Titel: | Grasmähemaschinen mit Motorbetrieb. |
Autor: | V. Thallmayer |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 217 |
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Grasmähemaschinen mit Motorbetrieb.
Von Prof. V. Thallmayer,
landw. Akademie Magyar-Ovár
(Ungarisch-Altenbúrg).
Grasmähemaschinen mit Motorbetrieb.
Die immer weiter um sich greifende Verwendung von Verbrennungsmotoren auf
besonders jenen Gebieten, wo man mit Motoren von kleinerer oder nur mittelgrosser
Arbeitsentfaltung das Auslangen findet, haben einige Fabrikanten veranlasst, solche
auch zum Betriebe von Mähemaschinen zu verwenden. Eine solche ist unter andern auch
die von George H. Ellis und John F. Steward
entworfene und von der Deering Harvester Company in
Chikago gebaute Motorgrasmähemaschine, deren Beschreibung
wir im nachstehenden geben.
Textabbildung Bd. 319, S. 217
Motorgasmähemaschine der Deering Harvester Company.
Genannte Grasmähemaschine läuft, wie aus. Fig. 1 und 2 zu
ersehen, nach Art der Dreiradmotoren auf zwei Fahrrädern und einem Lenkrade. Der
Benzinmotor von etwa sechs PS (Fig. 3), ist
zweizylindrig mit zwei unter 180° zueinander gestellten Kurbeln. Der das zur Kühlung
der Zylinderwände nötige Wasser aufnehmende Behälter ist in Fig. 1 und 2 mit
punktierten Linien angedeutet und mit A bezeichnet. Den
Lagerrumpf für beide Zylinder bildet das Rohr B,
welches vorne das Lenkrad und mit seinem rückwärtigen Teile die Fahrradachse
aufnimmt und dessen Inneres, wie aus Fig. 3 zu
entnehmen ist, drei Abteilungen hat. Die mittlere von ihnen dient als
Benzinbehälter, während die beiden Endabteilungen als Auspufftöpfe Verwendung
finden, um den Schall der Auspuffgase zu dämpfen, die dann durch die durchlöcherten
Ansatzröhren ins Freie treten. Vom mittlerenTeile des Rohrlagerrumpfes zweigt
sich das Ansaugerohr nach den zwei Motorzylindern zu ab; um ein Erhitzen des Benzins
durch die Auspuffgase in der mittleren Abteilung des Rohres B hintanzuhalten, sind die Querwände in demselben mittels Asbest- oder
anderen Isolierplatten von entsprechender Dicke geschützt. Das Benzin gelangt durch
das Zuflussventil C in die Ansaugeröhre. Die
Ansaugeventile arbeiten selbsttätig, die Auslassventile hingegen werden durch eine
hin- und herschwingende Stange D (Fig. 3) geöffnet und geschlossen. Die Zündung
geschieht elektrisch in der Weise, dass ein kleines, an die Motorwelle befestigtes
Rad, welches einen Kamm trägt, diesen gegen die Zündungsvorrichtung in Bewegung
setzt. Das Messer sowohl als auch die Fahrräder werden von der Kurbelwelle des
Motors mittels Kegelradübersetzung angetrieben. Das Vor- oder Rückwärtsfahren als
auch das Stehenbleiben mit der Maschine ermöglicht eine Reibungskupplung, bestehend
aus zwei Kegelrädern und zwei Reibungskonussen (Fig. 1), welche für
sich in Fig. 4 zur Anschauung gebracht sind; hier
bezeichnete die Kurbelwelle des Motors, F die
Antriebswelle für das Messer und die Fahrräder, die Welle F ist hohl und in Fig. 5 für sich allein
gezeichnet. Auf dieser Welle sitzen lose die konischen, zum Einschieben von
Reibungskegeln geeigneten Räder H und G. Die Naben der Reibungsräder sind auf den Schaft J aufgekeilt, welcher in den hohlen Raum der Welle F gesteckt ist. Die Keile stecken fest im Schaft J, haben aber längs der Hohlwelle F Spiel nach rechts und links, indem in genannter Welle
die Keillöcher die Keilbreite an Ausdehnung um etwas übertreffen; ausserdem ist die
Nabe des zum Kegelrade H gehörigen Reibungskonus zu
einer verschiebbaren Muffe gestaltet, mit deren Verschiebung entweder der eine oder
der andere Reibungskegel mit dem entsprechenden konischen Radin Berührung gebracht
werden kann. Bei einer bestimmten Stellung bleiben beide Reibungskonusse ausser
Berührung mit den Kegelrädern, für den Fall nämlich, wenn man die Maschine zum
Stillstand bringen will. Fig. 6 veranschaulicht die
Verbindung der Muffe des Reibungskegels H mit dem
Handsteuerrad K, durch dessen Drehung in dem einen oder
dem anderen Sinne, das vordere Lenkrad mit Hilfe des Kegelradgetriebes und der
Verbindungsstange nach rechts oder links umgestellt werden kann, wie dies die
Führung der Maschine eben erheischt.
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Fig. 3. Motor zur Grasmähmaschine der Deering Harvester Company.
Textabbildung Bd. 319, S. 218
Fig. 4.
Textabbildung Bd. 319, S. 218
Fig. 5.
Die Welle des Handrades K kann
aber auch, um den Zapfen L (siehe auch Fig. 7) in die punktiert gezeichnete Lage
hinübergeschwungen werden, wo dann die Muffe H
herabgezogen wird und das Kegelrad G eingekuppelt wird.
Will man das Kegelrad M zur Betätigung bringen, so
schwingt man das Handrad zurück in die mit vollen Linien gezeichnete Lage. Die Welle
F treibt mit Kegelradübersetzung die Kurbelstange
O (Fig. 2) der
Messerschiene und mittels der Welle M (Fig. 8) mit ebenfalls einem Kegelradgetriebe die zur
Fahrradachse parallele Welle P, von welcher aus wieder
das Stirnrad Q des Kompensationsgetriebes in Bewegung
gesetzt wird, welches wegen Ausgleichung der verschiedenen
Umdrehungsgeschwindigkeiten der Fahrräder, wenn im Bogen gefahren wird, vorhanden
sein muss. In Fig. 8 ist der Kurbelzapfen, an
welchen die Kurbelschiene mit derMesserstange angehängt ist, mit N bezeichnet. Die Welle P
ist verschiebbar; wenn durch Verschieben das auf ihr befindliche Kegelrad ausser
Kontakt mit der Welle M gesetzt ist, so bleiben die
Fahrräder in Ruhe, während das Messer sich noch bewegen kann, um sich rein zu
putzen. Die Maschine ist, was selbstverständlich, mit allen jenen Hebeln und
Zubehörteilen verversehen, welche die Handhabung des Messers erheischt.
Textabbildung Bd. 319, S. 218
Fig. 6.
Textabbildung Bd. 319, S. 218
Fig. 7.
Die beschriebene Maschine, von welcher Fig. 9 eine perspektivische Ansicht ist, arbeitete
zum erstenmale in Europa im Jahre 1900 zu Mitry-Claye in der Nähe von Paris, wohin
sie aus Anlass der Weltausstellung gebracht wurde. Die Arbeitsgeschwindigkeit bei
genannter Gelegenheit war 1 bis 1,1 m, die Schnittbreite 1,2 m, so dass ein Hektar
Fläche in etwa 2 Stunden abgemäht werden konnte. Als Benzinverbrauch entfielen etwa
1,8 l a. d. Hektar. Ausser Deering hatte auch noch Mc Cormick die in Fig.
10 abgebildete Motorgrasmähemaschine, die ebenfalls am oben angegebenen
Orte arbeitete, in Paris ausgestellt. Diese Maschine hat vertikalen Zylinder; Deering gibt dem horizontalen Zylinder den Vorzug, um
das Maschinengestell und den Schneideapparat nicht vertikalen Stössen und Erschütterungen
ausgesetzt zu haben. Von Mc Cormicks Dreirad kann der
Motor nach Lösen von einigen Schrauben abgenommen und an beliebigen anderen Orten
installiert werden. Die Kraftleistung und Geschwindigkeit des Motors kann während
des Mähens durch Vergrösserung oder Verringerung der Anzahl Zündungen reguliert
werden, dies geschieht mit Hilfe eines Hebels, den der Führer der Maschine mit der
Hand oder mit dem Fuss betätigen kann. Die Auspuffgase strömen in ein weites nach
abwärts gerichtetes Rohr, welches gleichzeitig Schalldämpfer ist.
Textabbildung Bd. 319, S. 219
Fig. 8.
Das neueste auf diesem Gebiete ist wohl Woods
Motorbinder (selbstbindende Mähemaschine mit Motorantrieb), welcher in den Jahren
1902 und 1903 in England bereits an mehreren Orten mit Erfolg arbeitete. Wenn man
auch in den meisten Fällen zum Betriebe von Mähemaschinen, weil am einfachsten und
billigsten, Pferde verwenden wird, so verdient das Bestreben der amerikanischen
Konstrukteure, Motorkraft in der Landwirtschaft einzuführen, doch alle
Beachtung.Sie sind mit ihren Arbeiten den Zeitbedürfnissen deshalb immer etwas
voraus, um dem technischen Fortschritt die Wege zu ebnen. In England ist man
gegenwärtig stark daran, einen solchen Dreiradmotor zusammenzustellen, der sich zum
Betriebe von Pflügen, Mähemaschinen und anderen landwirtschaftlichen Maschinen
eignen soll; unter den bisher vor die Oeffentlichkeit gelangten derartigen Motoren
kann als am gelungensten der sogenannte „Ivelmotor“, gebaut von Dan Albone in
Biggleswade, welcher auch schon mehrfach praktisch erprobt ist, bezeichnet
werden.
Textabbildung Bd. 319, S. 219
Fig. 9. Motorgasmähemaschine der Deering Harvester Company.
Textabbildung Bd. 319, S. 219
Fig. 10. Motorgrasmähemaschine von Mc. Cormick.