Titel: | Die elektrische Zugbeleuchtung in den Vereinigten Staaten. |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 210 |
Download: | XML |
Die elektrische Zugbeleuchtung in den Vereinigten
Staaten.
(Schluss von S. 196 d. Bd.)
Die elektrische Zugbeleuchtung in den Vereinigten
Staaten.
5. Das Blisssche System.
Textabbildung Bd. 320, S. 209
Fig. 11.
Magnetkastenhülse; Dynamo;
Zweiarmiges Gusstück; Buchsenwellenlager; Wagenachse.
Sowohl in elektrischer als mechanischer Beziehung verschieden von den beschriebenen
Systemen sind die übrigen zwei Systeme. Diese sind sich in mechanischer Beziehung
ähnlich, da sie beide Stirnradübersetzung zum Antrieb der Dynamo verwenden. Das
zuerst zu beschreibende Blisssche System soll an Hand
der Fig. 11 erklärt werden. Auf den ersten Blick ist
offenbar eine Aehnlichkeit mit der Aufhängung eines Strassenbahnmotors zu erkennen.
Da die Wagenachsen der amerikanischen Eisenbahnen nicht zylindrisch abgedreht sind
und nicht belastet werden sollen, so konnte jedoch die genau gleiche Anordnung nicht
getroffen werden. Statt dessen sind alle Teile an dem Wagenkasten aufgehängt. Wegen
der federnden Unterstützung des Kastens ist eine Buchse vorgesehen, innerhalb derer
sich die Radachse befindet und auf der zwei Rollenlager, das grosse Stirnrad und ein
zweiarmiges Gusstück sitzen. Senkrecht zu dem letzteren und nahe an demselben ist
auf der Wagenachse ein gleiches Gusstück befestigt. Eine Verbindung der Arme beider
ist durch vier Stahlspiralen geschaffen. Da der einfache Luftabstand zwischen Achse
und Buchse ungefähr 50 mm ist, so ist selbst der grössten Federung des Kastens
Rechnung getragen, ohne dass – vermöge der Dehnbarkeit der Spiralen – ein
Einfluss auf die Kraftübertragung ausgeübt wird. Zwecks Montierens sind alle Teile
zweiteilig. Die Buchsenlager sind als Rollenlager ausgebildet. Was die Ausführung
der Dynamo betrifft, so ist sie dieselbe, wie die der aufklappbaren Bahnmotoren
neuester Bauart. Die beiden Lagerschilder sind als Oelbehälter ausgebildet und durch
Lösen der oberen oder unteren Befestigungsschrauben kann nur die untere Lagerschale
oder diese mit dem Anker heruntergeklappt werden. Die Dynamo ist vierpolig, das Feld
ist im Nebenschluss geschaltet; der Trommelanker trägt Reihenwicklung, weshalb nur
zwei Bürsten notwendig sind. Das kleine Stirnrad ist aus Fibre oder Schweinshaut
hergestellt, um die Schmierung der Uebersetzung zu vermeiden. Ein Radschutzkasten
ist verwandt. In diesem Zusammenhange mag gleich erwähnt werden, dass bei Umkehr der
Fahrtrichtung ein Umschalten der Maschinenpole durch Verschiebung der Bürsten um 90°
erzielt wird. Das Blisssche System bedient sich zur
Erhaltung gleichbleibender Lampenspannung, sowie zur Regulierung der Dynamo auf
normale Leistung eines sog. Buckers. Derselbe schaltet in die beiden Stromkreise der
Lampen und des Dynamofeldes eine elektromotorische Gegenkraft ein. Letztere steigt
in proportionalem Verhältnis mit der Ladestromstärke.
Beschreibung, Zweck und Wirkungsweise des Buckers.
(siehe Schaltschema, Fig.
12).
Textabbildung Bd. 320, S. 209
Fig. 12. Schaltungsschema.
Der an der + Leitung
gezeichnete Kontakt ist in Wirklichkeit nicht vorhanden; Automat; Bucker;
Dreiteiliger Kontakt; Dynamo; Lampen; Luftschalter; Motor; Widerstand.
Der Bucker ist ein Motorgeneratorsatz, dessen Generatoranker mit zwei Wicklungen
und zwei Kommutatoren versehen ist. Der Generator erzeugt nur elektromotorische
Gegenkräfte
und heisst deshalb Bucker. Der Motor ist eine Nebenschlussmaschine von ungefähr
⅕ PS. Das Generatorfeld ist in Hintereinanderschaltung mit der Batterie und wird
demnach meistens von dem veränderlichen Ladestrom durchströmt. Während der
kurzen Dauer der Erregung von einem der Batterie entnommenen Strome wird der
Bucker zu einem Booster. Diese Wirkung ist jedoch durch geeigneten Entwurf auf 0
reduziert. Eine Ankerwicklung des Buckers ist stets in Serie mit dem
Dynamofelde, und wird die Erregerstromstärke umsomehr verringern, je stärker der
Ladestrom ist. Die zweite liegt während der Ladung in der Lampenleitung, und ist
die Zuggeschwindigkeit eine geringe, so ist auch bei diesem System die Maschine
abgeschaltet. Derselbe Automat, welcher das Zu- und Abschalten zu verrichten
hat, schliesst auch die erwähnte zweite Buckerwicklung in den Lampenstromkreis
ein oder aus. Letzteres geschieht durch einfaches Kurzschliessen seitens des
Automaten. Der Bucker nebst Antriebsmotor sind in einem Eisenkasten staubdicht
untergebracht, der unter dem Wagen aufgehängt ist. Die Anker und Bürsten können
gereinigt werden, wenn der Kasten in der durch die Fig. 13 veranschaulichte Weise aufgeklappt wird.
Textabbildung Bd. 320, S. 210
Fig. 13.
Der Automat.
Der Automat ist mit zwei Spulen ausgerüstet. Die Nebenschlusspule schliesst den
Stromkreis zwischen Dynamo und Batterie, sobald beide Spannungen gleich sind.
Die starke Stromwicklung schaltet die Dynamo bei Rückstrom ab und sorgt auch für
eine gute Kontaktpressung bei hoher Ladestromstärke. Zugleich mit dem
Parallelschalten der Dynamo wird noch ein Widerstand in Serie mit der
Nebenschlusspule eingefügt, und, somit wird dieselbe, nur von einem verminderten
Strom durchflössen. In dem Schaltungsschema ist in jeder der Leitungen ein
Automat A gezeichnet. Tatsächlich ist nur ein
solcher vorhanden und der in der positiven Leitung gezeichnete Automat soll nur
die Seitenansicht zeigen. Dadurch wird das Schema übersichtlich.
Die einzelnen Apparate des Systems werden bei der Anfahrt des Zuges in folgender
Weise in Tätigkeit kommen.
Vor der Anfahrt, und solange eine Geschwindigkeit von 35 km in der Stunde noch
nicht erreicht ist, deckt die Batterie den Konsum. Der Automat ist in der
Stellung wie im Schaltungsschema; die Wicklung des Buckers im Lampenkreis
ist durch den Klotz a kurzgeschlossen. Uebersteigt
die Zuggeschwindigkeit den Grenzwert, so schaltet die Nebenschlusspule die
Dynamo an das Netz, hebt dadurch auch den Kurzschlussklotz a in die Höhe und schaltet sich selbst einen
Ballastwiderstand b vor. Mit der
Geschwindigkeitszunahme des Zuges ist der Motor in Betrieb gesetzt worden und
läuft nun mit beinahe konstanter Tourenzahl.
Bei weiter zunehmender Umdrehungszahl der Dynamo wird die Batterie geladen, die
Stromrichtung in dem Buckerfelde ist umgekehrt und es wird somit eine
elektromotorische Gegenkraft erzeugt, die um so grösser wird, um so höher die
Ladestromstärke ist. Da praktisch letztere mit der Spannung der Dynamo steigt,
so wird also in den Lampenkreis eine elektromotorische Gegenkraft proportional
zu der Spannung der Dynamo eingeschaltet. Der Buckeranker hat einen sehr
geringen Widerstand, und somit wird die Regulierung auf die Lampenspannung
stattfinden ohne Rücksicht auf die Anzahl der brennenden Lampen. Es sind 32
Batteriezellen in Benutzung. Die Höhe der elektromotorischen Gegenkraft in dem
Feldstromkreis der Dynamo ist so bemessen, dass höchstens 80 Volt erzeugt werden
können.
Um sicher zu sein, dass die Dynamo sich erregt, wird der Feldstrom der Batterie
entnommen. In der Leitung befindet sich ein von Druckluft betätigter Schalter.
Sobald die Lokomotive an den Zug gekuppelt wird, schliesst der Schalter diesen
Batteriestromkreis; sobald sie abgekuppelt wird, unterbricht er diesen
Stromkreis. Eine unnütze Entladung der Batterie ist also ausgeschlossen.
6. System nach McElroy.
Textabbildung Bd. 320, S. 210
Fig. 14.
Wie bei dem letzten System findet der Antrieb der Dynamo durch Zahnräder statt. Der
Bau der vierpoligen Dynamo ist auch hier demjenigen der Bahnmotoren ähnlich. Die
Maschine wird durch Federn gestützt, die ihrerseits wieder auf Winkelstücke ruhen.
Bei der Umkehr der Fahrt werden die Pole der Dynamo durch einen Umschalter
vertauscht, welcher in ähnlicher Weise als bei dem System 3 betätigt wird. Die
Regulierung findet vermittels eines in dem Dynamofelde eingeschalteten Widerstandes
W statt, dessen Hebel a (s. Schaltungsschema, Fig. 14) durch den
Hauptstrommotor M gedreht wird. Der Motor läuft nur
dann, wenn eine Verschiebung des Hebels nötig ist. Zum Einschalten dient der
Kohlenkontakt K der unter Vermittlung von Hebeln durch
das Kompoundsolenoid S beeinflusst wird. Der Motor wird
immer nur eine kurze Zeit in Betrieb gehalten, da ein auf seiner Welle sitzender
Fliehkraftregulator F die Leitung unter- bricht. Das Schema zeigt
die Stellung der einzelnen Teile während des Haltens des Zuges. Die Lampen L und L', die sich an den
beiden Wagenzugängen befinden, brennen. Mit steigender Geschwindigkeit erlöschen
diese, weil sie die Differenz der Spannungen von Dynamo und Batterie erhalten.
Erreicht der Zug eine Geschwindigkeit von 30 km in der Stunde, so wird der
Motorstromkreis durch die Wirkung der Nebenschlusspule des Solenoids geschlossen.
Die erste Bewegung des Widerstandsarmes verursacht das Schliessen des Schalters B, weil der Winkelhebel H
alsdann freigegeben und von der Feder F1 herabgezogen wird. Durch eine weitere
Spannungserhöhung wird nach und nach Widerstand in die zwei positiven
Lampenleitungen eingeschaltet. Die in dem Batteriestromkreis liegende
Hauptstromspule des Solenoids und die Spannungsspule sind so verbunden, dass sie
sich während der Ladung gegenseitig unterstützen. Während der Stromentnahme aus der
Batterie wirkt die erstere also der letzteren entgegen. Den resultierenden
elektromagnetischen Zugkräften wirkt die Federkraft entgegen. Je nachdem die eine
oder andere überwiegt, wird die Feldwicklung A oder A' eingeschaltet, so dass der Motor in dem einen oder
anderen Sinne anläuft. Es ist auch klar, dass eine unzulässig hohe Stromstärke zu
Anfang der Ladung einer vollständig entladenen Batterie vermieden wird, denn die
Hauptstromwicklung wird bei eintretendem Stromstosse die Kohlenkontaktstücke des
Schalters K miteinander in Berührung bringen und
so verursachen, dass Widerstand dem Felde vorgeschaltet wird. Nehmen wir an, der Zug
fährt mit gleicher Geschwindigkeit, so wird infolge der mit der E. M. K. der
Batterie steigenden Kraftwirkung der Nebenschlusspule des Solenoids die Batterie mit
einer Stromstärke geladen, deren Grösse mit der Ladung abnimmt. Fig. 15 gibt eine Ladekurve dieses Systems wieder.
Eine geladene Batterie wird somit immer nur mit einer sehr kleinen Stromstärke
überladen, was ihr nicht schadet, und die höchste Ladespannung ist wesentlich
geringer als bei Ladung mit konstantem Strom.
Textabbildung Bd. 320, S. 211
Fig. 15.
Ampere; Zeit