Titel: | Die Spiritusbeleuchtung auf der internationalen Ausstellung für Spiritusverwertung und Gärungsgewerbe in Wien 1904. |
Autor: | Arthur Wiesler |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 582 |
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Die Spiritusbeleuchtung auf der internationalen
Ausstellung für Spiritusverwertung und Gärungsgewerbe in Wien 1904.
Von Dr. Arthur Wiesler.
(Fortsetzung von S. 573 d. Bd.)
Die Spiritusbeleuchtung auf der internationalen Ausstellung für
Spiritusverwertung usw.
Eine dritte Art von Vergaserlampen ist derart gebaut, dass der Behälter für
Spiritus und der Vergasungsapparat sich oberhalb der Flamme befinden, welcher der
für die Vergasung notwendige Spiritus nicht durch die Saugwirkung von Dochten,
sondern durch hydrostatischen Druck zugeführt wird. Man kann mit diesen Lampen
bedeutende Lichtstärken erzeugen und benutzt dieselben für die Zwecke der
Aussenbeleuchtung, da sie sich in den meisten Fällen als feuer-, explosions- und
sturmsicher bewährt haben.
Die Firma F. Schuchhardt & Co., Spiritus-Glühlicht G. m. b. H. hat eine derartige dochtlose
Vergaserlampe (Fig. 11) ausgestellt. Wie Fig. 12
veranschaulicht, bilden die Hauptbestandteile der Lampe einen zusammenhängenden
Rohrgang von verschiedenen Abmessungen. Aus dem Spiritusbehälter n fliesst der Spiritus nach Oeffnen des Durchlasshahnes
b durch Rohr k bis zur
gleichen Höhe in das schwertförmige Verdampfungsrohr a.
An dieses schliesst das Rohr d an, welches bis über den
höchsten Flüssigkeitsstand des Behälters n hochgeführt,
dann wieder abwärts gebogen und an seiner tiefsten Stelle als Bunsenbrenner
ausgestaltet ist, welcher den Glühkörper trägt. Ueber dem Zylinder der Lampe ist die
ringförmige Vorwärmschale g angebracht. Wird der Hahn
h geöffnet, so fliesst durch i eine genau bemessene Menge Spiritus in diese Schale.
Die Inbetriebsetzung der Lampe geschieht dadurch, dass nach Oeffnen des Hahnes h der Spiritus im Vorwärmer entzündet wird, die
aufwärts strebendeFlamme beheizt das Vergasungsrohr a und verwandelt den hierin befindlichen Spiritus in Dampf, welcher durch
die Brenner ausströmt und sich an der Vorwärmeflamme entzündend, den Glühkörper zum
Leuchten bringt und die weitere Vergasung bewerkstelligt. Das Vergasungsrohr enthält
eine Packung aus Asbest mit Messinggaze umhüllt, welche den Zweck hat die Vergasung
regelmässig ohne Zuckungen zu bewirken und zufällige Unreinlichkeiten des Spiritus
zurückzuhalten, damit sie nicht die Düsenöffnungen verstopfen. Die Packung muss
daher von Zeit zu Zeit nach Oeffnung der Verschlusschraube b mittels eines Schlüssels erneuert werden. Der beim Anheizen sich
bildende Kondensspiritus wird in der Schale unter dem Brenner aufgefangen und
verbrennt beim Entzünden des Brenners. Zum Brennen der Lampe soll entfuselter
Spiritus von 86–90 v. H. verwendet werden, da geringwertiger Spiritus zu geringe
Heizwirkung und zu kleine Flamme erzeugt. Die Lampe hat eine Lichtstärke von 80–100
Normalkerzen.
Sie hat sich für die Zwecke der Aussenbeleuchtung infolge ihrer grossen Leuchtkraft
gut bewährt und erhielt im Jahre 1900 den Kaiser-Preis.
Auf demselben Grundsatz beruht die von der Firma A.
Meenen in Berlin ausgestellte Spiritus-Starklicht-Lampe „Säkular“
(Fig. 13). Die Bauart der Lampe ist sehr einfach
und derart, dass der Spiritus aus dem oben befindlichen Spiritusbehälter b nach unten fliesst und sich in dem Doppelhahn dd1 in zwei
Abzweige teilt. Jeder dieser Hähne ist durch einen besonderen Abzweig zu öffnen und
zu schliessen. Der an den Hahn dd1 anschliessende Rohrstrang führt den
Spiritus durch ein Kniestück e nach dem Vergaser g und aus diesem das Spiritusgas in die Düse h, welche über der Luftmischkammer i angeordnet ist. Aus letzterer wird das
Spiritusluftgemisch durch das Mischrohr k dem Brenner
l zugeführt.
Textabbildung Bd. 319, S. 583
Schwertlampe von Schuchhardt.
Zur Einleitung der Vergasung lässt man durch die Oeffnung des Hahnes d in die ringförmige Vorwärmschale n unter dem Vergaser g
etwas Spiritus zufliessen, der von aussen durch die hinter dem Vergaser sichtbare
runde Oeffnung angezündet wird. Nach Ablauf von einer Minute wird der Hebel des
Hahnes d1
nach oben geführt, wodurch der Spiritus-Zulauf zum Vergaser geöffnet ist, der
Spiritus entzündet sich, in demselben Augenblick entfaltet der Glühkörper seine
volle Leuchtkraft und die Vergasung bleibt in vollem Gange. Die Lichtstärke der
Säkularlampe wird von der Firma mit 260 Hefnerkerzen angegeben, der
Spiritusverbrauch beträgt durchschnittlich 0,30 Liter für die Brennstunde, was im
Verhältnis zu der Lichtstärke von 260 Hefnerkerzen einen Verbrauch von 11 ccm
Spiritus für die 10 Hefnerkerzen-Stunde beträgt. Im Vergleich zu den anderen Lampen
bietet die Säkularlampe eine sehr gute Brennstoffausnützung, da bei den anderen
Systemen ein Mindestverbrauch von etwa 17 ccm Spiritus für die 10
Hefnerkerzen-Stunde notwendig war. Die Vorteile der Lampe sind die, dass die
Handhabung und Bedienung sehr einfach, die Brennstoff-Verwertung ausserordentlich
gross und die Reinigung der Lampe in einer Minute zu bewerkstelligen ist. Dies
geschieht durch Ausbürsten des Vergaserrohrs und des im Vergaser eingeschalteten
Filters mit einer Rundbürste. Die Verwendung dieser Lampe wird sich besonders in
kleineren Städten und Ortschaften, wo Gas und Elektrizität fehlen, Eingang
verschaffen. Im deutschen Reich sind etwa 300 Staatsbahn-Stationen mit Säkularlampen
ausgestattet, welche für alle Zwecke der Bahnbeleuchtung, insbesondere für
Rangier-Bezirke (um das Licht über die höchsten Güterwagen zu werfen) Bahnsteige,
Bahnhofshallen, Lade- und Zufuhrstrassen, Güterschuppen, Streckenbeleuchtung usw.
sich sehr gut verwenden lassen. Die Lampen haben sich auch bei strengen Frösten, bei
welchen in anderen Lampensystemen infolge der Verdichtung der Spiritusdämpfe
derSpiritus nicht zum Entzünden gebracht werden konnte, gut bewährt und
Temperaturen bis – 21° Reaumur überstanden, ohne an Wirksamkeit einzubüssen.
Textabbildung Bd. 319, S. 583
Fig. 13. Säkularlampe von Meenen.
Bei der dochtlosen Spiritus-Glühlichtlampe „Alarm“ der Firma Schwintzer & Gräff in
Berlin besteht der Vergaser aus einem T-förmigen Rohrstück, welches an beiden Enden
des Quersteges zum Ansetzen der Spirituszuleitungsrohre eingerichtet und an dem Ende
des Abzweiges mit einem Hahn zum Absperren des Vergasers von dem den Spiritusdampf
nach dem Brenner führenden Schlangenrohr, versehen ist. Durch die Anordnung dieses
Absperrhahnes wird es ermöglicht, dem im Vergaser befindlichen Spiritusdampf den Weg
nach dem Brenner abzuschneiden, wenn die Lampe ausgelöscht werden soll, so dass nur
noch der in dem Schlangenrohr befindliche Dampf zur Verbrennung gelangt. Das
Schliessen dieses Haupthahnes beim Ablöschen der Lampe geschieht, indem der Zugring
Z heruntergezogen wird. Vom Spiritusbehälter führen
zwei Zulaufrohre zum Vergaser, über welchem sich je ein kleiner Absperrhahn
befindet. Bei warmer Witterung, sowie bei Verwendung der Lampe in geschlossenen
Räumen genügt das Oeffnen eines Zulaufrohres, bei Kälte können beide Zulauf röhre
offen sein. Ferner führt vom Spiritusbehälter ein Rohr nach der Anheizschale, welche
durch Niederziehen des unmittelbar unter dem Spiritusbehälter befindlichen
Handgriffes mit Spiritus gefüllt wird. In der Leitung, welche vom Vergaser zum
Brenner führt, ist ein Hohlkörper eingeschaltet, der zum Auffangen des in der
Leitung sich verdichtenden Spiritusdampfes dient und unten mit einer durch einen
Schraubenstöpsel verschliessbaren Oeffnung zur Entleerung versehen ist. An der
tiefsten Stelle des vom Vergaser zum Brenner führenden Rohres ist nämlich ein
doppelter Nippel angebracht, an welchem oben der Brenner und unten die Kondensschale
aufgeschraubt ist.
Textabbildung Bd. 319, S. 584
Fig. 14. Spiritus-Glühlampe „Alarm“ von Schwintzer & Gräff.
Das Anzünden des Brenners geschieht derart, dassder unter dem Spiritusbehälter
befindliche Handgriff niedergezogen und nach etwa 10 Sekunden wieder hochgedrückt
wird, wodurch sich eine bestimmt abgemessene Spiritusmenge in die Anheizschale
ergiesst, dann erfolgt das Anbrennen des Spiritus durch die seitliche, mittels
Klappe verschlossene Trichteröffnung und etwa 1–1½ Minuten nach dem Anbrennen des
Spiritus in der Anheizschale erfolgt das Oeffnen des Hauptmannes durch
Herunterziehen des Zugringes O, wodurch die im Vergaser
sich entwickelnden Spiritusgase in den Brenner gelangen und sich an der Flamme der
Anheizschale entzünden. Das Auslöschender Lampe erfolgt durch Schliessen des
Haupthahnes. Soll die Lampe unmittelbar nach dem Auslöschen wieder angezündet
werden, so genügt das Oeffnen des Haupthahns, indem sich die ausströmenden Gase nun
an dem noch warmen Glühstrumpf entzünden. Die Spiritusglühlichtlampe „Alarm“
hat eine Lichtstärke von 180 Kerzen und verbraucht in der Stunde 200 g Spiritus.
(Schluss folgt.)