Titel: | Mühle und Elevator „Rio de la Plata“ in Buenos Aires. |
Autor: | E. Lufft |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 625 |
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Mühle und Elevator „Rio de la Plata“ in
Buenos Aires.
Von E. Lufft,
Esslingen.
Mühle und Elevator „Rio de la Plata“ in Buenos
Aires.
Kürzlich ist im Hafen von Buenos Aires der Bau einer grossen Mühlen- und
Speicheranlage beendet worden, deren Besitzerin die Sociedad
anónyma de molinos harineros y eleradores de granos mit dem Sitz in Brüssel
ist. Buenos Aires ist nächst Rosario der wichtigste Ausfuhrhafen Argentiniens für
Getreide und die Regierung des Landes ist bestrebt, durch Erteilung von
Genehmigungen für den Bau von Getreidespeichern die Exportfähigkeit der Häfen zu
steigern und die Verfrachtung der Cerealien von den bisherigen primitiven Formen weg
zu zeitgemässeren, mehr maschinellen, hinüberzuleiten.
Die Bedeutung des argentinischen Weizens als eines wichtigen Faktors auf dem
Weltmarkte steht schon jetzt ausser allem Zweifel. Während vor etwa 25 Jahren noch
Weizen nach Argentinien eingeführt werden musste, hat es sich heute bereits an die
dritte Stelle der dem europäischen Verbrauch dienenden Weizenländer aufgeschwungen,
und in der Zwischenzeit sein Weizenareal um etwa das 40 fache vermehrt Der
augenblickliche Jahresertrag an Weizen allein beträgt etwas mehr wie 3 Millionen
Tons, wovon mindestens ⅔ zur Ausfuhr kommen und es ist nur durch die beispiellose
Geschwindigkeit, mit welcher Argentinien sich zum Weizenlande emporgeschwungen hat,
erklärlich, dass zur Verfrachtung solch bedeutender Mengen so gut wie noch keine
Sondereinrichtungen vorhanden sind.
Auf der der Stadt abgekehrten Seite des Docks No. 3 befindet sich, wie Fig. 1 zeigt, das der Baugenehmigung zugrunde
liegende Terrain und es erheben sich auf demselben ein Silospeicher von 200 × 40 m
Grundfläche, Zwei Vorspeicher von je 80 × 14 m Fläche an der Quaikante und eine
Mühle hinter den Speichern in einer Entfernung von etwa 120 m vom Hafen. In
Berücksichtigung des Umstandes, dass alles Getreide, welches die Eisenbahnen des
Landes nach dem Hafen bringen, in Säcken ankommt, zum weitaus grössten Teil auch in
Säcken und nicht lose verschifft wird, sind die Speicher darauf eingerichtet, grosse
Mengen abgesackten Getreides aufnehmen zu können. Die Fassungskraft der Silos
beträgt (nach deren völligem Ausbau) 60000 Tons Schwergetreide und diejenige der mit
Sackgetreide zu belegenden Speicherböden 40000 Tons, so dass dieser Speicher mit
100000 Tons Gesamtfassung sich den grössten bekannten Speichern Nordamerikas an die
Seite stellt.
Textabbildung Bd. 319, S. 625
Fig. 1. Lageplan des Hafens von Buenos Aires.
Ueber die gegenseitige Lage der einzelnen Gebäude, welche sämtlich unter sich durch
Brückenstege verbunden sind, gibt Fig.
2a–c Auskunft. Zwischen Mühle
und Silospeicher läuft eine 20 m breite Fahrstrasse, zwischen den Silos und den
Vorspeichern ist die Strasse 40 m breit und enthält 7 Eisenbahngeleise, welche mit
allen Bahnen der Provinz Buenos Aires in Verbindung stehen. Auf den beiden dem Silo
zunächst liegenden Geleisen
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Fig. 2a.Vertikalschnitt durch Mühle und Elevator.
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Fig. 2b.Frontansicht des Elevators.
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Fig. 3a. Steg zwischen Mühle und Silo.Fig. 3b. Auflage des Steges an der
Mühle.Fig. 3c. Auflage des Steges am Silo.
Textabbildung Bd. 319, S. 627
Fig. 2c. Grundriss der Anlage.Fig. 2a–c. Mühle und Elevator „Rio de la
Plata“.
findet besonders der Empfang des Getreides statt, welches
dort in zwischen den Schienen befindliche Trichter geschüttet wird, um von da mit
Transportbändern und Elevatoren in die Silos verbracht zu werden. Zwei Geleise
befinden sich noch auf der dem Dock 3 zugekehrten Seite der Vorspeicher. Ein Geleise
hinter der Mühle, welches besonders zur Heranschaffung der Kohlen dienen soll,
befindet sich eben im Bau. Dazu tritt noch die Möglichkeit, Getreide auf dem
Wasserweg zu empfangen, durch einen am südlichen Vorspeicher angebrachten
Schiffselevator, so dass der Anlage alle möglichen Verkehrsmittel zu Gebote stehen,
um eine rasche Einlegung oder Verfrachtung der Cerealien zu erzielen.
Von den verschiedenen Gebäuden ist mit dem Bau der Mühle als erstem, im April 1902
begonnen worden. Sie ist für eine tägliche Vermahlung von 420000 kg Weizen
eingerichtet und besteht aus zwei von einander unabhängigen Hälften, deren jede eine
Antriebsmaschine von etwa 700 PS. besitzt, die bereits früher beschrieben istE. Lufft„Eine aussergewöhnliche Dampfmaschine“. D. p. J. 1903. 318. 160.. Die Lage der Mühle im Hafen
von Buenos Aires, im Mittelpunkt aller Bahnlinien des Landes, muss als
ausserordentlich günstig bezeichnet werden. Die unmittelbare Nachbarschaft des
Silos, von welchem etwa 5000 Tons Fassungskraft für den ausschliesslichen Dienst der
Mühle vorbehalten ist, gibt der Mühle günstige Einkaufsgelegenheit, wozu noch kommt,
dass dadurch die Zufuhrkosten auf ein Minimum reduziert sind. Die Zubringung
desWeizens geschieht selbsttätig durch ein Transportband, welches sich im
Innern eines in 19 m Höhe über dem Boden auf 42 m zwischen Silo und Mühle frei
gespannten Steges von kastenförmigem Querschnitt befindet (Fig. 3a–c). Dieses
Band schüttet über den Mischsilos der Mühle aus, von denen das Getreide in die
Reinigung und dann zur Vermahlung gelangt. Ebenso selbsttätig erfolgt die Abführung
der Mühlenerzeugnisse durch ein Sack-Transportband, welches von der Mühle nach dem
Hauptspeicher und von diesem nach dem südlichen Vorspeicher führt. Das Mehl der
Mühle ist in grosser Menge für die Verschiffung nach Brasilien bestimmt und wird vom
Vorspeicher mittelst Sackrutschen unmittelbar an Bord gebracht. Dasselbe gilt von
der Kleie, welche meist nach Europa verschifft wird. Sofern das Mehl für den
Verbrauch der Stadt Buenos Aires dienen soll, wird es mit Fuhrwerken, welche längs
neben dem Vorspeicher halten, abgeführt. Fig. 4
zeigt das Emporziehen des oben erwähnten Zubringesteges an den Silos nach der Mühle,
auf die Brückenlager.
Textabbildung Bd. 319, S. 628
Fig. 4. Verbindungsbrücken von der Mühle nach dem Speicher. (Aufziehen des 42
m weiten Steges).
Das Mühlengebäude wird von einem 38 m hohen Turm überragt, welcher ein 40 cbm Wasser
enthaltendes Reservoir trägt für die Versorgung eines das ganze Gebäude
durchziehenden Sprinkler Systems. In einem Anbau nach
dem Rio de la Plata hin befindet sich Kessel- und Maschinenhaus, und zwar sind in
denselben neben den Betriebsmaschinen für die Mühle auch diejenige für den Elevator
und die Beleuchtung untergebracht.
(Schluss folgt.)