Titel: | Geschwindigkeitsmesser von Frahm. |
Autor: | Hans A. Martens |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 484 |
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Geschwindigkeitsmesser von Frahm.
Mitgeteilt vom Regierungsbaumeister Hans A.
Martens.
Geschwindigkeitsmesser von Frahm.
Die Umdrehungszähler für ortsfeste Maschinen aller Art benützen zum grössten
Teil die Fliehkraft umlaufender, durch Federkraft oder Eigengewicht gegengewogener
Schwungmassen als Mittel zur Anzeige. Es hat sich indessen das Bedürfnis nach
Fernübertragung der Anzeige geltend gemacht, um z.B. bei grossen Betrieben den Lauf
wichtiger Maschinen vom Zimmer des leitenden Ingenieurs aus überwachen zu können.
Diese Aufgabe konnten die mechanisch wirkenden Umdrehungszähler nicht leisten, so-
dass neue Bauarten unter Verwendung der magnetischen Induktion entstanden, bei denen
die Fernleitung der Anzeige durch elektrische Energie auf stromführenden Drähten so
überaus einfach sich bewirken lässt.
Textabbildung Bd. 319, S. 484
Fig. 1.
Eine wegen des Grundgedankens bemerkenswerte Bauart eines Ferngeschwindigkeitsmessers
ist die des von Frahm angegebenen und von Friedrich Lux in Ludwigshafen a. Rh. gebauten
Ferngeschwindigkeitsmessers. Der Apparat besteht aus Geber und Empfänger, die durch
mechanische oder elektrische Uebertragung mit einander verbunden werden.
Die Wirkungsweise des Anzeigers (Empfängers) beruht auf Resonanz, jener bekannten
Eigenschaft elastischer Körper in starke Schwingungen zu geraten, wenn sie von
aussen her periodisch wiederkehrende Anstösse erhalten, deren Periodenzahl mit ihrer
eigenen Schwingungszahl zusammenfällt. Die konstruktive Ausführung bedarf einer
Reihe von Elementen verschiedener Schwingungszahl, die durch Anstösse, welche dem
Lauf der zu messenden Maschine proportional sind, in Schwingungen versetzt werden
können. Vermöge der Abstimmung der einzelnen Elemente auf bestimmte
Schwingungszahlen wird dann jedesmal das Element in Schwingungen geraten, dessen
Schwingungszahl gleich der Periode derAnstösse ist, wobei dann auf einer Skala
die Umdrehungszahl der Maschine abgelesen werden kann.
Textabbildung Bd. 319, S. 484
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 319, S. 484
Fig. 3.
Textabbildung Bd. 319, S. 484
Fig. 4.
Textabbildung Bd. 319, S. 484
Fig. 5.
Das Schwingungselement besteht aus einer Feder von bestem Uhrfederstahl, die
gewöhnlich ¼ mm stark, 3 mm breit ist und 40–55 mm freie Schwingungslänge hat (Fig. 1). Diese Feder wird im Schlitz eines kleinen
vierkantigen Schuhs sehr sorgfältig durch Nietung und Lötung befestigt. Am oberen,
den Kopf bildenden Ende ist die Feder auf eine Länge von 4 mm rechtwinklig umgebogen
und weiss emailliert, um auf grössere Entfernung deutlich erkennbar zu sein. In dem
Winkel, den der Kopf mit Federschaft bildet, wird ein Tropfen Lötzinn befestigt. Durch die
Schaftlänge und die Menge Lötzinn am Kopf lässt sich die Schwingungszahl etwa in den
Grenzen von 35–100 Schwingungen i. d. Sekunde oder 2000–6000 Schwingungen i. d. Min.
abstimmen. Für den praktischen Gebrauch kann die Abstimmung in beliebig festgelegten
Intervallen erfolgen, je nach dem Verwendungszweck des Instrumentes. Die
abgestimmten Federn werden im Abstand von 1 mm nebeneinander auf einem Steg aus
Eisen oder Messing von 6,5 × 6,5 mm Querschnitt angeordnet und bilden so einen Kamm
von bestimmtem Messbereich (Fig. 2 und 3). Die Länge des Kammes ist bestimmt durch die
Anzahl der Federn, d.h. durch den gewünschten Umfang des Messbereichs und die
Genauigkeit der Messung, die durch den mehr oder weniger grossen Unterschied der
Intervalle bestimmt ist. Die gebräuchlichen Instrumente verwenden etwa 25–50 Federn;
um nur ganz bestimmte Grenzgeschwindigkeiten anzuzeigen, genügen schon 3–5 Federn.
Der Kamm ist auf zwei dünnen Blattfedern, den Brücken, aufgeschraubt, die auf
Pfeilern ruhen und dem Steg eine kleine pendelnde Bewegung senkrecht zu seiner
Längsachse gestatten. Bei Verwendung nur sehr weniger Federn genügt eine solche
Brücke; für besondere Zwecke kann diese elastische Unterlage auch noch fehlen, wobei
dann der Kamm unmittelbar auf den Körper aufgesetzt wird, dessen periodische
Bewegung ermittelt werden soll.
Textabbildung Bd. 319, S. 485
Fig. 6.
Die Mitteilung der zu messenden periodischen Schwingungen der Stösse an den Kamm des
Empfängers lässt sich mechanisch dort bewirken, wo der Einbau der Uebertragung
leicht möglich ist und eine Fernübertragung der Anzeige nicht erforderlich oder
beabsichtigt wird. Zur Mechanischen Uebertragung wird eine mit Erhöhungen und
Vertiefungen versehene Scheibe, die Geberscheibe, auf der Welle, deren
Umdrehungszahl zu messen ist, angeordnet. Die Gestalt der Scheibe ist von der
Umdrehungszahl der Welle und dem Messbereich des Apparats abhängig. Gegen die
Geberscheibe schleift ein Hebel, der mit dem Kamm in irgend einer durch die
Oertlichkeit gegebenen Weise verbunden ist und daher auf diesen die periodischen
Hin- und Hergänge des Hebels überträgt, d.h.den Kamm in zu der jeweiligen
Umdrehungszahl proportionale Schwingungen versetzt, auf welche die abgestimmte Feder
anspricht, dadurch die Anzeige bewirkend. Fig. 4
zeigt eine Ausführungsform der mechanischen Uebertragung.
Bei der elektrischen Fernübertragung wird an dem Steg des Kammes (Fig. 5) ein kleiner Stab aus weichem Eisen befestigt,
den Anker zu einem Elektromagneten bildend, der vermittels des Gebers periodisch und
proportional der zu messenden Umdrehungszahl der Welle durch Stromstösse erregt
wird. Fig. 6 zeigt den Geber, der dem Wesen nach ein
Wechselstromerzeuger einfachster Art ist und aus einer gezahnten Scheibe aus weichem
Eisen besteht, die vor den Polschuhen eines mit einer Wicklung versehenen stählernen
Dauermagneten umläuft. Der bei Umdrehung der Scheibe erzeugte Wechselstrom wird auf
zwei Drähten oder bei Benutzung der Erde als Rückleitung, auf einem Draht dem
Elektromagneten des Empfängers zugeführt.
Recht einfach lässt sich nach dem Gesagten die Umdrehungszahl einer
Wechselstromdynamo messen. Der Geber wird nicht benötigt, da er in diesem Fall durch
die Dynamo selbst ersetzt wird. Es ist nämlich nur nötig, den Empfänger unter
Einschaltung eines Vorschaltwiderstandes an das Netz anzuschliessen, wonach aus den
Schwingungen der Federn die Polwechsel-Anzahl abgelesen wird; da letztere ein ganzes
Vielfaches der Umlaufszahl ist, so ist damit auch diese bekannt.
Der Apparat lässt sich auch als Phasenindikator verwenden. Es ist verständlich, dass
ein Geber gleichzeitig mehrere Empfänger erregen kann, umgekehrt aber kann auch ein
Empfänger durch mehrere Geber erregt werden, da die Wellen verschiedener Frequenz
und Amplitude über einander gelagert in einer Leitung vom Empfänger wieder zerlegt
werden und in ihm einzeln zur Wirkung kommen. Es werden immer nur die Federn auf die
einzelnen periodischen Anstösse des Kammes ansprechen, auf die sie abgestimmt sind.
Der Empfänger wirkt als Phasenindikator zweier parallel zu schaltender Wechsel- oder
Drehstromdynamos, indem er an zwei von diesen angetriebene Geber angeschlossen ist.
Solange beide Maschinen noch verschiedene Phasen haben, werden zwei Federn des
Empfängers schwingen, deren Abstand auf dem Kamm sich immer mehr verringern wird, in
dem Maasse, wie die Uebereinstimmung der Phasen zunimmt, bis sie völlig erreicht
ist, was sich durch Schwingen nur einer Feder zu erkennen gibt.
Jahrelange praktische Versuche und Beobachtungen haben gezeigt, dass die
Schwingungszahlen der Federn als praktisch unveränderlich anzusehen sind. Bedingung
für die Verwendung des Apparats ist die Aufstellung des Empfängers auf ruhiger
Unterlage. Auf Fahrzeugen, wie Lokomotiven und Kraftwagen, ist er unbrauchbar, da
die Anzeige durch Stösse des Fahrzeugs beeinflusst werden würde.
An die Ablesung muss man sich gewöhnen, da die Anzeige von der üblichen Bauart eines
über einem Zifferblatt spielenden Zeigers abweicht. Ein Aufnehmen eines
Geschwindigkeitsdiagramms ist ausgeschlossen.