Titel: | Professor J. A. Flemings Vorträge über drahtlose Telegraphie. |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 396 |
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Professor J. A. Flemings Vorträge über drahtlose
Telegraphie.
(Schluss von S. 382 d. Bd.)
Professor J. A. Flemings Vorträge über drahtlose
Telegraphie.
Textabbildung Bd. 319, S. 395
Fig. 21.
Textabbildung Bd. 319, S. 395
Fig. 22.
Textabbildung Bd. 319, S. 395
Fig. 23.
Auf die Einrichtungen für die drahtlose Telegraphie übergehend, werden die
verschiedenen Formen der Luftleiter, wie solche von Marconi geschaffen wurden, bildlich vorgeführt. Dieselben sind in den Fig. 21 bis 23
wiedergegeben. Der in Rg. 23 dargestellte Luftleiter oder Radiator wurde von Fleming geschaffen. Alle seine Drähte haben die gleiche
Periode, d.h. jeder Draht hat die gleiche Kapazität und Induktanz wie der Andere, so
dass sie einheitlich zusammenwirken und nur ganz gleiche Wellen entsenden können.
Die Vermehrung der Zahl der Drähte erhöht jedoch nicht die Wirkung der Ausstrahlung
im proportionalen Verhältnisse, indem ihre Kapazität nicht in entsprechendem
Verhältnisse anwächst. Durch hundert Drähte wird die Kapazität gegenüber einem
Drahte nur verzehnfacht.
Bezüglich der Energieaufspeicherung in den Luftdrähten werden folgende Formeln
gegeben:
E=\frac{CV^2}{2\,\cdot\,10^6}
F=\frac{3\,CV^2}{8\,\cdot\,10^6}
F=\frac{27\,CV^2}{8}
wobei C die Kapazität in
Mikrofarad, V die Spannung in Volt, S die Länge des Funkens in mm, E die Energie in Joule und F die Energie in
Fusspfunden bedeutet.
Textabbildung Bd. 319, S. 395
Fig. 24.
Textabbildung Bd. 319, S. 395
Fig. 25.
Die Kapazität des Lüftdrahtes ist sehr gering und beträgt für einen 100 Fuss (30 m)
langen Draht von 0,1 Zoll (2,5 mm) Durchmesser ungefähr 0,005 Mikrofarad. Es kann
demnach im Luftdrahte nur eine ganz bestimmte Energiemenge aufgespeichert werden,
deren Grenzen durch den Zeitpunkt des Ueberspringens des Funkens gegeben sind. Eine
Vergrösserung der aufzuspeichernden Energiemenge liesse sich allerdings durch die
Verlängerung der Funkenstrecke erzielen, allein in einem solchen Falle verlieren die
Funken ihren oszillierenden Karakter. Ist die Funkenstrecke zu lang, so kehlen die
Elektronen nicht in den Draht zurück, sondern strömen aus und ist daher der Länge
der Funkenstrecke eine von der Spannung abhängige, ganz bestimmte Grenze gesetzt.
Bei einer Spannung von 30000 Volt beträgt die aufzuspeichernde Energiemenge nicht
mehr als 1/14
Fusspfund (0,001 mkg.) und ist diese Energiemenge ausreichend, um auf eine
Entfernung von 100 Meilen (160 km) zu sprechen. Der erforderliche Energieaufwand für
die drahtlose Telegraphie ist demnach geringer, als jener für den gewöhnlichen
Telegraphen.
Die Wellenlängen kommen in Uebereinstimmung mit der geschlossenen Orgelpfeife der
vierfachen Länge des Luftdrahtes gleich. Es lassen sich aber ebenso wie bei einer
solchen Pfeife, Knotenpunkte der Wellen im Drahte ausbilden und hierdurch die
Wellenlänge verkürzen, wovon einige Beispiele gegeben werden. Ebenso wie die
Orgelpfeife veranlasst werden kann, vier verschiedene Töne zu geben, ebenso lässt
sich ein Luftdraht zwingen, verschiedene Wellenlängen zu entsenden. Um den Nachweis
zu liefern, dass tatsächlich elektrische Wellen im Sendedrahte auftreten, bediente
sich Fleming der Anordnung von Dr. G. Seibt. Zu diesem Zwecke wurde ein 100 Fuss (30 m)
langer Draht zu einer langen stehenden Spirale T
aufgewunden und mit einem Braunschen Sender in
Verbindung gebracht. Fig. 24. Parallel zu dieser
Drahtspule T wurde in einer Entfernung von 3–4 Zoll
(75–100 mm) ein nakter Draht E aufgestellt, welcher
geerdet war. Wenn nun Wellen in dem Drahte T erregt
wurden, stieg die Spannung so an, dass von der Spitze dieses Drahtes Funken auf den
geerdeten Draht übersprangen und über eine grosse Länge desselben Büschelentladungen
bemerkbar wurden, welche sich als feiner blauer und leuchtender Nebel darstellten.
Entsprechend der grossen Spannung an der Spitze sprangen nur von dort aus Funken auf
den Draht über und schien sich der von der Büschelentladung herrührende leuchtende
Nebel zufolge der stetig gegen abwärts verringerten Spannung zusehends zu verdünnen.
Um dies noch klarer zu erweisen nahm Fleming an Stelle
des Drahtes E einen Metallstab. Wurde dieser Stab nahe
der Spitze des Drahtes T gehalten so sprangen zischende
Funken auf den Metallstab über. Ihre Länge betrug 3–4 Zoll (75–100 mm). Wurde
hingegen der Metallstab mit seinem Ende nahe der Mitte des Drahtes gebracht, so
konnten erst dann Funken erzielt werden, wenn der Stab dem Drahte bis auf zwei Zoll
(50 mm) genähert wurde. Je weiter nun gegen das untere Ende der Spirale herunter
gegangen wurde, desto näher musste der Stab zur Spirale gebracht werden, um Funken
zu erhalten, am Fusse der Spirale sogar so nahe, dass er die Spirale beinahe zu
berühren schien. Auch in der Form der Funken war ein Unterschied zu bemerken.
Dieselben erschienen an der Spitze blau und dünn, während sie gegen abwärts zu immer
dicker und glänzender wurden. Dieses erklärt sich dadurch, dass an der Spitze des
Drahtes die Spannung am grössten aber die Stromstärke am geringsten ist. Es konnte
also hier nur wenig Strom überspringen. Am Boden hingegen ist die Spannung am
geringsten, die Stromstärke am grössten und konnte daher viel Strom von geringer
Spannung übertreten.
Um nun den Draht T zu schnelleren Schwingungen und daher
kürzeren Wellen anzuregen, wurden die beiden früher parallel geschalteten
Leydenerflaschen L in Serie geschaltet (Fig. 25). Hierbei konnte, wenn auch nicht so deutlich
wie früher, gezeigt werden, dass in der Spirale zwei Punkte vorhanden waren, in
welchen die Spannung ein Höchstwert ist. Der Verlauf der Spannungskurve für beide
Fälle ist aus Fig. 24 und 25 zu ersehen.
In der zweiten Vorlesung besprach Fleming zunächst die
für den Betrieb der Induktorien verwendeten Unterbrecher und führte einige derselben
vor. Da sie bereits allgemein bekanntsind, wird von ihrer Beschreibung
abgesehen. Bemerkenswert sind die von Fleming
hervorgehobenen Bedingungen für ein gutes Unterbrechen.
Die Kondensatoren können bei der drahtlosen Telegraphie nur schwer entbehrt werden,
da sie als Energiereservoire dienen und gleichzeitig die Schwingungsperiode oder
Wellenlänge mit bedingen. Diesen Energiereservoiren soll nun die Energie möglichst
rasch nachgeliefert werden. Mit wenigen Ausnahmen werden Induktorien zum Laden der
Kondensatoren benutzt. Die Wirkung einer Induktionsspule hängt hauptsächlich, von
dem raschen und scharfen Unterbrechen des Primärstromes ab. Je schärfer diese
Unterbrechung erfolgt, desto kräftiger ist die Wirkung der Sekundären. Es ist dies
auch sofort erklärlich, wenn man erwägt, dass die Einwirkung der Primären auf die
Sekundäre nur so lange andauert, als der Strom in der ersteren im Ansteigen oder
Abfallen begriffen ist. Je geringer der Zeitraum zwischen Stromschluss und
Stromunterbrechung ist und je schärfer die Unterbrechung erfolgt, desto grösser wird
die induzierende Wirkung in gegebener Zeit sein. Die induzierten Ströme folgen sich
in viel kürzeren Zwischenzeiten, so dass auch die Ladung der Kondensatoren auf ihre
volle Spannung viel rascher erfolgt. Es muss demnach bei den Induktorien auf eine
möglichst rasche und präzise Unterbrechung hingearbeitet werden. Die Kondensatoren
üben einen grossen Einfluss auf die Funkenlänge aus, und ist der Funke, welchen ein
Kondensator in Verbindung mit der Sekundären des Induktoriums gibt, viel kleiner,
als wenn das Induktorium unmittelbar auf die Funkenstrecke wirkt. Dies findet in den
Kondensatoren selbst ihre Ursache, da die Kondensatoren in den zur Verfügung
stehenden kurzen Zeiträumen nie auf ihre volle Kapazität geladen werden können, und
in der Praxis sich im günstigsten Falle 60 v. H. der vollen Spannung erreichen
lassen.
Dass hier die Kapazität eine grosse Rolle spielt, ist selbstredend. Die volle Ladung
oder Spannung eines Kondensators hängt von der zugeführten Elektrizitätsmenge ab. Je
grösser die Kapazität, desto mehr Elektrizität muss dem Kondensator bis zu
erreichten Volladung zugeführt werden. Liefert demnach ein Induktorium in einer
bestimmten Zeit eine gewisse Menge Elektrizität, so wird die Spannung in einem
Kondensator grösserer Kapazität viel geringer sein, als die in einem Kondensator
geringerer Kapazität.
Zur näheren Erklärung vergleicht Fleming Kondensatoren
verschiedener Kapazität mit zylindrischen Gefässen verschiedener Weite. Ebenso wie
für die letzteren bei Füllung mit dergleichen Menge Flüssigkeit der Bodendruck um so
grösser wird, je enger das Gefäss ist, wird die Spannung eines Kondensators auch bei
Zuführung gleicher Elektrizitätsmenge um so grösser, je geringer seine Kapazität
ist.
Textabbildung Bd. 319, S. 396
Fig. 26.
Die erreichbare Funkenlänge zwischen zwei Funkenkugeln steigt im geraden Verhältnisse
mit der Spannung an und erscheint demnach die Diagrammlinie der Funkenlängen für
verschiedene Spannungen als eine Gerade. Als Gedächtnisregel wird angegeben, dass 1
mm Funkenlänge einer Spannung von 3000 Volt entspricht. Dies bezieht sich jedoch nur
auf Entladungen durch atmosphärische Luft unter normalem Drucke. Ist hingegen die
Funkenstrecke von einem anderem Medium, wie anderen Gasen als atmosphärische Luft
umgeben, oder befindet sich die Luft unter Druck, so gilt diese Regel nicht mehr.
Fleming zeigte experimentell, dass die Spannung
wesentlich erhöht werden musste, um einen Funken zu erzielen, wenn die Funkenstrecke
von Luft umgeben war, die unter einem Drucke von 4 bis 5 kg/qcm stand. Zur
Vorführung dieses Experimentes bediente er sich der in Fig. 26 schematisch dargestellten Anordnung. J ist eine Induktionsspule, C1 und C2 Kondensatoren, T1, und T2 sind Transformatoren und S1, S2, S3 Funkenstrecken. Sprang bei S1 ein Funke über, so wurden in den
Sekundären von T1
Schwingungen erregt, und es sprangen Funken bei S2 unter der Voraussetzung über, dass die
Funkenkugeln nahe genug waren. Würde die Luft um Sj verdichtet, so stieg die von dem
Induktorium erzeugte elektromotorische Kraft viel höher, ehe bei S1 ein Funke
übersprang, folglich war die induktive Wirkung in dem Transformator T1 eine viel grössere,
was sich an der Funkenstrecke S2 zeigte. Mit zunehmender Spannung der Luft und S1 wuchs also auch die
elektrische Spannung des sekundären Stromes. Mit Erhöhung des Luftdruckes wächst
aber auch die ausstrahlende Kraft des Luftdrahtes. Dies dürfte in der Plötzlichkeit
gelegen sein, mit welcher das die Funkenstrecke umgebende Medium dem elektrischen
Drucke nachgibt, wodurch die oszillatorische Wirkung vergrössert wird. Die
Plötzlichkeit des Nachgebens des Dielektriums ist bei einem Drucke von 14 kg/qcm dreimal so
gross als bei einem Drucke von 8 kg.
Um die Kraft für einen Luftdraht zu erhalten, durch welchen Nachrichten auf sehr
grosse Entfernungen entsendet werden sollen, erweist sich das Induktorium als
ungenügend. Eine derartige Induktionsspule kann für keine grössere Leistung als von
einzehntel PS gebaut werden, und beträgt deren Wirkungsgrad nicht mehr als 50 bis 60
v. H. Man musste daher für diese Zwecke zu Wechselstromtransformatoren die Zuflucht
nehmen, wobei jedoch neuerdings eine Reihe von Schwierigsten zu überwinden war. Da
die Transformatoren bedeutend geringere Widerstände in der Sekundären haben, neigen
sie sehr dazu, in der Funkenstrecke einen Lichtbogen hervorrufen. Nach Vorführung
der neuesten Transformatoreneinrichtungen bespricht der Vortragende noch die neueste
Funkenstrecke nach Cooper-Hewitt, um sodann auf die
Konstruktion der Kondensatoren überzugehen. Leydener Flaschen sind zu gross und zu
gebrechlich, um gut verwendet werden zu können. Er führte einen Kondensator mit
Micanit als Dielektrikum vor, der eine Kapazität von sechs Mikrofarad hatte, und
verwies darauf, welchen grossen Platz das Dielektrikum im Verhältnis zu der
aufzuspeichernden Energiemenge einnimmt und wie wenig Raum bei der mechanischen
Energieaufspeicherung Genötigt wird. Ein cbm Luft vermag elektrisch annähernd 7 mkg
aufzuspeichern. Werden dagegen 2 cbm Luft auf ein cbm zusammengepresst, so bedeutet
dies eine Aufspeicherung von 10000 mkg an mechanischer Energie. Glas vermag nur 0,15
bis 0,14 mkg aufzuspeichern und Mikanit ungefähr das dreifache davon.
Der Nachteil der ursprünglichen Anordnung von Marconi
war in der geringen Elektrizitätsmenge gelegen, welche der Luftdraht aufzuspeichern
vermochte. Ein Luftdraht von 100 m Länge besitzt eine Kapazität von nur 1/5000 Mikrofarad,
also nur ungefähr einzehntel der Kapazität einer gewöhnlichen Leydener-Flasche. Doch
genügte schon diese geringe Kapazität, um auf Entfernungen von 160 km telegraphieren
zu können.
Doch konnten auf diese Weise nur einfache Wellenimpulse an Stelle einer Serie von
Wellen entsendet werden. Durch die Anwendung von Kondensatoren und Uebertragung der
Impulse mittels Transformators auf den Luftdraht gelang es, statt einer Welle eine
Serie von 20 bis 30 Wellen zu entsenden. Hierbei ist es jedoch Bedingung, dass die
beiden in Betracht kommenden Stromkreise genau aufeinander abgestimmt sind.
Nach kurzer Beschreibung der verschiedenen Sendeeinrichtungen von Marconi, Braun, Slaby-Arco und Lodge-Muirhead gelangt Fleming zur Erklärung
des Gesetzes von Marconi über die Entfernung, welche
überwunden werden könne. Das Gesetz lautet: Die Entfernung D, welche bei einer bestimmten Höhe des Luftdrahtes bei einem gegebenen
Sender und Empfänger überwunden werden kann, ist gleich CH2. Hierbei sind D und H in Meter
ausgedrückt und bedeutet C einen zwischen 30 und 1000
schwankenden Koeffizienten, dessen Wert von der Natur des Senders und Empfängers
abhängig ist. Der Beweis für die Richtigkeit ist folgender:
Die Wellenenergie ändert sich bei gleichbleibender Höhe des Sendedrahtes im
umgekehrten Verhältnisse zum Quadrate der Entfernung.
Ist hingegen D konstant, so ändert sich die am
Empfänger einlangende Energie im quadratischen Verhältnisse zu der einlangenden
elektrischen Kraft und daher um H4.
Aendert sich sowohl D als H
zu gleicher Zeit, so muss \frac{H^2}{D} eine Konstante sein, die durch die Natur des
Senders und Empfängers bestimmt wird. Die Tatsache, dass die Entfernung, über welche
Signale übertragen werden können, sich mit dem Quadrate der Höhe des Luftdrahtes
ändert, veranlasst vielfach zur Ansicht, dass über den Ozean nicht telegraphiert
werden kann, ausser die Höhe der Luftdrähte erreicht gegen 600 m. Das Gesetz ist
vollkommen richtig, aber die zu erreichende Entfernung hängt auch von der
Empfindlichkeit des Empfängers ab, und ist es durch Anwendung sehr empfindlicher
Empfänger gelungen, mit einem Sendedraht von nur 200 m Höhe Nachrichten über den
Ozean zu senden.
In der dritten Vorlesung wurden die Einrichtungen für die Sendung kurz gestreift und
dabei darauf hingewiesen, dass für eine rasche Sendung Morsetaster zur Verwendung
gelangen müssen, die nur eine geringe Bewegung erfordern. Ein solcher Sender in der
Form eines gewöhnlichen Morsetasters wurde vorgeführt. Auf die Empfangsvorrichtungen
übergehend, verweist Fleming vorerst darauf, dass sich
vom Sendedrahte, wie dies bereits früher erklärt wurde, senkrechte Spannungslinien,
die von wagerechten kreisförmigen Kraftlinien umgeben sind, loslösen (Fig. 18) und im Raume ähnlich wie die von einem
hineingeworfenen Kiesel ausgehenden Wasserwellen in einem Teiche ausbreiten. Sie
treffen den empfangenden Luftdraht und rufen in ihm eine elektromotorische Kraft
hervor, während der Sender gleichzeitig die Wellen der elektrostatischen Kraft
absorbiert. In diesem Sinne gleicht der Empfangsdraht einem Drahte in der Armatur
einer Dynamomaschine, jedoch mit dem Unterschiede, dass bei der Dynamomaschine die
Armatur in Bewegung und das magnetische Feld stationär ist.
Je mehr nun derartige Ringe magnetischer Kraftlinien den Empfangsdraht treffen, desto
grösser wird die in ihm erregte elektromotorische Kraft sein, es ist daher
notwendig, um eine gute Wirkung zu erreichen, dass der Empfangsdraht sehr hoch
gemacht wird. Die elektromotorische Kraft ist das Produkt aus der Länge des Drahtes,
multipliziert mit der Intensität des magnetischen Feldes und kann daher kein Ersatz
für die Höhe des Drahtes gefunden werden. Alle bisherigen diesbezüglichen Versuche
sind erfolglos geblieben.
Entsprechend dem Vergleiche mit der Orgelpfeife hat die grösste elektrische Spannung
ihren Sitz an der Spitze, während am Fusse zwar ein beträchtlicher elektrischer
Strom, aber fast gar keine Spannung vorhanden ist. Da nun der Fritter nur auf
Spannung anspricht, wurde versucht, den Fritter an der Spitze des Drahtes
anzubringen und so eine sichere Wirkung desselben zu erreichen. Allein da der
Verbindungsdraht eigentlich einen zweiten Luftdraht bildet, befand sich hierdurch
der Fritter in keiner besseren Lage und war demnach auch die Wirkung keine bessere.
Bei Anwendung mehrerer Empfangsdrähte konnte, wenn dieselben am Fusse miteinander
verbunden wurden, zwar ein grössere Stromintensität, aber keine grössere Spannung
erreicht werden. Das einzige Mittel, die günstigste Ausnützung der Spannung zu
erreichen, bestand darin, den Strom mittels Transformators umzuwandeln und den
Fritter im geschlossenen sekundären Kreise an geeigneter Stelle anzubringen. Da
durch diese Transformation eine Spannungserhöhung eintritt, wurde der Transformator
in Analogie mit einer mechanischen Einrichtung zur Druckerhöhung mit den Namen
„Jigger“ bezeichnet.
Bei Besprechung der verschiedenen Formen der Wellenempfänger wendet Fleming, da der Ausdruck „Kohärer“ oder
„Fritter“ nicht für alle Fälle passt, das Wort „Kumascope“ an, was
verdeutscht eben nichts anderes als Wellenempfänger bedeutet, wobei jedoch in Bezug
auf die Wellen, welche empfangen werden sollen, kein Unterschied gemacht wird. Die
Beschreibung der verschiedenen Wellenempfänger kann übergangen werden, weil sie
nichts wesentlich Neues brachte. Als das empfindlichste Empfangsinstrument hat sich das
Telephon ei wiesen Für den Empfang von Nachrichten mittels des elektromagnetischen
Wellenempfängers von Marconi ist es unentbehrlich. Es
muss also hierbei auf schriftliche Aufzeichung der einlangenden Nachrichten Verzicht
geleistet werden. Fleming hat nun einen Apparat
geschaffen, durch welchen die Zeichen in sichtbarer Weise zur Aufnahme gelangen
können. Die Beschreibung desselben lässt jedoch, da sie von keiner erklärenden
Zeichnung begleitet ist, das Wesen dieser neuen Einrichtung nicht voll erkennen,
weshalb von ihrer Wiedergabe abgesehen wird. Den Schluss des dritten Vortrages
bildet die Beschreibung der Empfangseinrichtung von Lodge.
Textabbildung Bd. 319, S. 398
Fig. 27.
Textabbildung Bd. 319, S. 398
Fig. 28.
In dem vierten und letzten Vortrage wendet sich Fleming
der Frage der drahtlosen Telegraphie auf grosse Entfernungen zu. Er führt einleitend
aus, dass er diesen Gegenstand nicht eingehend und nur von seiner wissenschaftlichen
Seite aus behandeln könne, weil hier eine Reihe von Interessen in Frage kämen, die
ihm gewissermaassen noch die Hände bänden. Die Ferntelegraphie ist nur dann von
Bedeutung, wenn auch die Geheimhaltung der Nachrichten gewährleistet ist. Die erste
aufzustellende Bedingung für eine Station ist daher, dass sie die Aufnahme von
Nachrichten dann vermeiden kann, wenn dies gewünscht wird, und die zweite Bedingung
ist, dass die entsendeten Nachrichten nicht von einer unberufenen Station abgehört
werden können. Beide Bedingungen sind ganz verschiedene. Zur Erfüllung der ersten
Isolation, darf ein gegebener Empfänger nicht von anderen elektrischen Wellen
angeregt werden können, als durch die für ihn bestimmten. Dies wurde durch die
Abstimmung erreicht. Sie gründet sich auf die richtige Bemessung der Kapazität und
Induktanz der Luftdrähte derart, dass sie nur auf Wellen von einer gegebenen
Zeitperiode ansprechen.
Die Formeln zur Bestimmung der Zeitperiode wurden bereits gegeben. Für gewöhnlich
sind die Wellen durch zeitliche Zwischenräume der Ruhe getrennt. In Fig. 27 entspricht die Wellenlinie der Entladung
zwischen den Funkenkugeln und die wagerechte Linie stellt die Zeit dar, während
welcher die Kapazität wieder geladen wird. Die einzelnen Wellen folgen sich mit
verhältnismässig sehr grossen Zwischenzeiten. Fig.
28 zeigt zwei voneinander deutlich unterschiedene Formen der Wellen.
Textabbildung Bd. 319, S. 398
Fig. 29.
Textabbildung Bd. 319, S. 398
Fig. 30.
In der oberen Linie sind die von einem stark gedämpften Sender ausgestrahlten Wellen
dargestellt, welche das Bestreben haben sehr schnell abzusterben. Die untere Linie
zeigt die von einem schwach gedämpften Sender ausgestrahlten Wellen, welche länger
andauern.
Der Vortragende zeigte hierauf experimentell, wie durch einen von oszillierenden
Strömen durchflossenen Stromkreis in einem sekundären Stromkreise Oszillationen
hervorgerufen werdenkönnen. In Fig. 29 findet
sich zur linken Hand ein Transformator, in dessen sekundärem Stromkreise eine
Kapazität K und eine Funkenstrecke S eingeschaltet ist. In einiger Entfernung von diesem
Stromkreise befindet sich rechts ein zweiter Stromkreis, in welchem elektrische
Oszillationen induziert werden, was durch eine kleine, in diesen Kreis
eingeschaltete Glühlampe 1 zu erkennen ist. Sie glüht
jedoch nur dann, wenn sich die beiden Stromkreise in vollständiger gegenseitiger
Abstimmung befinden. Wird in einem dieser Stromkreise die Kapazität oder die
Induktanz einseitig geändert, so hört die Lampe zu glühen auf, weil hierdurch die
Abstimmung zwischen den beiden Kreisen gestört ist. Diese Einrichtung ist von Hertzschen Wellen unabhängig und beruht auf rein
elektromagnetischen Induktionswirkungen.
Bei der in Fig. 30 dargestellten, von Dr. G. Seibtsiehe
auch Elektrotechnische Zeitschrift 1903, Heft 6.
angegebenen Anordnung konnten wirkliche Hertzsche Wellen sichtbar gemacht werden. Links befindet sich ein Induktorium
J in Verbindung mit einer Funkenstrecke L. Rechtsseitig befinden sich zwei Spiralen c1, c2, welche mit ihren
Enden in Vakuumröhren einmünden. Die Vakuumröhren konnten dann zum Erglühen gebracht
werden, wenn in der Spirale elektrische Oszillationen induziert wurden. Die
Induktionsrolle J in Verbindung mit einer Funkenstrecke
L induzierten Hertzsche Schwingungen in einer breiten Zinkplatte, die auf den Tisch gelegt
wurde. Die beiden Spiralen standen in keiner wie immer gearteten leitenden
Verbindung mit dem Zinke sondern waren auf isolierten Ständern montiert. Durch eine
passende Induktanz wurde es möglich den Stromkreis zur linken Hand auf eine der
beiden Spiralen zur rechten Hand abzustimmen. Da die beiden Spiralen verschiedene
Zeit- oder Schwingungsperioden hatten, konnte nur immer die eine der Vakuumröhren
und zwar stets diejenige, auf welche der Stromkreis abgestimmt war, zum Erglühen
gebracht werden. Es ist dies ganz genau dieselbe Art, in welcher Marconi seine Empfänger abstimmt.
Wie bereits erwähnt, müssen bei der abgestimmten Funkentelegraphie mit induktiver
Uebertragung alle vier hierbei in Betracht kommenden Stromkreise gegenseitig
abgestimmt sein. Zunächst ist der erregende Stromkreis auf den ausstrahlenden,
sodann der empfangende primäre auf den ausstrahlenden und endlich der sekundäre
Stromkreis des Empfängers auf dessen Primären abzustimmen.
Laboratoriumsversuche ergaben, dass sich diese Abstimmung ganz leicht erreichen
lässt. Ob dies aber auch in der Praxis der Fall ist, wurde vielfach bezweifelt. Um
dies sicher festzustellen hat Fleming im Einvernehmen
mit Marconi eingehende Untersuchungen angestellt, die
nach der beschriebenen Art und Weise ihrer Durchführung kaum einen Zweifel zulassen,
das alle Vorsichtsmaassregeln angewendet wurden, um ein einwandsfreies Ergebnis zu
erzielen. Die Versuche wurden zwischen Poldhu, the Lizard und Poole durchgeführt. In
Poldhu war die grosse Einrichtung für den Verkehr über den atlantischen Ozean
aufgestellt, von welchem sich in einem Abstande von annähernd 33 m die
Sendeeinrichtung für den Verkehr mit den Schiffen zu See befindet. In Poole befand
sich ein Empfänger, der auf den grossen Sender von Poldhu abgestimmt war.
Auf the Lizard befand sich nur ein Empfangsdraht, an welchem zwei Empfänger
angeschlossen waren, von denen der eine auf den grossen Sender, der andere auf den
kleinen Sender in Poldhu abgestimmt war. Von 16 Depeschen, die abgesendet wurden,
konnte jede nur von dem auf die Sendestation abgestimmten Empfänger aufgenommen
werden, und wurde eine gegenseitige Störung nicht wahrgenommen. Eine einzige
Depesche langte teilweise verstümmelt an, was jedoch, wie nachträglich ermittelt
wurde, durch' die gleichzeitige Nachrichtenentsendung von einen durch den Kanal
fahrenden Dampfer aus hervorgerufen wurde. Jedenfalls zeigen diese Versuche deutlich
an, dass durch Abstimmung das Auffangen von Nachrichten durch nicht abgestimmte
Stationen unmöglich gemacht ist. Eine Geheimhaltung der Nachrichten ist hierdurch
jedoch nicht gewährleistet, indem jede Station so eingerichtet werden kann, dass sie
sich auf jeden beliebigen Sender abstimmen lässt, wofür der Beweis durch den
mikrophonischen Telephonempfänger von Dr. Köpselsiehe D. p. J. 1903, 318, 315. erbracht ist.
Um das Wesen der Abstimmung noch deutlicher zu erklären, führt Fleming an, dass zwischen „steifen“ und
„leicht ansprechenden“ Stromkreisen unterschieden werden müsse. Als
Analogon eines leicht ansprechenden Kreises wird eine an ihrem unteren Ende befestigte, flache Feder angegeben,
an deren Spitze ein Gewicht befestigt ist. Diese sehr elastische Feder wird durch
den geringsten äusseren Anstoss in Schwingungen Ersetzt. Als Gegenstück hierzu kann
ein schwerer, zweiseitig unterstützter Balken angesehen werden, der unter einer sehr
bedeutenden Anregung kaum eine Ablenkung zeigt. Dieser kalken kann aber durch
zahlreiche kleine Impulse, die sich in den der natürlichen Schwingungsperiode des
Balkens entsprechenden Zeiten wiederholen, so ins Schwingen gebracht Werden, dass er
endlich bricht. Ein anderes Beispiel hierfür ist in einem im Wasser schwimmenden
Korkstücke und einem gleichfalls schwimmenden grossen Balken gegeben. Während der
Kork bei der geringsten Bewegung des Wassers aus seiner Ruhelage gebracht wird,
bedarf ein solcher Balken hierzu einer Reihe von sich in regelmässigen Abständen
folgenden Impulsen, die aber auch noch in zeitlicher Folge der natürlichen
Schwingungsperiode des Balkens entsprechen müssen.
Hierauf beschreibt der Vortragende noch eine Reihe von anderen Methoden zur
gegenseitigen Abstimmung, welche, weil anderweitig bereits gebracht,siehe D. p. J., 1901, 316, 789, 805. 1902, 317, 501.!903, 318, 273, 289. 313, 325, 337, 821.
übergegangen werden sollen.
Auf die drahtlose Telegraphie über sehr grosse Entfernungen übergehend, erwähnt Fleming vorerst, das die Konstruktion der hierfür
verwendeten Apparate noch Geheimnis ist, er schon deshalb auf diesen Gegenstand
nicht näher einzugehen vermag. Er sei daher nur in der Lage, sich mit diesem
Gegenstande im allgemeinen zu beschäftigen. In erster Linie wird der Einfluss der
Krümmung der Erde auf die Fortpflanzung der elektrischen Wellen besprochen. Der
Sinus Versus des Bogens zwischen Cornwall und Neufundland beträgt 110 Meilen
(engl.). Es kann demnach angenommen werden, dass zwischen diesen
beidenEndpunkten ein Berg von dieser Höhe gelegen sei und dass die Signale über
denselben zu gehen haben. Im Anfange der Versuche war es unmöglich, den Einfluss der
Rundung der Erde zu erkennen. Es wurde jedoch angenommen, dass bei der Uebertragung
auf grosse Entfernungen die Wellen dem Gesetze der umgekehrten Quadrate folgen
werden. Diese Frage hat sich nunmehr durch die Mc
Donaldsche Untersuchung der Gesetze, welchen die elektrischen Wellen
folgen, bedeutend geklärt. Nach diesen Untersuchungen hängt der Uebergang der
elektrischen Wellen über ein solches Hindernis von der Länge der Wellen und der Art
des Hindernisses ab.
In Poldhu gelangten Wellen von ungefähr 300 m Länge zur Verwendung. Es genügen sonach
10000 Wellenlängen, um die Entfernung über den Ozean zu überbrücken.
Es steht nun ausser allem Zweifel, dass, nachdem mit diesen Wellen über den
atlantischen Ozean gesprochen werden kann, noch grössere Entfernungen durch
Verwendung grösserer Wellenlängen zu überwinden sein müssen.
Die von Marconi beobachtete Einwirkung des Tageslichtes
auf die elektrischen Wellen, wonach das Tageslicht auf deren Fortpflanzung einen
hindernden Einfluss übt, so dass die Entfernung, über welche mit einem bestimmten
Energieaufwand gesprochen werden kann, bei Tage viel geringer ist als bei Nacht,
wird von J. J. Thomson dadurch erklärt, dass die
Elektronen die Eigenschaft haben, lange Aetherwellen zu absorbieren. Werden nun
Elektronen von der Sonne ausgestrahlt, so folgt, dass die Seite der Erde, welche
beleuchtet ist, weniger durchlässig für lange elektrische Wellen sein muss als jener
Teil der Erde, welcher sich in Dunkelheit befindet. Nach dieser Annahme bildet das
Licht eine Art elektrischen Nebels, welcher den Durchgang elektrischer Wellen
erschwert.
In seinen Schlussbemerkungen weist Fleming darauf hin,
dass noch viel geschaffen werden muss, um die drahtlose Telegraphie auf die
Höhenstufe der Vervollkommnung zu bringen und dass in dieser Beziehung namentlich
die Empfänger einer bedeutenden Verbesserung bedürfen. Desgleichen ist auf eine
Verbesserung in den Einrichtungen zur Erzeugung der elektrischen Wellen
hinzuwirken.
Die Lösung dieser Probleme erfordert nicht nur bedeutende physikalische Befähigung,
sondern auch grosse Geschicklichkeit der Ingenieure.
Der Gegenstand selbst ist von der grössten Wichtigkeit und der Mühe wert, die auf
denselben verwendet wird. Er verspricht auch eine glänzende Belohnung für jene,
welche in dieser Beziehung Erfolgreiches schaffen.