiden voneinander unabhängigen Tragseile, von denen das eine für die
vollen, das andere, mit kleinerem Durchmesser, für die leeren Wagen bestimmt ist,
sind an einem Ende der Bahn verankert, am anderen über Rollen nach unten abgelenkt
und durch schwere Gewichte gespannt. Bei grösseren Längen werden ausserdem
Zwischenspannvorrichtungen eingelegt. Auf den Stationen wird der Wagen vom Zugseile
gelöst und geht auf feste Hängeschienen über. Damit das Zugseil nicht zu schwer
ausfällt, werden bei längeren Bahnen in Abständen von etwa 5000 m Zwischenstationen
eingeschaltet, auf denen der Wagen an ein neues Zugseil angeschlossen wird. Unter
günstigen Verhältnissen darf diese Entfernung bis auf 10000 m erhöht werden.
Textabbildung Bd. 319, S. 185
Fig. 277. Verschlossenes Seil von Bleichert.
Textabbildung Bd. 319, S. 185
Fig. 277a.Simplexseil nach Pohlig.
Die Tragseile brauchen nur wenig biegsam zu sein und werden daher aus starken
Runddrähten als Spiralseile hergestellt. Neuerdings werden mit Vorliebe Seile
verschlossener Konstruktion aus Formdrähten angewandt, die den Laufrollen eine
glatte Oberfläche bieten und Eindringen von Feuchtigkeit in das Innere erschweren.
Ein solches verschlossenes Seil zeigt Fig. 277 im
Querschnitt, eine Abart, von J. Pohlig unter dem Namen
„Simplex-seil“ eingeführt, Fig. 277a.
Als Zugseil wird ein Litzenseil benutzt, das an einem Ende der Bahn über die
Antriebsscheibe läuft, während die Umkehrscheibe am anderen Ende gleichzeitig für
die Spannvorrichtung verwandt wird. Die Geschwindigkeit des Zugseiles beträgt 1 bis
2 m/Sek., lässt
sich aber mit den neueren Kupplungsapparaten auf 2½ bis 3 m/Sek. steigern.
In Fig. 276 liegt das Zugseil unter dem Tragseil.
Diese Anordnung empfiehlt sich bei grosser Zugseilspannung, während die umgekehrte
Lage bei geringem Widerstand bevorzugt wird und den Vorteil bietet, dass auf den
Stationen der Verkehr unter den Tragseilen nicht durch das Zugseil behindert
wird.
Textabbildung Bd. 319, S. 185
Fig. 278. Drahtseilbahnwagen von Pohlig.
Der Wagen (Fig. 278) unterscheidet sich von einem
gewöhnlichen Hängebahnwagen nur durch den Kupplungsapparat, der sehr sorgfältig
auszuführen ist, da der sichere Betrieb der Bahn davon abhängt, ob die Kupplung,
namentlich bei ungünstiger Witterung, zuverlässig arbeitet. Die älteren Apparate
waren bei Steigungen über 1 : 5 bis 1 : 4 nicht mehr betriebssicher, so dass man für solche
Fälle zum Knotenseil griff (vergl. Seilförderung auf Standbahnen). Neuerdings
indessen sind Seilklemmapparate geschaffen worden, die, wie es scheint, allen
Bedingungen gerecht werden und sogar noch in Steigungen von 45 °, sowie bei Eis und
Schnee, zuverlässig funktionieren.
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Kupplungsapparat „Automat“ von Bleichert & Co.
Wie aus den Fig.
279–283 hervorgeht, greift bei dem Kupplungsapparat der Firma Bleichert das Wagengehänge G an einer mit zwei Laufrollen versehenen Achse M an, die ihrerseits in einem in der Zeichnung nicht sichtbaren Gleitstück
gelagert ist. Dieses überträgt die Last des Wagens auf den Hebel H, dessen einer Arm B als
Klemmbacke ausgebildet ist und einer ähnlich geformten Backe B' am Laufwerk gegenübersteht. In Fig. 279 ist das
Gleitstück entlastet, da das Gehänge unmittelbar durch die Laufröllchen R (Fig. 281) gestützt
wird. Daher bleibt die Zange geöffnet. Denkt man sich indessen die
„Kuppelschienen“
S gesenkt gegenüber der Tragschiene S', bezw. ganz entfernt, so wirkt die volle Last des
Wagens auf den Hebel H, der das zwischen die Backen
gelegte Seil nunmehr mit einer von dem Wagengewicht und der Hebelübersetzung
abhängigen Kraft einklemmt. (s. auch Fig. 282 u. 283).
Ein- und Auskuppeln der Wagen geschieht vollständig selbsttätig durch die
entsprechend gebogenen Schienen S, auf welche die
kleinen Tragrollen auf den Stationen auflaufen, so dass die Backen sich öffnen und
das schräg geführte Zugseil sich einlegen bezw. heraushebenkann. Der
Bedienungsmann hat nur den Wagen, möglichst mit der Geschwindigkeit des Zugseiles,
anzuschieben bezw. ihn an der Endstation in Empfang zu nehmen.
Der „Universalklemmapparat“ von J. Pohlig,
(vergl. Fig. 278), dem dieselbe gute Wirkung
nachgerühmt wird, benutzt zum Festklemmen des Seiles einen Gewichtshebel, dessen
Welle zwei entgegengesetzt gerichtete Gewinde trägt, das eine mit sehr grosser, das
andere mit geringer Steigung. Ersteres dient dazu, während der einen Hälfte der
Hebeldrehung die beiden Klemmbacken einander rasch zu nähern. Dann tritt es ausser
Wirksamkeit und überlässt das endgültige Festklemmen dem feinen Gewinde, das eine
sehr intensive Pressung hervorruft. Diese wird noch verstärkt dadurch, dass der
Hebel beim Einkuppeln mit einem scharfen Ruck in die Endstellung geworfen wird. Ein-
und Auskuppeln vollziehen sich ebenso selbsttätig wie bei dem vorher beschriebenen
Apparate.
Textabbildung Bd. 319, S. 186
Einzelheiten einer einseiligen Bahn.
Die Firma Bleichert nimmt für ihren neuen
Kupplungsapparat neben den schon erwähnten Vorteilen als wesentliche Verbesserungen
in Anspruch, dass er Seile von verschiedener Stärke mit der gleichen Sicherheit
fasst, dass er in beiden Richtungen wirkt, und endlich, dass er grössere
Geschwindigkeit zulässt und damit alle Teile schwächer zu dimensionieren
gestattet.
Textabbildung Bd. 319, S. 186
Fig. 287. Seilbahn für Schiffsbekohlung von der Lidgerwood Mfg. Co.
Die Leistung einer Seilbahn berechnet sich, wenn man annimmt, dass die einzelnen
Wagen einander in Abständen von 20 Sek. folgen und 500 kg Inhalt haben, auf 90 t i.
d. Stunde. Eine so hohe Leistung wird nur selten verlangt, kann aber, wenn
gewünscht, durch Vergrösserung des Wageninhaltes noch beliebig vermehrt werden. So
hat die Firma Pohlig vor kurzem auf den Rombacher
Hüttenwerken eine Bahn ausgeführt, auf der Wagen von 1000 kg Inhalt eineinander
in 18 Sekunden Zwischenraum folgen, womit sich eine Leistung von 200 t in der Stunde
ergibt.
Textabbildung Bd. 319, S. 187
Fig. 288. Doppelter Telpher mit Kohlebehältter von 8 t Inhalt.
Bei kurzen Strecken und geringen Fördermengen kann die Anlage dadurch vereinfacht
werden, dass nur ein Tragseil verwandt wird, auf dem die Wagen, event. zu Zügen
vereinigt, hin- und hergezogen werden.
Wird nur bergab gefördert, so ist bei genügendem Gefälle automatischer Betrieb
möglich, wie bei der früher beschriebenen Bremsbergförderung.
Textabbildung Bd. 319, S. 187
Fig. 289. Telpher mit Selbstgreifer.
Seilbahnen der besprochenen Bauart werden vielfach benutzt, um Erze und Kohlen von
der Grube zur Bahn oder zum Verwendungsorte zu schaffen. Zur Beschickung von
Hochöfen sind sie zweckmässig, wenn das Erz- oder Kokslager sich in grösserer
Entfernung von den Oefen befindet. Die Seilbahn, welche meistens mehrere Oefen
zugleich bedient, wird direkt über die Gichtbühne geführt, wo der Wagen abgekuppelt
und auf eine Hängeschiene geleitet wird, die um die Gicht herumläuft. Bleichert hat auf verschiedenen Werken bei geringer
Entfernung zwischen Ofen und Lagerplatz Bahnen mit starren Hängeschienen gebaut, die
auf einer stark geneigten eisernen Brücke montiert sind. Die Leistung dieser Anlagen
ist bei dem kontinuierlichen Betriebe sehr reichlich gross, so dass die Bahnen nur
zeitweilig arbeiten. Die Eisenkonstruktion fällt verhältnismässig leicht aus, da die
Einzellasten gering sind, so dass die Anlage sich ziemlich billig stellen
dürfte.
Eine andere Bauart von Drahtseilbahnen benutzt statt getrennten Trag- und
Zugorgane nur ein einziges Seil, das die Last gleichzeitig trägt und fortbewegt. Da
das belastete, straff gespannte Seil dauernd über Rollen laufen muss, so wird sich
ein rascher Verschleiss einstellen, wenn schwere Lasten gefördert werden. Da diese
Bauweise immerhin wegen ihrer Billigkeit unter Umständen in Wettbewerb treten kann,
namentlich für vorübergehende oder selten benutzte Anlagen, so seien in den Fig. 284
bis 286
einige Einzelheiten einer in Indien erbauten einseiligen Bahn gegeben, die leichte
Lasten in beträchtlicher Steigung zu fördern hat, bei Spannweiten bis zu 500 m.Nach „Traction and
Transmission“. Die in Fig. 284 angegebene
Schiene trägt den Wagen an den Stationen und ermöglicht den Klemmbacken, sich unter
der Wirkung ihres Eigengewichtes zu öffnen. Sie umschliessen das Seil (Fig. 286)
und klemmen es, wenn die Hängeschiene sich senkt, mit einer von dem Wagengewichte
abhängigen Pressung zwischen sich. Wie Fig. 287
zeigt, findet eine Kniehebelwirkung statt, die sich durch Aenderung der
Stangenlängen regeln lässt.
Textabbildung Bd. 319, S. 187
Fig. 290. Telpher mit Winde bei beschränkter Konstruktionshöhe.
Textabbildung Bd. 319, S. 187
Fig. 291. Rotierende Schiene für Kohlenlagerplätze.
Textabbildung Bd. 319, S. 187
Fig. 292. Verschiebbare Schiene für Kohlenlagerplätze.
Eine interessante Anwendung findet diese Art von Drahtseilbahnen bei der Bekohlung
von Kriegsschiffen während der Fahrt nach dem System der Lidgerwood Mfg. Co., New York, das Fig.
287 schematisch darstellt Ein ¾zölliges Seil läuft von der im Kohlenschiff
aufgestellten Zweitrommelwinde in geschlossenem Zuge über die an den Masten beider
Schiffe gelagerten Rollen. Am oberen Trum a wird ein
Wagen befestigt, der mit zwei Rollen auf dem unteren Seile b läuft und in einem Haken die Last trägt, bestehend aus zwei Kohlensäcken
von je 190 kg Gewicht. Die Säcke werden durch einen Aufzug gehoben und in den Wagen
eingehängt. Sodann rückt der Maschinist die Trommel I
ein, die das untere Seil einzieht, während eine Reibungskupplung der anderen Trommel
Seil herzugeben gestattet. Auf diese Weise wird der mit dem oberen Seil fest
verkuppelte Wagen nach dem Kriegsschiff hinübergezogen, wo die Last selbsttätig
ausgehängt wird. Dann zieht Trommel II den leeren Wagen
zurück. Die durch Einstellen der Reibungskupplung regulierbare Seilspannung, etwa
1400 kg, genügt um den Sack während der ganzen Fahrt über Wasser zu halten. Die
Leistung der Winde ist selbstverständlich übermässig gross, da sie die Kupplung
durchzuziehen hat. Die Geschwindigkeit des Seiles beträgt etwa 5 m/Sek. Sie muss
mindestens doppelt so gross sein, als die Geschwindigkeit, mit der die beiden Schiffe
ihre gegenseitige Entfernung ändern können, denn andernfalls würde, wenn die Schiffe
einander näher kommen, das Seil ins Wasser hängen. So wird das Seil schnell genug
eingezogen und die Aenderung in der Schiffsdistanz beeinflusst nur die Reibkupplung
und die mit ihr verbundene Trommel II die sich je
nachdem schneller oder langsamer als Trommel I drehen
muss.
Vom Kriegsschiff aus ist über eine Rolle am Mast des Kohlenschiffes ein Hilfsseil
gezogen, das einen leichten Anker von etwa 2 m Durchmesser durch das Wasser
mitzuschleppen hat und dadurch beständig unter Spannung gehalten wird. Dieses Seil
hat den Zweck, den Wagen auf der Rückfahrt zu tragen und ein Ueberkippen zu
verhindern.
Versuche haben eine Leistung von 20 bis 24 t/Std. ergeben, bei 5 bis 6 Knoten Fahrgeschwindigkeit
und bis zu 120 m Entfernung zwischen den Schiffen. Die Vorrichtung hat auch bei
rauhem Wetter den Erwartungen entsprochen.
Neben Seil kommt endlich noch der Elektromotor als Betriebsmittel für Hängebahnen in
Frage. Anlagen dieser Art finden neuerdings viel Anklang und werden in den
Vereinigten Staaten von der United Telpherage Co.,
Westfield N. J., in grossem Masstabe ausgeführt. Diese Firma benutzt ein einfaches
Laufwerk mit zwei Rollen, auf deren Achsen kleine Motore aufgesetzt sind. Bei
schweren Lasten bezw. starken Steigungen hilft man sich entweder durch Verwendung
von zwei miteinander gekuppelten Laufkatzen, oder man schaltet ein Vorgelege ein.
Als Träger dient ein I Eisen oder Holzbalken
mitaufgelegter Schiene, nur in Ausnahmefällen läuft die Katze auf den
Unterflanschen eines I Trägers. Bei grossen Spannweiten
von etwa 15 m aufwärts wird Drahtseil benutzt. Zur Stromzuleitung dient eine
Schleifleitung. An den Laufwagen wird die Last entweder unmittelbar angehängt oder
es wird eine kompakt gebaute Winde eingeschaltet.
Die Fig. 288 bis 292,
die den Prospekten der Telpherage Co. entnommen sind,
geben einige Beispiele für die vielseitige Verwendbarkeit des Systems. Fig. 288 zeigt einen an zwei „Telphers“
aufgehängten Kohlebehälter, der von einem Bunker aus gefüllt und an beliebiger
Stelle in Eisenbahnwagen entleert wird. Der Führer fährt in einem Schutzhäuschen
mit. Eine Anordnung mit Greiferwinde zeigt Fig. 289.
Das Führerhaus wird hier von einem Anhängewagen getragen. Fig. 290 stellt eine besondere Windenkonstruktion dar, die bei sehr
beschränktem Kopfraum Verwendung findet. Eigenartig ist die Art und Weise der
Bedienung von Lagerplätzen. Um die vielen Querstränge zu vermeiden (vergl. Fig. 273), benutzt die Telpherage Co. nach Fig. 291 und 292 eine einzige bewegliche Querschiene, die je nach
der Form des Lagerplatzes rotiert oder sich in der Längenrichtung bewegt. Dieses
Verfahren ermöglicht eine ganz gleichmässige Aufschüttung des Materials.
Zugunsten des Telphersystems gegenüber Hochbahnkranen
wird in manchen Fällen ausschlaggebend sein, dass die Kohle vom Schiff oder
Lagerplatz ohne Umladen nach einer beliebigen Stelle des Kesselhauses geschafft
werden kann.
(Schluss folgt.)