Titel: | Mitteilungen über Herstellung und Eigenschaften der Treibriemen. |
Autor: | F. |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 67 |
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Mitteilungen über Herstellung und Eigenschaften
der Treibriemen.
(Schluss von S. 45 d. B.)
Mitteilungen über Herstellung und Eigenschaften der
Treibriemen.
Eigenschaften und Leistungsfähigkeit der Riemen.
Gute loh- oder chromgare Lederriemen sind für alle
Betriebe mit trockner und säurefreier Luft geeignet. Feuchtigkeit, höhere Wärme,
sowie Mineralöle und Säuredämpfe zerstören die Lederriemen, machen sie mürbe und
brüchig und lassen sie ihre Elastizität verlieren. Gegen die schädlichen Einflüsse
der Feuchtigkeit kann man das Leder selbst zwar zum Teil durch Einfetten mit
Tran schützen, jedoch leiden vor allem die Verbindungsstellen, da die üblichen Leime
(Fischblase usw.) sich nicht in der Nässe bewähren, so dass die Riemen für feuchte
Betriebe genäht werden müssen; indessen auch die Nähstellen leiden stark unter der
Feuchtigkeit.
Baumwoll- und Segeltuchriemen eignen eich auch für feuchte und warme Betriebe, wenn die Gewebefasern
durch Imprägnierung und Einfetten gegen die Aufnahme von Feuchtigkeit geschützt
sind. Kameelhaarriemen bewähren sich in feuchten Räumen und sogar direkt in
Säuredämpfen. Auch gegen höhere Temperaturen unempfindlich sind die
Segeltuchriemen.
Einen besonders guten Schutz gegen Feuchtigkeit, Dämpfe und chemische Einflüsse
gewährt die Imprägnierung und Umhüllung mit Gummi oder
Balatamasse. Gummi und Balata sind gegen Nässe vollkommen undurchlässig und
indifferent und werden auch durch Säuren nicht angegriffen. Dagegen sind diese
Riemen gegen Hitze nur innerhalb gewisser Grenzen unempfindlich, und zwar sind
Balatariemen bis höchstens 30° C verwendbar, während Gummiriemen sich bei
Temperaturen von – 15° C bis + 50° C in keiner Weise ändern. Gummi widersteht den
Einflüssen von Alkalien und Säuren; Salz- und Essigsäure greifen denselben wenig an,
und bei Verwendung besserer Qualitäten von Paragummi halten die Riemen sich sogar
gut gegen Schwefel- und Salpetersäure. Sie übertreffen an Widerstandsfähigkeit gegen
Feuchtigkeit alle anderen gebräuchlichen Riemen und sind aus diesem Grunde auch
besonders für Transportgurte geeignet, die oft nasse Stoffe zu fördern haben, und
ebenso für Zentrifugenriemen und ähnliche Zwecke. Dagegen sind den Gummiriemen
ebenso wie den Lederriemen alle mineralischen Oele schädlich. Endlos hergestellte
Riemen bieten unter den erwähnten Verhältnissen Vorteile, da die Verbindungsstellen,
an denen mehr oder weniger die Gewebe freigelegt sind, besonders Angriffspunkte für
die schädlichen Einflüsse bieten und fast immer zuerst leiden. Als ein Nachteil der
Gummiriemen muss erwähnt werden, dass die äussere Schicht im Laufe der Zeit durch
Oxydation verhärtet, wodurch indes die Lebensdauer der Riemen wohl kaum wesentlich
beeinträchtigt, sondern höchstens die Reibung zwischen Scheibe und Riemen vermindert
wird; eine geeignete Riemenpflege kann jedoch auch diesen Uebelstand verhüten.
Für besonders nasse Räume sollen sich die oben beschriebenen Gliederriemen gut bewähren. Diese sind sehr haltbar, aber teuer und
ausserordentlich schwer, weshalb sie nur bei annähernd wagerechtem Lauf zu verwenden
sind.
Ausser den besprochenen äusseren Einflüssen sind die Riemen sehr oft der mechanischen
Abnutzung durch den Lauf in Ausrückergabeln ausgesetzt. Für die Gummi- und
Balatariemen ist der Gabellauf deshalb nicht so schädlich, weil die Gewebefäden so
in die Masse eingebettet und durch dieselbe so fest zusammengehalten sind, dass auch
nach Beschädigung der äusseren Fäden weiteres Auflösen des Gewebes im allgemeinen
nicht eintritt. Der Gabellauf ist für diese Riemen vielleicht nicht schädlicher als
für genähte oder genietete Lederriemen, deren Ansätze naturgemäss stark leiden,
während auch die Stosstellen geleimter Riemen nur wenig in Mitleidenschaft gezogen
werden. Dies gilt jedoch nicht mehr für den Betrieb in feuchten Räumen, in denen der
Leim sich löst, und infolgedessen die ausgeschärften Enden besondere Angriffspunkte
für die Zerstörung ergeben; auch die an den Gabeln laufenden Riemenkanten werden in
diesem Fall deformiert. Alle nicht mit Gummi oder Balata imprägnierten Geweberiemen
sind für den Lauf in Gabeln weit weniger geeignet und zum Teil einer schnellen
Zerstörung ausgesetzt, vor allem die Tuchriemen, denen gegenüber gewebte Riemen sich
besonders dann besser bewähren, wenn sie satt imprägniert sind. Allerdings scheint
die übliche Imprägnierung das Brechen der äusseren Fasern zu begünstigen.
Es mögen in folgendem einige Vergleichswerte für die Festigkeit und Elastizität der verschiedenen
Riemensorten gegeben werden, welche, soweit nicht andere Angaben gemacht sind,
den Mitteilungen der Königlichen technischen Versuchsanstalten zu Berlin entnommen
sind.Mitteilungen aus den
Königl. techn. Versuchsanstalten zu Berlin: „Untersuchungen von
Treibriemen auf Elastizität und Festigkeit“ vom stellvertr.
Vorsteher M. Rudeloff.
Aus dem reichen Material der seinerzeit veröffentlichten Mitteilungen, die in
folgendem mit „M. d. V.“ bezeichnet werden mögen, sind hier aus den Angaben
für gleichartige Riemen und gleichartige Versuche Mittelwerte ausgezogen, denen
gleichzeitig die grössten und kleinsten Werte der betreffenden Versuchsreihen
beigefügt sind. Die Tabelle soll demnach lediglich eine allgemeine vergleichende
Uebersicht geben. Die Elastizitätsmoduli sind für verschiedene Belastungsstufen
angegeben, die jedesmal am Kopf der Zahlenreihen vermerkt sind. Von dem direkten
Vergleich sind die mit 1, 2, 3 bezeichneten Zahlen auszuschliessen, die unter
anderen aber unter sich gleichen Versuchsbedingungen gewonnen sind. Bei letzteren
Versuchen wurde der Belastungswechsel solange wiederholt, bis eine Aenderung der
gesamten und der bleibenden Dehnung nicht mehr eintrat, während die übrigen Werte
nach je einmaliger Belastung festgestellt sind. Wie bekannt, übt die Zeit der
Belastung einen grossen Einfluss auf die Zugfestigkeit des Leders und auch der
Geweberiemen aus; so sinkt zum Beispiel die Bruchbelastung des Leders nach
monatelanger Belastung bis auf ⅔ des beim plötzlichen Zerreissen gefundenen Wertes.
Passende Vergleichswerte der Festigkeit können daher nur gegeben werden, wenn die
Feststellung derselben unter gleichen Bedingungen erfolgte. Noch grössere
Schwierigkeiten bietet die einheitliche Bestimmung des Dehnungskoeffizienten, da die
hier in Betracht kommenden Stoffe keine Proportionalitätsgrenze besitzen, d.h. die
Dehnung nicht innerhalb gewisser Grenzen der Spannung proportional ist, sondern der
Dehnungskoeffizient sich für verschiedene Belastungsstufen ändert, und die Grösse
der Dehnung ausserdem noch von der Zeit der Belastung abhängig ist. Ist es schon
hierdurch erschwert, aus verschiedenen Versuchen richtige Vergleichs werte
gegenüberzustellen, so wird diese Schwierigkeit noch dadurch erhöht, dass in den
Versuchsergebnissen teilweise der Koeffizient der Gesamtdehnung und teilweise
derjenige der federnden Dehnung angegeben wird, wodurch ein direkter Vergleich
ausgeschlossen ist.
Nach Tabelle I (S. 69) zeigen die Lederriemen die gegeringste Zugfestigkeit unter den
angeführten Riemensorten; ihnen folgen die Kameelhaarriemen und mit etwas grösserer
Festigkeit die Gummiriemen. Während die gewebten Baumwollriemen und die
Baumwolltuchriemen ziemlich gleiche Zugfestigkeit besitzen, die durch die gewebten
Hanfriemen in einzelnen Fällen nur wenig übertroffen wird, weisen die Hanftuchriemen
eine beträchtliche höhere Bruchfestigkeit auf. Der Unterschied zwischen den hier
mitgeteilten und den von Bach festgestellten Werten
(261 – 460 kg/qcm)
für die Festigkeit der Lederriemen ist ohne weiteres durch die ausserordentlich
verschiedene Beschaffenheit des Leders erklärlich und ist wohl auf eine sehr
sorgfältige Auswahl der von Bach geprüften Haut
zurückzuführen. Die übrigen Angaben stimmen mit den Versuchsresultaten der M. d. V.
gut überein. Die Bruchfestigkeit geleimter Verbindungsstellen wird mit 200 bis 300
kg/qcm
angegeben; die in den M. d. V. mitgeteilten Versuche mit genähten, genieteten und
geleimten Verbindungsstellen ergaben folgende Mittelwerte:
Max.
Min.
Mittel
geleimt:
220
kg/qcm
genäht:
206
152
178
„
genietet:
226
155
189
„
Tabelle I.
Textabbildung Bd. 320, S. 69
C. Bach, Z. d. V. d. I. 1902, S. 985.
Gummiriemen von A. Calmon, geprüft in der
Materialprüfungsanstalt der k. tech. Hochschule zu Stuttgart.
Gummiriemen von A. Calmon, geprüft in der
Materialprüfungsanstalt der k. tech. Hochschule zu Stuttgart.
No; Material; Volumen-Gewicht;
Bruchbelastung; Elastizitätsmodul; für die übergeschriebenen Belastungen; max.;
min.; mittel; Baumwoll-R.; gewebt Tuch; Hanf-R.; Kamelhaar-R.; Balata-R.;
Leder-R. I.; Gummi-R.; Mitteilungen der kgl. techn. Versuchsanstalten zu Berlin;
Verschiedene Angaben.
Für Gummiriemen gibt F. Clouth, Köln, eine mittlere
Zerreissfestigkeit von 55 bis 60 kg für 10 mm Breite und Einlage an, wonach ein
Gummiriemen von vier Einlagen eine Festigkeit von 220 bis 240 kg für 10 mm Breite
haben würde. Rechnet man die Dicke eines vierfachen Gummiriemens im Durchschnitt zu
7,5 mm, so stellt sich die Bruchfestigkeit auf 293 bis 320 kg/qcm.
Ein Treibriemen arbeitet umso besser, je grösser die elastische und je kleiner
andererseits die bleibende Dehnung ist. Es ist also ein Masstab für die Güte eines
Riemens in dem Koeffizienten der elastischen Dehnung und ferner in dem Verhältnis
desselben zum Koeffizienten der Gesamtdehnung gegeben. Dieses Verhältnis bleibt bei
demselben Riemen für die verschiedenen Belastungsstufen ziemlich konstant; hiervon
machen die Hanfriemen eine Ausnahme. Das Verhältnis stellt sich für die Leder- und
Gummiriemen bei weitem am günstigsten; ihnen folgen unmittelbar die Haarriemen und
dann die Baumwollriemen. Dies stimmt ja auch mit den im Betriebe gewonnenen
Erfahrungen überein.
Aus den Versuchen geht ferner unzweideutig hervor, dass die Dehnungsstufen für
gleiche Laststufen bei zunehmender Belastungsgrösse abnehmen und zwar bei geringeren
Belastungen erheblicher als bei grösseren. Innerhalb niederer Spannungsgrenzen
scheint für Lederriemen die Zunahme des Elastizitätsmoduls der Spannungszunahme
direkt proportional zu sein. Die Dehnungskoeffizienten der Geweberiemen sind im
allgemeinen grösser für im ganzen gewebte Riemen als für Tuchriemen. Bei Haar- und
Baumwollriemen sind die Unterschiede im allgemeinen gering und zum Teil kaum
bemerkbar, während die Koeffizienten der untersuchten gewebten Hanfriemen mehr als
doppelt so gross sind als diejenigen der Tuchriemen. Einen teilweise sehr
wesentlichen Einfluss auf die Festigkeit und Elastizität der Riemen übt die
Imprägnierung aus. Während schwache Imprägnierung die Dehnung der Riemen nur in
geringem Masse zu beeinflussen scheint, ist dies umsomehr bei der Imprägnierung mit
Balata der Fall, die je nach der Wahl der Balatamasse ausserordentlich verschiedene
Riemen ergibt, wie der unregelmässige Verlauf der Dehnungskoeffizienten zeigt. Nicht
nur für Riemen verschiedener Herkunft sind diese bei gleichen Belastungsstufen
sehr verschieden, sondern auch für den gleichen Riemen verlaufen dieselben für
wechselnde Belastungsstufen sehr unregelmässig. Hieraus ergibt sich für die
Fabrikation die Notwendigkeit einer äusserst sorgfältigen Auswahl der zu
verarbeitenden Balata. Die Koeffizienten der Gummiriemen zeigen eine grosse
Gleichmässigkeit und weichen nur verhältnismässig wenig von den Mittelwerten ab,
bedeutend weniger als bei allen anderen Riemen. Während die üblichen Gummiriemen von
A. Calmon, Hamburg, Werte von \alpha=\frac{1}{3473} bis
\frac{1}{4125} ergeben, fertigt diese Firma nach ihren Angaben für Betriebe, die
besonders hohe Anforderungen an die Elastizität stellen, Riemen mit \alpha\,>\,\frac{1}{3000}, also Riemen, die den besten Kernlederriemen an Elastizität
nahekommen würden.
Wie der Vergleich der unter 1. und 2. angeführten Werte zeigt, steht die
durchschnittliche Elastizität der Gummiriemen nur wenig hinter derjenigen der
Lederriemen zurück; sie besitzt aber diesen gegenüber den Vorteil der weitaus
grösseren Gleichmässigkeit. Unter 3. sind die Ergebnisse einer zweiten Prüfung
desselben Riemens nach dreistündiger Pause angegeben.
Die Zahlenwerte der Tabelle I sind in den Schaulinien der Fig. 24 (S. 70) verzeichnet.
Es möge noch kurz der Einfluss der Verarbeitung auf die
Eigenschaften der Treibriemen betrachtet werden.
Die Festigkeit und Elastizität der Lederriemen ist in hohem Masse von der Art der
Gerbung abhängig, jedoch lässt die Verschiedenheit der Rohhäute einen unbedingt
gültigen Vergleich der Gerbverfahren sehr schwierig erscheinen, und es ist
unzulässig aus Einzelversuchen ohne weiteres verallgemeinernde Schlüsse zu ziehen.
Im allgemeinen ergibt wohl die Eichenlohgerbung alter Art das Leder von grösster
Festigkeit und Elastizität; jedoch stehen dem einzelne Angaben gegenüber, nach denen
chromgegerbtes Leder eine sehr hohe Festigkeit besitzt, z.B. beziffert die Rheinische Maschinenleder- und Riemenfabrik, Mühlheim
a. Rh., die Bruchbelastung ihrer Chromlederriemen auf 600 kg/qcm. Die der
Tabelle zugrunde gelegten Versuche ergaben eine Bruchbelastung von 239 bis 321 kg/qcm für ein
Leder einjähriger Eichenlohgerbung und von 159 bis 288 kg/qcm für ein in drei Monaten chemisch gegerbtes Leder,
über dessen Gerbung aber nähere Angaben fehlen. Das eichenlohgare Leder zeigt einen
mittleren Dehnungskoeffizienten von \frac{1}{1280} für eine Belastung von 30 kg und \frac{1}{1480} für
eine solche von 50 kg/qcm, während das mineralgare Leder Koeffizienten von \frac{1}{1000} resp.
\frac{1}{1300} für die gleichen Belastungsstufen ergibt. Da die betreffenden Riemen
gleichen Häuten an gleichen Stellen entnommen sind, so scheinen diese Unterschiede
der verschiedenen Gerbung zuzuschreiben zu sein. In den Verbindungsstellen
(Ueberlappungen) ist die Elastizität und die Festigkeit für alle Arten der
Verbindungen geringer als im vollen Riemen, und zwar sind nur geleimte Verbindungen
bei weitem elastischer als genähte und genietete.
Textabbildung Bd. 320, S. 70
Fig. 24.Elastizitäts-Moduli; Belastungen in kg/qcm; Hanf-Tuch; Hanf
gewebt; Baumwolle-Tuch; Baumwolle gewebt; Balata; Leder; Kamelhaar, gewebt;
Kamelhaar-Tuch
Wie in den M. d. V. durch graphische Auftragung der Bruchbelastungen und der
entsprechenden Lederdicken gezeigt wird, beeinflusst die Dicke des Leders merklich
dessen Festigkeit und zwar derart, dass diese mit zunehmender Dicke abnimmt. Bach folgert aus seinen diesbezüglichen Versuchen, dass
„bei Riemen ein und derselben Haut von einer Proportionalität zwischen
zulässiger Gesamtbelastung und Dicke des Leders nicht die Rede sein kann“,
welche Schlussfolgerung Rudeloff dahin erweitert, dass
„im allgemeinen dünneres Leder bei gleichem Volumgewicht eine grössere
Spannung zulässt als dickeres“.
Die Eigenschaften der Baumwollriemen werden natürlich in hohem Grade von der
Beschaffenheit der Rohfaser, der Art der Verarbeitung zu Fäden und Geweben und
endlich auch von der Sorgfalt der Zusammensetzung der Gewebe zu Riemen abhängig
sein. Aus den Versuchsergebnissen für einen doppelten und einen vierfachen Riemen
aus gleichem Material, deren Webart aus Fig. 15 und
16 (S. 42) zu ersehen ist, wird der Schluss
gezogen, dass bei dem vierfachen Riemen die zur Bindung des Gewebes dienenden
Doppelfäden nicht an dessen Bruchfestigkeit teilnehmen. Die Ausnutzung des Materials
ist demnach im vierfachen Riemen der angegebenen Gewebeart eine schlechtere als
diejenige im doppelten Riemen und auf nur etwa 75 v. H. der letzteren angegeben. –
Die Bruchfestigkeit der Baumwolltuchriemen zeigt sehr verschiedene Werte, obwohl die
drei untersuchten Riemen gleiche Konstruktion, gleiches Volumgewicht und gleiche
Querschnittsabmessungen haben. Diese Unterschiede werden zum Teil auf die
verschiedene Festigkeit der Kettenfäden zurückgeführt, die in den
Festigkeitseigenschaften der Riemen unmittelbar in Erscheinung tritt, und geben zu
der Schlussfolgerung Veranlassung, dass „im allgemeinen bei Baumwollriemen unter
sonst gleichen Umständen, d.h. bei gleichem Drall und Gewicht der Fäden, sowie
gleichen Abmessungen und gleichem Gewicht der Riemen ihre Festigkeit und die
Elastizität mit zunehmender Zahl der Garne in den Kettenfäden wachsen, während
die Dehnung abnimmt.“
Aus den Versuchen mit Hanfriemen ergibt sich, dass ein Unterschied der
Materialausnutzung bei den geprüften doppelten und vierfachen Riemen nicht vorhanden
ist; dagegen war die Ausnutzung bei den breiteren Riemen schlechter als bei den
schmalen. Dieser Einfluss der Breite scheint ein gesetzmässiger zu sein. Aus den
Versuchen kann der allgemeine Schluss gezogen werden, dass es möglich ist, bei
doppelten und vierfachen Hanfriemen eine gleich gute Materialausnutzung zu erzielen,
und dass diese mit wachsender Breite abnimmt. Das Mass der Materialausnutzung steht
in unmittelbarem Zusammenhang mit der Gleichförmigkeit der Anspannung der einzelnen
Kettenfäden. Durch stärkere Anspannung der Bindefäden beim Weben kann eine bessere
Ausnutzung des Materials erzielt werden, und zwar nimmt diese mit steigender
Anspannung der Bindefäden anfänglich schnell und später nur noch in geringem Masse
zu. Die Differenzen in der Festigkeit bei verschiedener Riemenbreite sind zum Teil
auf die Unterschiede in den Anspannungen der Bindefäden zurückzuführen. Zur
Erzielung einer hohen Riemenfestigkeit dürfte es sich empfehlen, ein an sich wenig
dehnbares Material zum Schuss zu verwenden und diesen nicht stark zu spannen. – Die
untersuchten Hanftuchriemen zeigen eine mit der Zahl der zum Riemen vereinigten
Tuchlagen wachsende Bruchfestigkeit. Die Materialausnutzung kann bei den drei in
Betracht kommenden imprägnierten Tuchriemen von verschiedener Dicke als gleichwertig
angesehen werden.
Die einer Prüfung unterzogenen Haarriemen waren alle vierfaches Gewebe mit
animalischer Kette und vegetabilischem Schuss; in den Reddaway-Patenttreibriemen bestanden auch die Bindefäden aus
vegetabilischem Material. Ein Einfluss des wechselnden Verhältnisses zwischen Dicke
und Breite auf die Materialausnutzung scheint bei den Kameelhaarriemen nicht zu
bestehen. Die Festigkeit der Kameelhaartuchriemen ist um etwa 20 bis 25 v. H.
grösser als die der gewebten Riemen.
Wie schon verschiedentlich und auch an dieser Stelle erörtert wurde, ist die Leistungsfähigkeit nicht durch die Bruchfestigkeit,
sondern in der Hauptsache durch die Elastizität eines Treibriemens bedingt. Die
durch die Rücksicht auf die Erhaltung der Elastizität gezogenen Belastungsgrenzen
liegen durchweg unter der durch die Bruchfestigkeit gegebenen zulässigen Belastung.
Da ein möglichst geringes Längen der Riemen im Betriebe bei gleichzeitiger grosser Elastizität
erwünscht ist, so erscheinen die Riemenmaterialien am geeignetsten, die eine geringe
bleibende aber eine hohe elastische Dehnung zeigen, und es ist danach die Belastung
so zu wählen, dass bei eingelaufenem Riemen ein bleibendes Strecken nicht mehr
eintritt, jedoch eine hohe Elastizität gewahrt bleibt. Hierdurch ist die zulässige
Gesamtbelastung mit Rücksicht auf das Riemenmaterial gegeben. Das Verhältnis der
Nutzbelastung zur Gesamtbelastung ist zum grössten Teil von dem Grade der
Elastizität abhängig, da die Spannung im gezogenen Trum umso kleiner, also die
Ausnutzung des Riemens umso besser wird, je elastischer derselbe ist. Dieser
Einfluss der Elastizität auf die Leistungsfähigkeit der Riemen macht sich besonders
bei hohen Riemengeschwindigkeiten geltend. – Betrachtet man die Versuchswerte
lediglich nach diesem Gesichtspunkt, so scheint der Lederriemen alle anderen zu
übertreffen und nur durch den Gummiriemen annähernd erreicht zu werden. Eine gute
Elastizität zeigen – wenn auch in geringerem Masse – die Baumwoll- und Haarriemen,
während die Hanfriemen und vor allem die Hanftuchriemen eine bedeutend geringere
Elastizität besitzen.
Ein grosser Nachteil der Lederriemen ist die sehr grosse Verschiedenheit der
Elastizität für Leder verschiedenen Herkommens und auch für die verschiedenen
Stellen der Haut. Diese Verschiedenheit erschwert ausserordentlich die Herstellung
auch nur annähernd homogener Lederriemen und bedingt im Verein mit dem Einfluss der
verschiedenen Gerbverfahren unter allen Umständen einen sehr grossen Unterschied in
der Güte der in den Handel gebrachten Riemen.
Die bei dem Leder als Naturprodukt stets unvermeidlichen Ungleichheiten in der Dicke
und der sonstigen Beschaffenheit können bei den künstlich hergestellten
Erzeugnissen, den imprägnierten und nichtimprägnierten Geweberiemen, durch die
Auswahl des Rohmaterials und die Sorgfalt der Verarbeitung verringert werden. Trotz
der verschiedenen Qualität dieser Riemen, welche auf die Verwendung mehr oder
weniger guter Baumwoll- oder Hanffasern und auf die Verschiedenheit der Verarbeitung
zurückzuführen ist, besitzt doch der Einzelriemen eine bedeutend grössere
Gleichmässigkeit der Struktur und der Festigkeitseigenschaften sowie auch der
Querschnittsform, als dies im allgemeinen bei Lederriemen der Fall ist. Es sei nur
daran erinnert, dass die Dehnungskoeffizienten für eine
Haut nach den Bachschen Versuchen zwischen \frac{1}{2274}
und \frac{1}{6173} schwanken. Nur für die Mittelrückenbahn verschwindet dieser
Unterschied fast vollständig, so dass also ein nur aus Mittelrückenbahnen
gleichartiger bester Häute zusammengesetzter Riemen die Vorzüge einer hohen und
überall gleichen Elastizität und voller Gleichmässigkeit der Querschnitte
vereinigt.
Ein weiterer Faktor für die Leistungsfähigkeit ist die Grösse des
Reibungskoeffizienten zwischen Riemen und Scheibe, da die Nutzbelastung natürlich
nur solange gesteigert werden kann, als die Reibung zur Uebertragung derselben auf
die Scheibe genügt, und der Riemen bei I weiterer Steigerung der Belastung zu
gleiten beginnt.
Der Berechnung der Lederriemen wird bei Anlage der Fleischseite auf eiserner Scheibe
allgemein ein Koeffizient von μ = 0,25 bis 0,28
zugrunde gelegt. Gummiriemen haben einen bedeutend grösseren Reibungskoeffizienten;
wie weit derselbe sich im Laufe der Zeit durch Oxydation und Glattwerden der
äusseren Gummischicht ändert, wird von den Betriebsverhältnissen und auch von
der Behandlung der Riemen abhängen. Der günstigste Fall für einen Riemen ist der, in
welchem die durch die Reibung gegebene Grenze für die Belastung des Riemens mit der
durch die Festigkeitseigenschaften bedingten zusammenfällt. Ein höherer
Reibungskoeffizient nützt nicht mehr, sondern wirkt direkt schädlich, da er
Arbeitsverluste und eine stärkere Abnutzung bedingt.
Homogenität des Riemenmaterials und ein gleichmässiger Querschnitt sind wichtig für
einen ruhigen und stossfreien Betrieb, eine günstige Materialausnutzung und auch für
die Haltbarkeit und die Leistungsfähigkeit eines Riemens. Diese Eigenschaften sind
ausser den aus besten Kernleder-Mittelrückenbahnen hergestellten Riemen den
Geweberiemen und mehr noch den Gummiriemen in höherem Masse eigen als den
Durchschnitts-Lederriemen geringerer Qualität.
Es sind also der Grad der Elastizität und die gleichzeitige Festigkeit, die Grösse
des Reibungskoeffizienten, die Gleichmässigkeit des Querschnitts und der Struktur
für die Leistungsfähigkeit des Riemens entscheidend.
Von bedeutendem Einfluss auf die Arbeitsweise der Riemen sind die Wahl und die
Ausführung der Verbindungen. Die Lederriemen ermöglichen allen übrigen Riemen
gegenüber durch das Leimen die geschmeidigste Verbindung, die sich am wenigsten vom
vollen Riemen unterscheidet. Sie werden in dieser Hinsicht nur durch endlos gewebte
Riemen übertroffen, die aus jedem Material und natürlich auch als Gummi- oder
Balatariemen hergestellt werden können und sich infolge ihres ruhigen, stossfreien
Laufes besonders für höhere Geschwindigkeiten eignen. Allerdings haben diese Riemen
den Nachteil, dass sie nicht gekürzt werden können und auch in vielen Fällen nur
schwer zu montieren sind.
Neben der Leistungsfähigkeit und dem guten Lauf sind noch die Haltbarkeit und die
Kosten der Riemen von Bedeutung für die Beurteilung derselben, und zwar wird der
Preis in vielen Fällen – leider zu oft – ausschlaggebend für die Wahl der Riemenart
sein.
Die Stärken der einzelnen Riemensorten entsprechen einander etwa nach folgender
Tabelle:
Lederriemen
gewöhn-licheinfach
starkeinfach
leichtdoppelt
starkdoppelt
dreifach
starkdreifach
Baumwollriemen
vierfach
sechsfach
achtfach
zehnfach
–
–
Gummi-, Balatariemen
dreifach6 mm
vierfach7,5 mm
fünffach9 mm
sechsfach10,5 mm
achtfach12 mm
zehnfach–
Diese Zusammenstellung gilt für normale Verhältnisse und mässige Geschwindigkeiten
und soll keineswegs etwa die Gleichwertigkeit der betreffenden Riemen hinsichtlich
ihrer Leistungsfähigkeit aussprechen; vielmehr gibt sie nur einen annähernden
Vergleich für die Festigkeit der Riemen. Für höhere Geschwindigkeiten ist aber in
erster Linie die Elastizität für die Leistungsfähigkeit massgebend. – Die Tabellen
II und III (S. 72) enthalten die aus verschiedenen Quellen entnommenen zulässigen
Nutzbelastungen für einige Arten von Riemen. In der Tabelle II sind für Leder die
Werte von Otto Gehrkens angeführt, die ziemlich
allgemein Eingang in die Praxis gefunden haben, während den Werten für Gummiriemen
Angaben von A. Calmon zugrunde gelegt sind. Die
zulässigen Belastungen für 1 cm Riemenbreite zeigen in beiden Fällen die bekannte
Zunahme für grössere Riemenscheibendurchmesser und höhere Geschwindigkeiten. Andere
Angaben, von denen einige in Tab. III zusammengestellt sind, geben nur einen Wert
für gleiche Riemen, ohne den Einfluss der Scheibendurchmesser und der
Geschwindigkeiten zu berücksichtigen. Die Werte der Tab. II gelten für günstige
Uebertragungsverhältnisse: normalen Scheibenabstand und annähernd wagerechten Lauf.
Bei stark geneigten Riemen, kurzer Achsenentfernung und bei Uebersetzungen ins
langsame muss die Nutzbelastung den Verhältnissen entsprechend verringert werden;
ebenso ist dies bei stark wechselnder Belastung und stossweisem Arbeiten der Fall,
z.B. bei Fallhämmern, Sägegattern und anderen mehr. Die Werte der Tab. III dagegen
können für günstige Verhältnisse und besonders für höhere Geschwindigkeit bedeutend
erhöht werden; für besonders ungünstige Beanspruchung der Riemen müssen auch sie bis
auf 50 v. H. herabgesetzt werden.
Nutzbelastung für 1 cm Riemenbreite in kg.
Tabelle II.
Riemen-scheibeD = mm
Riemengeschwindigkeit in m/Sek.
3
5
10
15
20
25
30
Lederriemen
einfach
100 200 50010002000
2 3 5 6 7
2,5 4 7 8,510
3 5 81012
3 5,5 91113
3,5 6101214
3,5 6,5111315
Nach O.
Gehrkens.Altona.
dopp.
50010002000
81012
91215
101420
111622
121724
131825
Gummiriemen
4fach
500 600 700 80010001200
5,5 7 8 91113,5
7 910,5121518
7,51011,51316,520
810,5121417,521
8,51112,514,51821,5
911131518,522
Nach A.
Calmon,Hamburg
5fach
700 80010001200
10,513,51518
13,51719,522,5
151921,525,5
162022,527
1721,52429
172224,529,5
Tabelle III.
Art desRiemens
Zahl der Lagen
3
4
5
6
7
8
10
Baumwolle
–
7,5
–
10,5
–
13,5
17,5
C. Schultz'
Balata
7,5
9
11,5
13,5
–
–
–
Kalender.
Gummi
6
9
12
18
–
25
–
F. Clouth.
„
–
11
14
18
22
26
–
A. Calmon.
Die Schaulinien der Fig. 25 und 26, in denen die Leistungen von 10 cm Riemenbreite in
Pferdestärken aufgetragen sind, lassen den Einfluss der Scheibendurchmesser und der
Geschwindigkeiten nach den Werten der Tab. II erkennen. Während die Kurven der Fig. 25 ziemlich das gleiche Abhängigkeitsgesetz
zeigen, weisen diejenigen der Fig. 26 bedeutende
Verschiedenheit auf.
Die Verschiedenartigkeit der verwendeten Rohmaterialien, der Konstruktion und der
Herstellungsverfahren sowie endlich der Versuchsbedingungen lassen einen allgemein
gültigen Vergleich der einzelnen Arten von Treibriemen auf Grund von Einzelversuchen
als unzulässig erscheinen. Die angegebenen Festigkeits- und Elastizitätswerte sind
einer grossen Zahl von Versuchsergebnissen in der Weise entnommen, dass Gruppen von
gleichen Versuchsbedingungen zusammengefasst sind. Nur wo diese vorhanden sind, also
z.B. bei den Angaben der M. d. V., ist ein direkter Vergleich möglich.
Ebensowenig kann man bei den ausserordentlich wechselnden Betriebsverhältnissen ein
feststehendes Urteil über den Wert eines Riemensystems im Vergleich zu den
übrigen aufstellen. Ein Treibriemen, der sich in einem bestimmten Falle einmal
nicht bewährt, kann trotzdem unter anderen Verhältnissen vorzüglich arbeiten und ein
„guter“ Riemen sein.
Textabbildung Bd. 320, S. 72
Fig. 25.Leistungen in PS; Geschwindigkeit in m/sek.; Calmons;
Gehrkens
Textabbildung Bd. 320, S. 72
Fig. 26.Leistungen in PS; Scheibendurchmesser in mm; Calmons;
Gehrkens
Festigkeits- und Elastizitätsproben und die aus ihnen gezogenen Schlussfolgerungen
geben die Grundlagen für die generelle Beurteilung der Leistungsfähigkeit und des
Wertes der Riemen; die durch die Kenntnis der Versuchsergebnisse unterstützte
Beobachtung der praktischen Betriebserfolge muss diese Grundlagen ergänzen und
berichtigen und die Verwendungsgebiete der verschiedenen Riemenarten umgrenzen.
F.