Titel: | Die Fortschritte in der Erzeugung künstlicher Kohlen. |
Autor: | E. Orstein |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 185 |
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Die Fortschritte in der Erzeugung künstlicher
Kohlen.
Die Fortschritte in der Erzeugung künstlicher Kohlen.
In der Zeitschrift „Léclairage électrique“ vom 8. X. 04 bringt E.
Orstein die freie Uebersetzung eines Vortrages von Prof. Dr.
Julius
Zeller in Bielitz, der die
wesentlichsten Fortschritte auf dem Gebiete künstlicher Kohlen bespricht. Die
Zusammenstellung enthält viel Interessantes, und es möge ihr folgendes entnommen
werden.
Die Erzeugung künstlicher Kohlen hat in der letzten Zeit bedeutende Fortschritte
gemacht. Mit der Steigerung des Verbrauches hat die Zunahme der Betriebe für die
Herstellung solcher künstlichen Kohlen gleichen Schritt gehalten. Man kann annehmen,
dass es zur Zeit etwa 30 solcher Fabriken in Europa gibt, die in heftigem Wettbewerb
stehen, während die Amerikaner, praktisch, wie sie nun einmal sind, eine ungefähr
gleiche Anzahl von Fabriken zu einem Trust zusammengeschlossen haben. Es dürfte, um
die Wichtigkeit dieser Industrie in ein helles Licht zu setzen, genügen, zu
erwähnen, dass etwa 5000 Personen in ihr Beschäftigung finden, und dass in ihr ein
Kapital von achtzig Millionen Mark angelegt ist, mit einem Jahresumsatz, der
mindestens das doppelte erreicht.
Auf die Herstellung der Elektroden für elektrochemische Zwecke hat die Krise, die in
den letzten Jahren die Karbidindustrie überfallen hat, sehr ungünstig eingewirkt.
Zur grössten Sparsamkeit genötigt, suchten die Karbidfabriken zunächst ihre am
schwersten ins Gewicht fallenden Unkosten, eben die Elektroden, herabzusetzen, und
haben es erreicht, dass der Einkaufspreis dafür in drei Jahren um etwa 50 v. H.
sank. Die Fabriken für diese Elektroden waren ihrerseits nun gezwungen, an Stelle
der teueren Retortenkohle den bedeutend billigeren Anthrazit zu verwenden. Solche
Anthrazitelektroden, aus den besten Fabriken, haben eine grössere Lebensdauer als
solche aus Retortenkohle, die nur drei Jahre zu verwenden waren. Während man zu
Beginn der Karbidfabrikation auf etwa 100 kg Karbid 10–15 kg Elektrodenmaterial
rechnen musste, benötigt man heute höchstens 6–10 kg, ja in manchen besonders gut
eingerichteten Fabriken braucht man nur 3 kg.
Die Verunreinigungen im Anthrazit betragen mindestens 3 bis 5 v. H. und schliessen
seine Verwendung bei der Herstellung von Aluminium aus. Für diese Zwecke werden
hauptsächlich Elektroden aus Petroleumkoks verwendet, die nur einen Rückstand von
0,1 v. H. ergeben. Holzkohle zu Elektroden zu verwenden, ist bisher noch nicht
gelungen. Dieses Material, das sehr wohlfeil und arm an Asche wäre, besitzt nämlich
einen sehr grossen Leitungswiderstand, und der dadurch bedingte Verlust an
elektrischer Energie schliesst dieses Material aus.
Im Jahre 1891 hat W. Luzi seine Untersuchungen über die
Natur des Kohlenstoffes veröffentlicht (Berichte der chemischen Gesellschaft 1891,
S. 4085, 1892, S. 1378, 1893, S. 890). Er hat nachgewiesen, dass man amorphen
Kohlenstoff in Gegenwart von Silikaten, die völlig unbeeinflusst bleiben, mittels
Wärme in kristallinischen Graphit überführen kann. Er erhielt einen metallisch
aussehenden silberweissen Niederschlag von Kohle, indem er eine etwa 1700–1800°
heisse Porzellanfläche einer russenden Flamme aussetzte. Er kam zu der Ueberzeugung,
dass man mit der Zeit noch eine grössere Anzahl verschiedener Modifikationen des
Kohlenstoffes erkennen würde, die man alle ineinander überführen könnte.
Seit der Zeit hat die Umbildung von amorpher Kohle in kristallinischen Graphit grosse
Fortschritte gemacht, hauptsächlich mit Hilfe der Elektrizität. Im Jahre 1893
liessen sich Girard und Street durch das D. R. P. 78926
ihr Verfahren, mit Hilfe des elektrischen Lichtbogens diese Umwandlung vorzunehmen,
schützen. Dieses Patent wird von der Gesellschaft „Le
Carbone“ in ihren Fabriken in Savoyen und Deutschland ausgenützt.
Sie stellt hauptsächlich Kohlebürsten für elektrische Maschinen her, die sich vor
anderen Erzeugnissen dadurch auszeichnen, dass sie vollkommen gleichmässig sind,
geringen Widerstand und kleine Reibung besitzen und den Kollektor sehr schonen.
Derartige Kohlen gestatten eine Belastung von 15–20 Ampere f. d. qcm Stirnfläche.
Diese Vorzüge haben ihnen trotz des hohen Preises sehr viele Freunde erworben.
Den bedeutendsten Fortschritt in der Erzeugung von Elektroden für elektrochemische
Zwecke erreicht das amerikanische Patent 568323 vom 29. IX. 1896 von Acheson. Dieser hatte entdeckt, dass sich Kohle in
Graphit verwandelt, wenn man amorphe Kohle in Gegenwart von Körpern erhitzt, die
Verbindungen mit Kohlenstoff eingehen können, und die dann den Kohlenstoff als
Graphit wieder abscheiden. Er fertigt daher die Gegenstände aus Kohle an, mischt sie
mit Oxyden von Eisen und anderen Metallen, und setzt sie im elektrischen Ofen der
Wirkung eines starken elektrischen Stromes aus. Die fertigen Gegenstände haben dann
gleich die gewünschte Form. Die Internationale Acheson
Gesellschaft, die einen Teil der Kraft des Niagara verwendet, deckt einen grossen Teil des Bedarfes an
künstlichen Graphit und an Elektroden. Ihre Erzeugnisse zeichnen sich vor denen
aller anderen Fabriken aus besonders durch grosse Leitfähigkeit, die etwa vier mal
grösser ist als die Leitfähigkeit von amorpher Kohle, durch die Leichtigkeit ihrer
Bearbeitung, in dem sie sich mit dem Messer schneiden lassen, und besonders durch
ihre grosse Widerstandsfähigkeit, die sie hauptsächlich für Elektrolyse Anwendung
finden lassen. Allerdings schliesst der hohe Preis solcher Elektroden ihre
Verwendung bei der Herstellung von Calciumcarbid aus, zumal die Acheson Gesellschaft noch nicht Elektroden von
grösseren Abmessungen herstellt. Nach den Berichten des geologischen Bureaus der Vereinigten Staaten stellt die Acheson Gesellschaft an künstlichen Graphit und
Elektroden her: 1897 81000 kg, 1900 430000 kg, 1901 1200000 kg und ihre Erzeugung
ist noch fortwährend im Steigen begriffen (vergl. Ed.
Donath, Der Graphit. Leipzig, 1904).
Fortschritte in der Herstellung von Kohlen für galvanische Elemente sind weniger
bekannt; nur soviel lässt sich sagen, dass die Nachfrage nach Kohlen, die nicht im
Ofen hergestellt sind, fortwährend im Wachsen begriffen ist. Durch die Hitze des
Ofens wird nämlich ein grosser Teil des in den Manganoxyden enthaltenen Sauerstoffes
ausgetrieben. Für die elektromotorische Kraft der Elemente ist aber gerade der
Gehalt an Mangansuperoxyd massgebend, während der Gehalt an Kohlenstoff in den
Kohlen ohne Belang ist, so hat der natürliche böhmische Graphit mit 60–70 v. H.
Kohlenstoff dieselbe Wirkung wie der Graphit von Ceylon mit 85–90 v. H. Kohlenstoff.
Dieser Zweig der Industrie macht jedoch nur geringe Fortschritte, da die modernen
Telephonzentralen mehr und mehr von dem Gebrauch der Elemente abgehen, und da in den
meisten kleineren Städten für die Aerzte die elektrische Energie in bequemerer Form
zur Verfügung steht (vergl. Prof. Zellner, Zentralblatt
für Akkumulatorenkunde 1903, S. 87 und C. F. Rungess,
Electrical World and Engineer 1902, S. 156).
Ueber die Vorteile und Nachteile von Kupfer- und Kohlebürsten für Maschinen haben
schon viele Elektrotechniker eingehende Studien gemacht. Neuerdings hat man
versucht, die beiden Materialien für Bürsten zu vereinigen. Dr. Seifert und P. Germain
umgeben den metallischen Bürstenkörper mit Kohle. Löwenthal umgibt die einzelnen Kohleteilchen mit Kupfer, etwa auf
galvanischem Wege und presst sie dann zusammen, so dass ohne jedes weitere
Bindungsmittel ein fester Körper entsteht. Ringsdorff
in Essen presst eine Mischung aus Kupfer und Graphitstaub mit Teer unter einem Druck
von 500 kg in völlig geschlossenen Formen und erhitzt dann die Körper sehr stark.
Eine derartig hergestellte Bürste enthält etwa 67 v. H. Kupfer und 33 v. H. Kohle
und hat sich als sehr verwendungsfähig erwiesen (vergl. Dr. Streintz, Leitvermögen von gepressten Pulvern; Dr. Ing. Max Kahn, Uebergangswiderstand von Kohlebürsten).
Casselmann hat zuerst den Einfluss verschiedener Salze
auf den elektrischen Lichtbogen studiert. Bereits 1843 (vergl. Poggendorfs Annalen) verglich er die Lichtstärke, die
er erhielt, mit gewöhnlichen Kohlen und mit Kohlen, die mit Barium, Strontium und
anderen Salzen getränkt waren. Er fand, dass er bei gleicher Energie ungefähr die
doppelte Lichtstärke erhielt. Carré (vergl. Comptes
rendus 1877, S. 346) hielt es für vorteilhaft, den Bogenlichtkohlen Metalle in Form
von Salzen oder Oxyden beizumengen, um Helligkeit und Farbe zu verändern. Er stellte
fest, dass ein derartiger Lichtbogen etwa doppelte Länge und 1½ fache Lichtstärke
besässe. Niewerth in Berlin erhielt ein deutsches
Reichspatent im Jahre 1894 auf Kohlen mit zwei oder drei Dochten von verschiedenen
Substanzen, welche die Helligkeit erhöhten.
Trotz alledem wagte man es nicht, den Kohlen Mineralien beizumengen, um die Ruhe des
Lichtbogens, die man erst nach vielen mühseligen Versuchen durch die Dochtung mit
einer Mischung von Kohle und Kaliumsilikat erreicht hatte, nicht wieder zu
zerstören. Eine derartige Dochtung war zwar schon von Jablochkow vorgeschlagen worden, allein erst von den Gebrüder Siemens 1879 wurden die Patente verwertet.
Jede Beimengung anderer Substanzen musste natürlich die Brenndauer der Kohlen herabsetzen und
das führte zu grossen Schwierigkeiten. Ausserdem war es unmöglich, eine durchaus
gleichmässige Masse aus verschiedenen Substanzen zu erhalten, mochte man auch die
Mischmaschinen vervollkommnen oder die Mischdauer verlängern: stets erhielt man ein
unruhiges, seine Farbe ständig änderndes Licht. Selbst als man die Kohlen mit
Salzlösungen tränkte oder in Salzlösungen eintauchte, erreichte man kein besseres
Ergebnis und man gab sich schliesslich zufrieden, neben dem gelben Glühlicht das
weisse Bogenlicht zu besitzen.
Auf der letzten Weltausstellung zu Paris erregten die Lampen von Bremer mit 50000 Kerzen Lichtstärke, die am Eifelturm
brannten, allgemeines Aufsehen. Zum erstenmale sah man da einen schön goldgelb
gefärbten Lichtbogen von einer bisher unerhörten Helligkeit. Seit jener Zeit
verwendet man die sogenannten Flammenbogenlampen. Die wichtigsten Patente von Bremer sind D. R. P. 66094, 69271, 75520 und eine ganze
Reihe anderer. Im Grunde läuft die Erfindung darauf hinaus, den Kohlen mindestens 4
v. H. Fluor in Form seiner verschiedener Salze beizumengen. Professor Wedding veröffentlichte im Juli 1900 und in der
Elektrotechnischen Zeitschrift vom Jahre 1902, S. 702, seine Messungen mit diesen
Elektroden. Nach ihm gibt die Bremer-Lampe für
Gleichstrom ungefähr dreimal soviel Licht als die gewöhnlichen Bogenlampen; für
Wechselstrom ergab sich ein weniger günstiger Wert, nämlich nur etwa die doppelte
Lichtstärke gewöhnlicher Wechselstrombogenlampen. Allein neben diesem unleugbaren
Erfolg zeigten sich verschiedene Mängel, das Licht war unruhig, die Brenndauer
gering, da man nur sehr dünne Kohlestäbchen verwenden konnte, endlich entwickelten
die Lampen einen Rauch, der hauptsächlich das Regulierwerk behinderte. Diese Mängel
konnte die Gesellschaft Bremer nur zum Teil beheben.
Allein trotzdem schulden Industrie und Wissenschaft diesem Manne Dank. Gab er doch
den Anstoss zu diesem jetzt so beliebt gewordenen Flammenbogenlicht, das nun nach
langen Studien zu einem guten Ergebnis geführt wurde, indem es gelang, die
obengenannten Mängel fast völlig zu beseitigen.
J. F. Sanders mischt den Kohlen nach dem U. St. P.
649551 die Oxyde oder Phosphate von Kupfer oder Magnesium bei und macht den Docht
aus Kohlenstoff und löslichen Alkaliphosphaten, schliesslich umgibt er die derartig
hergestellten Kohlen mit einer Schicht metallischen Magnesiums. Dieser Vorschlag
sowie die ganz ähnlichen Patente von Mac Maruss und Roberts hatten keinen praktischen Erfolg. Zu besseren
Ergebnissen kam E. Sander mit seinem D. R. P. 137576,
wonach er die Oxyde der Erdalkalien oder der seltenen Erden (MgO, ThO2, ZrO2) mit den
Oxyden oder Salzen der Eisengruppe im elektrischen Ofen zusammenschmilzt. Die
Berliner Gesellschaft „Electrodon“ setzt diese
Schmelze den Kohlen, besonders dem Dochte zu. Derartige Elektroden geben ein schönes
goldgelbes Licht, doch verschlacken sie sehr leicht, und dürfte dies ein
wesentlicher Nachteil sein. Der Vorschlag von A.
Edelmann, Charlottenburg, dieses Verschlacken durch borsaure Salze, etwa
Tinkal zu verhüten, dürfte kein praktisches Ergebnis haben. Schliesslich sei noch
das Patent von Hopfeld erwähnt, das die Bogenlampen-Kohlefabrik zu Liege angekauft hat und das
in der Verwendung von Calciumcarbid besteht. Der starke Einfluss von Feuchtigkeit
und die Unmöglichkeit, das Material in der Technik rein darzustellen, dürften einen
grossen Erfolg verhindern.
Alle diese Patente haben den gemeinsamen Grundgedanken, den Kohlen Stoffe
beizumengen, die erst in der hohen Temperatur des Lichtbogens verdampfen. Nachdem
diese wichtige Tatsache aus dem Bremerschen Patente
erkannt war, konnten bald alle Fabriken Elektroden mit dem gleichen Effekt wie die
Bremerschen Kohlen liefern.
Die Lampenkonstruktionen wurden ebenfalls verschiedenen Abänderungen unterworfen. Man
stellte die Elektroden parallel oder unter einem Winkel von 5–50°. Man ging auf den
alten Vorschlag von Jehl-Hardtmuth zurück und wandte
kleine Schutzkappen an, um die Wärme mehr zu konzentrieren und dadurch die
Kohlen mehr zu schonen. Man veränderte den Querschnitt der Kohlen, jede nur
ausführbare Form wurde versucht und meistens auch patentlich geschützt- Ebenso
wurden die zahlreichsten Versuche mit der Zahl und Gestalt der Dochte angestellt;
schliesslich hat die Praxis ihre feststehenden Normen eingeführt.
Das Laboratorium von Schiff & Co. zu Schwechat bei Wien hat folgende Ergebnisse
festgestellt:
a) Färbung des Flammenbogenlichts durch Zusätze bestimmter
Elemente, gleichgültig, ob in Form von Pulver oder in kompakter Form oder nur im
Docht:
Mg Magnesium – rot violett, unruhig,
Farbenwechsel,
Al Aluminium – mattgrün, ohne
Brillanz,
Zn Zink – weiss,
Cu Kupfer – mattblau,
Fe Eisen – rötlich violett,
Si Silicium – rötlich violett.
Der Bogen wird durch diese Zusätze bei gleicher Stromstärke und Spannung grösser als
bei gewöhnlichen Kohlen.
b) Die Oxyde geben im allgemeinen dieselbe Färbung wie die
Elemente:
BaO Bariumoxyd – bläulich,
SrO Strontiumoxyd – rosa,
CaO Calciumoxyd – rot,
FeO Eisenoxydul – violett,
MnO Manganoxydul – grünlich,
LaO2
Lanthanoxyd – rein weiss,
DiO2
Didymoxyd – weiss-violett,
TiO2
Titanoxyd – blau-violett,
ThO2
Thoroxyd – rötlich,
CeO2
Ceroxyd – weiss-blau.
Bemerkenswert ist, dass die Oxydulverbindungen eine viel intensivere Färbung ergeben
als die Oxyde, z.B. Eisenoxydul (FeO) viel stärker
violett als Eisenoxyd (Fe2O3),
Manganoxydul (Mn O) stärker grün als Mangansuperoxyd
(MnO2).
Die Grösse des Bogens mit diesen Oxydverbindungen übertrifft nur wenig den
gewöhnlichen Lichtbogen, einzig Ceroxyd gibt sogar einen grösseren Bogen als die Bremerkohlen.
c) Die Chloride, Bromide, Jodide und Nitrate geben fast immer die
gleiche Färbung wie die Fluoride, die allein eine grosse Anwendung in der Praxis
gefunden haben. Andere Salze zersetzen Kaliumsilikat. Man hat sogar versucht,
konzentrierte Zuckerlösungen oder Teer als Bindemittel zu verwenden, aber immer ohne
Erfolg.Die wasserunlöslichen Fluoride sind ohne Einfluss auf Kaliumsilikat. Bei
allen Materialien, die man verwenden will, muss man sich vergewissern, dass sie kein
freies Fluor oder Fluorwasserstoff enthalten.Die Fluoride ergeben folgende
Färbungen:
NaF Fluornatrium – schwach gelb, ohne
Brillanz, kleine Flamme,
KF Fluorkadium – violett, im übrigen
wie NaF,
LiF Fluorlithium – rosa, aber
schwächer als Fluorstrontium,
CeF4
Fluor Cer – weiss-bläulich, grosse Brillanz, Farbe und Wirkung wie bei CeO2,
CaF2
Fluor Calcium – gelb, Licht stimmt mit dem Bremerlicht
überein. Die Färbung hängt sehr von der Reinheit des CaF2 ab, ein Gehalt an Eisen verursacht
eine mehr rötlich-gelbe Farbe.
BaF2
Fluor Barium – schmutzig weiss, manchmal bläulich, man erhält nur schwer eine ruhige
Flamme,
SrF2
Fluor Strontium – rosa,
CuF3
Fluor Kupfer – violett, wenig Glanz,
CdF2
Fluor Cadmium – gelblich matt,
SbF3
Fluor Antimon – dunkelgelb matt,
BiF3
Fluor Wismuth – hellgelb matt,
UF6
Fluor Uran – weiss, wenig intensiv,
M0F6 Fluor
Molybdän – weiss-mattgrün,
TiF4
Fluortitan – gelb-grau, matt.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass es unmöglich ist, ein weisses Licht zu erhalten,
indem man den Docht etwa mit mehreren Salzen tränkt, denn diese Mischungen geben
keineswegs die Komplementärfarben. Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, eine rein
weisse Farbe von derselben Intensität wie die gelbe zu erhalten.
Die Versuche mit den seltenen Erden, in der Nernstlampe, haben noch nicht alle
Erwartungen erfüllt. Das amerikanische Patent 421469 schlägt die Verwendung von
Mineralien mit sehr hohem Schmelzpunkt, Cer, Zirkon usw. vor. Siemens & Halske
verwenden nach dem D. R. P. 144463 die Nitrite der seltenen Erden, da diese Salze
hohen Metallgehalt besitzen, sehr widerstandsfähig gegen hohe Temperatur sind und
keine Schlacken bilden.
Ausgehend von der Idee, dass die Lichtstärke mit der Temperatur wächst, schlagen
einzelne Patente die Verwendung von Körpern vor, die Sauerstoff abgeben. So
verwendet Conradty Kaliumoxyd (KO), Natriumoxyd (NaO), Bariumsuperoxyd (BaO).
Strauss leitet Sauerstoff aus einem Ballon durch Kanäle
in den Kohlen zu oder mischt in den Docht Mangansuperoxyd oder metallisches
Aluminium. Die Versuche haben zwar eine Steigerung der Lichtintensität ergeben, aber
auch einen derartig grossen Verbrauch an Elektrodenmaterial, dass eine praktische
Verwendung ausgeschlossen ist. Eine Anwendung bliebe nur für Leuchttürme,
Scheinwerfer auf Schiffen oder im Theater.
Es ist bekannt, dass jede elektrische Entladung in Luft die Bildung von Ozon zur
Folge hat,D. p. J. 1902, 317, 754 und 1903, 318, 262. der mit dem Stickstoff der Luft verschiedene
Verbindungen eingeht. Eine industrielle Anwendung dieser Erscheinung findet in der
Fabrik von Bradley und Covegay am Niagara statt, die ein kg
Salpetersäure für fünfzehn Pferdekraftstunden erhalten. Dieselbe Erscheinung tritt
im kleinen in der Glocke jeder Bogenlampe auf, besonders mit Zunahme der Bogenlänge.
Ziemlich beträchtlich ist sie in den Bremerlampen,
Flammenbogenlampen und in den Scheinwerfern. Doch hat Professor Wedding nachgewiesen, dass die Fluoride nicht zersetzt
werden und dass in den Glocken keine Spur von freiem Fluor, diesem sehr giftigen
Gas, nachzuweisen ist. Uebrigens wurde gezeigt (vergl.
Eclairage Électrique 1903, S. 506; Bradley, Electrical
World and Engineer 1902, S. 159), dass man die genauen Mengen von Fluoriden, die den
Kohlen beigemengt waren, in der Glocke und im Reflektor wieder vorfinden müsste.
Da besonders die salpetrige Säure die Metallteile der Lampe angreift, schlugen Gebrüder Siemens vor, diese Dämpfe durch Alkali
(Ammoniak und seine Salze) zu binden (D. R. P. 137507, 138018, 138019).
Aber diese Befürchtungen sind übertrieben, da heute Millionen Flammenbogenlampen
brennen, ohne jede besondere Vorsichtsmassregel und noch niemand sich durch solche
Gase belästigt fühlte.
Die Bogenlampen für kleine Stromstärke wurden als Konkurrenz gegen die Nernstlampen gebaut. Die Fabrikation der dünnen Kohlen
mit 4, 5 und 6 mm Durchmesser verlangt zwar Spezialmaschinen, bereitet aber sonst
keine Schwierigkeiten.
In der Beifügung von Metallen oder Metallsalzen zu den Kohlen ist die General Electric Company zu Schenectady am weitesten
gegangen. Sie hat Patente genommen auf:
1. Elektroden für Bogenlampen, die Eisen oder Titan enthalten,
2. Elektroden für Bogenlampen, gemischt aus 65 v. H. Titan und 35 v. H. Eisen.
Der Chefchemiker dieser Gesellschaft, Dr. Steinmetz, hat
die Ergebnisse dieser Arbeiten im „Electrical World and Engineer“, 1904, S.
974,s. D. p. J. 1904,
319, S. 542. veröffentlicht. Die
Elektroden werden hergestellt, indem man fein gepulvertes Magnetite in Eisenröhren
presst. Allerdings sind noch gewisse Salze beizumengen, um den Bogen stetig zu
machen, ferner Titan, um ihn leuchtender zu machen.
Haerden (Elektrotechnischer Anzeiger 1904, S. 665)
behauptet, dass die Brenndauer dieser Magnetitelektroden viel grösser ist, als die
gewöhnlicher Kohlen und dass das Licht eine rein weisse Farbe hat. Zum Teil haben
diese Lampen in einigen Städten der Vereinigten Staaten bereits Anwendung
gefunden.
Die Verhältnisse im Flammenbogen sind von grösstem wissenschaftlichen Interesse.
Zunächst ist bemerkenswert, dass einige Salze den Lichtbogen anders färben als die
nichtleuchtende Flamme des Bunsenbrenners. Ebenso senden die Metalldämpfe bei
höherer Temperatur viel mehr Strahlen im Spektrum aus und zwar sind diese Strahlen
oft viel intensiver als die bei niederer Temperatur. Das Spektrum der
Flammenbogenlampen ist besonders kompliziert, denn es enthält die Spektren der
Metalldämpfe, das Spektrum der weissglühenden Kohle und die Spektren der Gase der
umgebenden Luft.
Man kann die Erscheinung, dass einzelne Beimengungen den Bogen verlängern, andere
wieder nicht, obgleich beide ihn färben, folgendermassen erklären: Die Färbung der
Flamme kann durch Substanzen erzeugt werden, die im Gaszustand sind, aber deren
Molekeln noch nicht zerfallen sind, und durch solche Substanzen, die völlig
zerfallen sind. Im ersten Falle erhält man ein kontinuierliches Spektrum, im zweiten
ein Bandenspektrum. Da die beiden Spektren im grossen und ganzen übereinstimmen, und
da es vornehmlich die Metalldämpfe sind, die die Färbung des Lichtes ergeben, so ist
die Farbe des Lichtbogens bei Beimengungen etwa von SrO
und SrF2; BaO und BaF2 in beiden Fällen ziemlich gleich. Man vergleiche
darüber P. Lenard: Der Lichtbogen und die Spektren der
Metalle (Wiedemanns Annalen 1903, S. 636). Bereits vor
ihm hat Arrhenius (Wiedemanns Annalen 1891. – F. L. Tufts Jahrbuch, Radioaktivität 1904)
ausgesprochen, dass wahrscheinlich einzelne Salze schon im Bunsenbrenner sich
elektrolytisch spalten, wodurch sich die gute Leitfähigkeit der Flammen und die
Unabhängigkeit der Färbung vom elektronegativen Teil des Salzes erklärte. Die Salze
der Alkalimetalle zerfallen völlig im Bunsenbrenner, die der Erdalkalien dagegen
nicht vollständig; deren Spektrum gleicht dem Bandenspektrum. Arrhenius glaubt den Grund für diesen Zerfall im
Wasserdampf sehen zu müssen, doch wäre dies ohne Bedeutung für den Lichtbogen. Aber
es ist auch möglich, dass unter dem Einfluss der sehr hohen Temperatur allein, die
Dämpfe besonders von Metallen elektrolytisch gespalten werden.
Ist nun im Lichtbogen ein solcher zerfallener Körper, so leiten seine Jonen den
Strom, und der Widerstand des Lichtbogens muss kleiner werden. Ist der Körper nicht
gespalten, so ist der Widerstand nicht geändert, eine Färbung aber tritt in beiden
Fällen gleichmässig ein. Die letztere Erscheinung tritt z.B. ein bei einigen Oxyden
wie BaO, CaO, TiO2, SiO2, die den Bogen
zwar färben, aber nicht verlängern, obgleich die Salze derselben Elemente den Bogen
sowohl färben, als auch verlängern. Die guten Resultate, die man mit Fluoriden
erhält, erklären sich durch die ausgedehnte Spaltung dieser Substanzen (vergl. die
Arbeiten von V. Meyer über diesen Punkt.)
Es wurde bereits erwähnt, dass sich Spuren salpetriger Säure vorfinden; dass diese
Erscheinung im Flammenbogen viel stärker zum Vorschein kommt, ist ein Beweis für die
viel grössere chemische Reaktionsfähigkeit. Man könnte dies durch den Einfluss der
Fluorjonen erklären, die entweder mit Stickstoff oder mit Sauerstoff reagieren. Zwar
ist freies Fluor, wie gesagt, nicht nachzuweisen, aber es sind auch die Ergebnisse
der elektrolytischen Spaltung der alkalischen Salze durch den Bunsenbrenner noch
nicht studiert. Diese Studien werden ohne Zweifel viel beitragen zum Ausbau dieser
neueren Beleuchtung, vielleicht sogar zu dem so heiss ersehnten Ziel, „Lichtbogen
ohne Verbrauch an Elektrodenmaterial“ führen. Die Arbeiten von Rasch und Steinmetz bilden
den ersten Schritt auf diesem wohl noch langen Wege.