Titel: | Der Edison-Akkumulator. |
Autor: | M. P. Janet |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 476 |
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Der Edison-Akkumulator.Nach Revue
industrielle vom 19. Dez. 1903. S.
503.
Von M. P. Janet.
Der Edison-Akkumulator.
Seit zwei oder drei Jahren liest man in technischen Zeitschriften viel von einem
Nickel-Eisen-Akkumulator mit einem alkalischen Elektrolyten, ohne indessen genauere
Angaben erhalten zu können. Seit einigen Monaten nun werden im Laboratoire central
d'Electricité planmässige Versuche mit einem solchen Akkumulator gemacht, und mit
Zustimmung des Erfinders M. Edison sind die bisherigen
Ergebnisse veröffentlicht worden.
Der Edison Akkumulator hat als Elektrolyten eine 20
v. H. Lösung von reiner Potasche in destilliertem Wasser, als negative Elektrode
eine feine pulverförmige Mischung von Eisen und Eisenoxydul, als positive Elektrode
eine pulverförmige Masse von Nickeloxyden. Die Herstellung der aktiven Substanzen
ist in den Patentschriften Edisons genau beschrieben
und scheint grosse Erfahrung zu verlangen.
Die Mischung von Eisen und Eisenoxydul erhält man, indem man Wasserstoff über
Eisensesquioxyd Fe2O3
führt bei einer
Temperatur, die in den Patentschriften von 1901 zu 260° und im Jahre 1903 zu 480°
angegeben ist. Die dadurch reduzierten Oxyde werden sehr langsam im Wasserstoffstrom
abgekühlt und dann in Wasser eingetaucht; sie verlieren dadurch die Eigenschaft an
der Luft sich zu entflammen und zu oxydieren. Dieses Pulver aus Eisen und
Eisenoxydul ist ein sehr schlechter Leiter. Man setzt ihm daher kleine Flitter von
Graphit zu und zwar im Verhältnis 2 : 8. Die Mischung wird mit Wasser und Potasche
angefeuchtet, auf einer Glasplatte ausgebreitet, und mit Walzen aus Glas oder
Porzellan zu dünnen Blättern ausgewalzt, darauf von der Glasplatte abgekrazt,
zerbrochen und neuerdings ausgewalzt. Dies wird so einige Male wiederholt, bis jedes
Graphitflitterchen mit einer dünnen Schicht von Eisen und Eisenoxydulstaub überzogen
ist. Ist das Eisen wie oben angegeben bei der höheren Temperatur reduziert worden,
so enthält es wenige Oxyde und man verwendet an Stelle des Graphits eine Mischung
von Kupfer, Ammonium und Quecksilberoxyd. Das Eisen reduziert die beiden Zusätze und
man erhält ein Gemenge aus 64 v. H. Eisen, 30 v. H. Kupfer und 6 v. H. Quecksilber.
Nach Edison ist jedes Eisenkörnchen bedeckt von einer
ganz feinen porösen Schicht von amalgamiertem Kupfer, dazwischen sind noch
Eisenoxyde. Die schliesslich erhaltene Paste wird durch einen Druck von 300
Atmosphären in die Form von rechteckigen Stückchen gebracht, die 72 mm lang, 10 mm
breit und 2 mm dick sind. Die weitere Verwendung dieser Formen wird später
angegeben.
Die aktive positive Masse besteht aus Nickeloxydhydrat Ni2O3, 3 H2O, das während der
Ladung in eine höhere Oxydationsstufe Ni . O2 übergeht. Man erhält es auf folgende Weise. In
heissem Zustande schlägt man eine Lösung von Nickelnitrat durch Magnesiumhydrat
nieder. Die Wahl des Alkalis ist sehr wichtig. Schlägt man nämlich auf gewöhnliche
Weise durch Potasche oder Soda nieder, so erhält man einen kolloidalen Niederschlag,
der sich schwer löst und in Form einer festen zusammenhängenden Masse trocknet.
Schlägt man aber Nickelnitrat durch Magnesium nieder, so wäscht sich der
Niederschlag leicht aus und geht beim Trocknen in einen pulverförmigen Zustand über.
Leitet man dann trockenes Chlorgas über das gleichmässig trockene
Nickeloxydulhydrat, so erhält man Nickelperoxyd und daraus Nickeloxydhydrat nach der
Formel
3 Ni (OH)2
+ Cl2 = NiCl2
+ Ni2 (OH)6.
Das Nickelchlorür wäscht sich sehr leicht aus.
Dieses Nickelperoxyd leitet noch schlechter als Eisenoxydul. Man setzt also auch hier
Graphitflitterchen im Verhältnis 4 : 6 zu, verfährt ganz wie oben angegeben, indem
man auch hier zuletzt die kleinen Tafeln presst.
Die Platte (Fig. 1) besteht aus einer dünnen
Stahlplatte, 0,621 mm dick, 125 mm breit und 260 mm hoch und hat drei Reihen mit je
acht viereckigen Oeffnungen übereinander. Die Platte ist vernickelt, und hat oben
eine Oese, um sie mit den gleichpoligen Platten verbinden zu können.
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Fig. 1.
Zu diesem Zwecke dient eine Eisenstange, die an den Enden Schraubengewinde besitzt.
Die Platten werden aufgeschoben, durch entsprechende Zwischenstückevon einander
getrennt, und an den Enden durch Muttern zusammengehalten (s. Fig. 4 und 5).
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Fig. 2.
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Fig. 3.
Um die aktive Masse in den Zellen der Stahlplatte befestigen zu können, wird das
früher beschriebene Täfelchen in eine niedrige Schachtel aus vernickeltem, an beiden
Flächen durchlöchertem Stahlblech gelegt. Fig. 2
zeigt, dass jede solche Schachtel aus zwei ineinander gelegten Teilen besteht. Diese
Stahlschachteln werden in die Zellen der Platte gelegt und zwischen zwei Matrizen
mit entsprechender Form in der hydraulichen Presse gepresst (Fig. 3).
Unter dem hohen Drucke von etwa 90000 kg auf jede einzelne Tafel werden die Ränder
umgebogen und ganz dicht aneinander gelegt. Die Stahlbleche der Schachtel werden
hierbei so verändert, dass sie, wie Fig. 3 zeigt, in
die Zellen förmlich eingenietet werden und vollständig fest und mit gutem Kontakt
sitzen, schliesslich werden sie mit der aktiven Masse schwach konkav geformt. Wegen
dieser Form und wegen des sehr elastischen Stahlbleches kann sich die aktive Masse
bei der Ladung ausdehnen, und bei der Entladung zusammenziehen, ohne je den nötigen
Kontakt mit dem Stahlblech zu verlieren. Eine vollständig fertige Platte hat eine
Dicke von ungefähr 2 mm und wiegt etwa 138 g.
Das Gefäss, welches diese Platten aufnehmen soll, ist aus vernickeltem Stahlblech,
das, um es widerstandsfähiger zu machen, gewellt ist. Der Boden ist verlötet mit
einem Lot aus 75 Teilen Kadmium und 25 Teilen Zinn. Das ganze Innere ist mit einer
dünnen Platte aus Ebonit ausgelegt, die an verschiedenen Stellen vorspringende
flache Nasen hat, um die nur 1 mm von einander entfernten Platten parallel zu
erhalten (d und c,
Fig. 4). Jedes. Gefäss enthält 28 Platten, 14
positive und 14 negative. Im Inneren werden die Platten durch Glas oder Ebonitstäbe
von einander entfernt gehalten, die in den Rillen zwischen den Täfelchen der aktiven
Masse ihren Platz, haben, (g
Fig. 6.)
Das Gefäss ist mit Hilfe eines Deckels luftdicht abgeschlossen; vier Oeffnungen (Fig. 7) sind in diesem Deckel, Zwei (o
Fig. 4 und 7) dienen
dazu, die Elektrodenfahnen nach aussen treten zu lassen (Fig. 4), doch sind die Durchgangsstellen gut gedichtet und wohl isoliert
von dem Gefäss. Eine dritte Oeffnung (f
Fig. 5 und 7), die
in geschlossenem Zustand ebenfalls luftdicht schliesst, dient dazu, Flüssigkeit
nachfüllen zu können. Die vierte Oeffnung soll die entwickelten Gase nach aussen
treten lassen. Fig. 5 zeigt ein unten beschwertes
Ventil, das sich nur bei einem bestimmten inneren Ueberdruck hebt. Darüber sind enge
Oeffnungen und darüber ein Teller, der das austretende Gas von der geraden Richtung
abzuweichen zwingt. Dies alles dient dazu, das Gas nur langsam austreten zu lassen.
Das Ganze ist mit einem Drahtnetz verschlossen, das nach dem Prinzip der Davyschen Sicherheitslampe das Entzünden der im Inneren
angesammelten Gase verhüten soll. Die verschiedenen Hindernisse für das ausströmende
Gas (Ventil, enge Oeffnungen, Teller) sollen, ebenso wie eine durchlöcherte
Ebonitplatte, in geringer Höhe über dem Elektrolyten, verhindern, dass
Flüssigkeit mit dem Gas nach aussen gelangt. Tatsächlich war bei einer untersuchten
Batterie von 32 Elementen bei den meisten Elementen das Austreten von Flüssigkeit
verhütet. Bei einigen Elementen und bei sehr grossen Ladeströmen drangen trotzdem
Tröpfchen nach aussen.
Textabbildung Bd. 319, S. 478
Fig. 4.
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Fig. 5.
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Fig. 6.
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Fig. 7.
Der völlige Abschluss ist nicht nur notwendig, um den Verlust von Flüssigkeit zu
vermeiden, sondern besonders auch um äussere Luft nicht nach innen kommen zu lassen.
Sowie das Element einmal in Betrieb genommen ist, bildet sich im Inneren ein Gemisch
von Wasserstoff und Sauerstoff, das für die Erhaltung des Elektrolyten notwendig
ist.
Der Edison-Akkumulator ist also ein Element, dessen
aktive Substanzen auf der positiven Seite Nickelsuperoxyd, auf der negativen Seite
Eisen sind und dessen Elektrolyt Potasche ist. Dabei sind die aktiven Substanzen in
kleinen Kästchen aus durchbohrtem verwickeltem Stahlblech untergebracht.
Die Theorie des Akkumulators ist noch nicht ganz sicher festgestellt. Es scheint,
dass bei der Ladung die Nickeloxyde Ni2O3 auf eine höhere Oxydationsstufe gebracht werden.
NiO2, ja man hat
sogar NiO4
festgestellt, und dass das Eisenoxydul zu metallischem Eisen reduziert wird. Das
Arbeiten des Akkumulators kommt also auf einen Transport von Sauerstoff vom
negativen zum positiven Pol während der Ladung, und umgekehrt bei der Entladung
hinaus.
Eigentlich sollte man annehmen, dass der Strom nur durch die vernickelten Stahlbleche
geht, die doch bessereLeiter sind als die aktive Masse, trotz der Anwesenheit
von Graphit, und dass also die Platten, die nur 1 mm von einander entfernt sind, in
dem Elektrolyten nur als Elektroden für Wasserzersetzung wirken. Wenn man nun zwei
Zellen hintereinanderschaltet, die eine normal, die andere aber ohne wirksame Masse
in den Stahlblechkästchen, so zeigt, bei normalem Ladestrome die erstere 1,62, die
letztere 1,8 Volt, d.h. die elektromotorische Gegenkraft von Nickel in Potasche ist
höher als die Akkumulatorenspannung. Solange also die Ladespannung unter 1,8 Volt
bleibt, kann der Strom nicht durch die vernickelte Eisenplatte gehen, sondern muss
auf die aktive Masse wirken. Vergrössert man aber den Ladestrom derartig, dass die
Klemmenspannung über 1,8 Volt steigt, so dient der grössere Teil des Stromes dazu,
an den Nickelplatten Gas zu erzeugen, und der Wirkungsgrad der Zelle sinkt ganz
beträchtlich. Tatsächlich zeigt sich bei normalem Ladestrom keine
Gasentwicklung.
Die Versuche wurden an zwei Akkumulatoren gemacht:
1. ein normales Element mit 14 positiven und 14 negativen
Platten, wie oben beschrieben;
2. zwei kleine Elemente mit je 4 Platten, von denen jede nur
aus einem Kästchen mit Masse bestand.
Die beiden Elemente verhalten sich demnach wie (28 . 24) : 4 = 168 : 1. Dieses
Verhältnis ist bei der Kapazität nahezu erreicht.
I. Aenderung der elektromotorischen Kraft, während der
Entladung.
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Fig. 8.
Ein soeben stark geladenes Element zeigt 1,7 Volt, nach zwei bis drei Minuten nur
mehr 1,58 Volt, eine Spannung, die stundenlang konstant bleibt. Entlädt man nun mit
dem normalen Entladestrom von 20 Amp. (das ist 3,1 Amp. für das kg des
Gesamtgewichts), so fällt die Spannung von 1,53 zu Beginn nach fünf Minuten auf 1,42
Volt und sinkt in 6 Stunden und 25 Minuten d.h. nach ungefähr 160 Amp. Stunden ganz
langsam auf 2,2 Volt; von da ab fällt die Spannung in 20 Minuten auf 0,75 Volt.
(Fig. 8). Treibt man die Entladung weiter, was
der Edison-Akkumulator ungefährdet erträgt, so hält
sich die Spannung während einer Zeit, die etwa 10 bis 30 v. H. der Entladezeit
beträgt auf 0,75 Volt, und fällt dann rasch auf 0,3 Volt. Dieser zweite Absatz der
Kurve ist charakteristisch für das Edison-Element (Fig. 9).
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Fig. 9.
Aus praktischen Gründen, z.B. für Elektromobile ist diese Eigenschaft von grosser Bedeutung, da sie
bei entladenen Akkumulatoren ein Weiterkommen mit halber Geschwindigkeit
ermöglicht.
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Fig. 10.
Den Einfluss des Entladestromes zeigt Fig. 10. Als
Abszissen sind die dabei die aus dem Elemente genommenenWattstunden
aufgetragen. Die Kurven sind für 25, 100 und 200 Amp. aufgenommen. Alle drei Kurven
zeigen ganz denselben Charakter, jedoch findet der Abfall der Spannung um so eher
statt, je grösser die Stromstärke ist.
II. Aenderung der elektromotorischen Kraft während der
Ladung.
Unterbricht man die Entladung, wenn die Klemmspannung nur mehr 0,75 Volt ist, so
steigt die elektromotorische Kraft sofort auf 1,15 Volt und nimmt während einer
Viertelstunde bis 1,3 Volt zu. Beginnt man dann die Ladung mit einem Strom von 60
Amp. so ist zu Beginn die Spannung 1,65 Volt und steigt während einiger Minuten bis
1,7 Volt. Diese Spannung bleibt bestehen, bis man 200 Amp.-Stunden in den
Akkumulator geschickt hat, alsdann steigt die Spannung auf 1,8 Volt, und dieser
Betrag bleibt bei weiterem Laden ständig stehen. (Vergl. oben).
(Schluss folgt.)