Titel: | Feuersichere Bauweisen und Verwandtes. |
Autor: | Gustav Rauter |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 392 |
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Feuersichere Bauweisen und Verwandtes.Vergl. auch D. p. J. 1901, 316, 581, 716 und 317, 190, 205, 220,
655.
Von Dr. Gustav Rauter.
Feuersichere Bauweisen und Verwandtes.
Wenn wir heute, anknüpfend an unsere früheren Betrachtungen über feuersichere
Bauweisen diesen Gegenstand wieder behandeln, so wollen wir für diesmal von den
Bauweisen in Zement und Eisen einerseits, von den sogenannten Kunststeinen
andererseits absehen, über die bei dem grossen Umfange dieser Gebiete besonders
berichtet werden soll. Wir wollen hier nur diejenigen Bauweisen behandeln, die sich
nicht in jene beiden Gebiete einreihen lassen, also zunächst die Konstruktionen aus
Ziegel oder aus Ziegel und Eisen, wobei auch diejenigen aus Chamotte ihren Platz
finden sollen. Es würden sich dann die zahlreichen Materialien anreihen, die als
Gipssteine, Korksteine oder Asbestmasse bezeichnet werden, nebst all jenen Stoffen
von ähnlicher Zusammensetzung. Hiernach wären die auf Drahtnetz aufgebrachten
Umkleidungen zu besprechen, sofern sie nicht schon vorher haben eingereiht werden
können. Es folgen dann die Holzeisenkonstruktionen, an die sich passend die zum
Tränken von Holz dienenden Verfahren, sowie die Anstrichsmittel anschliessen.
Wir werden im Laufe unserer Besprechungen auchöfters Gelegenheit haben, auf
schon früher erwähnte Baustoffe zurückzugreifen, insofern nämlich mit diesen
amtliche Feuersicherheits- oder Belastungsproben angestellt wurden, oder insofern
neue Tatsachen über diese bekannt geworden sind.
Von Literatur ist hier der inzwischen erschienene Amtliche Bericht über die im Jahre
1901 zu Berlin stattgefundene Internationale Ausstellung für Feuerschutz und
Feuerrettungswesen zu erwähnen, der im Auftrage des Königlich Preussischen
Ministeriums des Innern bearbeitet und in Ecksteins
Bibliographischem Verlag zu Berlin herausgekommen ist. Das Werk führt den Titel
Feuerschutz- und Feuerrettungswesen beim Beginn des XX. Jahrhunderts und ist mit
zahlreichen Abbildungen ausgestattet. Der uns hier am meisten interessierende
Abschnitt über feuersichere Bauausführungen nimmt die Seiten 321 bis 352 ein und ist
von Prof. Gary von der Königlichen
Mechanisch-technischen Versuchsanstalt zu Charlottenburg verfasst worden, geht also
von ganz besonders zuständiger Stelle aus. Ein grosser Teil des Inhaltes dieses
Berichtes ist bereits in dem oben angeführten, 1902 erschienenen Aufsatz enthalten,
wenn auch freilich, dem amtlichen Karakter des Berichts gemäss, in diesem manches
Material hat Berücksichtigung finden können, das dem Verfasser dieses Aufsatzes
nicht vorgelegen
hatte, das aber heute nach Möglichkeit noch benutzt worden ist.
Die früher erwähnten amerikanischen Hohlsteindecken
haben auch in der Zwischenzeit in Deutschland keine Nachahmung gefunden. Jedoch ist
eine in gewissem Sinne sich hier anschliessende Konstruktion bekannt geworden,
nämlich von der Stettiner Chamottefabrik A. G. vormals
Didier zu Stettin ausgeführte, feuerfeste Säulenumkleidungen aus Chamotte.
Sie sind angewandt in einem Lagerhaus der Firma Getreidebrennerei und f Spritfabrik Ferdinand Rückforth Nachflg. zu
Stettin. Die Chamottebekleidung ist aus einzelnen, mit Nut und Feder ineinander
eingreifenden Halbringen zusammengesetzt und von der Säule durch einen lufterfüllten
Raum getrennt, dessen Grösse durch an den Chamotteplatten angebrachte Nasen
gewährleistet wird.
Textabbildung Bd. 319, S. 393
Fig. 1 bis
3 geben
einen Längsschnitt und zwei Querschnitte durch eine derartige Säule. Da nun Chamotte
das feuerbeständigste Material ist, das wir haben, so darf wohl erwartet werden,
dass diese Säulenmäntel sich bei einem Brande bewähren, obschon bis jetzt
Brandproben damit noch nicht angestellt worden zu sein scheinen.
Textabbildung Bd. 319, S. 393
Trägerlose Hohlsteindecke nach Cracoanu.
Die Zahl der feuersicheren Ziegeldecken ist wiederum stark vermehrt worden, und zwar
zunächst durch eine sogenannte trägerlose Hohlsteindecke nach Cracoanu. Sie besteht aus Hohlsteinen mit gerippten
Seitenflächen und zeigt eine Anordnung von nahe der Unterkante Netzartig eingelegten
schwachen Rundeisen. Die Herstellung der Decke geschieht derart, dass zunächst eine
Steinreihe senkrecht zur Richtung der darin befindlichen Hohlräume auf der
vorläufigen Arbeitsschalung versetzt wird, die Querdrähte eingespannt, sowie der
erste längslaufende Draht eingelegt werden und dann die nachfolgenden Steinreihen
versetzt und die beiden zuerst verlegtenSteinreihen mittels in die Hohlräume
eingeschobener Rollen aus Pappe oder Blech verbunden werden, so dass beim Vergiessen
der Fugen die Hohlräume der Steine gänzlich frei bleiben. Neuerdings führt diese
Bauart den Namen Westphalsche Decke.
Textabbildung Bd. 319, S. 393
Fig. 6. Hohlsteindecke von Mesch.
Die Steine stehen demgemäss bei dieser Decke nicht im Verband miteinander und werden
durch den Mörtel, das Eisendrahtnetz und die eingeschobenen Rollen in ihrer
gegenseitigen Lage gehalten. Fig. 4 und 5 zeigen die
Konstruktion dieser Decke in zwei Schnitten. Ueber ihre Bewährung ist noch nichts
verlautet.
Textabbildung Bd. 319, S. 393
Fig. 7. Hohlsteindecke von Mesch.
Die Hohlsteindecken von M. Mesch in Magdeburg sind durch
Fig. 6 und 7
dargestellt. Die eine dieser Decken – mit Eiseneinlage – (Fig. 6) wird hergestellt, indem man eine Holzverschalung unter den
eisernen Deckenträgern anbringt und darauf ein oder zwei Schichten gegen die
Umfassungswand mauert. Dann gibt man etwas Mörtel auf und treibt eine Klammer an.
Hiergegen soll man, der angewendeten Eisen- und Steinstärke entsprechend, ein bis
fünf Schichten eben einwölben. Alsdann treibt man wieder eine Klammer an usw.
Die zweite Decke von Mesch besteht aus Hohlsteinen (Fig. 7), die sich von denen ähnlicher Konstruktion
nicht wesentlich unterscheiden, und die ohne Eiseneinlage quer zu den Trägern
verlegt werden.
Mit der D. p. J. 1902, 317, 192 und 194 erwähnten
geradlinigen, massiven, Decke nach Körting aus
sogenannten Herkules-Formsteinen, sind von der
Königlichen Versuchsanstalt zu Charlottenburg Prüfungen angestellt worden. Diese
haben bezüglich der beiden Ausführungsformen folgendes ergeben:
Körtingsche Decken von 1,19 m Spannweite, mit Verankerung zwischen ⊤-Trägern liegend, ergaben bei
3340, bei 3400 und bei 2830 kg Belastung auf 1 qm, und bei 0 bis 2 mm Durchbiegung
Risse nahe der Mitte über die ganze Breite der Decke durch Stein und Fuge. Bei 6290,
bei 7320 und bei 4520 kg Belastung und bei Durchbiegungen von 9 bis 13 mm, erfolgte
plötzlicher Bruch nahezu in der Mitte der Risstelle.
Bei Decken von 1,22 m Spannweite, ohne Verankerung auf
⊤-Trägern liegend, erfolgte bei 2080, 2030 und 2010 kg Belastung, plötzlicher Bruch
nahe der Mitte über
die ganze Breite der Decke durch Stein und Fuge. Die ebenfalls im letzten Bericht
(Seite 194) bereits erwähnte Anker-Dübel-Decke nach Höfchen & Peschke – geschützt durch D. R. P. 125725
– ist durch Verfügung des Königlichen Polizei-Präsidiums zu Berlin in den beiden
Ausführungsformen mit und ohne Eiseneinlage als feuersichere und belastete Decke für
Berlin und Charlottenburg allgemein genehmigt worden. Prüfungen der
Mechanisch-technischen Versuchsanstalt an Steindecken von 1,50 m Spannweite
lieferten folgende Ergebnisse:
Textabbildung Bd. 319, S. 394
Eisenbalkendecke von Warnebold & Nasse.
Bei 6760, 6770 und 6780 kg Belastung auf 1 qm und Durchbiegungen von 10 bis 12 mm,
erfolgte Riss nahe der Mitte in den mittleren Steinen. Bei 8980, 10060 und 8880 kg
Belastung und bei 18 bis 20 mm Durchbiegung erfolgte langsamer Durchbruch nahe der
Mitte über die ganze Breite der Decke durch Stein und Fuge.
Textabbildung Bd. 319, S. 394
Fig. 10. Zickzackmauer ven Janisch.
Eine Eisenbalkendecke mit zickzackartig angeordnetem Steinverband ist der Firma Warnebold & Nasse in Berlin durch D. R. P. 127103
geschützt worden. Im Gegensatz zu den sonst bekannten Deckenausführungen werden hier
an Stelle von Bausteinen rechteckigen Grundrisses ausschliesslich solche mit schräg
gegen die Läuferseite liegenden Köpfen verwendet. Auf diese Weise werden, wie aus
Fig. 8
und 9 zu
ersehen ist, zur Herstellung der im Verbände gemauerten Deckenplatten im allgemeinen
nur Steine von einer Grösse erforderlich, ausgenommen natürlich die Anfängersteine.
Der Anspruch geht auf einen Steinverband für Eisenbalkendecken, gekennzeichnet durch
die Verwendung rhomboidisch geformter Steine, die derart auf Schalung zwischen den
Trägern gereiht werden, dass die Lagerfugen der Decke gleichlaufend miteinander in
schräger Richtung sich befinden.
Ob die Anwendung von rhomboidisch geformten Steinen vor dem Verbände gewöhnlicher Art
grössere Vorteile bietet, müsste erst durch die Erfahrung bewiesen werden;
Veröffentlichungen in dieser Hinsicht sind noch nicht erfolgt.
Bezüglich der Wandkonstruktion nach Prüss (vergl. D. p.
J. 317, 221 und 658) ist zu bemerken, dass eine besondere
Ausführungsform dieser Bauweise als Pfahlbau bezeichnet
wird, die für kleinere Wohnhäuser, für landwirtschaftliche und gewerbliche Bauten,
für Baracken und dergleichen Verwendung finden soll. Hierbei steht der Bau nicht,
wie die schlecht gewählte Bezeichnung vermuten lässt, auf Pfählen, sondern es sollen
in den Ecken der Gebäude, sowie innerhalb der Wände in etwa 3 bis 4 m Abstand Pfähle
aus Eisen oder Holz aufgestellt werden,die dann aussen und innen Wände nach
System Prüss tragen sollen. Die hierbei entstehenden
Hohlräume von etwa 20 cm lichter Weite sollen je nach dem Zweck der Bauten mit
Kieselguhr oder dergleichen angefüllt oder auch hohl gelassen werden. Es dürfte
nicht unbedenklich sein, auf diese Weise die eigentlich tragende Eisen- und
Holzkonstruktion der Aufsicht zu entziehen, zumal das an zwei Seiten freiliegende
Eisen jedenfalls stark dem Rosten, das im feuchten Mauerwerk dem Luftwechsel
entzogene Holz dagegen stark der Fäulnis ausgesetzt sein wird. Pfähle aus armiertem
Beton wären unter diesen Umständen jedenfalls eher zu empfehlen.
Textabbildung Bd. 319, S. 394
Isoliersteine „Luftikus“ von Rosette-Littmann.
Im übrigen ist noch zu erwähnen, dass die Königliche Versuchsanstalt zu
Charlottenburg mit den Prüssschen Wänden eine Probe auf
Feuersicherheit vorgenommen hat. Die höchste hierbei entwickelte Wärme wurde im
Innern des Versuchshäuschens zu 950° C. festgestellt. Nach Beendigung des Versuches
zeigten sich die vom Feuer berührten Wände des Häuschens, abgesehen von einigen
geringen Rissen, in den Fugen äusserlich unverändert. Die Trennungswand konnte
starken Erschütterungen ausgesetzt werden, ohne dass sich Beschädigungen nachweisen
liessen.
Auch ein von der gleichen Anstalt ausgeführter Versuch in bezug auf Standfestigkeit
dieser Wände führte zu einem günstigen Ergebnis. Die zwischen zwei Seitenmauern
eingespannte Wand zeigte auch nach Fortnahme der Ober- und Unterschwelle weder Risse
noch sonstige Veränderungen und wurde von beiden Seitenmauern freitragend
gehalten.
Textabbildung Bd. 319, S. 394
Baukörper von Laue.
Die Wände nach Donath & Co. (vergl. D. p. J. 317, 221) sind durch Verfügung des Berliner
Polizei-Präsidiums allgemein genehmigt worden.
Es sei bei dieser Gelegenheit, obschon eigentlich nicht zum Gebiete des Feuerschutzes
gehörig, auf eine von Waldetnar fenisch konstruierte,
sogenannte Zickzackmauer nach D. R. G. M. 188090
hingewiesen. Diese Wand soll aus Ziegelsteinen auf hoher Kante mittels Form und
Lehren hergestellt werden und einen zickzackförmigen Grundriss besitzen. Sie wird
ausser als Umfriedigungsmauer auch noch als Aussenwand für Zäune, Schuppen,
Lagerhäuser usw. empfohlen, wobei die Zickzackform gegenüber der glatten Mauerform
die gleichen Vorteile bieten soll, wie etwa Wellblech gegenüber gewöhnlichem Blech.
Ueber Ausführungen dieser – durch Fig. 10
dargestellten – Mauerform ist noch nichts bekannt geworden.
An neueren Konstruktionen in Ziegel oder in Ziegel und Eisen und verwandten
Materialien sind noch die Agenden zu nennen:
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Fig. 17. Glasbausteine von. Fried. Siemens A. G.
Die Isoliersteine Luftikus nach Alexander Rosette-Littmann zu Berlin, Isoliermittel für Mauern, Decken und
Fussböden (D. R. G. M. 163091 und 163752) werden als einfache Steine mit Ansätzen
(Fig.
11) oder als Doppelsteine (Fig. 12) hergestellt,
erforderlichenfalls wird ihre Wirkung durch Einlegen einer mittleren Schicht aus
isolierendem Stoff (Fig. 13) erhöht.
Die Baukörper nach Hermann Laue in Gilzum, Braunschweig
(D. R. P. 125727) sollen zur Herstellung von Platten, Wänden, Decken oder
dergleichen verwendet Werden und aus Stein, Ton, Glas oder anderen zweckdienlichen
Stoffen hergestellt sein. Sie sind auf einer Breitfläche (Fig. 14 und 16) mit
einer rautenförmig umgrenzten Vertiefung versehen, während die entgegengesetzte
Fläche (Fig.
15) zwei halb so grosse dreieckige Erhöhungen besitzt, durch deren
Ineinandergreifen ein guter Verband erzielt werden soll. Um die Festigkeit daraus
hergestellter Deckenplatten zu erhöhen, ist beabsichtigt, die Baukörper noch mit
seitlichen Längseinschnitten von wechselnder Tiefe zu versehen und
dieseEinschnitte nach Verlegung der Körper mit Zement oder dergleichen
auszufüllen.
Die so gebildete zusammenhängende Zementleiste, in den Abbildungen schwarz angegeben,
soll Abstützung der einzelnen Körper gegen Kippen bewirken. Diese Ansicht des
Erfinders dürfte den Tatsachen nicht entsprechen, da man einer solchen Zementleiste,
die ohnehin bald rissig werden dürfte, doch keine irgendwie ins Gewicht fallende
Bruchfestigkeit oder Scherfestigkeit zuschreiben darf, die Körper selbst aber durch
diese Einschnitte stark geschwächt werden.
Textabbildung Bd. 319, S. 395
Fig. 18. Glasbausteine von Friedr. Siemens A. G.
Die durch D. R. P. 133927 geschützte weitere Ausbildung der bekannten Glasbausteine
von Friedrich Siemens A. G. in Dresden bezweckt, das
Auswechseln einzelner Steine ohne Störung des Verbandes zu erleichtern, das bisher
bei einseitig offenen hohlen Glasbausteinen dadurch beträchtlich erschwert war, dass
das Bindemittel zum Teil in die Höhlung des Steines eintrat. Deshalb sind nunmehr
(s. Fig. 17 und 18)
auf der geschlossenen Seite der Lagerfläche Erhöhungen angeordnet, die bis an eine
Seitenkante reichen, und die von den übrigen Seitenkanten um die Breite der
Seitenwände der Steine abstehen. Die Konstruktion dürfte gewiss für manche Zwecke
von Vorteil sein. Auch ohnedies schon bilden jedenfalls die Glasbausteine nach Siemens die besten Bausteine ihrer Art, die nicht nur
zum Aussetzen von Oeffnungen, sondern auch zu jedem beliebigen anderen Bauzweck
bequem verwendet werden können.
(Fortsetzung folgt.)