Titel: | Eine neue amerikanische Druckluftpumpe. |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 161 |
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Eine neue amerikanische
Druckluftpumpe.
Von Georg v.
Hanffstengel, Chicago.
Eine neue amerikanische Druckluftpumpe.
Die Aufgabe, Wasser und andere Flüssigkeiten mit Hilfe von komprimierter Luft zu
heben, hat schon eine Reihe von Lösungen gefunden, von denen die in Fig. 1 dargestellte am bekanntesten ist. In das
untere Ende des in den Brunnen gesenkten Steigrohres mündet ein zweites, nach
aufwärts gekrümmtes Rohr, durch welches Luft unter einem der Höhe des Wasserspiegels
entsprechenden Drucke eingeblasen wird. Die Luft mischt sich mit dem Wasser und
steigt in Blasenform auf. Das nun in dem Steigrohre vorhandene Luftwassergemisch hat
ein geringeres spezifisches Gewicht als das umgebende Wasser, wird infolge dessen in
die Höhe gedrückt und tritt oben in kontinuierlichem Strome aus. Das spezifische
Gewicht des Gemisches im Rohre ist oben geringer als unten, da die Luft sich mit
Abnahme des Druckes ausdehnt.
Dieses System kann bei engen Brunnen angewandt werden, wo Kolbenpumpen nicht zu
gebrauchen wären. Im Westen der Vereinigten Staaten, wo es unter dem Namen „Pohlesches System“ bekannt ist, kommt es häufig
zur Verwendung. Es hat den Nachteil, dass die Rohre ziemlich tief eingetaucht werden
müssen, so dass der Brunnen oder Schacht zu entsprechender Tiefe unter den
Flüssigkeitsspiegel zu treiben ist bezw. nicht ganz entleert werden kann. Damit
Gleichgewicht vorhanden ist, muss die Tauchtiefe h zur
Steighöhe h1 im
umgekehrten Verhältnis stehen wie die spezifischen Gewichte, und zur Ueberwindung
der Bewegungswiderstände ist h noch zu erhöhen. Man
kann natürlich die Tauchtiefe verkleinern, indem man durch Einblasen einer grösseren
Luftmenge das spezifische Gewicht des Gemisches verringert, aber damit sinkt der
Wirkungsgrad.
Unter dem Namen Starrett-Pumpe wird jetzt eine neue, von
D. W.
Starrett,
Oakland, California, erfundene Pumpe in den Handel gebracht,
deren WirkungsweiseDie Erklärung der
Arbeitsweise ist den „Engineering News“ vom 24. Nov.
1904 entnommen.
Fig. 2 schematisch darstellt. Nehmen wir zunächst
an, die Pumpenkammer sei gefüllt, das Steigrohr leer und kein Luftüberdruck
vorhanden, so steht der Wasserspiegel in A und B auf derselben Höhe. Wird jetzt die Pressluft
zugelassen, so sucht dieselbe durch das mit einer Drosselklappe versehene Rohr C und
das Steigrohr zu entweichen. Je nach der Drosselung wird aber ein grösserer oder
kleinerer Ueberdruck in A auftreten, der ein Steigen
des Wasserspiegels im Rohre B hervorruft. Hierdurch
wird die Luft im Rohre C von dem Steigrohre abgeschlossen, und es stellt sich darin
derselbe Druck her wie in der Pumpenkammer. Die einen Ausweg suchende gepresste Luft
drängt sich jetzt unter das in das Steigrohr übergetretene Wasser und schiebt dieses
wie einen Kolben vor sich her.
Sobald aber die Luft wieder durch das Drosselventil strömt, muss sich auch
wieder ein Druckunterschied bemerkbar machen, der das Wasser im Rohre B in die Höhe drängt und die Luft abschliesst. Derselbe
Vorgang wiederholt sich in rascher Folge, so dass im Steigrohre ein kontinuierlicher
Strom von Luft und Wasser entsteht, der die Pumpenkammer A leert. Da sich die Luft während des Aufsteigens allmählich bis auf
atmosphärische Pressung ausdehnt, wird ein Teil der Expansionsarbeit i nutzbar
gemacht. Dies ist als ein prinzipieller Vorzug gegenüber anderen, zum Heben von
Säuren und dergl. in kleinerem Masstabe ausgeführten Apparaten anzusehen, die nur
mit Volldruck arbeiten.Vgl. Hartmann & Knoke, Die
Pumpen.
Textabbildung Bd. 320, S. 161
Fig. 1. Alte Methode.
Textabbildung Bd. 320, S. 161
Fig. 2. Schema der Starett-Pumpe.
Die erforderliche Spannung der Luft ist von dem spezifischen Gewicht des Gemisches im
Steigrohre und der Druckhöhe abhängig. Theoretisch könnte man, durch Einschaltung
entsprechend langer Luftzwischenräume, mit einer gegebenen Spannung auf ganz
beliebige Höhe fördern. Praktisch empfiehlt es sich natürlich, bei zunehmender Höhe
den Druck zu steigern. Der Erfinder gibt an, dass z.B. zum Fördern auf 600 m eine
Luftpressung von 10 oder höchstens 14 at notwendig sei. Die Rohrleitung ist nur
dieser geringen Spannung entsprechend zu dimensionieren, was Kolbenpumpen gegenüber
eine nicht unbeträchtliche Ersparnis ausmacht, sofern nicht der Rohrdurchmesser mit
Rücksicht auf den von der Luft eingenommenen Raum zu vergrössern ist.
In Fig. 2 ist keine Wasserzuführung angegeben.
Man kann das Wasser dadurch zum Eintritt in die Pumpenkammer zwingen, dass man
diese auf eine der Luftspannung entsprechende Tiefe eintaucht. Dann hätte man aber
dieselben Verhältnisse wie bei dem alten System. Deshalb hat der Erfinder eine Pumpe
mit zwei Kammern konstruiert, die sich abwechselnd entleeren und füllen.
Textabbildung Bd. 320, S. 162
Fig. 3. Ausführung der Starrett-Pumpe.
Aus Fig. 3 sind die Grundzüge der Konstruktion zu
ersehen. Die Druckleitung des Kompressors ist bei 1,
die Saugleitung bei 15 angeschlossen. Die Leitungen
werden durch den Wechselkolben und die Oeffnungen 2,
2a abwechselnd mit den Pumpenkammern in
Verbindung gesetzt. Angenommen, Kammer 3 sei voll, 3a leer. Dann tritt
durch Kanal 2 Pressluft in die Pumpenkammer 3 ein und entleert sie in der vorher beschriebenen
Weise durch das Rohr 12 und das Ventil 9, welches die
Stelle der Drosselklappe einnimmt, in das Steigrohr. Während dieser Zeit war Kammer
3a mit der
Saugleitung verbunden und hat sich durch das Ventil 5a mit Wasser gefüllt. Die Pumpe ist jetzt
umzusteuern, was in folgender Weise geschieht. Der Schwimmer 4 trifft beim Entleeren der Druckkammer auf die Mutter 13, öffnet damit das Luftventil 7, das durch die Leitung 14a mit dem Gehäuse des Wechselkolbens, dessen
Detailkonstruktion mir nicht zugänglich war, in Verbindung steht und diesen
herumwirft. Jetzt wird 3a mit 1, 3 mit 15 verbunden, und der vorher beschriebene Vorgang wiederholt sich mit
vertauschten Kammern.
Den Apparat mit der Kompressorsaugleitung zu verbinden, wird wohl in den meisten
Fällen nicht zweckmässig sein. Man wird lieber die Pumpe um einige Meter in das
Wasser eintauchen, anstatt eine doppelte Luftleitung einzubauen und den Ansaugedruck
des Kompressors unter die Atmosphärenspannung zu legen.
Dass der Apparat tatsächlich arbeitet, ist durch Ausführungen in grossem Masstabe
erwiesen. Der Erfinder führt einige Versuche mit einer Pumpe an, die Kammern von 300
mm Durchmesser und 750 mm Länge, ein Steigrohr von 70 mm und ein Luftzuleitungsrohr
von 38 mm hatte. Die Steighöhe betrug 28,5 m, mit vier rechtwinkligen Krümmern
im Rohre, und die Luftspannung 1,75 at Ueberdruck. Die Resultate waren:
Leistung
265
296
174
l/min.
Wirkungsgrad
53,2
45,7
44,1
v. H.
Dabei wurde die gesamte Widerstandshöhe mit 39,5 m eingesetzt.
Der Wirkungsgrad des Kompressors ist bei diesen Angaben nicht eingeschlossen.
Die „Engineering News“ vom 24. Nov. 1904 führen weitere Versuche mit
verschiedenen Luftpressungen an. Der Durchmesser des Steigrohres betrug 100 mm, die
Förderhöhe 32 m.
Luftüberdruckkg/qcm.
Wirkungsgradder Pumpe η1
Wirkungsgradder Kompres-sion η2
Gesamt-wirkungsgradη= η1
. η2 .
0,85
2,87
42,5 v. H.
69,4 v. H.
25,0 v. H.
2,36
48,1
73,8
30,2
2,06
40,6
76,3
26,3
2,04
46,1
76,7
29,9
1,68
39,8
79,5
29,9
1,68
50,2
79,5
33,9
1,66
40,4
79,8
27,4
1,33
36,4
82,6
25,5
1,01
24,1
85,0
17,4
Bei der Feststellung des Gesamtwirkungsgrades wurde der mechanische Wirkungsgrad des
Kompressors mit berücksichtigt und zu 0,85 angesetzt.
Nach dieser Tabelle hält sich der Wirkungsgrad, wenn man von dem letzten Wert
absieht, angenähert auf derselben Höhe. Die Unstetigkeit der Resultate, für welche
die „Engineering News“ keinen Grund angeben, dürfte wohl dadurch zu erklären
sein, dass das Drosselventil nicht immer so eingestellt war, wie es für die Wirkung
unter gegebenen Verhältnissen am günstigsten gewesen wäre.
Im „Engineering Record“ vom 29. Okt. 1904 werden einige Angaben über eine
Pumpe gemacht, die in New-York ausgestellt war. Dieselbe förderte durch ein 100 mm
weites senkrechtes Rohr 330 l/min. auf eine Höhe von etwa 95 m, bei einer
Luftpressung von 2,6 bis 2,8 at. Am tiefsten Punkte des Steigrohres sowohl wie des
Luftrohres waren Manometer angebracht, und es zeigte sich, dass der Druckunterschied
0,35 bis 0,42 atm betrug. Die Pumpenkammern hatten 300 mm Durchmesser und 1000 mm
Höhe, also einen Kubikinhalt von 70 l. Bei der angegebenen Fördermenge, 380 l, würde
der Wechselkolben sonach 5,4 Spiele i. d. Minute gemacht haben. Neben der Pumpe
stand ein Tank, der ihr das Wasser mit geringem Druck zuführte.
Der Erfinder macht zugunsten seiner Maschine gegenüber Kolbenpumpen geltend, dass sie
geringeres Gewicht und niedrigeren Preis hat, leichter aufzustellen bezw.
aufzuhängen ist, da sie ohne Vibration arbeitet, und dass ferner die Leitungen auf
geringeren Druck zu berechnen und wegen der zahlreichen Luftpuffer keinen
Wasserschlägen ausgesetzt sind.
Die beschriebene Ausführung ist für Gruben bestimmt. Für enge Brunnen wird eine Pumpe
gebaut, die auf demselben Prinzip beruht, aber weniger Raum wegnimmt, so dass sie
sich leichter versenken lässt. Weitere Verwendungsgebiete erblickt der Erfinder in
den für den Westen der Vereinigten Staaten äusserst wichtigen Bewässerungsanlagen,
ferner in städtischen Wasserwerken, für welche die reinigende Wirkung der in das
Wasser eingeführten Luft von Bedeutung sein soll. Auch für kleinere Wasserstationen
in hohen Gebäuden oder auf Farmen, selbst bei Betrieb mit Handkompressor, könne das
neue System vorteilhaft sein.
Wenn die oben angegebenen Wirkungsgrade, wie es den Anschein hat, richtig sind, so
dürfte die neue Konstruktion tatsächlich in vielen schwierigen Fällen eine
willkommene Lösung bieten.
Als ein Beispiel für die wissenschaftlich nicht immer streng richtigen Anschauungen,
die noch bei einzelnen erfolgreichen Erfindern und Fabrikanten in Amerika herrschen,
sei bei dieser Gelegenheit aus dem Katalog der ausführenden Firma, der von
unverstandenen Ausdrücken und seltsamen Behauptungen strotzt, folgende Rechnung
angeführt:
Mit einem einstufigen Kompressor und
einereinstufigen Dampfmaschine ergibt sich nach denVersuchen eine
Gesamtwirkung von im Durch-schnitt
35 v. H.
Ersparnis durch Benutzung eines vierstufi-gen
Kompressors
18 v. H.
–––––––
Summa:
53 v. H.
Uebertrag:
53 v. H.
Ersparnis durch Benutzung einer Dampf-maschine mit
dreifacher Expansion
38 v. H.
–––––––
Somit Gesamtwirkungsgrad bei Benutzungeines
vierstufigen Kompressors und einer Dampf-maschine mit dreifacher
Expansion
91 v. H.
Zwei Seiten später heisst es, dass durch Anschluss der Pumpe an die Saugleitung des
Kompressors der Wirkungsgrad um 25 v. H. gehoben wird.
Leider vergisst der Verfasser des Kataloges diese Zahl zu den 91 v. H. zu addieren.
Sonst könnte man den Panamakanal sparen, denn Kalifornien brauchte keine Kohlen
mehr!
Zur Entschuldigung des Erfinders möchte ich bemerken, dass der Katalog wahrscheinlich
von einem Reklamespezialisten geschrieben ist, der die nötigen Begriffe aus Büchern
zusammengelesen hat. Aber die Verantwortung übernehmen doch die Leute, die solche
Sachen in die Welt schicken.