Titel: | Ueber einige eisenbahnsignal-technische Neuigkeiten. |
Autor: | L. Kohlfürst |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 222 |
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Ueber einige eisenbahnsignal-technische
Neuigkeiten.
Von L. Kohlfürst.
Ueber einige eisenbahnsignal-technische Neuigkeiten.
I. Ergänzungen und Vervollkommnungen zu mechanischen
Stellwerksanlagen oder zu Blocksignaleinrichtungen.
Textabbildung Bd. 320, S. 222
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 320, S. 222
Fig. 2.
An den Signal- und Weichenstellwerken werden unausgesetzt Weiterungen oder
Besonderheiten anzufügen gesucht, welche die Leistung dieser Anlagen erhöhen sollen.
Aus naheliegenden Gründen bleibt es dabei aber dringend erstrebenswert, dass mit der
Beifügung keine nachteilige Arbeitsvermehrung oder sonstige Erschwernisse für die
Bedienungsmannschaft verbunden sei, durch welche die erzielten Vorteile wieder eine
unliebsame Einbusse erleiden. Diesen besonderen Zweck, nämlich die Vereinfachung der
Handhabung verfolgt beispielsweise die in Fig. 1 und
2 schematisch dargestellte Fahrstrassensicherung von Schmidt & Bachmann in M.-Gladbach, die
eine neue Ausführungsform für jene bekannten Anordnungen dieser Gattung bildet, bei
denen mit Beihilfe einer Sperrschiene s und eines
Streckenstromschliessers T eine Aenderung der
Fahrstrasse so lange verhindert wird, bis der Zug sowohl die letztere als die
erstere vollkommen überfahren hat, so dass eine vorzeitige Weichenstellung durchaus unmöglich gemacht ist. Diese Bedingung
soll sich vorliegendenfalls erfüllen, ohne dass es der Stellwerkswärter behufs
Durchführung der zugehörigen Handhabungen erst nötig hat, den Weg zwischen den
verschiedenen Stellhebeln öfter als einmal zurückzulegen; vielmehr reicht hierzu die
Bedienung der Weichenhebel W, dann die des
Sperrschienenhebels H, des Fahrstrassenhebels f, der Blocktaste t und
schliesslich des Signalhebels S in der regelrechten gewöhnlichen Art und Reihenfolge
ohne weiteres aus.
Hierzu erhält nämlich der Fahrstrassenhebel f auch nur
zwei Stellungen, wogegen dem Sperrschienenhebel H
anstatt der üblichen im Stellwerk selbst angebrachten Sperren ein Schieber g angelenkt wird, dessen Festlegung die Blocktaste t mitbesorgt, die auch das Signal freigibt, wenn der
Elektromagnet m vom Streckenstromschliesser T betätigt wird. Mit dem Fahrstrassenhebel f steht die Schubstange c
in Verbindung, die mit festsitzenden Verschlusstücken b
und mit zwei federnden Klinken b1 ausgerüstet ist. Hiervon haben die Stücke b die Bestimmung, mit den Verschlusstücken d zusammenzuwirken, die auf den zum Signalhebel S und zu den Weichenstellhebeln gehörenden
Riegelstangen e sitzen, während die beiden Federklinken
b1 mit dem
Verschlusstück d1 der
Riegelstange e1 des
Sperrschienenhebels H zusammen arbeiten und ausserdem
von den beiden im Werksgestell fest angebrachten Nasen b2 beeinflusst, d.h. festgelegt oder
freigegeben werden. Um schliesslich die abhängige Verbindung mit der Blocktaste t herzustellen, ist an die Riegelstange e1 des
Sperrschienenhebels H die Schieberstange g angelenkt, welche das Sperrstück i trägt und desgleichen die Riegelstange e des Signalhebels S mit
einer zweiten bezw. dritten Schieberstange k gekuppelt,
auf welcher die Falle 4 sitzt. Zwei nach aufwärts federnde, durch eine Gelenkspange
miteinander verbundene Klinken h1 und h2 wirken auf i bezw.
i1i1 und werden durch die
Lage der Stange der Blocktaste t beeinflusst.
Die Wirkungsweise und Bedienung der Einrichtung lässt sich auf Grund der gegebenen
Beschreibung unschwer verfolgen: Sobald die Weichenstellhebel aus der in Fig. 1 gekennzeichneten Grundstellung in ihre zweite
in Fig. 2 ersichtlich gemachte Lage gebracht worden
sind, zieht der Wärter den Sperrschienenhebel H und
legt sodann den Fahrstrassenhebel f um, der durch die
eben besprochene, vorausgegangene Stellhebelhandhabung frei gemacht wurde. Beim
Umlegen des Hebels f fängt sich dessen Schubstange c, wie Fig. 2 zeigt,
mit der einen ihrer Klinken b1 an der Nase b2, wobei das Kopfende der Klinke zugleich über das Sperrstück d1 der Riegelstange e1 des
Sperrschienenhebels H tritt, daher b1, wenn der Wärter
später beim Einziehen des Hebels H die Stange e1 wieder hochbringt,
durch d1 ausgehoben
wird. Bei der vorhin bewerkstelligten Umlegung des Sperrschienenhebels H hat die Riegelstange e1 auch die Schieberstange g nach rechts geschoben, wobei das Sperrstück i unter h1 weggezogen wurde; der Wärter kann somit die Taste
t nach abwärts drücken. Hierdurch wird die Klinke
h2 aus der Falle
i1i1 ausgehoben und auch
die Schieberstange k frei gemacht, so dass nunmehr der
Hebel S umgelegt, d.h. das Signal auf Freie Fahrt gezogen werden kann. Zugleich wurde durch
die niedergegangene Tasterstange t die Schieberstange
g, mithin auch die Riegelstange e1 und der
Sperrschienenhebel H festgelegt, und zwar bis auf
weiteres dauernd gesperrt, weil das als Anker des Elektromagnetes m eingerichtete Winkelstück a sich beim Niedergang der Stange vor den Ring r gestellt hat und den Rückgang von t nach
aufwärts unmöglich macht.
Textabbildung Bd. 320, S. 223
Fig. 3.
Sobald jedoch später der mit den Spulen des Elektromagnetes m und mit einer Batterie B durch die Leitung
L und die Erdleitung E1E2 elektrisch verbundene Streckenstromschliesser T, der in unmittelbarer Nähe der Sperrschiene s ins Gleis eingebaut ist, vom Zug befahren wird, lässt
der nun von m angezogene Sperrwinkel a die Taste t los, so dass
sie durch Federzug in die Grundstellung, wie sie Fig.
1 zeigt, emporgeht. Zieht hierauf der Wärter durch Rückstellung des Hebels
S die Fahrterlaubnis wieder ein, wobei
ersichtlichermassen auch das Klinkenpaar h1h2 seine Ursprungslage (Fig. 1) zurückgewinnt, so ist damit die elektrische Sperre des Hebels H gelöst. Nunmehr kann auch wieder die Rückstellung des
Sperrschienenhebels erfolgen, sobald die zweite durch den Zug bei s bewirkte Festlegung ebenfalls aufhört, was in
dem Augenblick geschieht, in dem die letzte Radachse des Zuges über s hinweg gelangt ist. Bei der Rückstellung des Hebels
H hebt e1 die Sperrklinke b1 aus und bringt auch die Schieberstange g in ihre ursprüngliche Lage (Fig. 1) zurück, so dass der auf diese Weise wieder freigewordene
Fahrstrassenhebel f umgelegt werden kann, worauf
schliesslich auch noch die Weichenhebel ihre Grundstellung zurückerhalten und die
Gesamtanordnung die in Fig. 1 dargestellte
Normallage wieder einnimmt. Man sieht hieraus, dass bei der vorliegenden Anordnung
in der Tat für die Freigabe der Zugfahrten die Stellwerksbedienung, sowohl was die
Handhabungen als deren Reihenfolge anbelangt, ganz der sonst üblichen entspricht und
dass hierdurch die Vorteile, welche die Erhöhung der Sicherheit an den zugrunde
gelegten Anordnungen mit elektrischer und mechanischer Fahrstrassensperre gewähren,
in keiner Weise erst durch Erschwerungen im Stellwerksdienste erkauft zu werden
brauchen.
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Fig. 4.
Textabbildung Bd. 320, S. 223
Fig. 5.
Bei den Siemens & Halskeschen Blocksignalwerken älterer
Anordnung ist es vorgekommen, dass Signalwärter, die aus Nachlässigkeit einem Zuge
nicht rechtzeitig die Fahrterlaubnis erteilten, dieses Versäumnis zu verdecken und
als gerechtfertigt hinzustellen versuchten, indem sie das weisse Feld ihres Blockwerkes in rot
umwandelten und behaupteten, die Entblockung sei seitens der vorausliegenden
Blockstelle noch nicht eingelangt. Ebenso war es nicht ausgeschlossen, dass
lediglich aus Irrtum, Uebereifer oder Vorwitz eine Blockbedienung früher stattfand,
bevor der Zug den Blockabschnitt wirklich vollständig verlassen hatte. In beiden
Fällen wird der rückwärts liegende Blockabschnitt freigegeben, obwohl er noch
besetzt ist. Man hat nun die gedachten zwei Möglichkeiten durch besondere, der
gewöhnlichen Einrichtung beizufügende Verschlussanordnungen bekämpft, nämlich die
erstere durch die sogen. mechanische Druckknopfsperre
und die zweite mittels der elektrischen
Druckknopfsperre. Hiervon erfüllt die erstere bekanntlich ihre Aufgabe in
der Weise, dass sie nach jeder Zugfahrt eine neuerliche Bedienung der Drucktaste
(Blocktaste) nur gestattet, wenn der Stellhebel des betreffenden Signals vorher
tatsächlich mindestens einmal von Halt auf Freie Fahrt gestellt und alsdann wieder auf Halt zurückgebracht worden ist. Die elektrische Sperre wird einfach durch eine Ankerklinke
bewirkt, die, wie beispielsweise a in Fig. 1 und 2, von
einem Elektromagnet ausgelöst wird, dessen Erregung unmittelbar vom Zug geschieht,
indem derselbe beim Verlassen des Blockabschnittes einen Streckenstromschalter
überfährt und hierdurch den Stromkreis des vorgedachten Elektromagnetes
schliesst.
Im letzten Jahre ist nun aus den Werkstätten der Berliner Signalbaufirma Zimmermann & Buchloch
eine neue Anordnung der mechanischen Druckknopfsperre
hervorgegangen, bei der die oben erwähnte Abhängigkeit zwischen
Signalstellvorrichtung und Druckkopf (Blocktaste) von einem Steuerhebel vermittelt
wird, dessen Bewegungen von einer in der Seilscheibe des Signalstellhebels
eingeschnittenen Führungsnut bestimmt werden und der gleichzeitig eine zur
elektrischen Blocksperre gehörende Kontaktvorrichtung zwangläufig steuert. Bei
dieser durch Fig. 3 im Querschnitt der Grundstellung
und durch Fig. 4 und 5 in den zwei weiteren Hauptstellungen ersichtlich gemachten Einrichtung
wird die Verschlusstange ff1f2, sobald
sie infolge der vorher eingelaufenen Entblockungsströme hochging, durch die
abgesetzte Verstärkung bei f1, der sich der Arm h1 des zweiarmigen Hebels h1h2 entgegenstellt, neuerdings festgelegt, so dass
trotz der vorgedachten vom Nachbarwärter eingelangten Freigabe eine sofortige
Bedienung des Blockfeldes nicht möglich ist. Soll letztere erfolgen können, dann
muss vorerst h1 zur
gerückt bezw. h2 nach
links verschoben worden sein, was durch einen Rollenstift k3 geschehen kann, der aus dem um k drehbaren Steuerhebel k1k2k3 seitlich vorragt und sich gegen h2 lehnt. Die
Betätigung des Steuerhebels besorgt die den Signalflügel umlegende Seil- oder
Kettenrolle S mit Hilfe der Führungsnut bb1b2, in die ein bei k1 angebrachter
Lenkstift eingreift. Wird also vom Wärter eine Fahrterlaubnis erteilt, indem er in
gewöhnlicher Weise nach dem Ausklinken der Handfalle F
den Signalstellhebel H so weit umlegt, dass die Klinke
d bei e2 einfällt, so hat die Nut b1b2 der sich in Uebereinstimmung mit H drehenden Rollenscheibe S den Arm k1,
wie Fig. 4 ersichtlich macht, nach links gezogen,
daher auch k3, auf h2 wirkend, den Arm h1 unter f1 weggedrückt. Hierbei
stellt sich der mit h1
durch eine Zugfeder verbundene, bei o drehbare
Winkelhebel o1o o2 mit o1 vor das verstärkte
Ende h1 und legt sonach
die stattgehabte Ausrückung des Sperrhebels h1h2 fest. Ungeachtet dieser Beseitigung des bei f1 durch durch h1 bestandenen
Hindernisses ist aber die Benutzung der Druckknopfstange noch immer nicht möglich,
weil bei der in Fig. 4 dargestellten Lage, d. i.
solange das Signal Freie Fahrt zeigt, die Rollenscheibe
S mit vollem Rand unter dem Fussende f2, der Stange ff1
f2 steht und aus diesem
Grunde nicht niedergedrückt werden kann.
Bringt jedoch der Wärter nach Durchfahrt des Zuges das Signal auf Halt zurück, dann gewinnen die Teile H, F, S und der Steuerhebel kk1k2k3 die in Fig. 3
gekennzeichnete Lage zurück, wogegen der Hebel h1h2 und der Winkel o1oo2 die in Fig. 4
ersichtlich gemachte ausgerückte Lage beibehalten. Erst jetzt steht der Bedienung
des Blockfeldes kein Hindernis mehr entgegen, weil ja bei der Signallage für Halt die Sperrfalle i der
Scheibe S sich unter f2 befindet. Wird nunmehr durch Niederdrücken der
Druckknopfstange und Anwendung des Magnetinduktors die Signalstellvorrichtung in der
Haltlage festgelegt, so tritt das Fussende von f2 als Sperriegel in die Falle i, während gleichzeitig das Niedergehen der Stange ff1f2 die Ausrückung des
Winkels o1oo2 bewirkt, worauf
sämtliche Teile die in der Fig. 5 dargestellte Lage
einnehmen. Erfolgt später seitens der Nachbarstation die Entblockung, so geht die
Stange ff1
f2 so weit empor, dass
h1 unter f1 einschnappt und
sonach auch die Hebel h1, h2 und o1oo2 ihre Grundstellung,
wie sie Fig. 4 zeigt, zurückerhalten haben.
Auf die elektrische, im Blockfeld selbst einzubauende Blocksperre, von der jede
beliebige Anordnung gewählt werden kann, übt die geschilderte Einrichtung nur
insofern einen unmittelbaren Einfluss aus, als der Arm k2 des Steuerhebels kk1k2k3 an die Schubstange
l einer Kontaktvorrichtung angelenkt ist und daher
bei der in Fig. 4 dargestellten Lage der
Rollenscheibe S bezw. der Führungsnut b1b2, welche der
Signalstellung Freie Fahrt entspricht, den Schieber l hochgeschoben hält, wogegen bei jeder anderen Lage
von b1b2 der Schieber l nach abwärts gezogen bleibt. Ersterenfalls werden
durch l zwei, drei oder mehrere in den Stromkreis des
Elektromagnetes der in Rede stehenden Blocksperre eingeschaltete Unterbrecher m1n1, m2n2, m3n3.....in Schluss
gebracht, während dieselben bei herabgezogenem Schieber l keinen Stromweg herstellen. Der Kontaktschieber l bezw. der Steuerhebel kk1k2k3 macht also die elektrische Blocksperre solange
betriebsfähig, als das Signal Freie Fahrt zeigt, stellt
dieselbe aber für alle übrige Zeit durch Einfügung mehrfacher Unterbrechungsstellen
in den Stromkreis ausser Dienst.
(Fortsetzung folgt.)