Titel: | Die Kettenschaltgetriebe am mechanischen Webstuhle. |
Autor: | Siegm. Edelstein |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 669 |
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Die Kettenschaltgetriebe am mechanischen
Webstuhle.
Von Prof. Siegm. Edelstein.
(Fortsetzung von S. 623 d. Bd.)
Die Kettenschaltgetriebe am mechanischen Webstuhle.
2. Technologische Wirkungsweise des kraftschlüssigen
Warenbaumregulators.
Die technologische Bewertung dieser Regulatortype kann aus der blossen Feststellung
seines technischen Aufbaues nicht erschlossen werden, da sie noch von ausserhalb
desselben liegenden Umständen abhängig ist.
Offenbar wird sich seine Wirkungsweise verschieden äussern, je nachdem ob das ihm
zugeordnete Kettenablassgetriebe ein aktives oder ein passives ist und ebenso wird
für dieselbe von wesentlicher Bedeutung das Verhältnis sein, in welchem der der
Kettenabwicklung sich darbietende Widerstand zu dem Zuge steht, welcher von dem
Regulator auf das Gewebe ausgeübt wird.
Es werden sich in Anbetracht dieser Abhängigkeit drei Fälle seiner Betätigung
unterscheiden lassen und zwar zunächst eine Alternative bezüglich seiner Zuordnung
entweder zu einem aktiven oder zu einem passiven Kettenablassgetriebe und bei
Anwendung des letztern wieder eine wesentliche Unterscheidung nach dem Verhältnisse
der beiden oben angeführten Kräfte. Es ergibt sich sonach für die Behandlung
nachstehende Gruppierung:
a) Wirkungsweise des Regulators bei aktivem
Kettenablasse.
Wenn die Kettenabwickelung durch einen positiven Kettenbaumregulator stattfindet,
so wird in gleichen Zeiten bezw. für gleiche Phasen des Webstuhlganges stets ein
gleicher Betrag an Kettenlänge freigegeben und es ist natürlich, dass der an dem
Warenbaumregulator wirkende Belastungszug diesen frei werdenden Betrag an
Gewebelänge zur Aufwickelung bringt. Dem kraftschlüssigen Warenbaumregulator ist
somit in diesem Falle jeder Einfluss auf die Schussanlage entzogen. Diese, sowie
die Schussdichte werden vom Kettenablassgetriebe bestimmt; während der erstere
als einfacher vom Schaltwerke des Kettenbaumregulators in seiner Tätigkeit
abhängiger Wickelapparat funktioniert. Dagegen erlangt er die Einflussnahme auf
die Grösse der Kettenspannung, deren Ausmaass durch den auf den
Warenbaumdurchmesser reduzierten Zug des Belastungsgewichtes gegeben
erscheint.
Eine umfassende technologische Bewertung dieser Gesamtanordnung wird
anlässlich der systematischen Besprechung der Schaltwerkkombinationen gegeben
werden; für die Kennzeichnung des Warenbaumregulators allein ist die
Feststellung von Bedeutung, dass – veranlasst durch die gleichen Schaltbeträge –
eine gleichstufige Schussanlage erzielt wird, ferner die Tatsache, dass die
konstruktive Durchführung des Getriebes, die Grösse der Teilung am Schaltrade
und die angewendete Uebersetzung technologisch von keinem Einflüsse sind; sie
müssen nur in ihrem geometrischen Zusammenhange derart angeordnet sein, dass der
Warenbaumregulator jederzeit in der Lage ist, die ihm für ein Bewegungsspiel des
Webstuhles gelieferte Länge an Gewebe vollständig aufzunehmen.
Da der die Belastung tragende Schwinghebel nur einen gewissen höchsten Ausschlag
erreichen kann, der von der Aufhelfevorrichtung abhängig ist und durch einen
eventuellen Leergang der Klinke noch beschränkt wird, so muss dieser bei direkt
wirkenden Warenbaumregulatoren gross genug gewählt werden, dass er bei leerem
Warenbaume und der praktisch vorkommenden kleinsten Schussdichte noch hinreiche;
in dem Maasse, in welchem sich der Baum bewickelt, verringert er sich
selbsttätig durch das Anwachsen des Leerlaufes der Aufhelfevorrichtung.
Desgleichen erscheint es, da die Kettenspannung von dem auf den Warenbaum
reduzierten Zuge der Regulatorbelastung abhängt, behufs Konstanterhaltung
derselben bei direkt wirkendem Regulator, zweckmässig, durch den oben erwähnten
Fühlkopfapparat die automatische Verschiebung des Belastungsgewichtes bei
wachsendem Warenbaumdurchmesser anzuordnen, um stets den gleichen Warenanzug
hervorzurufen.
β) Wirkungsweise des Regulators bei passivem
Kettenablasse.
Wird der Kettenbaum durch eine der üblichen Kettenbaumbremsen zurückgehalten
oder von einem negativen Kettenbaumregulator
betätigt, so ergibt bei ersterer der Bremswiderstand, bei letzterem die
Streichbaumbelastung die Notwendigkeit, auf die Kette einen gewissen Zug
auszuüben, wenn eine Abwickelung von Kette bezw. eine Aufwickelung von
Ware stattfinden soll. Bezeichnen wir diesen etwa mit K, und wäre der vom kraftschlüssigen
Warenbaumregulator durch seine Belastung ausgeübte, auf den gleichen Radius
reduzierte Warenanzug etwa Z (Gleichung 51), so
können zwei Fälle eintreten, entweder ist dieser Warenanzug grösser oder er
ist kleiner als der zur Ueberwindung der Kettenspannung benötigte Betrag K.
Im ersten Falle ist ersichtlicherweise der Regulator allein imstande, die Kettenspannung zu überwinden, im zweiten
Falle muss ihm hiezu noch eine ausserhalb
derselben stehende Einwirkung zu Hilfe kommen. Dieses
verschiedenartige Verhalten äussert sich technologisch in wesentlich
hervortretender Weise, es sollen daher beide Fälle gesondert erörtert
werden.
β
1
) Der Warenanzug ist grösser als der Bremswiderstand
oder die Streichbaumbelastung.
Wird Z > K ausgeführt, so wird das Triebwerk des
Warenbaumregulators allein ohne äussere Beihilfe in der Lage sein, die
Warenaufwickelung vorzunehmen und es wird daher der Belastungshebel
insolange immer wieder die Schaltung herbeiführen, als er durch die
wiederholte Neueinstellung hierzu Gelegenheit findet. Ist dies – wie üblich
– regelmässig der Fall, dann arbeitet das
Getriebe ganz in der gleichen Art wie etwa ein zwangläufiger Regulator, von
dem es sich technologisch gar nicht und in technischer Beziehung nur dadurch
unterscheidet, dass bei letzterem die Verkupplung zwischen Schalthebel und
Ladenstelze durch eine zwangläufige mechanische Verbindung (Finger im
Hebelschlitze angreifend) bei ersterem durch eine kraftschlüssige Verbindung
(Schalthebel an Ladenstelzenfinger angepresst), stattfindet.
Die technologische Bewertung wird daher vollständig mit jener des
zwangläufigen Warenbaumregulators übereinstimmen, er wird gleicherweise wie
letzterer eine gleichstufige Schussanlage ergeben und je nach Ausmaass
seiner Schaltgrösse die Schussdichte bestimmen. Bezüglich dieser
Festsetzungen sei auf das bei den zwangläufigen Regulatoren Gesagte
verwiesen, nur betreffs des direkt einwirkenden Regulators wäre noch
hervorzuheben, dass auch hier, wie beim direkten zwangläufigen
Warenbaumregulator, behufs Konstanterhaltung seines Schaltbetrages in das
Getriebe eine veränderliche und durch einen Fühlkopfapparat beeinflusste
Hebelübersetzung eingeschaltet werden muss, welche in dem Maasse den
Schaltwinkel des Warenbaumes verkleinert, in welchem der Durchmesser
desselben zunimmt.
Eine Einwirkung auf das Belastungsgewicht ist, sofern man dieses überhaupt
gross genug wählt, nicht notwendig. Es muss dieses zumindest so gross
angenommen werden, dass es bei vollbewickeltem Warenbaume noch sicher die
Kettenspannung überwindet; dies ist umso eher zu erreichen, als eine
Ueberschreitung dieses Mindestwertes nach oben von keinem störenden
Einflüsse ist und nur in der Festigkeit der Getriebeteile allenfalls eine
Grenze findet, ein zu geringes Belastungsgewicht hingegen den Regulator
sofort technologisch wesentlich verändert.
Durch Anwendung eines Fühlkopfapparates zum selbsttätigen Herausschieben des
Belastungsgewichtes bei wachsendem Warenbaumdurchmesser wird zwar
technologisch keine Einflussnahme hervorgebracht, man kann aber in diesem
Falle das Mindestgewicht nach dem kleinsten Warenbaumdurchmesser bemessen
und so etwas an Gewicht sparen.
β
2
) Der Warenanzug ist kleiner als der Bremswiderstand
oder die Streichbaumbelastung.
Wenn der von der Regulatorbelastung auf das Gewebe ausgeübte Zug Z nicht hinreicht, die KettenspannungK zu überwinden, so ist der kraftschlüssige
Warenbaumregulator nicht in der Lage, selbständig eine Schaltung vorzunehmen
und seine Tätigkeit muss sich darauf beschränken, jenen Teil der Gewebelänge
periodisch aufzuwickeln, welcher ihm durch die Vorwärtsbewegung der Lade,
infolge der Vordrängung des letzt eingetragenen Schussfadens an den
Warenrand, überwiesen wird.
Es fällt somit hier der Lade die Aufgabe zu, die
zur Ueberwindung der Kettenspannung noch benötigte Kraftdifferenz
δ = K – Z . . . . . 52)
beizustellen, und dieser Wert δ ist es, der als
Kammandruck auf den letzteingetragenen Schussfaden zur Wirkung kommt.
Diese letztere äussert sich nach zweierlei Richtungen; sie ergibt einerseits
die tatsächliche Vorschaltung des Gewebes und andererseits bestimmt sie die
besondere Form der Schussanlage. Es ist natürlich, dass die effektive
Vorwärtsbewegung des Gewebes nur dann stattfindet, wenn der Kamm Gelegenheit
hat, auf den Warenrand einzuwirken, die Uebertragung seines Andruckes
erfolgt aber nur mittelbar durch den neu eingetragenen Schussfaden, sofern
sich dieser nicht etwa über oder unter den vorangehenden einlegen kann und
das Ausmaass der Fortrückung des Warenrandes ergibt sich nach dem jeweiligen
effektiven Raumbedarfe des letzteingelegten Schussfadens, wofür die Dicke
desselben und seine körperliche Beschaffenheit bestimmend sind. Durch die
solcherart sich ergebende Notwendigkeit, den Kammandruck auf das Gewebe
fortzuleiten, erfährt der Schussfaden eine entsprechende Anpressung und die
einzelnen Fäden werden daher dicht aneinandergelegt und da die Schaltung
selbsttätig nur dem jeweiligen Raumbedarfe angemessen wird, ergibt das
Triebwerk eine anschliessende Schussanlage.
Die Grösse der sich ergebenden Schussdichte lässt sich wohl nicht rechnerisch
feststellen, da sie von einer Reihe von Umständen abhängt, die sich nicht
leicht zahlenmässig fassen lassen, immerhin können aber einzelne derselben
bezüglich ihres Einflusses klargelegt werden.
Vor allem erscheint es einleuchtend, dass die Annäherung der einzelnen
Schussfäden aneinander desto inniger erreicht wird, je grösser der
resultierende Kammandruck δ hervorkommt. Da nun
dieser als Differenz zwischen dem Bremswiderstande oder der
Streichbaumbelastung und der Regulatorbelastung bezw. der Kettenspannung und
dem Warenanzuge erscheint (Gleichung 52), so folgt daraus, dass ein
Anwachsen der Kettenspannung und ein Abnehmen des Warenanzuges die
Schussdichte vergrössern werden. Man wird daher in der Lage sein, durch
Veränderung der Kettenspannung oder der Regulatorbelastung auf die Grösse
der Schussdichte direkt Einfluss nehmen zu können; allerdings ist diese
Abhängigkeit keine proportionale und auch keineswegs innerhalb beliebiger
Grenzen sich einstellende, da eben auch andere Umstände eine wesentliche
Rolle hiebei spielen. Insbesondere wird die körperliche Beschaffenheit der
Schussfäden für die erzielbare Schussdichte einen Maximalwert ergeben, über
den hinaus die weitere Erhöhung der Kettenspannung keinen praktischen Erfolg
mehr aufweisen wird.
Wohl ist bei dem hier vorauszusetzenden ungleichen Schussmateriale die
Einhaltung einer zahlenmässig gegebenen Schussdichte ausgeschlossen,
immerhin wird man auf eine möglichste Gleichmässigkeit der Annäherung, auf
Einhaltung eines Mittelwertes Bedacht nehmen müssen und daher die
Kettenspannung und Regulatorbelastung möglicht konstant zu halten
suchen.
Für die Herbeiführung einer möglichst gleichen Kettenspannung hat die Kettenablassvorrichtung Sorge zu tragen, ergibt
die hier verwendete Anordnung Schwankungen derselben, so werden sich
dieselben in der Schussdichte wiederspiegeln. Gleicherweise muss die
Regulatorbelastung derart zur Anwendung gelangen, dass die Getriebeanordnung
des Regulators einen gleichbleibenden Zug auf das Gewebe ausübt. Diese
Aufgabe verlangt die Berücksichtigung einiger in diesem Sinne störender
Umstände.
Ein an einem Hebel direkt wirkendes Gewicht erzeugt je nach Stellung des
Hebelarmes gegen die Horizontale eine veränderliche Zugspannung, so zwar,
dass dieselbe bei horizontaler Einstellung des Belastungsarmes am grössten
und in jeder anderen Stellung entsprechend der Verringerung des wirksamen
Hebelarmes kleiner ausfällt. Ebenso wird auch die Federwirkung je nach der
momentanen Dehnung der Feder einerseits und ihrem wirksamen Hebelarme
andererseits eine andere sein. Zu diesen Umständen gesellt sich noch ein
dritter, der dann eintritt, wenn die Gewebespannung am Hebelarme des
Warenbaumes angreift. Ist der Regulator indirekt wirkend, so wird der durch die Gewichtsbelastung
hervorgerufene Zug auf das Gewebe insolange konstant bleiben, als die
Belastung oder deren Hebelarm nicht verändert werden. Wirkt dagegen das
Schaltwerk direkt auf den Warenbaum, so erhöht sich mit der Zunahme des
Warenbaumdurchmessers der Kraftarm der Gewebespannung und es muss daher in
gleichem Verhältnisse auch der Kraftarm des Belastungszuges vergrössert
werden, wenn nicht durch das sonst erfolgende Anwachsen des
Warenbaumdurchmessers der von der Regulatorbelastung herrührende Zug
verringert und infolgedessen die Differenzgrösse δ vergrössert werden soll. Da diese Veränderung aber nach dem oben
Ausgeführten eine dichtere Schussanlage herbeiführen würde, so erscheint es
nötig, den bereits erwähnten Verschub des Belastungsgewichtes entweder von
Hand aus oder automatisch durch den Fühlwalzenapparat vorzunehmen.
Die Uebertragung des Verschubes durch das Gestänge ist bei der üblichen
praktischen Ausführung keine vollkommene, da hier eine Reihe von
Fehlerquellen zu tage treten; allerdings ist der Einfluss dieser
Ungenauigkeit auf die erzielte Schussdichte auch kein wesentlicher. Bei
Anwendung einer Federbelastung wird die automatische Verstellung meist
weggelassen, wodurch natürlicherweise der angedeutete Uebelstand mehr oder
weniger empfindlich zu tage tritt.
Es ist schon bemerkt worden, dass die eigentümliche Wirkungsweise des
Regulators auch noch andere Momente auf die Schussdichte zur Wirkung kommen
lässt, gleichartig wie bei den ebenfalls die anschliessende Schussanlage
hervorrufenden Kompensationsregulatoren. Es sind dies die materiellen Eigenschaften des Schussfadens und
die Art der Bindung.
Was die ersteren betrifft, so ist einleuchtend, dass die Fortschaltung des
Gewebes um einen desto grösseren Betrag stattfindet, je dicker und
widerstandsfähiger der Schussfaden ist, daher dicke, hart gedrehte und
trocken eingelegte Schussfäden eine grössere Schaltung herbeiführen, als
dünne und offene Schussgarne oder solche, die gefeuchtet zur Verwendung
kommen. Aus dem gleichen Grunde ist ersichtlich, dass auch hier die
Schaltung überhaupt unterbleibt, wenn kein Schussfaden zur Eintragung kommt
oder wenn ein Schussfaden, der eingetragen wird, sich derart anlegen kann,
dass er über oder unter seinen Vorgänger gelangt. Diese letztere Erscheinung
hängt bekannterweise von der Art der Abbindung der Schussfäden ab und sie
gestattet in einfacher Weise eine sichere Uebereinanderordnung mehrfacher
Schusslagen, wie sie bei Geweben mit Unterschuss oder Füllschuss vorkommen.
Die Tatsache, dass der Regulator nicht schaltet, wenn der Schussfaden
ausbleibt, macht es auch hier wie beim Kompensationsregulator unnötig
besondere Vorkehrungen für die Ausschaltung desselben bei Schussfadenbruch
zutreffen, Ebenso ist es nach einem etwaigen Zurücknehmen von Kette
nicht von Bedeutung, ob der Warenbaum beim neuerlichen Arbeitsbeginne etwas
mehr oder weniger zurücksteht, da die genaue Einstellung nach wenigen
Ladenanschlägen selbsttätig eintritt.
Im Vorstehenden sind jene Umstände angeführt, welche auf die Dichte der
Schussanlage bezw. auf die Grösse der Schaltung Einfluss nehmen, und es mag
besonders hervorgehoben werden, dass nach dieser Richtung hin weder die Vorgelegeübersetzung noch der Klinkenhub oder die Teilung des Sperrades irgendwie einzuwirken in der Lage sind.
Diese letztgenannten Umstände bedingen wohl den technischen Aufbau des
Zugwerkes und äussern sich technologisch höchstens in dem Ausmaasse jener
Kettenschwankungen, die durch den relativen Leergang der Gegenklinke
veranlasst werden.
Ist die Kettenbaumbremse durch ihr Spielvermögen geeignet, Kette selbsttätig
etwas zurückzunehmen, oder ist ein schwebender Streichbaum angeordnet, so
wird beim Rückgange der Lade der Warenbaum unter Ueberwindung der
Regulatorbelastung so weit wieder zurückgehen, als die Sperrklinke
gestattet. Das Ausmaass dieses Rücklaufes bezw. der im Arbeitsgange des
Webstuhles stattfindenden Hin- und Herschwingungen der Kette kann daher
höchstens den auf den Warenbaumdurchmesser reduzierten Betrag einer Teilung
des Sperrades ausmachen und wenn eine Reduktion dieser durch Anwendung
mehrfacher Klinken stattfindet, den entsprechenden Teil derselhen. Auch die
elastische Zusammenziehung der Kette kann solche Schwingungen hervorrufen,
weshalb für die untere Grenze ihres Ausmaasses kein rechnerisch einfach zu
bestimmender Wert aufgestellt werden kann. Um sie auf ein praktisch
zulässiges Maass zu beschränken, wird die bereits erwähnte Anordnung
mehrfacher Klinken und zwar der Gegenklinken vorgesehen, während für die
Anwendung einer mehrfachen Kupplungsklinke der Umstand spricht dass dann die
den Belastungszug oder dessen Hebelarm verändernde Auslenkung des
Belastungshebels auf einen geringeren Betrag reduziert wird.
Aus dem Dargelegten lässt sich die technologische Bewertung dieser
Regulatortype dahin aussprechen, dass sie gleicherweise wie der
Kompensationsregulator eine anschliessende Schussanlage ergibt, deren Dichte
aber von der Differenz der Kettenspannung und der Regulatorbelastung und von
den körperlichen Eigenschaften des Schussfadens sowie der Art der
Gewebebindung abhängt, doch nur unter der Voraussetzung, dass der
Kettenablass ein passiver und die Kettenspannung grösser als der Warenanzug
ist, Entspricht er dieser Voraussetzung nicht, so verändert er seinen
technologischen Charakter.
Wird der Belastungshebel zwangläufig mit der
Aufhelfevorrichtung verbunden, so wandelt sich der Regulator in einen
zwangläufigen um, dessen technologische Eigenschaften er auch erreicht, wenn
das Belastungsgewicht genügend gross genommen wird, um eine stets
stattfindende sichere Anlage des Belastungshebels an den Aufhelfefinger
herbeizuführen.
3. Praktische Ausführung des kraftschlüssigen
Warenbaumregulators.
Die eben ermittelten Feststellungen haben dargetan, dass der kraftschlüssige
Warenbaumregulator an sich kein technologisch bestimmtes Verhalten aufweist, da
seine Arbeitsführung je nach Maassgabe äusserer von ihm unabhängiger Verhältnisse
veränderlich ist. Es hat sich gezeigt, dass er nach drei Richtungen hin ausgewertet
werden kann, entweder als blosser auf die Art und Weise der Schussanlage und Grösse
der Schussdichte ohne Einfluss bleibender Aufwickelapparat oder als Getriebe zur Herbeiführung einer gleichstufigen Schussanlage mit allen technologischen
Eigenschaften
des zwangläufigen Warenbaumregulators und endlich als anschliessend schaltender daher auch kompensierender Regulator. Auf jedem
dieser Anwendungsgebiete wird von ihm in der Praxis auch tatsächlich Gebrauch
gemacht, wenn auch die drittangeführte Art seiner technologischen Wirkungsweise die
vorherrschende ist.
Textabbildung Bd. 319, S. 672
Fig. 95.
Da sich diese Verschiedenheit des technologischen Charakters aus der Veränderlichkeit
der äusseren nicht in ihm selbst liegenden Verhältnisse ergibt, so erscheint es
einleuchtend, dass sein technischer Aufbau ein einheitlicher sein kann, und es nicht
möglich ist, aus demselben seine technologische Bewertung vorzunehmen.
Aus dem gleichen Grunde ist es daher unrichtig, wenn die technologische
Charakteristik einer seiner Anwendungsarten auf ihn in
dem Sinne allgemein übertragen wird, dass die Kennzeichnung des ganzen Systems davon
abgeleitet wird. Tatsächlich wird aber dieser Fehlgriff häufig angetroffen, Man
bezeichnet den kraftschlüssigen Regulator als „negativen“ Warenbaumregulator und definiert ihn dahin, dass er
nach Maassgabe der Schussfadenstärke schalte, also eine anschliessende Schussanlage
ergebe, im Gegensatze zum „positiven“ Regulator,
der für jeden Schuss gleich viel Schaltung ergebe und direkt angetrieben werde.
Besser ist hier schon die Bezeichnung „schwebender“ Regulator, die zumindest
das für sich hat, dass sie die Beurteilung seiner Wirkungsweise nicht irre
führt.
Was die praktische Ausführung dieser Regulatortype anbelangt, so sind heute die
Anordnungen meist ähnlich jener in Fig. 92 und 93 S. 621 behandelten, nur bei einigen
Seidenstuhlsystemen findet man den Belastungshebel durch Federn betätigt und mit
einer Klemmkupplung auf das Antriebsrad wirkend.
Auch der Federschlagstuhl zeigt besondere Typen.
Fig. 95 stellt einen solchen von der Sächsischen Webstuhlfabrik gebauten Regulator dar,
dessen eigentümliche Aufhelfevorrichtung unter Fig.
94 bereits erwähnt wurde. Der Regulator arbeitet mit einem Sandbaume, ist
also indirekt wirkend, und wird durch eine Gewichtsbelastung betätigt.
Eine einfachere Ausführung eines ähnlich gebauten und mit Federbelastung
ausgestatteten Apparates gleicher Herkunft zeigt die Fig.
96. Die Schlitzstange t wird durch den
schwingenden Arm a hin- und hergeführt und umfasst den
Bolzen p des Belastungshebels H. wodurch sie denselben wieder in die Arbeitsstellung zurückbringt, wenn
er im Sinne des Warenabzuges genügend weit durch die Spannung der Feder F ausgelenkt wurde.
Textabbildung Bd. 319, S. 672
Fig. 96.
Textabbildung Bd. 319, S. 672
Fig. 97.
Textabbildung Bd. 319, S. 672
Fig. 98.
Eine moderne Type, gebaut von der Sächsischen:
Maschinenfabrik Hartmann, ist in der Fig.
97 dargestellt Der Regulator ist indirekt wirkend, wie die beiden
vorbeschriebenen, bedarf also gleicherweise keiner automatischen Verstellung des
Angriffspunktes seiner Belastung. Die Kupplungsklinke ist hier als Zugklinke
ausgeführt, die Aufhelfung findet durch die Ladenstelze unmittelbar statt.
In der Fig. 98 ist die Ausführungsform eines direkt
wirkenden, daher mit Fühlkopf und Verschubvorrichtung ausgestatteten Regulators von
der Webstuhlfabrik Guelcher & Schwabe skizziert, bei welcher der Belastungszug nicht
nur durch das verschiebbare Gewicht, sondern auch noch durch die angeordnete
Schraubenfeder F hervorgebracht wird. Diese
Kombination, welche übrigens auch bei anderen Ausführungen gleicher Type angetroffen
wird, erscheint mit Rücksicht auf das bezüglich der Konstanthaltung des Warenabzuges
Gesagte nicht zweckmässig, weil nicht nur das Belastungsgewicht allein, sondern auch
der Angriffspunkt der Feder, die dem Anwachsen des Warenbaumdurchmessers
entsprechende Verschiebung erfahren müssten, wenn nicht trotz des Fühlkopfgetriebes
eine Wertveränderung des Regulatoranzuges entstehen sol.
(Fortsetzung folgt.)