Titel: | Neuerungen auf dem brautechnischen Gebiete in der Ausstellung für Spiritusverwertung und Gärungsgewerbe in Wien. |
Autor: | Alois Schwarz |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 729 |
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Neuerungen auf dem brautechnischen Gebiete in der
Ausstellung für Spiritusverwertung und Gärungsgewerbe in Wien.
(Schluss von S. 714 d. Bd.)
Neuerungen auf dem brautechnischen Gebiete in der Ausstellung für
Spiritusverwertung usw.
Der in der linken Nordgallerie ausgestellte Malzwendeapparat von Ferdinand Dolainsky (System Berndt) zeigt den Vorteil, dass die Schichten beim Durchgang tatsächlich
gewechselt werden und das Malz hierbei auch gelüftet, d.h. mit viel warmer Luft in
Berührung gebracht, wodurch die Trocknung wesentlich beschleunigt wird, ohne dass
Glasmalzbildung eintritt. Die Konstruktion des Wenders ist äusserst einfach und die
Abnützung sehr gering, da nur wenig bewegliche Teile vorhanden sind.
Die Schaufel dieses Wenders ist so genau einstellbar, dass sie sich knapp über den
Horden bewegt. Sie fasst das Malz wie bei Handarbeit auf, hebt es ziemlich hoch
empor und lässt esin Strahlen verteilt auf die Prell wände fallen, die es,
von
Textabbildung Bd. 319, S. 729
Fig. 21.
unten nach aufwärts, seitlich an den Malzhaufen streuen.
Bei diesem Vorgange werden die Körner längere Zeit in der aufsteigenden warmen Luft
bewegt und dabei lufttrocken gemacht. Der Antrieb der
Wendewelle ist derart in der Mauer untergebracht, dass die Hordenfläche ganz
ausgenützt wird. Die Bewegung der Schaufelachse vermittelt eine starke Gallesche Kette.
Textabbildung Bd. 319, S. 730
Fig. 22.
Textabbildung Bd. 319, S. 730
Fig. 23.
Die Firma Franz Hugershoff, Leipzig, hat einen neuen
Apparat zur Regulierung der Gärtemperaturen in den Betrieben der Gärungsindustrie,
besonders für Brennereien und Hefefabriken, System Rougemont, ausgestellt.
Der Apparat (Fig. 21) besteht im wesentlichen
aus drei Teilen: 1. Thermometer, 2. Elektromagnet mit Batterie, 3. Wasserreservoir
mit Schwimmkugelventil.
Textabbildung Bd. 319, S. 730
Fig. 24.
Der Elektromagnet h (Fig.
22) wirkt auf die kleine durch das Laufgewicht p ausgeglichene Eisenplatte g. Diese letztere
steht mit dem Wasserreservoir-Ablaufventil b in
Verbindung, unter dem das Wasser bei s mittels
Schlauches in den Bottichkühler geführt wird.
Das Thermometer (Fig. 23), welches an der
Gärbottichwand befestigt in die Maische hereinragt, steht durch Leitungsdrähte mit
dem Elektromagneten und einer elektrischen Batterie, bestehend aus sechs
Kupfer-Zink-Elementen, in Verbindung. Es wird durch einen von oben in die Kapillare
eingeführten Metallstift derart eingestellt, dass das Quecksilber des Thermometers
den Stift berührt, sobald die gewünschte Temperatur im Bottich erreicht ist.
Hierdurch wird der elektrische Strom geschlossen; der Elektromagnet wird wirksam und
zieht die unterhalb befindliche Platte an. Dadurch wird das Abflussventil des
Wasserreservoirs gelüftet, so dass Wasser durch den Bottichkühler fliesst und die
Maische abkühlt. Umgekehrt wird der Wasserzufluss bei hinreichender Kühlung
selbsttätig wieder geschlossen.
Textabbildung Bd. 319, S. 731
Fig. 25.
Eine weitere Neuerung ist der vom Gärführer der Brauerei
Simmering, Eduard Bleier ausgestellte Flüssigkeitsverteiler für Bierwürze
auf die Gärbottiche. Dieser Verteiler besteht aus einer Vereinigung von sechs
Hähnen, deren jeder besonders regulierbar ist, und welche sämtlich mit dem
Hauptzuleitungsrohr der Bierwürze in Verbindung stehen. Von diesen Regulierhähnen
führt je ein Schlauch zu einem Gärbottich. Durch Einstellen der Hähne wird die vom
Kühlschiff oder Berieselungskörper kommende Würze durch den Würzeverteiler auf alle
zur Füllung bestimmten Gärbottiche gleichzeitig so verteilt, dass diese zu gleicher
Zeit hammrecht werden. Sämtliche Bottiche erhalten daher Würze gleicher
Beschaffenheit, gleich sowohl hinsichtlich der Temperatur als auch der
Saccharometer-Anzeige, und zwar geschieht die Füllung infolge der Konstruktion der
Hähne vollständig schaumfrei. Die Gärung muss daher in allen Bottichen
gleichzeitigankommen, ebenso ist Ueberlaufen durch Unachtsamkeit des Arbeiters
verhindert und es wird dadurch an Schwendung erspart. Der Apparat ist in einer
Anzahl bedeutender Brauereien mit Erfolg eingeführt.
Die Metallwarenfabrik V. Prick in Wien hat eine kupferne
Hopfenwürzepfanne mit einem Inhalt von 25000 l bei 4 m Durchmesser der Pfanne
ausgestellt, welche mit einem Aluminiumdeckel versehen ist, um einer Oxydation durch
die feuchten Dünste vorzubeugen. Die innere Einrichtung besteht aus einer
patentierten rotierenden Dampfkochung, welche eine leichte Reinigung der Pfanne und
des Rührwerkes ermöglicht. Bei dieser Kochung kann auch mit gespannten Dämpfen
gearbeitet werden, da der Apparat auf einen Druck von 20 HP geprüft ist. Die
Einströmung befindet sich oben, die Dampfabführung erfolgt nach abwärts, die
Kondensleitung nach oben. Die kupfernen Dampfrohre sind radial nach sechs Richtungen
angeordnet und haben eine Heizfläche von 12 m.
Dieselbe Firma hat einen vollständigen Wasserreinigungs-Apparat Patent Wehrenfennig zur Ausstellung gebracht. Als Vorteil
dieses patentierten Apparates ist hervorzuheben, dass derselbe nicht nur in
geschlossenem Aufbau, sondern in von einander getrennten, den bestehenden
Verhältnissen sich anpassenden Einzelheiten ausgeführt werden kann, so dass der
Einbau bei vorhandenen Reservoiren sowie in vorhandenen Räumlichkeiten leicht
durchführbar ist. Die Zuleitung der Reagentien erfolgt, nach der Analyse berechnet,
selbsttätig. Die Mischung des Rohwassers mit den Reagentien erfolgt unter dem Druck
der Wassersäule und findet eine Vorklärung des Wassers in weiten Gefässen statt,
wodurch das Filtermaterial in geringster Weise beansprucht wird. Die Bedienung des
Apparates erfolgt im Erdgeschosse und sind hierzu nur einige Handgriffe
erforderlich.
Eine neue selbsttätig wirkende Malzkeim-Maschine, System Plischke, war in einem besonderen Zelt im Betrieb vorgeführt. Die Maschine
(Fig. 24 und 25)
besteht aus übereinander liegenden Geweben, welche auf Ketten und Lagern montiert
endlose Bänder bilden und sich um eine Walze fortbewegen. Es sind acht derartige
bewegliche, gewebte Flächen übereinander angeordnet, rechts und links befindet sich
eine maschinell wirkende Lockerungsvorrichtung. Ueber der Maschine liegt eine
mechanisch wirkende Füllvorrichtung. Will man die Maschine in Betrieb setzen, so
leitet man das geweichte Gut vom Weichstock in das darunter befindliche Füllgefäss
und zwar entsprechend der Belegfläche des Apparates. Dieser wird mittels
Transmissionen durch einen Ausrücker in Bewegung gesetzt und setzt zu gleicher Zeit
die Füllvorrichtung mit der Beschickung des geweichten Materials ein. Das Keimgut
fällt, durch diese gleichmässig verteilt, in einer Höhe von etwa 6–8 cm auf die
oberste Etage, das erste Drahtgewebe. Diese Etagen bewegen sich nun in
entgegengesetzter Richtung langsam und zwar etwa 45 cm i. d. Minute fort. Ist die
oberste Etage gefüllt, was etwa eine halbe bis eine Stunde dauert, so wird die
Maschine abgestellt und bleibt bis zum andern Tag stehen. Hierbei hat das Keimgut
Zeit, langsam abzutrocknen und Wurzeln zu treiben.
Den nächstfolgenden Tag setzt man die Maschine wieder in Bewegung, und es fällt nun
das auf der oberen Etage liegende Material durch die Lockerungsvorrichtung auf das
darunter liegende Gewebe, welches eine entgegengesetzte Bewegung macht. Zu gleicher
Zeit wird aber die obere Etage wieder mit frischem Weichgut durch die obenerwähnte
Füllvorrichtung beschickt. Dieser Vorgang geschieht tagtäglich und es gelangt das Malz von
Etage zu Etage, bis es unten fertig nach sieben bis acht Tagen von selbst
herausfällt.
Die Malzbereitung auf diesem Apparate bietet aber auch den Vorteil, dass die Gerste
während des ganzen Wachstums mit dem freien Sauerstoff der atmosphärischen Luft in
Berührung verbleibt, wodurch die Entwicklung des Keimes und die Lösung wesentlich
unterstützt wird. Man pumpt also keine Luft durch das Malz, wie bei der
pneumatischen Malzerzeugung; die sich entwickelnde Kohlensäure fällt durch die
Oeffnungen des Gewebes nach abwärts und der notwendige Sauerstoff, welchen jedes
einzelne Korn benötigt, tritt von selbst dazu. Das Malz liegt in dünnen Schichten
von 6–8 cm; es kann deshalb keine besondere Erwärmung eintreten. Die Wendung des
Malzes erfolgt regelrecht, indem infolge Wendens der Bänder die oberen Körner jeder
Schicht auf der nächsten zu unterst zu liegen kommen.
Eine weitere bemerkenswerte Neuerung ist der von Direktor Nathan in Berlin ausgestellte Apparat zu seinem Bierherstellungsverfahren,
welches schon gelegentlich des vorjährigen Kongresses für angewandte Chemie, sowie
auch der Oktobertagung in der Versuchsanstalt für Brauerei zur Vorführung gelangte.
Nathan verfolgt im wesentlichen zwei Punkte bei der
Schaffung seines Verfahrens: Ausschaltung aller schädlichen Einflüsse und der
Infektion, sowie Abkürzung der Gär- und Lagerperioden. Es gilt heute als
feststehend, dass die Metalle, mit denen Würze und Bier in Berührung kommen, einen
ungemein schädlichen Einfluss ausüben. Nathan hatte
diesen Umstand schon frühzeitig erkannt und bereits vor acht Jahren nach
langwierigen Versuchen die Frage durch Verwendung einer säurebeständigen Emaille bei
seinen Gärgefässen gelöst. Diese Emaille ist, wie der Ausstellungsapparat zeigt,
eine sog. Glasemaille; sie ist nicht nur säurebeständig, sondern hat sich bei
langjähriger Erprobung in Betrieben auch durchaus indifferent gegen die stärksten
Temperaturschwankungen erwiesen; Abspringen ist ausgeschlossen, weil die Emaille
durch ihre etwas gewellte Oberfläche allen Spannungsunterschieden leicht nachgeben
kann. Ihre Reinigung und Kontrolle ist bei den emaillierten Gefässen sehr einfach.
Die Infektionsgefahr beseitigt Nathan, indem er dem
Apparat die Form eines geschlossenen Topfes gibt und Abkühlung, Gärungwie
Lagerung in demselben Gefäss sich vollziehen lässt. Der Apparat stellt an sich ein
grosses Reinzuchtgefäss dar. Die kochend heisse Würze aus dem Sudhaus tritt durch
das unten befindliche verstellbare silberne Rohr ein und sterilisiert den Innenraum.
Man lässt das Rührwerk laufen und durch den Mantel Kühlwasser fliessen; dabei
erfolgt rasche Abkühlung der Würze und Mischung mit der bei einer Oeffnung des
Deckels eintretenden, durch Filtration keimfrei gemachten Luft. Nach eingetretener
Abkühlung wird das Rührwerk abgestellt, der Trüb sitzt ab und wird durch einfaches
Oeffnen des silbernen Auslaufes entfernt; dann wird Rein- oder Betriebshefe
eingeführt.
Die Abkürzung der Gär- und Lagerperiode wird teils durch Bewegung der Flüssigkeit
mittels des Quirlrührers, teils durch Absaugen und späteres Durchblasen der
Kohlensäure bewirkt. Durch zeitweiliges Aufrühren wird die Hefe zu fleissiger Arbeit
gezwungen, welche sie bei 10° C. in vier bis fünf Tagen beendet. Die entstehenden
Fuselstoffe, welche sonst erst nach längerem Lagern im Geläger zur Abscheidung
kommen, werden beim Absaugen der Kohlensäure mitgerissen. Diese Kohlensäure wird in
einer Waschbatterie von den anhängenden Geruch- und Geschmackstoffen befreit und
dann verflüssigt. Gegen Ende der Vergärung tritt Bruch ein, die Hefe setzt sich ab
und wird auf die gleiche Art wie der Trüb entfernt. Die eigentliche Lagerperiode
wird durch das Durchlüften des Bieres mit Kohlensäure ersetzt; man lässt sie unten
eintreten und saugt sie unter Bewegung des Rührers oben wieder ab. Auf diesem Wege
belädt sie sich mit den noch vorhandenen Jungbuketts und führt sie mit sich fort, so
dass das Bier nach kurzer Zeit alt schmeckt. Nun wird abgekühlt, karbonisiert und
filtriert. Der ganze Prozess dauert acht bis zehn Tage.
Ein grosses Bild zeigte die Konstruktion eines grossen Apparates von 12500 l Inhalt
mit unterem Antrieb des Rührers; ein weiteres führte eine Hansena-Halle – die
Apparate sind zu Ehren Chr. E. Hansens
„Hansena“-Apparate“ genannt – vor und an den Aufnahmen der in die Versuchs-
und Lehrbrauerei des Institutes für Gärungsgewerbe in Berlin eingebauten Anlage nach
Nathans System waren die einzelnen Teile des
Betriebes deutlich veranschaulicht.
Prof. Alois Schwarz.