Titel: | Verfahren zur Gewinnung von Eisen und Stahl direkt aus den Erzen auf elektrischem Wege. |
Autor: | Albert Neuburger |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 231 |
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Verfahren zur Gewinnung von Eisen und Stahl
direkt aus den Erzen auf elektrischem Wege.
Von Dr. Albert Neuburger,
Berlin.
(Schluss von S. 223 d. B.)
Verfahren zur Gewinnung von Eisen und Stahl direkt aus den Erzen
auf elektrischem Wege.
2. Das Verfahren von Héroult.
Ein anderes Verfahren, bei dem Eisen und Stahl unmittelbar aus den Erzen gewonnen
werden, ist das von Héroult. Es ist ebenfalls schon
seit längerer Zeit im Betriebe; bereits am 28. Dezember 1900 lieferte heroult den ersten Waggon auf elektrischem Wege
hergestellten Stahles, der von der Société
Electro-Metallurgique Francaise in Froges (Département Isère), die das
Verfahren ausbeutet, hergestellt war, im Gewicht von 8890 kg an die Firma Schneider & Cie, in Creusot. Eingehende Versuche
wurden auch in Neuhausen in der Schweiz gemacht, und eine Anlage ist vor kurzem bei
Granbergsdal in Schweden in Betrieb gesetzt worden.
Die Anlage in Froges erzeugt für den Tag 6 t Werkzeugstahl; in wasserreichen
Jahreszeiten werden die überschüssigen Kräfte zur Erzeugung von Gusseisen auf
elektrischem Wege verwendet. Diese Erzeugung beträgt etwa 300 t im Jahr.
Auch das Verfahren von Héroult gestattet die Herstellung
der verschiedenartigsten Eisensorten sowie von Eisenlegierungen. Ausserdem kann nach
demselben kohlenstoffreies Chrom und Mangan erhalten werden.
Bei dem Prozesse selbst wird zunächst aus den Erzen, die mit geeigneten Zuschlägen
vermischt sind, das Metall ausgeschmolzen, das sofort in einen mit kohlenstoffreiem,
wärmebeständigem und nichtleitendem Stoffe ausgekleideten Behälter abfliesst. Ueber
dem Metall sammelt sich die Schlacke an. Héroult hat
nun bei seinen in bezug auf Form und Wirkungsweise so verschiedenartigen
elektrischen Oefen überall da, wo es sich um die elektrische Eisen- oder
Stahlgewinnung handelt, ein Prinzip mit grossem Erfolge angewendet, das schon früher
einmal von Laval erprobt, dann aber wieder aufgegeben
worden war. Das Eigenartige dieses Prinzipes beruht darin, dass die Elektroden durch
die Schlacke hindurchgeführt werden und zwar so weit, dass innerhalb der
Schlackenschicht der Widerstand so gross wird, um den Strom zu zwingen, von der
einen Elektrode durch die darunter befindliche Schlacke zum Metall und von diesem
durch die Schlackenschicht zurück zur anderen Elektrode zu gehen. Es findet also
eine unmittelbareBerührung der Elektroden mit dem Metalle selbst nicht statt,
sondern der Strom geht von der Schlacke durch das Metall wieder zur Schlacke. Dies
bietet den wesentlichen Vorteil, dass die Metalle aus den Elektroden keinen
Kohlenstoff aufzunehmen vermögen, und dass erstere somit vollkommen kohlenstoffrei
gewonnen werden können. Die gewünschten Eigenschaften werden bei der
Stahldarstellung dem kohlenstoffreien Eisen dadurch verliehen, dass man die genau
bestimmte Kohlenstoffmenge nach dem Ablassen zugibt und den Kohlenstoff sich
auflösen lässt.
Textabbildung Bd. 319, S. 231
Fig. 4. Ofen von Héroult.
Die Bildung eines elektrischen Lichtbogens ist bei dem Héroultschen Verfahren nicht notwendig; das wesentliche
Moment ist, dass die Elektroden stets so geregelt werden, dass die zwischen ihnen
und dem Metallbade befindlichen Schlackenmengen während des ganzen Arbeitsvorganges
heisser, also leitfähiger bleiben als die zwischen den Elektroden selbst ruhende
Schlacke. Nur auf diese Weise ist es möglich, den eben beschriebenen Weg des Stromes
herbeizuführen.
Héroult hat sich eine ganze Anzahl von Oefen
patentieren lassen und bringt ununterbrochen neue Verbesserungen und
Vervollkommnungen an denselben an, so dass eine endgültige Ofenform heute noch nicht
erzielt ist, trotzdem die im Betrieb befindlichen schon seit etwa drei Jahren sehr
zufriedenstellend arbeiten.
Textabbildung Bd. 319, S. 232
Héroultsche Birne.
Die neueste Form seines Ofens ist die in Fig. 4
abgebildete. Die Darstellung gibt zugleich ein anschauliches Bild von der eben
geschilderten Art und Weise der Stromwirkung. Die Elektroden b, b sind an drehbaren Trägern k, k durch
Schraubenvorrichtungen i, h, g einstellbar angebracht.
Sie tauchen in den unteren Teil des Ofens, der in Fig.
4 mit a bezeichnet ist. (Der obere Teil ist
der Uebersicht halber weggelassen; er stellt einen einfachen Schacht dar, durch den
die Erze herabgleiten, wobei sie durch einen zwischen zwei Elektroden
überspringenden Lichtbogen gehen. Hierbei findet die Bildung des Metalls und der
Schlacke statt, die sich dann beide in dem gezeichneten unteren Teil, der etwas
seitwärts vom Schachte angebracht ist, ansammeln.) Nach einer anderen Ausführungsart
wieder kommen zwei Oefen zur Anwendung: der eine ist ein Schachtofen, in dem die
Erze niedergeschmolzen werden und aus dem ein Roheisen abfliesst, das dann im
zweiten Ofen, der die eben gekennzeichnete Einrichtung besitzt, im sogen.
„Raffinationsofen“ in Stahl umgewandelt wird, wobei durch geeignete
Zuschläge die Bildung einer Schlacke von bestimmtem elektrischen Widerstände
herbeigeführt wird. Dieser untere Teil des Ofens ist der wichtigste der ganzen Héroultschen Anlage, da in ihm die Bildung der reinen,
kohlenstoffreien Metalle stattfindet. Man sieht in Fig.
4 das geschmolzene Metall und darüber die Schlacke. Die beiden Elektroden
tauchen nur in den oberen Teil der Schlacke ein und sind vom Metall durch eine aus
Schlacke gebildetete Zwischenschicht getrennt. Der Strom geht dann in der Richtung
des Pfeils durch die Schlacke und das Metall hindurch von einer Elektrode zur
anderen. Durch die in Fig. 4 sichtbaren seitlichen
Oeffnungen können Schlacke und Metall getrennt abgelassen werden.
Wie bereits erwähnt, ist es sehr wichtig, die Elektroden immer in der richtigen
Entfernung vom Metalle zu erhalten. Da die Dicke der Schlackenschicht während des
Betriebes nicht sichtbar ist, so wird zu ihrer Kontrolle der elektrische Widerstand
benutzt, den sie dem Strome entgegensetzt. Ueber jedem Handgriffe der
Reguliervorrichtung i befindet sich ein Voltmeter m. Es ist nun Aufgabe des den Prozess beaufsichtigenden
Arbeiters, durch fortwährende Regulierung die Spannung immer konstant zu erhalten.
Auf diese Weise ist dann die Sicherheit gegeben, dass die Elektroden sich stets in
der richtigen Entfernung von der Oberfläche des Metallbades befinden,
Ausser dem elektrischen Ofen hat Héroult auch eine
elektrische Bessemerbirne konstruiert, die gleichfalls in Froges in Tätigkeit ist,
und mittels welcher ebensowohl Graueisen wie Stahl hergestellt werden. Fig. 5 zeigt
eine Ansicht dieser Birne von oben, und Fig. 6 einen
Durchschnitt durch dieselbe. Auch hier kommt das bereits erwähnte Prinzip, die
Elektroden von jeder Berührung mit dem Metall fern zu halten, zur Anwendung. Die
Birne besteht aus dem Tiegel a, der mit dem Deckel b versehen ist. In dem Deckel befindet sich der
Schornstein c, aus dem die während des Prozesses
entstehenden Gase entweichen können. Der Deckel trägt Aussparungen, durch welche die
Elektroden d und e
hindurchgehen. Auch diese Elektroden können genau eingestellt und reguliert werden,
wozu die Vorrichtungen l, m und j dienen, während durch die Kabel p der Strom
zugeleitet wird. Der Boden des Tiegels ist mit der Zahnstangenvorrichtung h, g versehen, die dazu dient, den Apparat hin und her
zu bewegen. Das Innere das Birne ist mit feuerfesten Steinen ausgemauert und bei f befindet sich ein Ausguss, aus welchem bei geneigter
Birne das Metall ausfliesst, das dann im Gusstiegel aufgefangen wird.
Mit dieser Birne kann man alle diejenigen Operationen vornehmen, die sonst im
elektrischen Ofen ausgeführt werden. Ganz besonders eignet sie sich jedoch zur
Herstellung von Stahl. Soll solcher erzeugt werden, so wird durch die Düsen x Luft eingeblasen, und der Prozess geht dann in
derselben Weise vor sich wie in einer gewöhnlichen Bessemerbirne, nur mit dem
Unterschiede, dass als Wärmequelle der elektrische Strom, der von einer Elektrode
zur anderen übergeht, dient. Auch hier werden die Elektroden nur so weit
eingetaucht, dass zwischen Metall und Elektrode sich noch eine Schlackenschicht
befindet. Gegenüber der Stahlbereitung in der Bessemerbirne hat das Verfahren von
Héroult noch besonders den Vorteil, dass die Hitze
durch Regelung des Stromes beliebig gesteigert werden kann. Es ist deshalb eine
besondere Zugabe von Ferrosilicium zum Zwecke der Temperaturerhöhung nicht mehr
nötig. Ebenso fällt die Zugabe von Ferromangan fort, und es braucht wohl nicht
weiter darauf hingewiesen zu werden, dass hierdurch eine grosse Menge von
Unannehmlichkeiten, die dem gewöhnlichen Bessemerprozess anhaften, vermieden werden.
Aus der Birne fliesst vollständig kohlenstoffreies Eisen aus, das dann durch Zugabe
von Kohle in Stahl oder in Eisen von beliebigem Kohlenstoffgehalt, und damit von
ganz bestimmten Eigenschaften verwandelt werden kann.
Die Stärke des Stromes in der elektrischen Bessemerbirne beträgt 120 Volt bei 4000
Ampères. Zur Verwendung kommt Wechselstrom. Eine Birne vermag in einer Schmelzung
etwa 3 t Stahl zu liefern, und es können mit der gegenwärtig in La Praz in Betrieb
befindlichen Birne täglich in zwei Chargen 6 t Stahl hergestellt werden.
Die Reinheit des erzeugten Produktes erhellt am besten aus der nachfolgenden Analyse, die auf Angaben
von Héroult selbst beruht.
Der Gehalt des erzeugten Eisens beträgt an:
Schwefel
0,007
v.
H.
Phosphor
0,003
„
„
Mangan
0,15
„
„
Silicium
0,003
„
„
Kohlenstoff
0,60
„
„
bis 1,80 v. H.
3. Das Verfahren von Keller.
Textabbildung Bd. 319, S. 233
Fig. 7. Anlage nach Keller.
Ein Verfahren, das zwischen dem Stassanoschen und dem
Héroultschen so ziemlich die Mitte hält, ist das
Kellersche. Fig. 7
gibt eine Gesamtskizze der Anlage, die ohne weiteres wohl leicht verständlich ist.
Es sei jedoch bemerkt, das nach dem Kellerschen
ursprünglichen Verfahren eine Stahlgewinnung nach Ansicht namhafter
Elektrometallurgen wohl kaum denkbar ist, und dass die nachstehend geschilderte
Anlage eine Vereinigung der ursprünglichen Kellerschen
mit der Héroultschen darstellt. Es ist dies bereits die
zweite Anlage, die Keller baut. Die erste, welche auf
Grund der ersten Kellerschen Patente errichtet war,
arbeitete in Uebereinstimmung mit der eben erwähnten Ansicht verschiedener
Elektrometallurgen wenig zufriedenstellend und sie wurde deshalb durch eine zweite
ersetzt, die nur in bezug auf die Gewinnung des Roheisens neues bietet, während sich
die Darstellung von Stahl ähnlich dem Héroultschen
Verfahren gestaltet. Die Anlage, welche im Besitze der Compagnie électrothermique Keller, Leleux & Cie. ist, befindet sich in
Kerousse bei Hennebout (Morbihan).
Weitere Anlagen sind gegenwärtig in Chile im Bau, in welchen die Wasserkräfte dieses
wasserreichen Landes zur Erzeugung von Eisen und Stahl ausgenützt werden sollen. Als
Erze sollen solche aus Neuseeland Verwendung finden und trotz der Kosten für den
Transport derselben hofft Keller, infolge der billigen
elektrischen Kraft und der sonstigen günstigen Verhältnisse die Tonne Stahl für 45
fr. herstellen zu können. Die Zusammensetzung der zur Verwendung kommenden
neuseeländischen Erze ist, einer frdl. Mitteilung zufolge, folgende:
Fe
2
O
3
=
52,88
v.
H.
FeO
=
29,2
„
„
Al
2
O
3
=
0,9
„
„
MnO
=
0,48
„
„
MgO
=
4,0
„
„
SiO
2
=
3,8
„
„
TiO
2
=
9,3
„
„
Wir hoffen, unseren Lesern über diese Anlage noch besonders berichten zu können.
Bei seinem Verfahren benutzt Keller zwei
nebeneinander stehende Oefen, von denen der eine etwas höher als der andere
angeordnet ist. Der obere dient zur Reduktion der Erze und ähnelt in seinem Aufbau
einem Hochofen, der untere ist der Raffinationsofen zur Gewinnung von Stahl und
ähnelt sehr dem Héroultschen. Der obere Ofen enthält
zwei Gruppen von je zwei Paar Elektroden, von denen die eine Gruppe parallel, die
andere hintereinander geschaltet ist, Der Boden des Ofens ist, um das Ausfliessen
des Roheisens nach dem Raffinationsofen zu erleichtern, etwas geneigt und ähnelt in
seiner Bauart dem Boden eines Martin-Ofens. Der Ofen wird von oben mit den zu
verarbeitenden Erzen, der zur Reduktion dienenden Kohle und den Zuschlägen beschickt
und ist zu diesem Zweck mit einer Gichtvorrichtung, ähnlich der bei den gewöhnlichen
Hochöfen, versehen. Die Materialien werden durch die Hitze des zwischen dem ersten
Elektrodenpaar spielenden Lichtbogens zunächst geschmolzen, wobei gleichzeitig
Kohlenoxydgas entwickelt wird, das reduzierend wirkt. Um diese Reduktion zu einer
möglichst vollständigen zu gestalten, werden die Gase, die an den oberen Teil des
Schachtes gelangen, nicht durch die Gichtöffnungen entweichen lassen, sondern in
eine Kammer gesaugt, woselbst sie zur Verbrennung kommen. Die Verbrennungswärme wird
zum Vortrocknen des Rohmaterials verwendet; der nicht verbrannte Teil der Gase wird
je nach der Natur der Erze eventuell auch zum Reduzieren derselben benutzt. Das
geschmolzene Material passiert im unteren Teil des Ofens das zweite Elektrodenpaar
und wird dort vollkommen reduziert. Eisen und Schlacke sammeln sich am Boden des
Ofens an und werden abgelassen. Der Betrieb in diesem ersten Ofen ist ein
ununterbrochener. Der zweite Ofen, der Raffinationsofen, hingegen wird nur dann in
Betrieb gesetzt, wenn ein Abstich aus dem ersten erfolgt ist. Das Roheisen wird in
denselben abgelassen und Kalk zugesetzt, um die Schlackenbildung zu begünstigen,
auch wird, um die Entkohlung zu beschleunigen, nach dem sogenannten „ore
process“ eine geringe Menge des ursprünglichen Erzes zugegeben. Es findet
dann unter der Einwirkung des elektrischen Lichtbogens zunächst Schlackenbildung und
dann in ähnlicher Weise wie beim Héroultschen Prozess
die Entkohlung statt. Die Elektroden des Raffinationsofens können ähnlich wie die
des Héroultschen Ofens nach Bedarf gehoben und gesenkt
werden, je nachdem der Prozess sich im Zustande der Entkohlung oder in dem der
Schlackenbildung befindet. Wie Keller angibt, können
mit seiner neuen Anlage in einer Schmelzung 15–20 t Stahl gewonnen werden.
Als Erzmaterial dient neuseeländischer Eisensand. Die Herstellungskosten des
Stahles werden f. d. Tonne auf 73–80 Mk. angegeben. Für eine Tonne Stahl werden nach
dem Erfinder 2800 Kilowattstunden verbraucht. Die in Kerousse zur Verfügung stehende
Kraft beträgt 550 Pferdestärken.
Wir haben uns in vorstehenden Zeilen darauf beschränkt, von den gegenwärtig im
Betriebe stehenden Anlagen zur Erzeugung von Stahl und Eisen auf elektrischem Wege
diejenigen zu besprechen, über die bereits eingehendere und vor allem zuverlässige
Angaben vorliegen. Ueber einige in Amerika angeblich im Betriebe befindliche Anlagen
können wir um so mehr hinweggehen, als die näheren Mitteilungen so mangelhaft sind,
dass man sich ein einigermaassen zuverlässiges Bild über sie nicht zu machen vermag.
Das gleiche gilt auch von einzelnen weiteren in Europa befindlichen Anlagen.
Die Verfahren zur Erzeugung von Eisen und Stahl durch Elektrizität beginnen
gegenwärtig die allgemeine Aufmerksamkeit der an ihrer Entwicklung beteiligten
Kreise auf sich zu lenken, und es sei daher noch ihre wirtschaftliche Bedeutung in
kurzen Worten gestreift. Wir können uns hierbei um so kürzer fassen, als wir bereits
oben die Ansicht Goldschmidts über die Bedeutung dieser
Verfahren für deutsche Verhältnisse wiedergegeben haben, der glaubt, dass der
Elektrostahl wohl geeignet sein dürfte, mit dem Tiegelgusstahl in Wettbewerb zu
treten. In Uebereinstimmung mit ihm befindet sich der bekannte französische
Elektrometallurge Gin, der auf Grund eingehender
Studien zu dem Ergebnis gelangt, dass zwar die elektrometallurgische Behandlung von
Eisenerzen in denjenigen zivilisierten Gegenden eine Utopie ist, in denen Steinkohle
gewonnen wird, und in denen für genügende Transportmittel zu Wasser undzu Lande
gesorgt ist. Sieht man jedoch von der unmittelbaren Behandlung der Erze ab und
beschränkt man sich auf die Erzeugung von Stahl vermittels des im Hochofen
dargestellten Gusseisens, so gestalten sich die Aussichten ganz anders. Dann lassen
sich, wie Gin in Uebereinstimmung mit Goldschmidt darlegt, die Martinöfen mit Vorteil durch
Apparate ersetzen, in denen elektrische Energie verwendet wird.
Ganz besonders wirtschaftlich wird sich aber die Stahlgewinnung auf elektrischem Wege
gestalten und zwar auch in den Gegenden, wo Steinkohle in Menge gewonnen wird, wenn
man zur Erzeugung der Elektrizität die Abgase der Hochöfen benutzt. Der elektrische
Strom wird dann so billig zu gewinnen sein, dass er mit dem aus Wasserkraft
erzeugten wohl zu konkurrieren vermag, und Gin sieht in
einer derartig ausgestalteten Anlage einen technischen Betrieb von höchster
Vollkommenheit. Ein solcher Betrieb würde aus dem gewöhnlichen Hochofen zum
Schmelzen, dem Bessemer-Apparat zur Herstellung minderwertiger Stahlsorten und
Einrichtungen zur Verwendung der Hochofengase zur Erzeugung der elektrischen Energie
bestehen, welche wiederum in einem besonderen Läuterungsapparat, in dem die feinen
Stahlsorten erzeugt werden, ausgenützt würde. Eine bessere Ausnützung der in der
Steinkohle aufgespeicherten Energie als durch einen derartigen Betrieb lässt sich,
wie Gin in ausführlichen Berechnungen darlegt,
überhaupt nicht denken!
Zum Schlusse sei noch erwähnt, dass auch in Deutschland bereits mit der Herstellung
von Anlagen zur Erzeugung von Elektrostahl begonnen worden ist. Wir behalten uns
vor, s. Z. näheres darüber zu berichten.