Titel: | Der optische Indikator von Otto Schulze. |
Autor: | Hans A. Martens |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 574 |
Download: | XML |
Der optische Indikator von Otto Schulze.
Mitgeteilt von Hans A. Martens.
Der optische Indikator von Otto Schulze.
Es hat an stetig fortschreitenden Verbesserungen des von James Watt im
Prinzip angegebenen Indikators zur Darstellung der Arbeitsvorgänge im Zylinder von
Kraftmaschinen nicht gefehlt, so dass die modernen mechanisch wirkenden Indikatoren
wohl als mustergültige, einwandsfreie Apparate für den Gebrauch der Praxis und der
wissenschaftlichen Forschung angesehen werden können. Es mag deshalb dahingestellt
bleiben, ob ein notwendiges Bedürfnis vorliegt, von den mechanischen Indikatoren
abzugehen und die Aufgabe durch ein anderes Prinzip zu lösen.
Bei vielen wissenschaftlichen Messungen bedient man sich der sog. Spiegelablesung in
der Weise, dass ein drehbar gelagerter Spiegel durch die zu messende Energie aus
seiner Nullage abgelenkt wird und dabei einen von einerLichtquelle auf ihn
fallenden Lichtstrahl auf eine Skala zurückwirft. Es lag nahe, diesen Grundgedanken
auch für den Indikator zu verwenden.
Um das Diagramm in der üblichen Gestalt auf einer ruhenden Fläche zu erzeugen, muss
dem Spiegel eine doppelte Bewegung erteilt werden. Die Ordinaten werden durch eine
Drehung des Spiegels um eine wagerechte Achse erzeugt, welche von dem jeweiligen
Druck im Arbeitszylinder abhängig ist. Die Darstellung der Abszissen erfordert eine
hin- und herschwingende Bewegung des Spiegels um eine senkrechte Achse, welche im
Verhältnis mit der Bewegung des Arbeitskolbens der zu untersuchenden Maschine stehen
muss. Die erstgenannte Drehung des Spiegels entspricht der auf- und abgehenden
Bewegung des Kolbens mechanischer Indikatoren. Die letztbesprochene Drehung ersetzt die Hin-
und Herbewegung der Wattschen Diagrammfläche, bezw. die
Drehung der zylindrischen Diagrammfläche mechanischer Indikatoren, die ja nur eine
konstruktiv geschicktere Lösung der hin- und herbewegten Wattschen Fläche darstellt.
Im folgenden soll die von Otto Schulze, derzeitigem
Direktor der Elsässischen Elektrizitätswerke zu Strassburg, erdachte und durch
Patent geschützte Bauart eines optischen Indikators esprochen werden.
Textabbildung Bd. 319, S. 574
Fig. 1.
Fig. 1 stellt die äussere Ansicht des Apparates dar,
Fig. 2 ist eine Prinzipskizze desselben. Mit dem
Arbeitsraum des Maschinenzylinders ist durch ein Röhrchen von 2 mm lichter Weite ein
Raum verbunden, der nach oben durch die nach Art von Manometern eingespannte
Stahlblechbiegeplatte 1 abgeschlossen ist. Die
gehärtete Biegeplatte ist ganz eben und besitzt eine freie Druckfläche von 3,5 qcm
und macht bei einer Diagrammhöhe von 80 mm nur 0,4 mm Weg. Als Gegenfeder dient ein
gerader Stahlstab 3 von 12 mm Durchmesser bei 40 mm
freier Schwingungslänge. Bei dem sehr kleinen Arbeitshub der Biegeplatte und
erheblichen Kraft- und Gegenkraftleistungen sind die Massenwirkungen der bewegten
Teile, die etwa 1 g schwer sind, als verschwindend klein zu betrachten, woraus die
genaueste Augenblickswirkung des Indikators folgt. Die dem wechselnden Druck im
Maschinenzylinder entsprechenden Lagenänderungen der Biegeplatte werden durch den
Druckübertragungsstift 2 auf den schon genannten
federnden Stab 3 übertragen, der seinerseits den
Spiegelträger mit Spiegel 6 bewegt und aus seiner
senkrechten Nullage ablenkt. Der Spiegelträger ist an dem Schlitten 5 mittets dünner Blattfeder befestigt, welche die
Ablenkung des Spiegels gegen die senkrechte Lage gestattet. Wesentlich ist hierbei
die starre Vereinigung des Spiegelträgers mit einer Blattfeder zu einem Ganzen,
sowie die freie Auflagerung des Spiegelträgers auf der Spitze der auf der
Grundplatte befestigten senkrechten Achse 4. Diese
Anordnung ermöglicht die denkbar geringsten Massen,so dass eine Veränderung der
Spiegelstellung fast augenblicklich mit einer Lagenänderung der Biegeplatte
eintritt, wodurch eine sehr genaue Zeichnung der Diagrammlinie selbst bei sehr
schnellen Druckänderungen, wie sie im Arbeitszylinder von Verbrennungsmotoren
kleiner Leistungen auftreten, gewährleistet wird. Dem Schlittenwird eine hin- und
herschwingende Bewegung erteilt durch den Kurbeltrieb 7, der mittels eines Zwischengetriebes in bestimmtem Uebersetzungsverhältnis
den Lauf des Arbeitskolbens nachahmt.
Textabbildung Bd. 319, S. 574
Fig. 2. Die horizontale Veränderung der Spiegelstellung.
Textabbildung Bd. 319, S. 574
Fig. 3. Diagramm-Erscheinung- auf der Mattglasscheibe. Leuchtende Linie auf
dunklem Grunde. Benzin-Motor, belastet mit Dynamo. 1600 T. i. d. Min.
Textabbildung Bd. 319, S. 574
Fig. 4.
Textabbildung Bd. 319, S. 574
Fig. 5. J Indikator, 1, 2, 3 Universal-Rädertransmissionen, 4
Transmissionswellen, 5 Druckrohre mit Abstellhähnen.
Die Diagrammkurve erscheint in zusammenhängender leuchtender
Linie auf dem dunklen Grund einer Mattscheibe, welche die Diagrammfläche vertritt.
(Vergl. Fig. 3). Soll das Diagramm festgehalten
werden, so wird an Stelle der Mattscheibe eine Kassette mit lichtempfindlichem
Papier (Negativpapier) eingeschoben, auf welches das Diagramm geworfen wird; es
ergibt sich nach Belichtung von kaum einer Sekunde und nachheriger Entwicklung die
Diagrammkurve schwarz auf weissem Grunde. Um schnelll hineinander mehrere Diagramme
nehmen zu
können, wird sich die Einrichtung der Kassette für photographische Aufnahmen derart
empfehlen, dass das lichtempfindliche Papier nach Art der Rollfilms nach einer
Belichtung um ein bestimmtes Stück weiter aufgerollt wird, so dass die Diagramme
dann auf einem Streifen entweder über- oder nebeneinander erscheinen. Es ist mir
nicht bekannt, ob der Indikator eine ähnliche Einrichtung schon besitzt.
Als Lichtquelle wurde zuerst eine kleine Kohlenfaden-Glühlampe verwendet, wobei
aber wegen ihrer zu geringen Lichtintensität eine Verdunkelung des Beobachtungsraums
erforderlich wurde. Durch Verwendung einer kleinen Glühlampe mit Nernstfaden, deren Helligkeit etwa 5 mal grösser ist
als die der zuerst angewendeten Glühlampe, lassen sich die Beobachtungen bei vollem
Tageslicht machen.