Titel: | Fortschritte auf dem Gebiete der Maschinenelemente. |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 221 |
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Fortschritte auf dem Gebiete der
Maschinenelemente.
Fortschritte auf dem Gebiete der Maschinenelemente.
Schraubensicherungen.
Welche Wichtigkeit der Sicherung dieses Maschinenelementes beigemessen wird, ist aus
der grossen Zahl der Wege zu ersehen, welche die erfinderische Tätigkeit mit mehr
oder weniger Erfolg beschritten hat, um Mustergültiges hierin zu schaffen.
Wenn wir trotz aller Anstrengungen, die hier zu bemerken sind, erkennen, dass der
Maschinenbau mit grosser Zähigkeit an der einfachsten Sicherung dieser Art, der
Gegenmutter, festhält, so kann nur die Unzulänglichkeit des Gebotenen oder das
unbegründete Misstrauen der Fabrikanten oder ihres Personals daran schuld sein.
Textabbildung Bd. 320, S. 220
Fig. 1.
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Fig. 2.
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Fig. 3.
Das vorhandene Material ist wohl einer kritischen Betrachtung wert, die vielleicht
dazu hilft, hier oder dort etwa unberechtigtes Misstrauen zu überwinden oder
brauchbare Formen bekannt zu machen.
Ausser der Sicherung durch Gegenmutter finden wir die Anwendung der Stellschraube und
Verbohren mittels Splintes vor oder durch die Mutter als übliche Ausführung. Bei ihr muss
man den Nachteil in Kauf nehmen, dass man entweder auf das Nachziehen der Mutter
verzichtet, oder sich damit begnügt, die locker gewordene Mutter vor dem
Herabfallen zu sichern; es sei denn, dass man die äusserst umständliche Ausführung
der Kronenmutter wählt, bei welcher für je eine sechstel Drehung der keilförmige,
vor die Mutter gesetzte Splint durch eine andere Nute der Mutterstirn geschoben
werden kann.
Muttersicherungen durch besondere Ausbildung der Unterlegscheibe nach Fig. 1 und 2 sind
seitens einer grossen Elektrizitätsfirma zur Ausführung gebracht und seit Jahren in
Benutzung. Diese Sicherungen dürften namentlich im Hebezeugbau von Vorteil sein.
Fig. 1 zeigt eine trapezförmige Scheibe, deren Ecken
a und b, nachdem die
Mutter festgezogen worden ist, umgebogen werden, um als Sicherung zu dienen, und
Fig. 2 eine schräg gespaltene, ringförmige
Scheibe, deren gehärtete Schnittkanten als Sperrwerk wirken und nur ein Anziehen der
Mutter gestatten, beim Lösen aber zerstört werden.
Beide Ausführungen erfordern nach jedesmaligem Lösen der Verbindungen eine neue
Scheibe.
Ueber den Wert der Gegenmutter und deren Ausführung sind die Meinungen im grossen und
ganzen wohl genügend geklärt, und wohl kaum ist noch jemand im Zweifel darüber, dass
man bei der üblichen Ausführung der Gegenmutter in gleicher Grösse wie die untere
Hauptmutter stets Gefahr läuft, diese als Schraubenmutter ausser Wirkung gebracht
und zur Unterlegscheibe herabgewürdigt zu sehen, wie Fig.
3 in übertriebener Darstellung zeigt.
Die Anwendung der Gegenmutter in geringerer Höhe kann diese Gefahr nicht gänzlich
beseitigen, da der Hebelarm des verwendeten Schlüssels immer noch zu gross ist, um
übermässiges Anziehen der Gegenmutter zu verhüten.
Die Gegenmutter von Minne soll gemäss einer Ausführung
der „Revue industrielle“ die Eigenart der Gegenmutter, lediglich als
Reibungsgesperre zu wirken, bewahren (Fig. 4).
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Fig. 4.
Durch Herstellung der Gegenmutter mit geringerer Schlüsselweite und
geringerer Höhe gleichzeitig, will der Eigentümer des Erfindungsgedankens
verhindern, dass die untere Mutter durch Dehnung des Bolzens entlastet wird. Durch
die Gestaltung der Auflagefläche in so geringer Breite, dass nur der Schnitt durch
den obersten Gewindegang G der unteren Mutter und
umgekehrt durch Anziehen der Gegenmutter belastet wird, erreicht er eine starke
Pressung in diesen zusammenliegenden beiden Gängen, welche wohl Gewähr für die gute
Wirkung nach Art von Keil und Gegenkeil bieten dürfte. Dasselbe könnte erreicht
werden, wenn man die untere Fläche der Gegenmutter in der punktiert angedeuteten
Weise bis zum Spitzendurchmesser abdrehen würde, doch wäre dann der Schlüsselgrösse
wegen Materialzerstörung zu befürchten.
Auf einem völlig von dieser Art verschiedenen Wege versucht ein anderer Erfinder, Durand, das Ziel zu erreichen (Fig. 5 und 6, s.
„Revue industrielle“).
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Fig. 5.
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Fig. 6.
Er fräst eine Längsnute in den Bolzen quer durch die Gewindegänge und legt in diese
Nute einen keilförmigen Splint ab aus weichem Metall,
in dessen äussere Kanten sich die Gewindegänge der darüber gezwängten Mutter
eingraben. Durch Umnieten des oberhalb der Mutter hervorragenden freien Endes an dem
kleinen Keil erzielt man eine gute Sicherung für Muttern, die nicht wieder gelöst
werden sollen. Andernfalls ist nach jeder gewaltsamen Lösung der Mutter ein neuer
Keil einzusetzen. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass der vorher genannten Sicherung von Minne – einer Verbesserung der Gegenmutter – aus mehreren Gründen der
Vorzug zu geben wäre: „denn erstens bleibt der Bolzen unversehrt und zweitens ist
man von der Aufbewahrung eines so winzigen Reserveteiles, wie der Splint ihn
darstellt, enthoben, abgesehen davon, dass beim Umnieten des Keilendes eine
Beschädigung der Gewindegänge sehr wahrscheinlich eintreten wird.“
Auch die Anordnung von Blau,
Fig. 7 und 8
(„Revue industrielle“) bezweckt die Verbesserung der Gegenmutter. Er
bohrt eine sechskantige Mutter a kegelförmig aus und
füllt diese Bohrung mit einer genau passenden konischen Mutter dd, welche er zweiteilig herstellt und ohne
Angriffspunkt für einen Schlüssel lässt. Bevor die untere sechskantige Mutter
angezogen ist, muss die zweiteilige obere Mutter eingebracht werden und wird dann
mit der unteren zusammen angezogen.
Der Wunsch des Erfinders ist nun, dass die obere Mutter sich in den Hohlkegel der
unteren fester hineinzieht und hierdurch ein Zusammenpressen der beiden konischen,
sich nicht berührenden Hälften erfolgt, welches eine gute Sicherung ergeben
würde. Dazu aber wäre notwendig, dass eine achsiale Verschiebung zwischen den beiden
Muttern stattfände, die aber, da beide mit dem gleichen Gewinde versehen sind, nicht
eher stattfinden kann, als bis die Gewindegänge der unteren Mutter ausser Funktion
treten. Das bedingt aber die Zerstörung der wenigen unteren Gewindegänge oder
Spannung des Bolzens zwischen beiden Muttern. Letzteres ist aber nur möglich, wenn
die obere zweiteilige Mutter dd sich unabhängig von der
unteren vorwärts dreht.
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Fig. 7.
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Fig. 8.
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Fig. 9.
Da die Konstruktion des zweiteiligen Konus dd dieses
aber ausschliesst, so wäre es zweckmässig, wenn das untere Sechskantstück ohne
Gewindegänge ausgebildet, also lediglich eine konische Unterlegscheibe wäre.
Abgesehen von der verhältnismässigen Kostspieligkeit dürfte diese Anordnung
keineswegs eine Verbesserung bisher bestehender Systeme darstellen.
Der Erfindungsgedanke hätte nur ein wenig in der Richtung weiter ausgesponnen werden
dürfen, welche Minne in seiner Ausführung verfolgt:
Erzielung erhöhter Reibung unter Wirkung aller Gänge
der Gegenmutter, hervorgerufen aber nur in einem Gange. In der Fig.
9 ist dieses Ziel in einfacher und wenig kostspieliger Weise erreicht. Ein
schmiedeeisernes Rohrstück a ist innen mit Gewinde
versehen und am unteren Ende schwach konisch gedreht. Soweit der Konus reicht, wird
das Rohrstück mit einem schmalen Spalt s versehen. In
der etwas erhöhten Mutter befindet sich eine für den Konus passende Ausdrehung, in
welche das Rohrstück mit Hilfe eines Hakenschlüssels fest eingeschraubt wird. Durch
Wahl der Neigung des Konus kann der Druck beliebig hoch gesteigert worden. Die
ausserordentlich starke Klemmung umfasst nur einen Gewindegang und gewährleistet
eine vorzügliche Sicherung in beliebiger Mutterstellung ohne Rückwirkung auf die
untere Mutterfläche und dürfte auch bei starken Erschütterungen genügen.
Die gefällige Form der Ausführung macht sie auch wohl geeignet, bei sauber
ausgeführten Maschinenteilen Anwendung zu finden, z.B. an den Bolzenmuttern von
Schubstangenköpfen u.a.m.
Der Vorzug der grössern Billigkeit in der Ausführung dürfte dieser Abänderung der
Sicherung von Blau ebenfalls zugesprochen werden
müssen.