Titel: | Neuerungen im Wagenbau. |
Autor: | Kurt Arndt |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 337 |
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Neuerungen im Wagenbau.
Von Dr. Kurt Arndt.
Neuerungen im Wagenbau.
Eines der wichtigsten Messwerkzeuge, deren sich der Mensch bei der Erforschung
der Natur, wie im alltäglichen Leben bedient, ist die Wage. Im gewöhnten Leben wird
von ihr neben einer gewissen nicht allzu grossen Genauigkeit besonders
Bequemlichkeit und Schnelligkeit der Handhabung gefordert; der Forscher wird ausser
diesen, auch ihm angenehmen Eigenschaften vornehmlich auf Genauigkeit der Wägung
Wert legen. Für ihn ist oft das Gewicht eines Papierschnitzels schon eine Grösse,
die bei seinen mühseligen Untersuchungen eine gewaltige Rolle spielt.
Da ist es kein Wunder, dass fortdauernd eine Unsumme von Geschicklichkeit und
Scharfsinn darauf verwandt wird, um immer grössere Vollkommenheit in der Herstellung
von Wagen zu erreichen und all die vielseitigen, oft schwer zu vereinenden Ansprüche
zu erfüllen.
Ich will versuchen, im Folgenden einen Ueberblick über Neuerungen im Wagenbau zu
geben. In diesem Beginnen haben mich eine Anzahl von Firmen, die auf diesem Gebiete
der Präzisionstechnik tätig sind, durch schätzenswerte Angaben auf das
zuvorkommendste unterstützt. Es sind dies: L Reimann,
Berlin SO. 16; Oskar A. Richter, Dresden; A. Verbeek & Peckholdt, Dresden-A.; August Sauter, Ebingen (Württemberg); Stückrath, Friedenau bei Berlin; R. Brunnée, (vormals Voigt
& Hochgesang), Göttingen; Max Bekel,
Hamburg; Paul Bunge, Hamburg-Eilbeck; Beckers Söhne, Rotterdamm, J.
& A. Bosch, Strassburg i. E.; Albert
Rueprecht, Wien. In hohem Grade bin ich auch Herrn Dr. Felgenträger von der Normal-Eichungs-Kommission zu
Charlottenburg und Herrn Geh. Rat Witt zu Dank
verpflichtet, die mir wertvolle mündliche Mitteilungen gemacht haben.
Aus der Fülle des Stoffes habe ich eine Auswahl getroffen und um der
Uebersichtlichkeit willen manche interessante Anordnung nur flüchtig erwähnt oder
gar mit Stillschweigen übergangen.
Auch habe ich mich in bezug auf den Begriff Neuerung an keine bestimmte Jahreszahl
gebunden, sondern in den Zusammenhang einige Anordnungen, die schon allgemeiner
verbreitet sind, eingefügt, wenn sie mir besonders bemerkenswert schienen.
Zunächst will ich einige gröbere Wagen besprechen, dann die analytischen Wagen für
chemische Laboratorien und schliesslich jene kostbaren Wagen, mit denen eine
staunenswerte Genauigkeit der Gewichtsbestimmung erreiht wird.
In das erste Gebiet fallen drei Wagenkonstruktionen von L.
Reimann.
Für die Küche des bekannten Weinrestaurants von Kempinski in Berlin stellte Reimann eine
Portionenwage her, die gestattet, rasch die vielen Hunderte von Fleischstücken
abzuwägen, die dort alltäglich angerichtet werden. Es ist eine ungleicharmige Wage,
deren langer Schenkel als Zeiger vor einem Kreisbogen mit Gewichtseinteilung spielt,
während der kurze Schenkel die Wageschale trägt und zur Dämpfung der Schwingungen,
die die Ablesung erschweren, mit einem Zylinder verbunden ist, der sich in einem mit
Glyzerin gefüllten Kolben mit gewissem Spielraum bewegt. Nach einigen Sekunden steht
der Zeiger auf der Skala ein, und die nächste Wägung kann vorgenommen werden. Auch
in grossen Konditoreien sind solche Wagen in Gebrauch, um die verschiedenen Zutaten
zu Torten usw. rasch abzuwägen,
Von Reimann werden auch die bekannten automatischen
Wagen gefertigt, bei denen durch Einwurf eines Geldstückes eine zweiteilige Blende
vor der Skala geöffnet wird, so dass das von der Wage angezeigte Gewicht abgelesen
werden kann.
Ausführlichere Erwähnung verdient schliesslich eine verbesserte Kartoffelwage von Reimann. Aus dem spezifischen Gewichte der Kartoffeln
kann man auf ihren Stärkegehalt schliessen. Um die Ermittlung des spezifischen
Gewichtes für diesen Zweck möglichst bequem zu gestalten, hat Reimann über einem Blecheimer eine Zentesimalwage
angebracht, deren kurzer Arm zwei Drahtkörbe über einander trägt, deren unterer von
dem Wasser im Eimer bedeckt ist (Fig. 1). Nach
bekannter Weise wägt man die Kartoffeln erst im oberen Korbe in der Luft und findet
so ihr absolutes Gewicht, dann schüttet man sie in den unteren Korb und wägt wieder,
wobei man sie wegen des Auftriebs um das Gewicht des von ihnen verdrängten Wassers
leichter findet. Da ein Kilogramm Wasser den Raum von einem Liter einnimmt, so
ergibt der Gewichtsunterschied in Kilogramm den Rauminhalt der Kartoffeln in Litern
und das absolute Gewicht, geteilt durch den Rauminhalt das spezifische Gewicht, aus
dem der Stärkegehalt durch Tabellen gefunden wird. Natürlich müssen die Kartoffeln
von Sand und von anhängenden Luftblasen befreit sein. Bei der bisherigen
Konstruktion entstand ein Fehler dadurch, dass beim Füllen des unteren Korbes das
Wasser im Eimer stieg und so die Ketten bezw. die Stangen, an denen der Korb hing,
tiefer in das Wasser eintauchten, also ihrerseits mehr Gewichtsverlust erlitten als
bei der oberen Wägung. Das konnte nach Reimann einen
Fehler von 0,1 bis 0,2 v. H. im Resultat geben. In seiner neueren Anordnung bringt
er deshalb am Eimer seitlich eine Tülle (Fig. 1 und
2) an, durch die das von den Kartoffeln verdrängte Wasser
abläuft, so dass die Oberfläche in gleicher Höhe bleibt. Ferner können bei der
verbesserten Form beide Drahtkörbe jeder für sich abgenommen werden, wodurch das
Umfüllen der Kartoffeln erleichtert wird. Um die Wage auch für andere Zwecke zu
benutzen, wird an Stelle der Körbe eine Wageschale eingehängt (Fig. 2). Der Gewichtskasten ist am Bügel der Wage
fest angebracht.
Textabbildung Bd. 319, S. 338
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 319, S. 338
Fig. 2.
Ein bedeutend höheres Maass von Ansprüchen wie die eben besprochenen Wagen muss eine
„analytische“ Wage befriedigen.
Vier Forderungen werden vom Chemiker an eine Analysenwage gestellt. Sie soll erstens
möglichst empfindlich sein, d.h. für ein sehr kleines Uebergewicht auf der einen
Wageschale schon einen verhältnismässig grossen Ausschlag geben; meist wird
verlangt, dass ein zehntel Milligramm noch einen auf der Skala ablesbaren Ausschlag
gibt. Zweitens soll die Wägung rasch erledigt werden; die Wage darf also nicht zu
langsam schwingen. Drittens soll sie möglichst standfest sein, damit auch bei der
grössten zulässigen Belastung der Wagebalken keine Formänderungen erleidet und auch
sonst die Wage nicht zu empfindlich gegen mechanische Einflüsse ist. Viertens soll
ihr Material gegen den Einfluss von Dämpfen im chemischen Laboratorium geschützt
sein; denn wenn auch gewöhnlich ein besonderes Wägezimmer vorhanden ist, so lässt
sich der Zutritt von Spuren schädlicher Gase nicht immer verhüten.
Was nun die Einzelheiten einer solchen feineren Wage anbetrifft, so lässt man, um die
Reibung zu vermindern und die Drehachsen als Linien zu fixieren, den Wagebalken auf
einer Schneide, der „Mittelschneide“, spielen und hängt an seinen Enden die
Wageschalen ebenfalls in Schneiden, den „Endschneiden“ auf.
Für die Empfindlichkeit d.h. die Grösse des Ausschlages, den ein kleines Uebergewicht
p verursacht, gilt die Näherungsformal
tg\,\alpha=\frac{p\,\cdot\,l}{G\,a+2\,P\,b}
worin α den Ausschlagswinkel, 2
l die Länge des Wagebalkens und P die Belastung jeder Endschneide bedeutet; a ist der Abstand, um welchen der Schwerpunkt des
Balkens tiefer liegt als die Mittelschneide, um die der Balken schwingt, und b der Abstand, um den die Mittelschneide über der Ebene
der Endschneiden liegt. (Fig. 3.)
Soll die Empfindlichkeit einer Wage unabhängig von ihrer Belastung sein, so muss
b = 0 sein, d.h. die Mittelschneide genau in einer
Ebene mit den Endschneiden liegen, eine Forderung, die bei guten Wagen sehr
angenähert erfüllt wird.
Textabbildung Bd. 319, S. 338
Fig. 3.
Mit der Abnahme von a wächst die Empfindlichkeit; a darf aber nicht unendlich klein werden, weil dann
schon ein sehr kleines Uebergewicht einen unendlich grossen Ausschlag geben d.h. den
Wagebalken zum Umkippen bringen würde. Natürlich darf auch der Schwerpunkt des
Balkens nicht über der Mittelschneide liegen, weil dann
bei der geringsten Veränderung der im labilen Gleichgewicht befindliche Balken
umschlagen würde. Man wird sich also mit einer gewissen Grösse von a begnügen, die ein ruhiges Einspielen des Zeigers
ermöglicht.
Textabbildung Bd. 319, S. 338
Fig. 4.
Die Empfindlichkeit lässt sich durch Verlängerung des Balkens und durch Verringerung
seines Gewichtes G erhöhen. Je länger wir aber den
Balken machen, um so grösser wird sein Gewicht, um so langsamer schwingt er und um
so leichter biegt er sich durch. Aus al diesen Gründen benutzt man jetzt meist
kurzarmige Wagen.
Durch Wahl einer durchbrochenen Form mit zweckmässigen Versteifungen macht man das
Gewicht Balkens möglichst gering, ohne dass der Balken bei festgesetzten
Höchstbelastung – bei chemischen Wagen meist 200 g auf jeder Schale – gefährdet
wird. Am weitesten geht Brunnée mit dieser Auflösung
des Balkens in ein Gitterwerk; seinen neuesten Wagebalken, einen hochabgesteiften
Dreiecksbalken mit seitlicher Absteifung zeigt Fig.
4.
Was das Material der Balken anbetrifft, so verendet man neben Messing oder
Rotguss jetzt oft Phosphorbronze, die ausgezeichnete mechanische Eigenschaften
besitzt, nicht selten auch Argentan, das sehr starr ist. Neuerdings verarbeitet man
das leichte Aluminium und besonders das noch leichtere Magnalium zu sehr gefällig
ausschauenden Wagebalken von geringem Gewicht. Während beim Aluminium einige
Schwierigkeiten bei seiner Verarbeitung und seine geringere Widerstandsfähigkeit zu
bedenken sind, wird Magnalium wegen seiner Steifheit sehr gelobt, vorausgesetzt,
dass das richtige Mischungsverhältnis der Legierung gewählt ist.
Textabbildung Bd. 319, S. 339
Fig. 5.
Textabbildung Bd. 319, S. 339
Fig. 6.
Textabbildung Bd. 319, S. 339
Fig. 7.
Textabbildung Bd. 319, S. 339
Fig. 8.
Gegen den schädlichen Einfluss der Dämpfe im chemischen Laboratorium, von denen trotz
aller Vorsicht auch in den Wagekasten Spuren eindringen können, schützt man Messing
und Argentan durch Vergoldung, Platinierung oder Vernickelung. Lack ist unzulässig,
weil er Wasser anzieht. Ueber die Nachteile der galvanischen Vergoldung urteilt Felgenträger in seinem Vorfrage über „Die
Fortschritte in der Konstruktion von Analysenwagen“, den er in der Sektion I
des V. internationalen Kongresses für angewandte Chemie zu Berlin hielt, in der Art,
dass galvanische Vergoldung nicht sehr Zuverlässig sei. „Es bleiben nämlich in
den kleinsten Poren leicht Spuren von Cyankali zurück, die sich bald in
Pottasche verwandeln und dabei erheblich an Volumen zunehmen. Dadurch wird der
Goldüberzug gesprengt, und es entstehen die kleinen weissen, stark Wasser
anziehenden Flecken, die man ja leider auch auf den vergoldeten Gewichtssätzen
findet. Besser als Vergoldung ist Platinierung und auch Vernickelung.“Der Sekretär des Kongresses, Herr Dr. Pulvermacher, hatte die Freundlichkeit mir
einen Bürstenabzug dieses Vortrages zu überlassen. Ich habe in der
angeführten Stelle zwei Fachausdrucke verdeutscht, um sie auch dem
Nichtchemiker ganz verständlich zu machen. Auf Hochglanz
poliertes Magnalium bedarf nach Rueprechts Angabe eines
weiteren Schutzes nicht.
Textabbildung Bd. 319, S. 339
Fig. 9.
Textabbildung Bd. 319, S. 339
Fig. 10.
Eine wichtigere Rolle wie das Material des Balkens spielt für die Güte einer feinen Wage die Beschaffenheit der Schneiden.
Sie müssen mit der grössten Genauigkeitgeschliffen und ausgerichtet sein, damit
die Wage die theoretischen Anforderungen nach Möglichkeit erfüllt. Man fertigt sie
aus gehärtetem Stahl und lässt sie auf ebenen Platten, den „Pfannen“, aus
Achat, Karneol oder Bergkristall spielen. Schneidon aus Achat haben zwar den
Vorteil, dass sie nicht rosten; aber es gehört besonderes Geschick dazu, sie gut zu
schleifen; wenn das Material nicht sehr sorgfältig gewählt ist, springen leicht
winzige Stückchen aus den Schneiden aus. Felgenträger
macht ferner darauf aufmerksam, dass Achat, wohl, wegen seines porösen Gefüges,
stark Wasser anzieht.
Was die Befestigung der Schneiden im Balken anlangt, so kann man sie entweder fest
einfügen und ihnen dann durch Schleifen auf besonderen Maschinen die rechte Form
geben oder man kann ihr nachträgliches Ansrichten durch Justiervorrichtungen
bewerkstelligen. Der letztere Weg ist bei Steinschneiden allein gangbar, weil sei
fertig geschliffen eingesetzt werden müssen.
Textabbildung Bd. 319, S. 339
Fig. 11.
Textabbildung Bd. 319, S. 339
Fig. 12.
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Fig. 13.
Eine unverrückbar eingesetzte Mittelschneide von Sauter
zeigt im Querschnitt Fig. 5 und in Seitenansicht
Fig. 6. B ist der
Balken, z die Schneide und k
k zwei Befestigungsbacken von keilförmigen Querschnitt.Das in Fig. 6
gezeichnete Justiergewicht dient zur Verlegung des Schwerpunktes und damit
zur Regelung der Empfindlichkeit der Wage.
Justiervorrichtungen werden in mannigfacher Form hergestellt. Sartorius macht die Endschneiden durch Schrauben und Keil verstellbar
(Fig. 7 und 8).
Die Schneide ist in dem Gehäuse A befestigt, das mit
etwas Spielraum auf dem Ende des Wagebalkens aufsitzt und durch Stellschrauben in
allen drei Richtungen des Raumes mit grösster Genauigkeit ausgerichtet werden kann.
Die Schrauben 1, 2 und 3
bilden die Ecken eines rechtwinkligen Dreiecks, dessen eine Kathete wagerecht liegt;
die gleichen Schrauben befinden sich auch auf der Rückseite des Gehäuses. Durch Bewegen
der Schrauben 1 dreht man das Gehäuse um die Senkrechte
2, 3, durch Drehen der Schrauben 3 um die Wagerechte 1, 2.
Die richtige Höhenlage der Schneide wird durch Verschiebung eines Keils erzielt, der
in dem Hohlraum zwischen der oberen Balkenkante und der Gehäusewand eingeführt ist
und mit der Stellschraube S, die durch den in der
Zeichnung sichtbaren rechtwinklig umgebogenen Kopf des Keiles geht, verschoben
werden kann. In Fig. 8 vertritt die Stelle des Keils
die obere Balkenkante selbst, die durch einen Einschnitt von der übrigen Balkenmasse
so getrennt ist, dass sie eine federnde Lamelle bildet, auf der sich durch die unten
am Gehäuse befindlichen Zugschrauben 4 und 5 und eine innerhalb des Gehäuses in die Balkenmasse
eingeschraubte, in der Figur nicht sichtbare Druckschraube das Gehäuse und mit
diesem die Schneide in die richtige Höhe einstellen lässt.
Um die Entfernungen der Endschneiden von der Mittelschneide gleich zu machen, dienen
die Schrauben 6, die in den Balken eingeschraubt sind
und deren Kopf sich gegen das obere Ende des Gehäuses stemmt. Die feine Justierung
der Gleicharmigkeit geschieht mit den schon erwähnten Schrauben 4 und 5.
Fig. 9 und 10 zeigen
eine entsprechende Justiervorrichtung von Sauter. B ist
der Balken, z2 die
Endschneide.
Auf den Endschneiden sind die Wageschalen mit einem „Kompensationsgehänge“
aufgehängt. Es ist dies eine Art Cardani scher
Aufhängung, die bezweckt, dass unabhängig davon, ob die Gewichte auf der Mitte der
Schale oder mehr seitlich stehen, die Schneide stets gleichmässig gelastet wird.
Fig. 11 bis 13
stellen ein Kompensationsbehänge von Sauter dar. Der
Drahtbügel des Gehänges c ist in den Scharnierbolzen
f über der Mitte der Endschneide z' pendelnd aufgehängt und mit einem Bügel c' verbunden, in den der Schalenbügel eingehängt
wird.
Bei dem Kompensationsgehänge von Sartorius (Fig. 14) ist die ebene Platte aus Karneol, die auf
der Endschneide spielt, die „Pfanne“, in einen Rahmen eingefügt, in dem zu
beiden Seiten der Steinplatte Karneolhütchen sitzen, deren Boden mit der unteren
Pfannenfläche in eine Ebene fällt. In diesen beiden Hütchen spielt der Bügel b mit den Schrauben o und
oo, deren Spitzen gehärtet und fein poliert sind,
rechtwinklig zur Wagenachse; seine Drehungsachse liegt in der Ebene der Endschneide.
Der Druck wirkt bei dieser Anordnung selbst bei der schiefsten Belastung der
Wageschale stets nur an einem und demselben Punkte.
Dieses Kompensationsgehänge erfordert eine besondere Art der Arretierung. Bekanntlich
werden bei feinen Wagen nach der Wägung durch besondere Mechanismen die Schneiden
von ihren Pfannen abgehoben, weil die Berührungsfläche zwischen beiden äusserst
schmal ist und deshalb einen sehr hohen Flächendruck auszuhalten hat. Auf der Güte
der Arretierungsvorrichtung beruht in hohem Grade die Dauerhaftigkeit der Wage.
Es gilt die Mittelschneide von ihrem Lager, die Gehänge von den Endschneiden so
vorsichtig abzuheben und beim Auslösen der Wage ebenso sanft wieder aufzusetzen,
dass der geringste Stoss vermieden wird. Meist gibt man der
Arretierungsvorrichtungen die Form von Stangen mit seitlichen Armen, die durch
Exzenter innerhalb der den Wagebalken tragenden Säule gehoben und gesenkt werden
können.
Ausserdem werden die Schalen durch Stützen, die sich unter ihnen vom Boden erheben,
aufgenommen. Man kann alle drei Achsen durch die gleiche Vorrichtungentlasten
oder für Balken und für Gehänge getrennte Arretierungen anordnen. Im letzteren Falle
wird die Wage am meisten geschont, aber die Einrichtung ist verwickelter. Ferner
kann man die Arretierung statt durch senkrecht verschiebbare Träger auch durch Hebel
bewirken, die sich in der Achse der Mittelschneide drehen, so dass sie auch bei
schiefer Stellung des Balkens an dem rechten Platze angreifen.
Textabbildung Bd. 319, S. 340
Fig. 14.
Textabbildung Bd. 319, S. 340
Fig. 15.
Bei der Arretierung für das Kompensationsgehänge von Sartorius soll die ebene Pfanne immer wieder in derselben Linie auf die
Endschneide aufgesetzt werden; deshalb ist der Rahmen der Pfanne (Fig. 14) mit drei Schrauben 1 bis 3 versehen, von denen 1 sich beim Arretieren in die oben trichterförmig
ausgearbeitete Säule 1 (Fig.
15), 2 in die Rinne 2 und 3 auf die ebene Platte 3 setzt. Durch diese Anordnung ist die
Unveränderlichkeit der Berührungsfläche zwischen Pfanne und Schneide gesichert und
die Vorrichtung kann sich nirgends klemmen.
Die Stützvorrichtung für die Wageschalen kann man mit Lederpolstern versehen; Bunge stützt die Schalen durch halbkugelförmige
Achatsteine.Bunge lässt auch den Wagebalken mit
Achatkugelflächen nahe der Mittelschneide in einem Hohlkegel und in zwei
Rinnen von Achat ruhen, bei seinen besten Wagen ausserdem kurz vo den
Endschneiden auf scharfkantigen Pfeilern. Bei den feineren Wagen
von Rueprecht liegt die Schale auf drei festen Punkten,
über deren Ebene ein feiner Haarpinsel etwas hervorragt, der beim Senken der
Arretierung das Pendeln der freiwerdenden Wageschale zum grössten Teile aufhebt.
Dieses störende Pendeln entsteht, wenn die Gewichte nicht in der Mitte der Schale
aufgesetzt sind. Um es gänzlich zu beseitigen, bringt Rueprecht unter den Schalen eine Konusarretierung an, die in einem
Trichter endet, auf dessen oberem Rande die Wageschale in arretiertem Zustande
aufsitzt; die Schale selbst hat in der Mitte ihrer Unterseite einen Stift, der in
den Trichter hineinragt. Wenn nun der zu wiegende Körper oder die Gewichte
ausserhalb der Mitte stehen, so wird beim Senken der Arretierung die Schale in dem
Bestreben, sich mit ihrem Schwerpunkt senkrecht unter die Endschneide zu hängen, mit
dem Stifte solange an der Wand des Trichters gleiten, bis sie die senkrechte
Stellung gefunden hat, dann bleibt sie ohne jedes Schwanken ruhig hängen während der
Trichter noch tiefer geht; umgekehrt wird beim Arretieren die Schale wieder durch
den Trichter gefasst und sanft in seine Mitte geführt.
(Fortsetzung folgt.)