Titel: | Allgemeine Betrachtungen über Krane und einige dazu gehörige Konstruktionen. |
Autor: | H. Rieche |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 792 |
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Allgemeine Betrachtungen über Krane und einige
dazu gehörige Konstruktionen.
Von H. Rieche,
Cassel.
(Schluss von S. 779 d. Bd.)
Allgemeine Betrachtungen über Krane und einige dazu gehörige
Konstruktionen.
Werden die lebendigen Kräfte eines Hubwerkes durch eine elektrisch betätigte
Bremse vernichtet und dient letztere zugleich als Haltebremse der Last, so ist zum
Senken in der Regel eine selbsttätig wirkende Bremse erforderlich, wenn nicht ein
besonderer Fusstritthebel oderHandgriff zur Lüftung dieser besonderen Bremse
angewendet werden soll.
Textabbildung Bd. 319, S. 792
Fig. 16.
Eine in Fig. 16 dargestellte sogen. Weston-Bremse funktioniert bei richtiger Wahl der
Steigung des Gewindes im Verhältnis zum mittleren Durchmesser der Bremsflächen, nicht zu grossem
spezifischen Druck am Gewinde und auf den Bremsflächen, genauer Arbeit und
sachge-mässer Wartung vollständig zufriedenstellend.
Die Scheibe a ist mit der Welle b fest verbunden und durch den Bund c gegen
Verschieben gesichert. Das Ritzel d erhält hochgängiges
Flachgewinde, ebenso die Welle b. Die Bremsplatten e und e1 sind mit d bezw. a fest verbunden. Das Sperrad f ist zentriert um den Bund d1 des Ritzels d.
Während der Hubbewegung ist die Klinke h ausgerückt und
wird durch die mit dem Schleifring k verbundene Stange
i ausserhalb der Zähne gehalten. Die Feder l gibt dem Schleifring k
die erforderliche Spannung auf der Scheibe a.
Der Anschlag m schlägt gegen die Stangen i. Soll die Last gehalten werden, so setzt sich das
Triebwerk zunächst in der Senkrichtung in Bewegung. Die Klinke h kommt durch ihr Eigengewicht und den Schleifring k sofort mit den Zähnen des Sperrades in Berührung und
setzt sich bei richtiger Neigung der Zahnflanken zur Druck- oder Zugrichtung der
Klinke sofort fest.
Die Steigung des Gewindes der Bremse ist so zu wählen, dass selbst bei schlechter
Wartung Festklemmen zwischen Gewinde und Bremsflächen unmöglich ist. Die Welle b dreht sich in der Hubrichtung so lange allein, bis
das durch den Zahndruck zurückgehaltene Ritzel d in
Richtung der Achse soweit vorgeschoben ist, dass es mit der Bremsplatte e fest gegen das Sperrad f
und letzteres gegen die mit a verbundene Bremsplatte
e1 gepresst wird.
Während der Hubbewegung findet ein Schleifen der Bremsflächen gegeneinander nicht
statt.
Soll gesenkt werden, so wird zunächst die Welle b in der
Senkrichtung bewegt. Ist die Last schwer genug, um das Windwerk zurückzudrehen, so
erhält das Ritzel d sehr bald eine grössere
Geschwindigkeit als die Welle b. Hierdurch werden die
Bremsflächen aneinander gepresst und die Last geht für kurze Zeit mit einer
Geschwindigkeit entsprechend der Tourenzahl der Achse b
ab. Ist die Geschwindigkeit des Ritzels d wiederum
grösser geworden als die der Welle b, so beginnt
dasselbe Spiel von neuem. Das Lösen und Anpressen der Bremsflächen geschieht in
kurzen Zwischenräumen. Die Reibungsarbeit ist infolge dessen ziemlich bedeutend.
Der Leerhaken und leichtere Lasten können in der Regel das Windwerk nicht rückwärts
bewegen. Die Achse b dreht sich sodann zunächst allein,
das Ritzel d wird in Richtung der Achse verschoben und
die Bremsflächen entfernen sich solange voneinander, bis der auf der Achse b befestigte Stellring n
das Ritzel d berührt. Letzteres setzt sich sodann in
der Senkrichtung in Bewegung.
Bei nicht zu hoher spezifischer Pressung der Bremsflächen und des Gewindes, guter
nichtfedernder Lagerung, gediegener Ausführung und nicht zu hohen Tourenzahlen hat
die Bremse in der dargestellten einfachen Konstruktion eine grosse Haltbarkeit.
Vielfach findet man eine ganze Anzahl von Bremsflächen hintereinander geschaltet, die
teils mit dem Sperrrade f und teils mit a und b verbunden sind.
Hierdurch lässt sich die Bremse auf einen kleineren Durchmesser bringen. Wenn
genügender Raum zur Verfügung steht und die Tourenzahl der Bremse nicht zu gross
ist, sollte der einfacheren Konstruktion immer der Vorzug gegeben werden.
Stehen die Zahnflanken nicht in richtiger Neigung zur Druck- oder Zugrichtung der
Klinke, so kann es vorkommen, dass die Klinke nach Abgleiten von einem Zahne
überhaupt nicht mehr fasst. Tatsächlich sind durch unrichtige Zahnformen des
Sperrades wiederholt Unglücksfälle vorgekommen, denen man durch Vermehrung der
Anzahl der Klinken zu begegnen suchte. Durch diese Massnahme konnte indessen nur die
Wahrscheinlichkeiteines Unfalles vermindert werden. Ist der Klinkeneingriff
richtig konstruiert, so ist eine Klinke vollkommen ausreichend.
Textabbildung Bd. 319, S. 793
Fig. 17. Richtige Zahnform Falsche Zahnform
a) Drucklinie, b) senkrechte zur
Drucklinie.
In Fig. 17 ist ein richtiger und ein unrichtiger
Klinkeneingriff dargestellt. Angenommen, der Winkel zwischen Drucklinie der Klinke
und Zahnflanke sei = 65°, so gleitet die Klinke auf einer zur Senkrechten der
Drucklinie um 25° geneigten Ebene bezw. dem geraden Teile der Zahnflanke auf alle
Fälle solange nach innen, bis der Fuss des Sperradzahnes erreicht ist.
Ist dagegen der Winkel zwischen Drucklinie der Klinke und Zahnflanke 90 + 10°, so
steht die Klinke auf einer zur Senkrechten der Drucklinie um 10° nach aussen
geneigten Ebene. Sobald Erschütterungen der Triebwerke vorkommen, kann die Klinke
sehr leicht ins Gleiten kommen. Ist ihr Kontakt mit dem Sperrad verloren gegangen,
so kann kaum noch angenommen werden, dass ein nochmaliger dauernder Eingriff der
Klinke erfolgt. Die Last stürzt also ab, wenn nicht noch weitere Bremsvorrichtungen
vorhanden sind.
Ist der Hubmotor nicht mit Bremsschaltung versehen und soll eine mechanische Bremse
vorbeschriebener oder ähnlicher Art nicht zur Anwendung kommen, so lässt sich, wie
bekannt, eine Vereinigung zwischen elektromagnetischer und automatischer Senkbremse
auf folgende Art treffen.
Zum Ablassen der Last sowohl wie zur Vernichtung der lebendigen Kräfte des
Motorankers und der Maschinenteile, sowie zum Halten der Last dient eine durch
Elektromagnete betätigte mechanische Bremse. Die Bremse ist entsprechend der beim
Abbremsen der Last sich entwickelnden Wärmemengen einzurichten. Die Wicklung des
Bremsmagneten ist mit dem Motoranker in Reihe geschaltet. Sobald der zum
vollständigen Abheben des Bremsgewichtes erforderliche Strom den Elektromagneten und
Motor durchfliesst, ist die Bremse vollständig gelüftet. Das Lastwindwerk hat sich
inzwischen in Gang gesetzt. Der den Bremsmagneten durchfliessende Strom nimmt
hierbei ab, hat also nicht mehr die Kraft, das Bremsgewicht vollständig
hochzuhalten, und die Bremse legt sich infolge dessen an. Die gesamte Bremswirkung
ist nur vorhanden, wenn der Bremsmagnet ohne Strom ist.
Die Senkgeschwindigkeit lässt sich durch den Anlasswiderstand verändern.
Ein Vergleich der aufgeführten Bremsvorrichtungen ergibt, dass die
Horizontalbewegungen der Last zweckmässig durch Ankerbremsung der Motoren vernichtet
werden. Es fallen fort die durch Elektromagnete zu bedienenden Bremsen, ausserdem
der Stromverbrauch für die Elektromagnete.
Für die Hubbewegung ist die Bremsschaltung des Motors ebenfalls vorteilhaft. Es ist
dann nur noch eine elektrisch zu bedienende Haltebremse erforderlich. Der
Stromverbrauch zum Senken der Last beschränkt sich auf den Bedarf des
Elektromagneten und des event. Stromstosses für den Leerhaken und leichte Lasten.
Die Senkgeschwindigkeit kann in beliebigen Grenzen geregelt werden.
Die Weston-Bremse lässt nur Senkgeschwindigkeiten
entsprechend der Tourenzahl des Motors zu. Der Stromverbrauch zur Senkbewegung ist
ziemlich bedeutend.
Bei Anwendung einer elektromechanischen Halte- und Senkbremse ist der Stromverbrauch
zur Senkbewegung ebenfalls bedeutend, die Senkgeschwindigkeit ist jedoch
veränderlich.
Die bisher geschilderten Bremsarten lassen erkennen, dass schon sehr viel erreicht
worden ist. Immerhin aber kann keine einzige dieser Bremsen als eine ideale Bremse
bezeichnet werden. Entweder ist ein grosser Stromverbrauch während der Senkbewegung
erforderlich (Weston-Bremse und elektromechanische
Bremse) oder aber die Last fällt, bevor der Motor als Dynamomaschine arbeitet und
dementsprechend bremsend wirken kann, einige Zentimeter frei (Motorsenkbremse).
Ausserdem sind auf alle Fälle zwei Bremsvorrichtungen erforderlich.
Als ideale Bremse kann nur eine solche angesehen werden, bei welcher in der
Senkrichtung nur zum Abtrieb des Leerhakens und leichter Lasten Strom aus dem
Leitungsnetz erforderlich, sowie der zur Bedienung der Bremse benötigte elektrische
Strom auf das denkbar kleinste Mass beschränkt ist und ausserdem irgend welche
Störungen in der Stromleitung oder Drahtbrüche und dergl. eine gefährliche
Einwirkung auf die Last nicht auszuüben vermögen.
In Fig. 18 ist eine Bremse dargestellt, welche allen
Anforderungen an eine ideale Bremsung angenähert gerecht wird. Das Bremsband a ist durch das mit dem Kniehebel b verbundene Gewicht c
solange mit vollster Zugkraft um die Bremse geschlungen, wie der Magnet d ohne Strom ist. Ist der erste Vorschaltwiderstand e ausgeschaltet, erhält der Magnet eine geringe
Zugkraft und entlastet somit das Gewicht c, d.h. der
Druck auf dieReibungsflächen der Bremse nimmt entsprechend der
Gewichtsreduzierung ab. Werden weitere Vorschaltwiderstände ausgeschaltet, so erhöht
sich die Zugkraft des Magneten entsprechend, das Gewicht c weiterhin entlastend. Nach Ausschaltung sämtlicher Widerstände ist das
Bremsgewicht vollständig entlastet. Die Anzahl der Widerstände e ist unbegrenzt. Die Senkgeschwindigkeit kann demnach
in beliebigen Grenzen geregelt werden. Das Bremsgewicht kann auch durch Federn, ohne
andere Vorrichtungen, die das Bremsband mit der Scheibe, oder Friktionsscheiben,
oder andere zur Bremsung geeignete Elemente aneinander pressen, ersetzt werden.
Textabbildung Bd. 319, S. 794
Fig. 18.
Es ist klar ersichtlich, dass bei Anwendung der beschriebenen Bremse Störungen in der
Motorstromleitung ohne jeden Einfluss auf die Last bleiben, insofern eine Entlastung
des Bremsgewichtes in der Hubrichtung nicht stattfindet. Ein in der Bremse
vorgesehenes Klinkwerk ermöglicht die Hubbewegung, wie bei gewöhnlichen
Sperrbremsen. Wird der Motor stromlos, so setzt sich das Klinkwerk fest und die Last
bleibt stehen.
Während der Senkbewegung arbeitet der Motor nur dann mit Strom, wenn das Triebwerk
nicht von der angehängten Last bewegt werden kann. Der Bremsmagnet wirkt in der
Hubrichtung überhaupt nicht und hebt auch das Bremsgewicht in der Senkrichtung nicht
an, sondern entlastet es je nach Zahl der eingeschalteten Widerstände in
verschiedenen Abstufungen. Der Strombedarf für den Bremsmagneten ist demnach auf das
denkbar geringste Mass zurückgeführt. Wenn Klinkwerke vermieden werden sollen,
können die Bremsflächen während der Hubbewegung durch den Elektromagneten
vollständig entlastet werden. Man verzichtet dann, falls nicht eine Einrichtung
getroffen ist, durch die Motor und Magnet unter allen Umständen zu gleicher Zeit
stromlos gemacht werden, auf absolute Sicherheit bei Störungen in der
Motorstromleitung.